Kryoglobulinämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Kryoglobulinämie ist eine Erkrankung aus der Gruppe der Gefäßentzündungen (Vaskulitiden). In den meisten Fällen liegt der Entzündung eine chronische Hepatitis C zugrunde.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Kryoglobulinämie?

In 80 Prozent aller Fälle liegt der Kryoglubulinämie eine chronische Hepatitis C zugrunde.
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Bei der Kryoglobulinämie handelt es sich um eine Vaskulitis, also um eine Entzündung der Gefäße. Ausgelöst wird diese Entzündung durch die Ablagerung von Immunkomplexen oder von Immunglobulinen in den kleinen Blutgefäßen. Diese Immunglobuline werden als Kryoglobuline bezeichnet. In kaltem Zustand sind sie unlöslich. Bei Wärme können sie jedoch in Lösung gehen. Gemischte Kryoglobuline heißen auch Immunkomplexe.

Es kann zwischen drei verschiedenen Typen von Kryoglobulinen unterschieden werden:

  • Typ 1 Kryoglobuline sind in der Regel monoklonale Immunglobuline G (IgG) oder monoklonale Immunglobuline M (IgM).
  • Bei den Typ 2 Kryoglobulinen handelt es sich meist um das monoklonale Immunglobulin M. Dieses bindet sich an ein spezielles Stück des IgG. Hier liegen also gemischte Kryoglobuline vor.
  • Typ 3 Kryoglobuline sind polyklonale Immunglobuline M. Zusammen mit anderen polyklonalen Immunglobulinen bilden die Typ 3 Kryoglobuline Immunkomplexe.

Ursachen

Bei Kälte verlieren Kryoglobuline ihre Lösungsfähigkeit. Sie lagern sich in den kleinen Blutgefäßen ab und verursachen dort eine Entzündung. In der Regel ist die Kryoglobulinämie eine Folgeerkrankung von Krankheiten, bei denen deutlich mehr Immunglobuline vorliegen, als im gesunden Zustand. In 80 Prozent aller Fälle liegt der Kryoglubulinämie eine chronische Hepatitis C zugrunde.

Weitere mögliche auslösende Erkrankungen sind das Sjögren-Syndrom, die Borreliose, rheumatoide Arthritis, subakute bakterielle Endokarditis, Syphilis, Toxoplasmose oder das multiple Myelom. Auch eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus, dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers, kann eine Kryoglobulinämie zur Folge haben.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Durch die Entzündung werden die Gefäßwände geschädigt. Diese Gefäßwandschädigungen treten insbesondere an Händen, Füße, Nase, Ohren, Kinn, Penis und Vulva auf. Hier zeigen sich Hautblutungen, die als palpable Purpura bezeichnet werden. Zusätzlich kommt es zu einer Akrozyanose oder zu einer Nekrose der Akren. Eine Akrozyanose ist eine Blaufärbung der Akren.

Akren sind die Körperteile, die am weitesten vom Körperrumpf entfernt sind. Eine typische Erscheinung der Kryoglobulinämie ist das Raynaud-Syndrom. Die Erkrankung wird auch als Morbus Raynaud bezeichnet und ist gekennzeichnet durch das anfallsweise Erblassen der Finger. Diesem Erblassen liegt eine krampfhafte Verengung der entzündeten Blutgefäße zugrunde. Zusätzlich können Gelenk- und Muskelschmerzen auftreten. Die Patienten klagen zudem über neurologische Erscheinungen wie Kribbeln oder Ameisenlaufen.

Bei mehr als der Hälfte der Patienten findet sich eine Lebervergrößerung. Auch die Milz kann vergrößert sein. Milz- und Lebervergrößerungen sind typisch für eine Kryoglobulinämie, der ein Morbus Waldenström oder ein Plasmozytom zugrunde liegt. Des Weiteren können Lymphknotenerkrankungen auftreten. In einigen Fällen entwickelt sich eine Glomerulonephritis.

Hier sind die Nierenkörperchen entzündet. In der Folge kommt es zu Blut (Hämaturie) und Eiweißen (Proteinurie) im Urin. Bei schweren Verlaufsformen können multiple Organinfarkte auftreten. Niereninfarkt, Schlaganfall, Herzinfarkt oder Mesenterialinfarkt sind akut lebensbedrohend.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Erste Hinweise auf eine Kryoglobulinämie liefert die Anamnese. Eventuell liegt der Nachweis einer chronischen Hepatitis C vor. Bei einer Temperatur von 37 Grad Celsius ist die Blutsenkungsgeschwindigkeit stark erhöht, bei einer Temperatur von vier Grad Celsius ist sie hingegen normal. Die im Blut zirkulierenden Kryoglobuline lassen sich mit dem Verfahren der Elektrophorese nachweisen.

Bei der Elektrophorese werden die Serumproteine aufgetrennt und in ihren einzelnen Fraktionen dargestellt. Bei der Kryoglobulinämie sind die γ-Globuline vermehrt im Blut zu finden. Die Diagnose lässt sich mit einer Gefäßbiopsie sichern. Hier wird ein Stück Gefäß entnommen. Anhand dieses Gefäßstücks kann die Entzündung nachgewiesen werden.

Komplikationen

Durch die Kryoglobulinämie kommt es in der Regel zu Beschädigungen an den Gefäßwänden. Dabei treten vor allem Hautblutungen auf, die mit Schmerzen verbunden sein können. Weiterhin wird die Haut durch die Krankheit auch blau gefärbt und es können Schwellungen an den betroffenen Stellen auftreten. Nicht selten treten auch Bewegungseinschränkungen am Körper auf, die den Alltag des Patienten deutlich erschweren können.

Auch Schmerzen an den Muskeln und Gelenken sind bei der Kryoglobulinämie nicht unüblich und können die Lebensqualität des Patienten erheblich verringern. Weiterhin wird durch die Krankheit auch die Leber vergrößert. Erkrankungen der Leber können dabei im schlimmsten Fall zum Tode des Patienten führen. Nicht selten ist auch das Herz von der Erkrankung betroffen, sodass es weiterhin auch zu einem Herzinfarkt kommen kann.

Auch ein Niereninfarkt ist bei der Kryoglobulinämie nicht ausgeschlossen. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Kryoglobulinämie erheblich verringert und eingeschränkt. Die Behandlung dieser Krankheit findet mit Hilfe von Medikamenten statt. Dabei kommt es nicht zu Komplikationen. Die Beschwerden können mit Hilfe von Ibuprofen behandelt werden. Ob es zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann in der Regel nicht universell vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei Hautverfärbungen an verschiedenen Stellen des Körpers besteht Anlass zur Besorgnis. Treten wiederholt Blaufärbungen auf oder kommt es zu einer Zunahme der Verfärbungen, sollte ein Arzt zur Abklärung der Symptome aufgesucht werden. Besonders gefährdet sind die Hände, Füße, Ohren, die Nase und das Kinn. Die Ursache der Hautauffälligkeiten sollte ärztlich untersucht und behandelt werden. In einigen Fällen treten die Blaufärbungen im Bereich der Geschlechtsorgane auf. Daher ist ein Arztbesuch ebenfalls erforderlich, wenn der Penis oder die Vulva Veränderungen zeigen.

Kommt es zu einem nicht erklärbaren plötzlichen Erblassen der Finger, sollte ein Arzt von den Beobachtungen unterrichtet werden. Bei Sensibilitätsstörungen auf der Haut, einem kribbelnden Gefühl oder Taubheitsempfindungen wird ein Arzt benötigt. Kommt es zu Gelenkschmerzen oder Beschwerden des Muskelapparates, ist ein Arzt zu konsultieren. Dies gilt insbesondere, wenn keine körperlichen Überanstrengungen oder intensive sportliche Aktivitäten stattgefunden haben. Bei einem Engegefühl im Oberkörper, Durchblutungsstörungen oder Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus ist ein Arzt aufzusuchen.

Halten die Beschwerden über eine längere Zeit an, kann sich ein lebensbedrohlicher Zustand entwickeln. Daher sollte bereits bei den ersten Anzeichen ein Arztbesuch erfolgen. Bei einem Funktionsausfall oder einem Bewusstseinsverlust ist ein Notarzt zu rufen. Zusätzlich ist das Ergreifen von Erste-Hilfe-Maßnahmen notwendig, damit das Überleben des Betroffenen gesichert ist.

Behandlung & Therapie

Die Grundlage der Therapie ist die Behandlung der Grunderkrankung. Bei der chronischen Hepatitis C ist dies kein leichtes Unterfangen. Die Betroffenen erhalten eine Kombination aus Interferon-α und dem Virostatikum Ribavirin über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten. Bei einer hohen Viruslast und bei einer Infektion mit verschiedenen Subtypen wirkt die Therapie allerdings nur schlecht. Insgesamt betrachtet liegt die Erfolgsrate bei 50 Prozent.

Begleitend zur Behandlung der Grunderkrankung kommen Kortikosteroide in hoher Dosierung zum Einsatz. Auch Chemotherapeutika und Interferone werden verwendet. Die Standarddosierung besteht aus Cyclophosphamid, Prednisolon und Ibuprofen. Ibuprofen dient allerdings ausschließlich der symptomatischen Behandlung.


Aussicht & Prognose

Die Prognose der Kryoglobulinämie richtet sich nach der vorliegenden Grunderkrankung. Die Behandlungsmöglichkeit der auslösenden Krankheit ist entscheidend für den weiteren Krankheitsverlauf und die Aussicht auf eine Genesung. Zudem ist es von besonderer Wichtigkeit, ob die vorliegende Erkrankung einen chronischen Charakter hat. Ist der Betroffene beispielsweise an Hepatitis C erkrankt, gestalten sich der Behandlungsplan und die Heilungsaussichten als besonders schwierig und langwierig. Die Wahrscheinlichkeit einer erreichten Beschwerdefreiheit liegt lediglich bei ungefähr der Hälfte der diagnostizierten Fälle. Zudem können Nebenwirkungen und Risiken innerhalb einer eingeleiteten Therapie auftreten.

Ohne eine medizinische und ärztliche Behandlung verschlechtert sich die Prognose für den Betroffenen immens. Folgeerkrankungen sind möglich und darüber hinaus besteht die Gefahr von schwerwiegenden Komplikationen. Bei einigen Patienten wird ein Niereninfarkt festgestellt. Dieser ist potentiell lebensgefährlich für den Betroffenen und kann bei einer erfolgreichen intensivmedizinische Betreuung zu lebenslangen Beeinträchtigungen führen. Darüber hinaus die durchschnittliche Lebenserwartung bei diesen Patienten insgesamt verringert.

Gelingt es dem behandelnden Arzt, die vorliegende Grunderkrankung zu heilen, verschwinden nach und nach die Beschwerden der Kryoglobulinämie selbstständig. Trotz einer erreichten Heilung kann im Verlauf des Lebens eine Wiedererkrankung stattfinden. Der Organismus entwickelt keine Immunität über den krankheitsauslösenden Keimen. Daher sollten besondere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um eine langfristige Beschwerdefreiheit zu erhalten.

Vorbeugung

Der Kryoglobulinämie lässt im Prinzip nur durch Prävention der Grunderkrankung vorbeugen. Die Hepatitis C ist ein großer Risikofaktor für die Entwicklung einer Kryoglobulinämie. Die Leberentzündung durch das Hepatitis-C-Virus zeigt eine sehr hohe Chronifizierungsrate und kann zudem Leberschäden verursachen. Die Erkrankung wird über Blut übertragen. Eine Impfung ist bisher nicht möglich. Erhöhte Infektionsgefahr besteht bei intravenösem Drogenkonsum.

Auch durch verunreinigte Instrumente in Tattoo- oder Piercingstudios kann Hepatitis C übertragen werden. Die sexuelle Übertragung ist eher selten. Zur Prävention der Hepatitis C und damit auch zur Prävention der Kryoglobulinämie sollten Tattoo- und Piercingstudios vor dem eigentlichen Stechtermin genau unter die Lupe genommen werden. Hygienisches Arbeiten sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Drogenabhängige sollten sich keine Spritzbestecke mit anderen Konsumenten teilen, sondern immer auch sterile Einmalspritzen zurückgreifen. Trotz des geringen Übertragungsrisikos sollte auch im Hinblick auf andere Geschlechtskrankheiten nur geschützter Verkehr ausgeübt werden. Bei bekannten Erkrankungen, die mit einer vermehrten Produktion von Immunglobulinen einhergehen, sollten die Betroffenen auf Symptome wie kalte und blasse Hände oder Einblutungen achten.

Bei Verdacht auf eine Gefäßentzündung sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Eine frühzeitige Behandlung verbessert die Prognose und verhindert bleibende Schäden wie beispielsweise Neuropathien und Muskelschmerzen.

Nachsorge

In den meisten Fällen sind die Möglichkeiten einer Nachsorge bei der Kryoglobulinämie stark eingeschränkt, wobei sie in einigen Fällen dem Betroffenen gar nicht zur Verfügung stehen. Dabei ist der weitere Verlauf der Erkrankung sehr stark vom Zustand des Betroffenen und auch vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig, sodass darüber keine allgemeine Voraussage gemacht werden kann.

Allerdings wirkt sich eine frühe Diagnose der Krankheit in der Regel stets positiv auf den weiteren Verlauf der Kryoglobulinämie aus, sodass der Betroffene idealerweise schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen einen Arzt aufsuchen sollte. In der Regel kann es dabei nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen. Die Betroffenen sind dabei auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen.

Diese müssen in der Regel über einen Zeitraum von sechs Monaten eingenommen werden, wobei immer auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung zu achten ist. Weiterhin sollten regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen von einem Arzt durchgeführt werden, damit der Zustand des Betroffenen dauerhaft überwacht wird. In den meisten Fällen kann die Kryoglobulinämie relativ gut besiegt werden, sodass keine weiteren Maßnahmen der Nachsorge mehr notwendig sind.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Kryoglobulinämie beschränken sich die Selbsthilfe-Maßnahmen in der Regel darauf, die ärztliche Behandlung der Symptome zu unterstützen und das alltägliche Leben mit der Erkrankung zu erleichtern. Zunächst ist eine Umstellung der Lebensgewohnheiten angezeigt. Da eine Kryoglobulinämie zumeist auf bakterielle Erkrankungen zurückzuführen ist, muss das Immunsystem gestärkt werden. Dies gelingt, indem sich der Patient viel an der frischen Luft bewegt und sich gesund ernährt. Zudem sollte auf einen erholsamen Nachtschlaf und die Vermeidung von Stress geachtet werden.

Liegt den Beschwerden eine ernste Erkrankung zugrunde, die nicht nur durch einen bakteriellen Erreger ausgelöst wurde, ist eine symptomatische Begleitbehandlung möglich. Schmerzen können zum Beispiel durch eine Reihe von Mitteln aus der Naturheilkunde gelindert werden. Bewährt haben sich etwa die Präparate Belladonna D12 aus der Homöopathie sowie Arnika und Teufelskralle aus der Naturheilkunde. Auch konservative Maßnahmen wie warme Auflagen helfen bei lokalen Schmerzen.

Abhängig davon, welche Erkrankung der Kryoglobulinämie zugrunde liegt, können unter Umständen weitere Maßnahmen ergriffen werden. Dies sollte allerdings zuvor mit einem Arzt besprochen werden, um Beschwerden und ernste Komplikationen zu vermeiden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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