Plasmozytom (multiples Myelom)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Plasmozytom (multiples Myelom, Morbus Kahler) ist ein seltener, niedrigmaligner Knochenmarkstumor, für den bislang keine Therapiemaßnahmen vorliegen, die eine vollständige Heilung bedingen. Hierbei steigt die Erkrankungsrate jenseits des 50. Lebensjahrs und Männer sind häufiger von einem Plasmozytom betroffen als Frauen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Plasmozytom?

Die Diagnose eines Plasmozytoms erfolgt anhand einer Knochmarkbiopsie sowie dem histologischen Nachweis der Plasmazellvermehrung (mehr als 10 Prozent Plasmazellen im Knochenmarkausstrich).
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Als Plasmozytom (auch multiples Myelom, Morbus Kahler) wird eine seltene, niedrigmaligne (weniger bösartige) Tumorerkrankung bezeichnet, die in erster Linie von einer entarteten Plasmazelle des Knochenmarks ausgeht (sogenanntes medulläres Plasmozytom) und sich in seltenen Fällen auch im extramedullären Zellgewebe (Rachen, Lunge, Magen) manifestieren kann.

Bei einem Plasmozytom liegen oftmals multiple vom Knochenmark ausgehende Tumoren (Myelome) vor, die sich vermehren und dadurch die für Plasmozytome charakteristischen Symptome wie Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, lokale Schmerzen, Anämie infolge der Verdrängung des blutbildenden Gewebes durch die progressive Ausbreitung des Tumors, Spontanfrakturen durch Skelettdestruktion sowie multiple Knochendefekte (v.a. am Schädel) verursachen.

Ursachen

Die Ursachen für die Entwicklung und Manifestierung eines Plasmozytoms sind bislang ungeklärt. Als gesichert gilt, dass die Plasmazellvermehrung von einem Zellklon (entartete Plasmazelle) ausgeht, der sich im Knochenmark bösartig vermehrt.

Die entstandenen Tumorzellen des Plasmozytoms bewirken eine übermäßige Produktion von pathologischen, für die körpereigene Abwehr nutzlosen Immunglobulinen ohne Antikörperfunktion (sogenannte monoklonale Antikörper bzw. Paraproteine), die für die körpereigene Abwehr nutzlos sind. Mit fortschreitender Entwicklung verdrängt das wachsende Tumorgewebe das blutbildende Gewebe und verursacht die für ein Plasmozytom typische Anämie (Blutarmut).

Die Auslöser für diesen Entartungsprozess sind unbekannt. Aufgrund der Tatsache, dass Plasmozytome von einem Zellklon ausgehen und gehäuft in bestimmten Familien auftreten, wird von einer genetisch bedingten Prädisposition (Veranlagung) ausgegangen. Daneben gelten ionisierende Bestrahlung (elektromagnetische bzw. radioaktive Strahlen) sowie einige chemische Substanzen (Pestizide) als Risikofaktoren für ein Plasmozytom.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Leitsymptom des Plasmozytoms sind Knochenschmerzen, die durch einen Befall der Wirbelkörper oder anderer Knochen durch die Krebszellen hervorgerufen werden. Die Schmerzen nehmen meist in Bewegung zu und bessern sich bei Ruhe. Durch den Krebsbefall der Knochen kommt es ferner zu Knochenbrüchen, die insbesondere im Bereich der Wirbelsäule oft unbemerkt bleiben.

Nicht selten werden die Knochenbeschwerden als Osteoporose oder auch Rheuma fehlgedeutet. Eine Anämie (Blutarmut) entwickelt sich ebenfalls in frühen Stadien. [[Gesichtsblässe|Blässe], Müdigkeit, eine eingeschränkte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie eine erhöhte Infektneigung sind die Folge. Da sich diese Beschwerden eher schleichend entwickeln, bleiben auch sie oft zunächst unbemerkt.

Durch einen Mangel an weißen Blutkörperchen ist das Immunsystem der Patienten geschwächt. Sie leiden vermehrt unter Infektionen und neigen zu komplikationsreichen Krankheitsverläufen. Da durch die bösartige Erkrankung die Knochen nach und nach poröser werden, sammelt sich im Blut vermehrt Kalzium an.

Durch den erhöhten Kalziumspiegel können die Nieren in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Die Patienten fühlen sich müde, schlapp und antriebslos. Einige der Betroffenen klagen ferner über Übelkeit und Erbrechen. In selteneren Fällen beeinträchtigt das Krebsgeschehen auch die Bildung der Blutplättchen (Thrombozyten). Ist dies der Fall, treten punktförmige Einblutungen (Petechien) auf.

Diagnose & Verlauf

Da ein Plasmozytom zu Beginn seiner Entwicklung keine Symptome oder lediglich geringfügige Beschwerden verursacht, wird dieses in vielen Fällen zufällig diagnostiziert. Betroffene fallen allerdings durch die charakteristischen Symptome wie Anämie oder häufige Infektionskrankheiten auf.

Die Diagnose eines Plasmozytoms erfolgt anhand einer Knochmarkbiopsie sowie dem histologischen Nachweis der Plasmazellvermehrung (mehr als 10 Prozent Plasmazellen im Knochenmarkausstrich). Im Rahmen einer Immunelektrophorese (Analyse von Plasmaproteinen) kann die typische Paraproteinurie (erhöhte Konzentration von Paraproteinen im Harn) nachgewiesen werden.

Durch eine Röntgenuntersuchung erfolgt der Nachweis potenzieller Knochendefekte, während mittels einer Blut- und/oder Urinanalyse labordiagnostisch die Anzeichen für eine Anämie, eine Niereninsuffizienz sowie eine beschleunigte BKS (Blutsenkungsgeschwindigkeit) festgestellt werden können.

Der Verlauf und die Prognose werden bei einem Plasmozytom vor allem durch das Entwicklungsstadium des Tumors bestimmt. Je früher der Tumor diagnostiziert und therapiert wird, desto höher ist die Lebenserwartung des Betroffenen, wenngleich eine vollständige Heilung bislang nicht möglich ist und ein Plasmozytom einen rezidivierenden Verlauf aufweist.

Komplikationen

Bei einem Plasmozytom leiden die Betroffenen an einem Tumor in den Knochen. Dieser kann zum Tode führen, falls er nicht behandelt wird. Der weitere Verlauf und die Komplikationen dieser Krankheit hängen dabei sehr stark von der Ausbreitung des Tumors im Körper des Patienten ab, sodass eine allgemeine Voraussage in der Regel nicht möglich ist. Die Beschwerden und Symptome dieser Erkrankung sind dabei nicht besonders charakteristisch, sodass dieser Tumor oftmals erst spät diagnostiziert wird.

Die Patienten leiden dabei vor allem an einer starken Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Auch die Belastbarkeit der Betroffenen wird dabei plötzlich erheblich verringert. Die Patienten leiden dabei auch an Fieber und an Nachtschweiß. Weiterhin treten Schmerzen an den Knochen auf, wobei vor allem der Rücken davon betroffen ist. Ohne Behandlung kommt es aufgrund der Ausbreitung des Tumors zu einem Knochenschwund.

Ebenso leiden die Patienten aufgrund des Plasmozytoms an einem geschwächten Immunsystem und damit auch häufiger an Infekten oder Entzündungen. Weiterhin kommt es zu einer Niereninsuffizienz und schließlich zum Tode des Betroffenen. Die Behandlung des Plasmozytoms erfolgt mit Hilfe operativer Eingriffe und durch eine Stammzellentransplantation. Ob es dabei allerdings zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht universell vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Symptome wie Kopfschmerzen, Blässe, körperliche Schwäche und Müdigkeit deuten auf ein Plasmozytom hin. Ein Arztbesuch ist angezeigt, wenn die typischen Krankheitszeichen nicht innerhalb von zwei bis drei Tagen von selbst abklingen. Sollten die Symptome stärker werden, muss ein Arzt konsultiert werden. Betroffene Personen sprechen am besten mit dem Hausarzt oder einem Internisten. Bei Schädigungen der Knochensubstanz muss außerdem der Orthopäde hinzugezogen werden. Ein Ernährungsberater kann gemeinsam mit dem Patienten eine Diät ausarbeiten und somit die Nierenschädigungen reduzieren.

Es wird vermutet, dass Menschen, die berufsbedingt mit Pestiziden Kontakt haben, besonders anfällig für eine Erkrankung sind. Auch eine familiäre Häufung ist ein Warnzeichen, welches in Verbindung mit genannten Symptomen abzuklären ist. Ältere Menschen, Schwangere und Personen mit einer Vorerkrankung des Herz-Kreislauf-Systems sollten stets zum Arzt gehen, wenn die genannten Symptome auftreten. Wenn es als Folge eines Plasmozytoms zu einem Nierenversagen, schweren Infektionen oder einem anderen medizinischen Notfall kommt, muss der Rettungsdienst gerufen werden.

Behandlung & Therapie

Die Therapie eines Plasmozytoms richtet sich nach dem Entwicklungsstadium (Ausbreitung, Größe, Lokalisation, Begleitsymptome) des Tumors. Oftmals wird ein Plasmozytom zu Beginn seiner Entwicklung (Stadium I) durch engmaschige Verlaufuntersuchungen beobachtet und vorerst auf eine Chemotherapie, die belastende Nebenwirkungen nach sich zieht, verzichtet.

In fortgeschrittenen Stadien (Stadium II und III) kommen in der Regel chemo- sowie strahlentherapeutische Maßnahmen bei einem Plasmozytom zum Einsatz, wobei aufgrund des Vorliegens multipler Tumorherde die beiden Therapierformen kombiniert angewandt werden. Weist der von einem Plasmozytom Betroffene einen entsprechenden Allgemeinzustand auf, können daneben hochdosierte Chemotherapeutika mit anschließender Stammzelltransplantation therapeutisch angezeigt sein. Durch die Chemotherapie werden neben den Tumorzellen ebenfalls die Stammzellen (blutbildende Zellen) zerstört.

Infolge einer Stammzelltransplantation können sich diese erneut aufbauen und erholen. Weisen die Zellen des Plasmozytoms bestimmte Antigene auf ihrer Oberfläche auf, kann eine Antikörpertherapie zu Anwendung kommen. Hierbei greifen die verabreichten Antikörper die Antigene der Tumorzellen an und zerstören die Zellen des Plasmozytoms.

In manchen Fällen kommen zusätzlich zur Chemotherapie und im Anschluss an eine Stammzellentransplantation Thalidomid zur Hemmung des Tumorwachstums sowie Bisphosphonate zur Stabilisierung des Knochenstoffwechsels medikamentös zum Einsatz. Unter Umständen ist zur Vermeidung von Lähmungen infolge von Nervenschädigungen ein operativer Eingriff bei einem Plasmozytom erforderlich.


Vorbeugung

Da die Ursachen für ein Plasmozytom bislang nicht geklärt werden konnten, existieren keine Maßnahmen zur Vorbeugung. Prinzipiell sollte der Kontakt mit bekannten Risikofaktoren wie ionisierende Strahlung oder Pestiziden sowie anderen karzinogenen Substanzen vermieden werden.

Nachsorge

Bei einem Plasmozytom stehen Betroffenen in der Regel nur wenige und meist auch nur eingeschränkte Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Betroffene sollten daher schon bei den ersten Symptomen dieser Krankheit einen Arzt aufsuchen, damit es im weiteren Verlauf nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Eine frühe Diagnose mit einer anschließenden Behandlung wirken sich dabei in der Regel immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus.

Die Behandlung selbst richtet sich stark nach der Ausprägung des Plasmozytoms, sodass dabei kein allgemeiner Verlauf gegeben werden kann. In den meisten Fällen sind die Patienten allerdings auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen, wobei immer auf eine richtige Dosierung und auch die regelmäßige Einnahme zu achten ist. Falls es zu Unklarheiten oder zu Nebenwirkungen kommen sollte, empfiehlt es sich stets zuerst ein Arzt zu konsultieren.

Viele der Betroffenen sind aufgrund des Plasmozytoms auf die Hilfe und Unterstützung der Familie angewiesen. Aufbauende Gespräche können zudem die Entstehung von Depressionen und anderen psychischen Beschwerden verhindern. Das Plasmozytom kann dabei in einigen Fällen die Lebenserwartung des Betroffenen verringern.

Das können Sie selbst tun

Diese schwerwiegende Erkrankung muss unbedingt ärztlich behandelt werden, auch wenn eine vollständige Heilung bislang noch nicht möglich ist. Die Erkrankung und ihr Verlauf können allerdings mit ärztlichen Maßnahmen gestoppt oder gelindert werden, weshalb deren Anweisungen unbedingt einzuhalten sind. Den Betroffenen ist weiterhin anzuraten, ihre Arbeitsumgebung zu prüfen. Werden am Arbeitsplatz Giftstoffe oder Pestizide verarbeitet oder verwendet? Falls dies der Fall sein sollte, müssten die Patienten einen Wechsel ihrer Arbeitsstelle in Erwägung ziehen.

Die Patienten profitieren weiterhin von einer möglichst gesunden Lebensweise, um den Köper nicht zusätzlich zu belasten. Ausgedehnte Ruhezeiten, wenig Stress, geregelte Abläufe, so viel Bewegung wie möglich sowie eine ausgewählte Ernährung mit frischer, vitaminreicher Nahrung, wenig Zucker und Fett sind empfehlenswert. Nikotin und Alkohol hingegen sind tabu. Stattdessen sollten die betroffenen Patienten viel Wasser trinken, um so Giftstoffe besser ausscheiden zu können.

Die Diagnose Plasmozytom (multiples Myelom) ist für die Betroffenen sehr belastend, insbesondere wenn sie in fortgeschrittenen Krankheitsstadien chemotherapeutisch behandelt werden und/oder auf eine Stammzellspende warten. Hier wäre eine psychotherapeutische Begleitbehandlung anzuraten.

Entspannungstechniken wie Reiki, Yoga, Mediationen und Atemübungen oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson können unterstützend wirken. Auch die Klopfakupressur (EFT) ist eine gute Selbsthilfemaßnahme, insbesondere für Patienten, die zu Angstattacken neigen.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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