Primär sklerosierende Cholangitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter einer primär sklerosierenden Cholangitis wird eine chronische Gallenwegsentzündung verstanden. Sie ruft eine narbige Verhärtung hervor, wodurch es zum Verengen der Gallenwege kommt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine primär sklerosierenden Cholangitis?

Im Anfangsstadium der primär sklerosierenden Cholangitis sind noch keine Beschwerden zu verzeichnen, sodass die Krankheit meist lange Zeit nicht bemerkt wird. Beschwerden treten erst dann auf, wenn die geschädigten Gallenwege die Funktionen der Leber einschränken.
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Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) stellt eine spezielle Form der Cholangitis (Gallenwegsentzündung) dar. Sie wird den Autoimmunkrankheiten zugerechnet. Im Rahmen der Erkrankung leiden die Betroffenen unter einer voranschreitenden und chronischen Gallenwegsentzündung, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der Leber auftritt.

Die primär sklerosierende Cholangitis ist eng verbunden mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Colitis ulcerosa, einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit. Im weiteren Verlauf führt die Autoimmunkrankheit zum Vernarben der Gallenwege. Dies hat wiederum einen Gallenstau zur Folge. Im schlimmsten Fall kann eine Leberzirrhose entstehen, für deren Behandlung eine Lebertransplantation notwendig ist.

Die primär sklerosierende Cholangitis kommt verhältnismäßig selten vor. Schätzungen zufolge leiden 1 bis 5 von 100.000 Personen unter ihr. Dabei tritt sie bei Männern zwei oder drei Mal so oft wie beim weiblichen Geschlecht auf. Besonders betroffen sind Menschen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Bei 70 von 100 Patienten liegt außerdem eine Colitis ulcerosa vor, in manchen Fällen auch Morbus Crohn.

Bei dieser Erkrankung handelt es sich ebenfalls um ein chronisch-entzündliches Darmleiden. Ferner können sich auch andere Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom oder die Autoimmunhepatitis gleichzeitig mit der primär sklerosierenden Cholangitis zeigen.

Ursachen

Wodurch die primär sklerosierende Cholangitis verursacht wird, ist noch immer unklar. In einigen Familien zeigt sie sich gehäuft unter Angehörigen ersten Grades. Daher sehen die Ärzte einen genetischen Einfluss als sicher an. Gemeinsam mit anderen Faktoren bewirkt dieser den Ausbruch der Krankheit.

Gleichzeitig wird von einer immunologischen Genese wie bei einer Autoimmunkrankheit ausgegangen. So kommt es durch fehlerhafte Immunreaktionen an der Gallengangsschleimhaut zur Entstehung einer primär sklerosierenden Cholangitis. Aber auch Mikroorganismen in der Verdauungsregion wie Bakterien sollen eine Rolle spielen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Anfangsstadium der primär sklerosierenden Cholangitis sind noch keine Beschwerden zu verzeichnen, sodass die Krankheit meist lange Zeit nicht bemerkt wird. Beschwerden treten erst dann auf, wenn die geschädigten Gallenwege die Funktionen der Leber einschränken. In diesem Fall leiden die betroffenen Personen unter quälendem Juckreiz, dem Verlust von Gewicht, Abgeschlagenheit, Müdigkeit sowie einer gelblichen Verfärbung von Haut und Schleimhaut, die Mediziner auch als Ikterus (Gelbsucht) bezeichnen.

Außerdem reagiert der Patient empfindlich auf Druck und leidet unter Schmerzen im rechten Oberbauch. Bei den meisten Patienten besteht außerdem die chronisch-entzündliche Darmkrankheit Colitis ulcerosa. Weiterhin erhöht sich das Risiko, dass an den Gallenwegen eine bakterielle Entzündung auftritt. Eine solche bakterielle Cholangitis zeigt sich in Schüben und löst Bauchschmerzen auf der rechten Bauchseite, Schwäche und Fieber aus.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Liegt Verdacht auf eine primär sklerosierende Cholangitis vor, sollte sich der Patient an einen Gastroenterologen oder einen Internisten wenden, der auf die Behandlung solcher Erkrankungen spezialisiert ist. Den ersten Schritt der Untersuchung bildet das Erfassen der Krankengeschichte (Anamnese).

Der Mediziner erkundigt sich beim Patienten danach, ob er unter krampfartigen oder konstant anhaltenden Bauchschmerzen leidet, bei ihm eine Colitis ulcerosa besteht, er schon in der Vergangenheit Gallensteine hatte oder Fieber auftritt. An die Anamnese schließt sich die körperliche Untersuchung an, in deren Verlauf der Arzt die Haut des Patienten überprüft. So gilt das gelbliche Verfärben der Haut als Indiz für eine Schädigung der Leber.

Mit einem Stethoskop hört der Arzt die Darmgeräusche ab. Auf die Weise kontrolliert er den Stuhl- und Luftgehalt des Darms. Allerdings lässt sich eine primär sklerosierende Cholangitis durch eine körperliche Untersuchung nicht immer nachweisen. Aus diesem Grund finden weitere Untersuchungen statt. Dazu gehört eine Blutuntersuchung zur Bestimmung der Leberwerte, die zum Nachweis von Cholestaseparametern wie alkalischer Phosphatase oder Gamma-GT dient.

Zur Beobachtung von Gallenwegen und Leber lässt sich eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) vornehmen, mit deren Hilfe die primär sklerosierende Cholangitis von anderen Erkrankungen abgegrenzt werden kann. Bei einer Erhärtung des Verdachts auf PSC muss eine genauere Untersuchung der Gallenwege erfolgen, was mit einer Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) sowie einer endoskopischen retrograden Cholangiopankreatikographie (ERCP) geschieht.

Dabei lässt sich die ERCP auch therapeutisch nutzen. Der Verlauf der primär sklerosierenden Cholangitis ist individuell unterschiedlich. Schreitet die chronische Entzündung voran, drohen Folgeschäden wie eine Fibrose, bei der sich das Bindegewebe krankhaft vermehrt, sowie eine Leberzirrhose, die zur Funktionseinbuße der Leber führt. Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Krebsrisiko.

Komplikationen

Eine primär sklerosierende Cholangitis (PSC) kann individuell und überaus unterschiedlich verlaufen. Daher drohen in manchen Fällen schwerwiegende Komplikationen. Diese betreffen aber nicht jeden einzelnen Patienten. Eine häufig auftretende Folgeerscheinung der primär sklerosierenden Cholangitis ist eine Gallengangsstenose.

Aufgrund der Verengung besteht das erhöhte Risiko, dass sich Gallensteine bilden, die über den Einengungen angesiedelt sind. Des Weiteren kann es zu einer bakteriellen Gallenwegsinfektion (akute Cholangitis) kommen, die sich durch Beschwerden wie kolikartige Schmerzen, Fieber und Schüttelfrost bemerkbar macht.

Zu den schwerwiegenden Komplikationen der PSC zählt die Leberzirrhose. Sie wird von einem chronischen Anstau der Gallenflüssigkeit in der Leber hervorgerufen. Mediziner sprechen auch von einer sekundär biliären Zirrhose. Dabei findet ein knotiger Umbau der Leber statt, die schrumpft und dabei zunehmend ihre Funktionen einbüßt. Nicht selten muss in solchen Fällen eine Lebertransplantation erfolgen.

Aufgrund der primär sklerosierenden Cholangitis erhöht sich außerdem die Gefahr an Krebs zu erkranken. So droht bei 13 bis 14 Prozent aller Patienten ein hepatobiliäres Karzinom (Cholangiokarzinom). Gleichzeitig erhöht sich das Risiko für Dickdarmkrebs, Leberzellkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Gallenblasenkrebs. Aus diesem Grund müssen bei den Patienten regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchungen stattfinden.

Weitere mögliche Folgeerscheinungen der primär sklerosierenden Cholangitis sind rheumatische Beschwerden, Osteoporose (Knochenschwund) sowie ein Mangel an Vitamin A, Vitamin D, Vitamin E und Vitamin K. Diese Vitamine haben miteinander gemeinsam, dass sie über fettlösliche Eigenschaften verfügen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Symptome wie Gelbsucht, Müdigkeit und Gewichtsverlust deuten auf eine primär sklerosierende Cholangitis hin. Ein Arztbesuch ist angezeigt, wenn diese und andere für die Erkrankung typische Symptome auftreten. Sollten Bauchschmerzen oder der oftmals im Bereich der Arme und Beine auftretende Juckreiz hinzukommen, muss am selben Tag ein Arzt aufgesucht werden. Personen, die an Erkrankungen der Gallenwege leiden, sind besonders gefährdet und sollten den Hausarzt kontaktieren, wenn die beschriebenen Krankheitszeichen auftreten. Auch Menschen mit chronischen Magen-Darm-Beschwerden gehören zu den Risikogruppen.

Wer Fälle der primär sklerosierenden Cholangitis in der Familie hat, sollte einen Arzt aufsuchen. Neben dem Hausarzt kann mit dem chronischen Leiden zu einem Internisten oder einem Facharzt für Erkrankungen der Gallenblase gegangen werden. Die Behandlung des Leidens erfolgt meist stationär in einer Fachklinik. Bei chronischen Erkrankungen muss der Patient enge Rücksprache mit dem Arzt halten. Der Mediziner sollte über ungewöhnliche Symptome informiert werden, damit Anpassungen in der Behandlung vorgenommen werden können. Sollte es zu einer Leberzirrhose kommen, muss man den Notarzt rufen und gegebenenfalls erste Hilfe leisten. Etwaige Folgebeschwerden wie Knochenschwund oder Tumoren der Gallenwege und des Dickdarms sind frühzeitig ärztlich abzuklären.

Behandlung & Therapie

Eine Heilung der primär sklerosierenden Cholangitis ist bislang nicht möglich. So dient die Therapie dazu, den Verlauf der Krankheit zu bessern und die Lebensqualität des Patienten zu erhöhen. Außerdem ist es wichtig, Komplikationen entgegenzuwirken. Um die schädliche Gallensäure zurückzudrängen, erhält der Patient Ursodeoxycholsäure (UDCA), die auf Dauer verabreicht wird.

Dabei handelt es sich um eine Gallensäure, die geringfügig vom Menschen selbst hergestellt wird. Allerdings ließ sich der Nutzen der Ursodeoxycholsäure nicht genau nachweisen, da der Wirkungsmechanismus nicht ergründet werden konnte. Durch eine Gallengangspiegelung besteht die Möglichkeit, Verengungen der Gallenwege zu beheben, wodurch die Gallenflüssigkeit besser abfließt.

In manchen Fällen kann auch eine Transplantation der Leber erforderlich sein, wenn zum Beispiel bereits eine Leberzirrhose vorliegt. Bei diesem Verfahren wird die erkrankte Leber entfernt und durch eine gesunde Spenderleber ausgetauscht.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen gegen eine primär sklerosierende Cholangitis sind nicht bekannt. Um Folgeerkrankungen wie einem Darm- oder Gallengangstumor entgegenzuwirken, sollten regelmäßig fachärztliche Untersuchungen erfolgen.

Nachsorge

Patienten, die unter primär sklerosierender Cholangitis leiden, sollten auch in der Nachsorge die Symptome genau beobachten. Für einen erfolgreichen Heilprozess ist es wichtig, dass sie die Arzttermine einhalten und regelmäßige Kontrollen durchführen lassen. Die Untersuchungen im Rahmen der Nachsorge dienen auch dazu, die medikamentöse Einstellung zu überprüfen.

Auf jeden Fall sind die Mittel genau nach Vorschrift einzunehmen, um Schmerzen und Beschwerden im Oberbauch zu lindern. Wenn sich die Betroffenen gewissenhaft an die ärztlichen Empfehlungen halten, können sie längere Zeit transplantatfrei leben. Auch eine gute Selbstkontrolle ist sehr nützlich, um Entzündungsschübe zu verhindern. Stress ist ein gefährlicher Auslöser, kann durch Entspannungstechniken aber eingeschränkt werden.

Zu viel Alkohol und andere Genussmittel wirken sich negativ auf die körpereigene Abwehr und die Leberfunktion aus. Daher sollten die Patienten ihren Alkoholkonsum einschränken. Durch den Verzicht auf leberschädigende Mittel, beispielsweise Paracetamol, verringert sich das Krankheitsrisiko ebenfalls. Als Vor- und Nachsorge können die Betroffenen außerdem spezielle Vitaminpräparate einnehmen, um ihrem Körper genügend Nährstoffe zuzuführen. Durch eine regelmäßige Blutentnahme lässt sich prüfen, wie gut die Werte von Leber und Galle sind. Zudem können die Betroffenen bei der ärztlichen Untersuchung um die Bestimmung des Vitaminspiegels in ihrem Blut bitten.

Das können Sie selbst tun

Die primär sklerosierende Cholangitis führt bei etwa der Hälfte der Betroffenen zu unregelmäßig auftretenden Symptomen. Da die Autoimmunkrankheit bisher nicht geheilt werden kann, können Beschwerden nur symptomatisch behandelt werden.

In der Regel erfolgt die medikamentöse Einstellung mit Ursodesoxycholsäure. Hiermit wird eine Ausscheidung körpereigener Gallensäuren erreicht und der Entzündung der Leber entgegengewirkt. Oberbauchbeschwerden können dadurch verringert werden. Außerdem verlängert sich durch die regelmäßige Einnahme das transplantatfreie Überleben, sodass die gewissenhafte Einnahme des Medikaments unbedingt erfolgen sollte.

Im Alltag sollten Patienten auch darauf achten, Entzündungsschübe zu vermeiden. So sollte beispielsweise starker Stress umgangen werden. Um die Leber nicht noch weiter zu belasten, sollten ein starker Alkoholkonsum sowie leberschädigende Medikamente, wie Paracetamol, vermieden werden. Im akuten Entzündungsschub kann ein starker Juckreiz mit einem Antihistaminikum behandelt werden. Außerdem sollte ein Vitaminmangel durch die Einnahme von entsprechenden Präparaten behoben werden. Hier ist es hilfreich, regelmäßig nach ärztlicher Absprache eine Blutabnahme durchzuführen, um sowohl die Leber- und Gallenwerte selbst, als auch Vitaminspiegel im Blut bestimmen zu lassen.

Generell sollten Patienten auch in beschwerdefreien Intervallen regelmäßig ihren Arzt aufsuchen, um den Progress der Erkrankung zu beobachten und gegebenenfalls Untersuchungen, wie ein Ultraschall der Leber oder eine ERCP-Untersuchung durchführen zu lassen.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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