Paranoide Schizophrenie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die paranoide Schizophrenie ist der häufigste Subtyp der Schizophrenie. Die Erkrankung ist durch verschiedene Beschwerden wie Verfolgungswahn, optische und akustische Halluzinationen gekennzeichnet. Dem entspringt auch die alternative Bezeichnung „paranoid-halluzinatorische Schizophrenie“.

Inhaltsverzeichnis

Was ist paranoide Schizophrenie?

Die paranoide Schizophrenie macht sich vor allem durch drei Hauptsymptome bemerkbar: Wahn, Ich-Störungen und Halluzinationen.
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Die Schizophrenie weist ein vielgestaltiges Erscheinungsbild auf und gehört zu den sogenannten endogenen Psychosen. Dabei handelt es sich um Krankheitsbilder, die unter anderem mit Realitätsverlust sowie Störungen des Denkens und der Gefühlswelt einhergehen und aus einer Vielzahl von inneren Faktoren heraus entstehen.

Bei der Schizophrenie handelt es sich nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, um eine Persönlichkeitsspaltung. Sie steht ebenso wenig im Zusammenhang mit einer verminderten Intelligenz, sondern vielmehr mit Fehlern in der Wahrnehmung und Interpretation der Umwelt. Etwa 25 von 10.000 Deutschen sind an einer Schizophrenie erkrankt.

Frauen und Männer sind dabei gleich häufig betroffen, bei Letzteren bricht die Krankheit jedoch im Durchschnitt früher aus. Etwa die Hälfte aller leidenden Patienten zeigt im Krankheitsverlauf Symptome einer paranoiden Schizophrenie. Dieser Typus entwickelt sich häufig erst bei Menschen im mittleren Lebensalter und damit später als andere schizophrene Erkrankungen.

Im Mittelpunkt der paranoiden Schizophrenie stehen Störungen des Ich-Bewusstseins, Halluzinationen und vor allem Wahnvorstellungen, wovon sich auch die Bezeichnung ableitet.

Ursachen

Es ist nicht möglich, eine alleinige Ursache von paranoider Schizophrenie herauszustellen, jedoch gibt es verschiedene Risikofaktoren, die den Ausbruch der Krankheit begünstigen. Auf biochemischer Ebene wird den Botenstoffen im Gehirn (Neurotransmitter) eine große Bedeutung beigemessen. Wissenschaftler vermuten, dass ein gestörter Dopaminstoffwechsel im Zusammenhang mit Schizophrenie steht.

Hierfür spricht die Erfahrung mit Amphetaminen, welche die Ausschüttung von Dopamin fördern und Symptome verstärken. Auch Serotonin steht im Verdacht, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen. Der Botenstoff wirkt sich auf das Schmerzempfinden, die Gedächtnisleistung und das Glücksempfinden aus. Eine Überaktivität einzelner Nervenbahnen kann die vermehrte Ausschüttung dieser Neurotransmitter bewirken.

Es werden auch einige psychosoziale Risikofaktoren definiert, die das Auftreten einer paranoiden Schizophrenie auslösen können. Liegt eine gewisse genetische Veranlagung vor, hat psychischer Stress bei einigen Menschen besonders starke Auswirkungen. Kritische und traumatische Erlebnisse, vor allem in der frühen Kindheit, stellen ein erhöhtes Risiko dar.

Gleiches gilt für ein belastendes soziales Umfeld oder eine vorliegende Depression. Daneben treten schizophrene Erkrankungen selten auch als Folge von Infektionen auf, unter denen die Mutter des Betroffenen während der Schwangerschaft litt. Hierzu gehören vor allem Borreliose und Herpes simplex. Weitere mögliche somatische Ursachen sind Laktoseintoleranz, Zöliakie sowie prä- oder postnatale Hypoxie.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die paranoide Schizophrenie macht sich vor allem durch drei Hauptsymptome bemerkbar: Wahn, Ich-Störungen und Halluzinationen. Der Wahn äußert sich durch eine sehr starke, für gesunde Menschen nicht nachvollziehbare Überzeugung, beispielsweise überwacht oder verfolgt zu werden.

Der Patient befindet sich zumeist in einem Zustand der Paranoia, in dem er glaubt, dass alle äußeren Geschehnisse und Personen in einem engen Zusammenhang mit ihm stehen. Alltägliche Ereignisse deutet er als Zeichen oder versteckte Botschaften und kann von diesen Gedanken nicht abrücken. Im Zusammenhang damit steht auch die Störung des Ichs.

Der Patient erfährt Abgrenzungsprobleme zwischen dem Ich-Erleben und der Umwelt und ist nicht mehr in der Lage, Dinge rational von außen zu betrachten. Damit einher gehen Störungen wie Gedankenentzug, Derealisation und Depersonalisation. Halluzinationen treten meist auf akustischer Ebene auf, über 80 Prozent aller an paranoider Schizophrenie Erkrankten berichten von derartigen Symptomen.

Sie hören Stimmen, die ihnen Befehle erteilen, sie beleidigen oder paranoide Gedanken vermitteln. Dies kann dazu führen, dass sich der Betroffene zu selbstverletzenden Handlungen oder aggressivem Verhalten gegen andere gezwungen fühlt.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der erste und wichtigste Schritt der Diagnose ist ein Gespräch zwischen Arzt und Patient, in dem die auftretenden psychotischen Anzeichen hinterfragt werden. Es müssen verschiedene Kriterien bezüglich der Art und der Dauer der Symptome erfüllt werden, um die Krankheit feststellen zu können. Beschwerden wie akustische Halluzinationen oder paranoide Gedanken, die mindestens einen Monat bestehen, machen eine Schizophrenie wahrscheinlich.

Weitere kritische Anzeichen sind eine verminderte Gefühlsansprechbarkeit (Affektverflachung), zerfahrene Denkmuster und Sprachstörungen. Im Anschluss an das Gespräch folgt eine umfangreiche neurologische und körperliche Untersuchung. Dadurch sollen andere Erkrankungen wie Epilepsie, Hirntumore, Infektionen des Gehirns oder Schädel-Hirn-Traumata ausgeschlossen werden.

Es ist auch wichtig, Halluzinationen und Wahnvorstellungen auszuschließen, die als Folge von Drogenmissbrauch, etwa LSD, Cannabis, Ecstasy, Kokain oder Alkohol, auftreten. Überwiegen Negativ-Symptome wie Antriebsschwäche und Sprachverarmung, ist sicherzustellen, dass diese nicht Teil einer Depression sind. Weiterhin abzugrenzen sind andere psychische Störungen wie bipolare Erkrankungen, Autismus, Zwangsstörungen und [[Persönlichkeitsstörung]9en.

Komplikationen

Eine paranoide Schizophrenie geht meistens einher mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Betroffene entwickeln einen regelrechten Verfolgungswahn, fühlen sich ständig unter Beobachtung, glauben, dass andere Menschen sie überwachen und ihnen schaden wollen. Sie sind übertrieben misstrauisch und glauben, sogar in der eigenen Wohnung unter Beobachtung zu stehen und abgehört zu werden.

Manche verfallen dem Wahn, dass normale Alltagsereignisse ihnen versteckte Botschaften mitteilen wollen. Bei Menschen, die miteinander reden, haben sie das Gefühl, dass sie über sie reden. Auch Halluzinationen sind nicht selten. Paranoide Schizophrene hören Stimmen, nehmen Gerüche wahr und sehen Dinge, die real nicht existieren. Das kann so weit gehen, dass sie das Gefühl haben, dass ihnen Stimmen Befehle erteilen.

Darüber hinaus sind sie oft innerlich unruhig, streitsüchtig und auch wütend bis hin zur Gewalttätigkeit, wenn sie eine Bedrohung vermuten. In diesem Zustand sind sie vernünftigen Argumenten gegenüber nicht mehr zugänglich und es empfiehlt sich, den Notarzt zu rufen, damit der Betroffene nicht sich selbst oder anderen Schaden zufügt. Manchmal muss gegen den Willen des Schizophrenen eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik erfolgen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die unter Verhaltensauffälligkeiten leiden, die von der Umwelt als stark ab der Norm wahrgenommen werden, sollten ärztlich untersucht werden. In den meisten Fällen kommt es bei psychischen Erkrankungen zu einer mangelnden Krankheitseinsicht. Dies bedeutet, dass der Betroffene selbst sich gesund fühlt und kein Bewusstsein für das Vorhandensein einer gesundheitlichen Störung hat. Wahnvorstellungen oder Halluzinationen müssen schnellstmöglich von einem Arzt untersucht werden.

Berichtet der Betroffene davon, Stimmen zu hören oder Eingebungen zu haben, gilt dies als ungewöhnlich. Bei der festen Überzeugung, dass eine Macht die eigenen Gedanken kontrolliert oder diese entzieht, wird ärztliche Hilfe benötigt. Nimmt der Betroffene sich selbst außerhalb seines eigenen Körpers war, sollte das Gespräch mit einem Arzt gesucht werden. Aggressives oder selbstzerstörerisches Verhalten ist besorgniserregend.

In schweren Fällen wird ein Notarzt benötigt oder ein Amtsarzt muss informiert werden, damit eine Zwangseinweisung eingeleitet werden kann. Beleidigungen oder plötzliche Beschimpfungen der Mitmenschen treten häufig bei Erkrankten einer paranoiden Schizophrenie auf. Betroffene empfinden die Umwelt als potentielle Bedrohung und verlieren den Bezug zur Realität. Der Alltag kann nicht ohne fremde Hilfe bewältigt werden. Daher wird eine ärztliche Konsultation bereits bei den ersten Auffälligkeiten empfohlen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung von paranoider Schizophrenie verspricht heutzutage gute Prognosen, auch wenn die Krankheit nicht immer heilbar ist. Sie baut auf einer Kombination aus medikamentöser Behandlung, Psychotherapie und weiteren Therapieverfahren auf, die individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Für die medikamentöse Behandlung, besonders in einer akuten Phase, kommt häufig ein Antipsychotikum zum Einsatz.

Dieses reguliert den Stoffwechsel der Neurotransmitter, unterdrückt psychotische Symptome und hemmt die Aufnahme von Reizen. Eine wesentliche Besserung der Beschwerden tritt jedoch erst nach einigen Wochen ein. Lassen die Symptome nach, wird die Dosierung reduziert. Therapeutische Maßnahmen können nur ergriffen werden, wenn der Patient sich kooperationsbereit zeigt. Bei der Psychotherapie stehen das Verarbeiten des Krankheitserlebnisses, die Bewältigung von Lebensproblemen und Selbsthilfe im Vordergrund.

Eine Soziotherapie konzentriert sich auf die Schäden innerhalb der Familie und des gesamten Umfelds, die in Folge der Erkrankung aufgetreten sind. Arbeitstherapien, Strukturierungsmaßnahmen und die Einbeziehung der Familie gehören hier dazu. Nach Abklingen der Symptomatik leiden viele Betroffene unter kognitiven Einschränkungen. Diese werden im Rahmen einer kognitiven Rehabilitation behandelt.

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Aussicht & Prognose

Eine paranoide Schizophrenie ist heutzutage gut behandelbar. Arzneimittel wie Neuroleptika zum einen und eine therapeutische Behandlung zum anderen wirken den Wahnvorstellungen entgegen. Wichtig ist eine frühzeitige Behandlung. Im Rahmen einer Psychotherapie werden die Auslöser der Erkrankung aufgearbeitet.

Langfristig lässt sich durch eine umfassende Therapie vor Rückfällen vorbeugen. Häufig auftreten Begleiterkrankungen wie Depressionen oder eine Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit wirken sich negativ auf die Prognose aus. Liegen gleichzeitig körperliche Erkrankungen wie Diabetes vor, ist auch die Lebenserwartung vermindert. Zudem liegt bei Menschen, die an einer paranoiden Schizophrenie leiden, ein erhöhtes Risiko für Selbsttötungen vor.

Die Prognose stellen Psychotherapeuten und Fachärzte gemeinsam. Weil die paranoide Schizophrenie unterschiedlichste Ursachen haben kann und sich durch zahlreiche Symptome äußert, ist eine sichere Prognose meist nicht zu stellen. Stattdessen muss die Prognose immer wieder an den aktuellen Gesundheitszustand des Patienten angepasst werden. Die Aussicht auf eine Genesung ist ebenfalls gut. Durch die Neuroleptika-Gabe und eine umfassende therapeutische Unterstützung überwindet ein Großteil der Patienten die Erkrankung. Eine weitergehende Unterstützung nach der Genesung senkt das Risiko für Rückfälle und Folgeerkrankungen wie etwa Depressionen.

Vorbeugung

Um das Risiko einer paranoiden Schizophrenie zu mindern, sollte vor allem der allgemeine Stresslevel reduziert werden. Das bedeutet, Probleme in der Familie oder am Arbeitsplatz frühzeitig zu thematisieren und an deren Bewältigung zu arbeiten.

Traumata aus der Vergangenheit und psychische Belastungen sollten, auch mit Hilfe psychotherapeutischer Maßnahmen, aufgearbeitet werden, bevor sich ein schizophrenes Krankheitsbild daraus entwickelt. Dabei gilt es, frühe Symptome wie Schlafstörungen, Müdigkeit, Unruhe und Verhaltensänderungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Nachsorge

Bei der Rückfallprophylaxe spielt die Familie eine wichtige Rolle. Familienmitglieder können einerseits eine Ressource darstellen und unterstützend wirken – andererseits kann ein ungünstiges Familienklima jedoch auch ein Auslöser für Rückfälle sein. Zudem fällt es anderen Personen oft leichter als dem Schizophrenen, einen Rückfall zu erkennen. Aus diesen Gründen ist es bei der paranoiden Schizophrenie oft sinnvoll, wenn die Familie in die Behandlung und die Nachsorge einbezogen wird.

Da die paranoide Schizophrenie nicht in jedem Fall vollständig heilbar ist, können auch Medikamente zur Nachsorge gehören. Diese dienen dazu, die psychotische Erkrankung so gut wie möglich zu kontrollieren und das Risiko für einen Rückfall zu verringern. Ob und welche Medikamente dafür infrage kommen, entscheidet ein Psychiater gemeinsam mit dem Patienten.

Auch eine berufliche und soziale Rehabilitation kann zur Nachsorge gehören. Die berufliche Rehabilitation beschäftigt sich beispielsweise mit der Frage, ob der Patient seinen bisherigen Beruf weiterhin ausüben kann und welche Veränderungen gegebenenfalls erforderlich sind, um eine weitere Berufstätigkeit zu ermöglichen.

Möglicherweise kommt auch ein Sozialtraining oder eine Soziotherapie in Betracht, um dem Schizophrenen dabei zu helfen, wieder ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Alle Maßnahmen müssen jedoch individuell auf die jeweilige Person abgestimmt werden, da die paranoide Schizophrenie sehr unterschiedlich verlaufen kann.

Das können Sie selbst tun

Erkrankte einer paranoiden Schizophrenie erleiden im Normalfall einen Realitätsverlust. Da sie oftmals nicht in der Lage sind, ausreichend für sich selbst zu sorgen, benötigen sie fremde Hilfe. Angehörige und Menschen aus dem nahen sozialen Umfeld sollten sich umfassend fachmännisch über die Erkrankung, die Symptome und die notwendigen Maßnahmen informieren. Dies erleichtert den Umgang mit der Erkrankung und führt zu einem rechtzeitigen Eingreifen.

Die medizinische Versorgung ist bei Patienten einer paranoiden Schizophrenie notwendig, um die Lebensqualität zu verbessern. Zusätzlich helfen kognitive sowie Verhaltenstherapien bei einer langfristigen Linderung der Beschwerden. Ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen dem Patienten, den Angehörigen und dem behandelndem Arzt ist für eine optimale Versorgung wichtig. Der Betroffene erleidet Wahnvorstellungen und Halluzinationen, die für Menschen des sozialen Umfeldes angstauslösend sein können. Durch eine Aufklärung und einen intensiven Austausch mit anderen Betroffenen können Ängste abgebaut und Hinweise für einen besseren Umgang mit der Erkrankung im Alltag gefördert werden.

In vielen Fällen ist der Patient berufsunfähig. Dennoch ist die Suche nach einer ausreichenden Beschäftigung und dem Nachgehen einer Aufgabe wichtig, um die allgemeine Lebensqualität zu verbessern. Risikofaktoren der Schizophrenie sollten parallel minimiert werden. Die Anzahl der Reize die durch vorhandene Umgebungseinflüsse auf den Patienten einströmen, sollten zur Verbesserung der Gesundheit reduziert werden.

Quellen

  • Gleixner, C., Müller, M., Wirth, S.: Neurologie und Psychiatrie. Für Studium und Praxis 2015/16. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2015
  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015

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