Milchbildungsreflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Milchbildungsreflex zählt neben dem Milchejektionsreflex zu den Laktationsreflexen, die Säugetieren zur Ernährung des Nachwuchses dienen und durch den direkten Kontakt mit dem Nachwuchs angeregt werden. Für den Milchbildungsreflex spielt das Hormon Prolaktin aus dem Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse die Hauptrolle. Bei einem Hormonmangel ist der Reflex von Störungen geprägt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Milchbildungsreflex?

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Wie alle anderen Säugetiere ist das weibliche Geschlecht der menschlichen Art mit Drüsen zur Milchbildung ausgestattet. Aus evolutionsbiologischer Sicht sichern die sogenannten Milchzellen die Versorgung und damit das Überleben des Nachwuchses.

Die Milchbildung ist ein Reflex, der in der Schwangerschaft und der anschließenden Stillperiode ausgelöst wird. Der auslösende Reiz entspricht in der Stillphase vor allem den Berührungsreizen während des Stillens. Die Saugbewegungen des Säugling führen zur vermehrten Ausschüttung des Hormons Prolaktin, das aus dem Hypophysenvorderlappen stammt.

Prolaktin regt die Laktogenese, also die Milchbildung in den Milchzellen, an. Die gebildete Milch wird in den Alveolen, Milchgängen und Zisternen der Drüsen gespeichert. Die Abgabe der gespeicherten Milch erfolgt im Rahmen des Milchejektionsreflexes. Zusammen mit dem Milchbildungsreflex zählt der Milchejektionsreflex zu den sogenannten Laktationsreflexen. Letztlich ist der Milchbildungsreflex die Grundlage für den Milchejektionsreflex. Erst der Milchejektionsreflex regt wiederum weitere Milchbildung an. Damit besteht zwischen den Laktationsreflexen ein wechselwirksames Verhältnis.

Funktion & Aufgabe

Die Milchbildungszellen, oder Alveolen, sitzen in den Drüsenbläschen innerhalb der Drüsenläppchen weiblicher Brüste. Die Drüsenläppchen zählen zum Drüsengewebe und bilden damit einen großen Anteil der aus einzelnen Mammarkomplexen zusammengesetzten Milchdrüsen.

Die Milchbildung findet in den Alveolen durch Abschnürung statt. Das Epithel gibt dabei die eigenen Zellkuppen ins Lumen der Drüsen ab. Dieser Vorgang ist als apokrine Sekretion bekannt. Über die Arterien und Venen erreichen Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe die Alveolen. Einzelne Bestandteile der Milch werden von den Sekretionszellen des Epithels gebildet, so zum Beispiel Milchzucker, Milchfett und Milcheiweiß. Die so gebildeten Nährstoffe werden im Cytoplasma der Sekretionszellen gesammelt und von dort aus ins Lumen gepresst.

Die Milchbildung unterliegt der Steuerung durch das Hypophysenhormon Prolaktin. In der Schwangerschaft wird im Hypophysenvorderlappen aufgrund der Östrogene vermehrt Prolaktin gebildet. Durch den Saugreiz des Säuglings wird das Hormon in der Stillzeit massiv ausgeschüttet. Diese Ausschüttung leitet den Milchbildungsreflex ein.

Die Milchbildung ist ein Prozess, der durch das Prinzip von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Das heißt, je mehr der Säugling trinkt, desto mehr wird die Milchbildung durch den Saugreiz stimuliert. Wenn der Nachwuchs dagegen nur wenig trinkt oder überhaupt nicht gestillt wird, findet kaum Milchproduktion statt.

Für die Abgabe von gespeicherter Milch aus den Brustdrüsen ist das Hormon Oxytocin relevant, das ebenfalls im Kontakt mit dem Säugling ausgeschüttet wird. Damit spielen der Kontakt zwischen Mutter und Kind und die damit verbundenen Berührungsreize die Hauptrolle für alle Laktationsreflexe.

Zwischen Milchbildungsreflex und Milchejektionsreflex besteht eine Wechselwirkung. Ohne den einen kann der andere Reflex im letztlich nicht stattfinden. Damit ist für eine gesunde Milchbildung im Rahmen des Milchbildungsreflexes nicht nur das Milchbildungshormon Prolaktin, sondern auch das Milchflusshormon Oxytocin in gewisser Konzentration erforderlich. Dasselbe gilt in die entgegengesetzte Richtung.


Krankheiten & Beschwerden

Frauen haben nach einer Schwangerschaft zuweilen das Gefühl, nicht ausreichend Milch zur Ernährung ihres Nachwuchses zu produzieren. In den meisten Fällen liegt eine unzureichende Milchproduktion nicht an körperlichen Unzulänglichkeiten, sondern an Fehlern beim Stillen. Wenn der Säugling zum Beispiel nicht oft genug zum Stillen angelegt wird, werden weniger Hormone ausgeschüttet. Darüber hinaus kann in Einzelfällen ein Milchstau eintreten. Bei diesem Krankheitsbild wird im Rahmen des Milchbildungsreflexes ausreichend Milch gebildet, aber die Milch kann nicht mehr abgegeben werden. Außerdem ist der Saugreflex von Säuglingen nicht immer gleich ausgeprägt. Wenn ein unzureichend intensiver Saugreflex vorliegt, wird das Saugen nicht als solches registriert und die Milchbildung bleibt aus.

Der Milchbildungsreflex wird zusätzlich von der psychischen Konstitution der Mutter beeinflusst. Starker Stress, Angstgefühle, Hektik, Druck oder Schmerzen wirken sich negativ auf die Laktation aus. Gerade Gefühle von Druck sind ein weitverbreitetes Phänomen nach der Schwangerschaft. Viele erstmalige Mütter fühlen sich unter psychischem Druck, ihrer neuen Mutterrolle gerecht zu werden.

Nur in äußerst seltenen Fällen sind körperliche Leiden für einen gestörten Milchbildungsreflex verantwortlich. Diese körperlichen Leiden entsprechen in der Regel einem hormonellen Mangel and Prolaktin oder Oxytocin.

Neben der Verminderung der Milchbildungsreflexe kann auch ein verstärkter Laktationsreflex Krankheitswert besitzen. Die Milchbildung außerhalb der Schwangerschaft und Stillzeit beruht meist ebenfalls auf Fehlregulationen des Hormonhaushalts. Auch in diesem Zusammenhang können allerdings psychische Ursachen vorliegen. Denkbar sind außerdem ursächliche Erkrankungen der Drüsen. Darüber hinaus produzieren gutartige Tumore wie Adenome unter Umständen Hormone. Das gilt insbesondere für drüsenständige Tumore, die mit ihrer Hormonproduktion den hormonellen Haushalt stören können. Eine Überproduktion an Milch macht sich zum Teil in ungewolltem Milchfluss bemerkbar. In Einzelfällen entwickeln Frauen auch bei einem starken Kinderwunsch eine erhöhte Milchproduktion mit Milchfluss.

Quellen

  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013
  • Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013

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