Oxytocin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Oxytocin ist ein vieldiskutierter Stoff, nicht zuletzt im Zusammenhang mit seiner wichtigen Funktion im sozialen Gefüge. Umgangssprachlich ist das Oxytocin als "Bindungshormon" bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Oxytocin?

Die biologische Wirkung des Oxytocin ist vor allem wichtig für die Geburt eines Säuglings, denn sie löst die Wehen aus.
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Oxytocin (auch Oxitozin genannt) ist sowohl ein Hormon als auch ein Neurotransmitter mit einer zentralen Bedeutung beim Geburtsvorgang.

Zugleich beeinflusst Oxytocin das Verhalten zwischen Menschen (und Tieren) untereinander.

Es spielt eine große Rolle bei der sozialen Interaktion.

Produktion, Herstellung & Bildung

Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet, genauer gesagt im Nucleus paraventricularis und außerdem, wenn auch weniger, im Nucleus supraopticus. Dort wird es über so genannte Axone zur Neurohypophyse der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) geschleust, hier zwischengelagert und bei Bedarf ausgeschüttet. Die Ausschüttung von Oxytocin erfolgt durch angenehme Reize, vor allem durch angenehmen Kontakt.

Beim Stillen löst der Saugreflex des Säuglings die Ausschüttung aus, außerdem wird sie durch Wärme, Massage und Streicheln angeregt, sofern der Kontakt als angenehm empfunden wird. Neuronale Netzwerke des Gehirns werden durch die Ausschüttung angeregt.

Das Hirnareal, in welchem dieser Vorgang stattfindet, hat auch die Aufgabe, das Fluchtverhalten und den Herzkreislauf zu regeln. Oxytocin spielt eine wesentliche Rolle bei der Handhabung von Stress. Unter dem Einfluss bestimmter Drogen wie Ecstasy sind die Oxytocin-Spiegel meist erhöht, daher wird unter Drogeneinfluss die positive Wahrnehmung anderer Menschen erklärbar.

Funktion, Wirkung & Eigenschaften

Die biologische Wirkung des Oxytocin ist vor allem wichtig für die Geburt eines Säuglings, denn sie löst die Wehen aus. Bei einer Wehenschwäche etwa wird während des Geburtsvorganges Oxytocin als Tablette, Nasenspray oder intravenös verabreicht. Auch die Nachwehen werden durch Oxytocin ausgelöst, die eine Rolle bei der Blutstillung und der Rückbildung des Gebärmuttermuskels spielen. Außerdem sorgt das Oxytocin nach der Geburt für den Milchfluss mittels Stimulation der Milchdrüse.

Des Weiteren wirkt Oxytocin blutdurcksenkend und beruhigend. Es senkt den Kortisolspiegel, verbessert die Wundheilung und kann auch eine Gewichtszunahme bewirken. Durch eine Einwirkung auf die so genannte HPA-Achse verringert Oxytocin die Auswirkungen von Stress. Es kann zudem in hoher Dosierung ähnlich wirken wie Adiuretin.

Ferner gibt es Hinweise darauf, dass das Oxytocin auch krebshemmend wirkt. Die wichtigste Rolle spielt das Oxytocin bei der Brutpflege. Kurz vor der Geburt nimmt die Dichte der Oxytocinrezeptoren im Uterus zu. Bei einer stillenden Mutter wird die Oxytocin-Ausschüttung schon durch das Schreien des Säuglings ausgelöst. Zugleich wird das Stress-Hormon gesenkt und versetzt die Mutter in eine lustvolle Stimmung. Diese Wirkung stellt eine emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind her. Denn auch im Säugling wird durch das Nuckeln Oxytocin freigesetzt. Allgemein wird in der Forschung das Oxytocin mit mentalen Zuständen wie Liebe, Ruhe und Vertrauen in Zusammenhang gebracht.

Experimente mit Menschen haben ergeben, dass Spieler, denen man zuvor Oxytocin verabreicht hatte, ein höheres Vertrauen in ihre Spielpartner setzten als die Vergleichsgruppe ohne Oxytocin. Ebenso Streitthemen bei Eheleuten entfalteten unter dem Einfluss des Oxytocin weniger Brisanz. Aggressionen gegenüber Außenseitern wurden unter dem Einfluss des Hormons bzw. Neurotransmitters gemildert .

Eine sexuell stimulierende Wirkung des Oxytocin konnte ebenso nachgewiesen werden. Beim Orgasmus wird es freigesetzt und bewirkt im Nachgang Müdigkeit und Entspannung. In jedem Fall bewirkt es eine Verbundenheit der beiden Partner zueinander, die vergleichbar ist mit der Bindung zwischen Mutter und Kind. Eine solche Bindung kann schon durch Streicheln erreicht werden, da auch hierdurch das Oxytocin freigesetzt wird.

Gleiches gilt für das Singen und für angenehme Sinneswahrnehmungen wie sie durch Wärme, Essen, Düfte und visuelle Reize entstehen. Auch bei Stress wird Oxytocin freigesetzt, damit der Organismus sich wieder entspannen kann. Zwar ist Oxytocin dank der Forschung in der Öffentlichkeit mittlerweile als Orgasmushormon, Bindungshormon oder gar Kuschelhormon bekannt. Jedoch sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass mentale Zustände wie Liebe nicht allein biologisch erklärt werden können.

Krankheiten, Beschwerden & Störungen

Die reichhaltigen Auslöser für die Oxytocin-Ausschüttung dienen als mögliche Erklärungen für die Wirkung alternativer Therapien wie Meditation und Hypnose.

Auch die Psychologie hat sich des Oxytocin angenommen. Es ist Gegenstand der Forschung im Hinblick auf Sozialphobien und verwandte Störungsbilder. Der Mangel des Oxytocin steigert Aggressionen, Neid, Missgunst und Schadenfreude.

Therapeutischen Einsatz findet das Oxytocin bei der Bekämpfung der Schizophrenie und des Autismus. Es bewirkt bei Patienten ein gesteigertes Vertrauen. Bei Kindern, die unter Autismus leiden, konnte eine gesteigerte Aktivität in derjenigen Hirnregion entdeckt werden, die zur Verarbeitung sozialer Informationen verantwortlich ist.


Quellen

  • Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016
  • Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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