Chloramphenicol

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Chloramphenicol ist ein Breitbandantibiotikum, das aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen nur noch als Reserveantibiotikum bei schweren, anders nicht zu beherrschenden bakteriellen Infektionen angewendet wird. Es kann eine aplastische Anämie auslösen, die lebensbedrohlich ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Chloramphenicol?

Chloramphenicol wird aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils nur als Reserveantibiotikum eingesetzt, wenn andere Therapieoptionen entweder nicht zur Verfügung stehen oder versagt haben.
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Chloramphenicol ist ein Breitbandantibiotikum, das, aufgrund der Möglichkeit einer aplastischen Anämie als auftretender Nebenwirkung, nur noch als Reserveantibiotikum zum Einsatz kommt. Es wurde 1947 erstmals aus dem Bakterium streptomyces venezuelae gewonnen. Heute wird es nur noch vollsynthetisch hergestellt.

Unter der Behandlung mit Chloramphenicol kann eine lebensbedrohliche aplastische Anämie auftreten. Aus diesem Grund wird es nicht breit eingesetzt, sondern findet nur als Reserveantibiotikum bei anders nicht zu beherrschenden bakteriellen Infektionen Einsatz. Prinzipiell besitzt es jedoch ein breites Wirkspektrum gegen grampositive und gramnegative Bakterien.

Von einer topischen Anwendung wird abgeraten, da systemische Nebenwirkungen möglich sind; dennoch ist Chloramphenicol nach wie vor in Hautarzneien, Augen- und Ohrentropfen und Augensalben zugelassen. Es ist allerdings zu beachten, dass das Auftreten systemischer Nebenwirkungen bei topischer Behandlung sehr gering ist. Somit sollte immer eine individuelle Abwägung stattfinden. Die Risiken der topischen Anwendung des Chloramphenicols werden in der Fachwelt kontrovers diskutiert.

In der Veterinärmedizin wird Chloramphenicol gegen die Chytridiomykose, eine Pilzerkrankung bei Amphibien, eingesetzt. Es ist also auch gegen den Chytridpilz (einen Pilz) wirksam.

Pharmakologische Wirkung

Chloramphenicol verhindert die Translation der mRNA in Aminosäuren. Es ist somit ein sog. Translationshemmer. Dies führt zur Hemmung des Aufbaus bakterieller Eiweiße und somit auch zur Hemmung des Wachstums und der Vermehrung der Bakterien. Chloramphenicol ist somit ein bakteriostatisches Antibiotikum.

Es ist gut gewebegängig, auch durch die Plazenta (Mutterkuchen) und die Muttermilch. Bei oraler Applikation beträgt die Bioverfügbarkeit 80%, bei intramuskulärer Injektion 70%. Die Plasmaproteinbindung beträgt zwischen 50 und 60%, die Plasmahalbwertszeit liegt bei 1,5 bis 3,5 Stunden. Bei Nieren- und Leberfunktionsstörungen verlängert sich die Plasmahalbwertszeit, was in der Dosierung zu berücksichtigen ist. Die Metabolisierung erfolgt hepatisch, fast ausschließlich über die Glucuronidierung. Die Elimination erfolgt anschließend renal.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Chloramphenicol wird aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils nur als Reserveantibiotikum eingesetzt, wenn andere Therapieoptionen entweder nicht zur Verfügung stehen oder versagt haben. Die Hauptindikationen sind somit schwere, nicht anders zu beherrschende bakterielle Infektionen. Zu diesen Indikationen des Chloramphenicols zählen Typhus, Paratyphus, Ruhr, Diphtherie, Malaria und Rickettsiosen.

Neben den genannten Indikationen kann Chloramphenicol aufgrund der guten Liquorgängigkeit als Reserveantibiotikum bei einer durch Pneumokokken oder Haemophilus influenzae verursachten Meningitis eingesetzt werden.

Topisch wird Chloramphenicol zur Behandlung der Bindehautentzündung (Konjunktivitis) und zur Behandlung von Hornhautinfektionen eingesetzt. Auch bei einer Blepharitis (Entzündung der Augenlieder) kommt Chloramphenicol zum Einsatz. Weiterhin wird es bei Infektionen der Haut und bei Ekzemen eingesetzt.


Risiken & Nebenwirkungen

Die schwerste mögliche Nebenwirkung des Chloramphenicols ist die sog. aplastische Anämie. Sie tritt selten auf, ist jedoch lebensbedrohlich. Bei der aplastischen Anämie kommt es zu einer Schädigung des Knochenmarks, die dazu führt, dass kaum noch Blutzellen im Knochenmark produziert werden. Die aplastische Anämie kann auch noch Wochen und Monate nach der Therapie mit Chloramphenicol auftreten. Anzeichen dieser Anämie sind extreme Müdigkeit, Blutungen und eventuell schwere Infektionen.

Weitere Nebenwirkungen sind bei der lokalen Anwendung allergische Reaktionen, die sich durch Juckreiz, eine Hautrötung, Hautreizungen und Schwellungen äußern können. Bei systemischer Anwendung kann bei Neugeborenen das Gray-Syndrom auftreten. Weiterhin ist die Herxheimer-Reaktion eine mögliche Nebenwirkung.

Es ist zu beachten, dass Chloramphenicol mit Antikoagulantien, Methotrexat und Sulfonylharnstoffen interagiert. Es kommt hierbei zu einer Wirkungsverstärkung. Barbiturate und Phenytoin führen zu einer verminderten Wirksamkeit des Chloramphenicols. Bei Einnahme oraler Kontrazeptiva (zB der "Anti-Baby-Pille") ist darauf zu achten, dass Chloramphenicol die Wirksamkeit des Präparats beeinträchtigt. Es sollte also zusätzlich verhütet werden.

Bei Neugebornen ist Chloramphenicol kontraindiziert. Weiterhin bestehen Kontraindikationen bei schwerer Leberinsuffizienz, Schwangerschaft und während der Stillzeit.

Präparate, die Chloramphenicol enthalten sind verschreibungspflichtig. Bei Lebensmittel liefernden Tieren darf Chloramphenicol in der EU nicht angewendet werden.

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