Körperspannung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eleganz und Schönheit des Körpers zeigen sich in flüssigen und harmonischen Bewegungen. Eine Balletttänzerin etwa kontrolliert ihren Körper perfekt. Sie weiß ihre Muskeln so zu kontrollieren, dass jeder Körperteil in ein strukturiertes Bild für den Betrachter gebracht wird. Der gesamte Körper richtet sich darauf aus, eine Aussage, eine Interpretation ohne Worte zu vermitteln. Die Anmut wird in geometrischen Formen der Bewegungen erlebbar. All das ist möglich durch die Körperspannung. Sie ist allerdings nicht nur elementar für komplexe Bewegungen sondern auch für einen gesunden Körper im allgemeinen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Körperspannung?

Richtige Körperspannung lässt uns schwimmen, klettern oder reiten, Ski fahren oder Tennis spielen. Mit der Aufnahme des Trainings zu einer Sportart beginnt der Weg die Muskeln gleichmäßig zu belasten.

Agonisten und Antagonisten sind auch innerhalb der Muskulatur Spieler und Gegenspieler. Bei den Muskeln der Gliedmaßen wird deutlich, dass nach jeder Aktion (heben) eine Reaktion folgt (senken, absetzen). Am Rumpf sind die Muskeln der Brust- und Bauchseite physiologisch untrennbar von jenen des Rückens abhängig. Wird der Rumpf gebeugt, muss er wieder aufgerichtet werden. Setzt sich der Mensch, wird der Oberkörper von Rücken- und Bauchmuskulatur gleichermaßen stabil und damit senkrecht gehalten.

Den Kräften von außen, die den Körper zu verwinden drohen, wird eine Kraft entgegengesetzt. Bei starkem Wind stemmt sich der Körper dagegen. Verstärkt durch die Kleidung reißt der Wind an Armen und Beinen. Die Körperspannung ist dafür verantwortlich, dass der Mensch nicht einknickt oder stürzt und er gleichzeitig etwa die Tasche nicht loslässt.

Seit sich der Mensch vor Millionen von Jahren physiologisch von seinen Vorfahren trennte, versucht ihn seine Körperspannung in einer aufgerichteten Haltung zu stabilisieren.

Funktion & Aufgabe

Mehr als 650 Muskeln bewegen den Körper und dabei meist die Knochen, abgesehen von Nasenflügel, Ohrmuscheln oder dem Stirne-Runzeln sowie der Bauchmuskulatur. Vom Kopf bis zu den Zehen bestimmen die Muskeln auch die Physiognomie eines Menschen. Ein Sportler zeigt, statistisch gesehen, ein anderes Erscheinungsbild als ein Bauarbeiter oder ein Innenarchitekt.

Alle Muskeln spielen zusammen und zeigen typische Ausformungen. Sehnige Beine vs. dicke Waden, dünner Hals vs. Stiernacken, gestreckte knochige vs. wulstige, stets gekrümmte Finger zeigen unterschiedliche Körperspannungen an.

In Ruhestellung bzw. Ruhezeiten besitzen die oben genannten Personengruppen eine spezifische Grundspannung ihres Muskelgewebes, den Tonus. Der Körper gleicht sich an gewohnte Arbeit an, in einer Art 'Betriebsspannung' und imitiert sie auch in Ruhephasen.

Verhaltensbiologisch aus unserer Vergangenheit erklärt sich dies aus folgender Notwendigkeit: Die Steinzeitmenschen mussten dem Wild nachjagen oder ihm entkommen, ihm auflauern, es anschleichen oder aus größerer Höhe Beeren pflücken, Felle weich schlagen und oftmals im Sitzen schlafen. Eine Grundspannung der Muskulatur musste aus Sicherheitsgründen immer vorhanden sein.

Das korrekte Zusammenspiel der Muskeln lässt den Körper noch heute sowohl auf dem Longboard als auch am Seil balancieren. Mit geschickten Beinbewegungen bleibt ein Balletttänzer in der Pirouette und entgeht so der Gefahr zu stürzen. Der Körper hat die Fertigkeit erlangt, eine Bewegung (auch eine falsche) abzufangen. Die Körperspannung zeichnet sich hier verantwortlich für eine erfolgreiche Unfallverhütung.

Die einzelnen Stränge eines Muskels werden von Nerven erreicht und durchzogen. Sie kommen entweder aus dem Rückenmark, einer Schaltstelle für zunächst unbewusste Reaktionen oder aus dem Gehirn. Dort werden Stromstöße erzeugt und die Muskulatur antwortet willentlich mit einer vorher bedachten Bewegung. Unterliegt das Bewusstsein keiner Beeinträchtigung, wie Stress oder Schock, reagiert der Muskel adäquat.

Richtige Körperspannung lässt uns schwimmen, klettern oder reiten, Ski fahren oder Tennis spielen. Mit der Aufnahme des Trainings zu einer Sportart beginnt der Weg die Muskeln gleichmäßig zu belasten. Im Liegestütz zu verharren oder im Seitstütz abwechselnd die Arme und Beine zu belasten und zu strecken, stärkt alle Muskeln im Bereich des Rumpfes.

Die neu gewonnene Körperspannung wird in die Lage versetzt, mögliche Fehlstellungen der Wirbelsäule zu korrigieren. Die Beschwerden nehmen generell ab, Verspannungen lösen sich, Kopfschmerzen werden seltener, der Körper streckt sich. Mit dem neuen Erscheinungsbild wächst auch das Selbstwertgefühl.


Krankheiten & Beschwerden

Das pyramidale System im Gehirn steuert die Bewegungsabläufe der Säugetiere. Bei uns Menschen ist es besonders gut ausgebildet und an einem präparierten Hirnstamm gut zu erkennen. Kommt es zu einer Fehlfunktion in der Reizübermittlung, schalten die Neuronen (Nerven) ungenügend um. Die entsprechende Region der angesprochenen Muskeln verkrampft sich.

Verspannungen mit anderer Ursache bereiten beispielsweise Schmerzen im Nacken und Schulterbereich. Eine einseitige Körperhaltung, zB hervorgerufen durch eine ungünstige Stellung des Arbeitsobjektes (Bildschirm in falscher Höhe) beanspruchen die Wirbelsäule einseitig.

Mehrere Faktoren können zu dem Krankheitsbild der Konversionsstörung führen. Anspannung und Dauerstress sind hier zu nennen. In der gewollten Abwehr der angreifenden, als gefährlich eingestuften Reize vollzieht der Körper eine Übersprungshandlung. Anstatt verbal zu antworten, antwortet der Körper mit einer stummen Verkrampfung. Dies kann ein Auslöser für weitere Schocks, Wut und eine tief empfundene Schuld sein. Im schwierigsten Fall driften Identität (was bin ich?) und Motorik (wie bewege ich mich jetzt?) komplett auseinander. Der Patient setzt Bewegungen, die der jeweiligen Situation völlig unangemessen sind.

Mehr als die Hälfte der Menschen leiden zumindest kurzzeitig an einer psychosomatischen Störung, auch somatoforme Störung genannt. Hier steigert sich der Ruhetonus in Höhen, der Schmerz empfinden lässt.

Krankheiten des Bewegungsapparates, die in der Volksmedizin seit jeher bekannt sind, beruhen auf falscher, sprich einseitiger Belastung der Muskulatur. Verspannungen und damit zB Rückenschmerzen sind eine Folge.

Bleiben die Muskeln verspannt, droht Weichteilrheuma. Auch Arthrose in falsch belasteten Gelenken und Bandscheibenvorfälle können zu chronischen Schmerzen führen. Physiotherapeutische Behandlungen in diesen Fällen zeigen in die Richtung neu zu erlangender Körperspannung.

Quellen

  • Schmidt, R., et al.: Physiologie des Menschen. Springer, Heidelberg 2010
  • Tortora, G.J., Derrickson, B.H.: Anatomie und Physiologie. Wiley-Blackwell, Oxford 2006
  • Wonisch, M. et al.: Kompendium der Sportmedizin. Physiologie, Innere Medizin und Pädiatrie. Springer, Berlin 2017

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