Stehen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die aufrecht stehende Position des Menschen. Was sie ist, welchen Nutzen sie hat und was sie über Menschen aussagt, darum wird es hier gehen. Trotz vieler Vorteile der aufrechten Körperhaltung birgt das Stehen auch Risiken.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Stehen?

Das Stehen ist eine Form der Körperhaltung. Im Durchschnitt steht der Mensch täglich etwa 6 Stunden und kämpft über diesen Zeitraum gegen die Schwerkraft an.

Das Stehen ist eine Form der Körperhaltung. Im Durchschnitt steht der Mensch täglich etwa 6 Stunden und kämpft über diesen Zeitraum gegen die Schwerkraft an. Charakteristisch für den Stand ist, dass alle Gelenke in der Extensionsstellung sind. Die Rumpfmuskulatur muss hierfür ausgeprägt und kräftig sein, damit diese Position auch gehalten werden kann.

Das Körpergewicht lastet auf den Fußgelenken, Kniegelenken und Hüftgelenken. Das Becken, die Wirbelsäule und der Thorax geben dem Oberkörper die nötige Stabilität. Neben den knöchernen Strukturen nimmt auch der Muskelapparat eine stützende Funktion ein und kann durch entsprechende Reizgebung das Gleichgewicht halten und den Körperschwerpunkt zentrieren.

Funktion & Aufgabe

Die stehende Position wird ausgerichtet, in dem die Kniegelenke und die Hüftgelenke in Extensionsstellung (gestreckt) sind. Die Füße sind dabei hüftbreit gespreizt. Das Becken, die Wirbelsäule und das Sternum sind aufgerichtet. Die anatomisch-physiologische Lordose und Kyphose (S-förmige Schwingung) der Wirbelsäule soll jedoch beibehalten werden. Die Arme befinden sich parallel zum Oberkörper. Der Kopf ist in der Neutral-Null-Stellung. Seitlich gesehen bilden so das Ohrläppchen, die Schulter, das Hüft- und Kniegelenk, sowie der Malleolus lateralis eine gerade Linie. Der Körperschwerpunkt wird für einen sicheren Stand über den Füßen zentriert und ausgerichtet.

Langes Verweilen in dieser Position ist sehr anstrengend für den menschlichen Körper, da die Wirbelsäule und die Füße unter Dauerbelastung stehen. Alle großen Muskelgruppen stehen unter Spannung für die Haltefunktion, alle kleinen Muskelgruppen arbeiten um das Gleichgewicht zu halten und die Gelenke zu stabilisieren. Der Körper hat in der stehenden Position mehr Anstrengung das Herz-Kreislaufsystem aufrecht zu erhalten und dafür zu sorgen, dass das Blut nicht in der Peripherie versackt.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist der aufrechte Stand zur Nahrungsbeschaffenheit, das umsorgen der Familie, das transportieren von größeren Mengen und anderer Tätigkeiten notwendig. So können die Menschen beide Arme frei bewegen und Arbeiten ausführen. Ein weiterer Vorteil der aufrechten Körperhaltung ist, dass Menschen flexibler Handeln und sich gegebenenfalls fortbewegen können.

Wissenschaftler sind zudem zu dem Ergebnis gekommen, dass das Gehirn beim aufrechten Stand besser funktioniert, da es nicht durch die abstrahlende Erdwärme beeinflusst wird und durch die Luft besser gekühlt werden kann. Diese Erkenntnis wird vor allem für die Anfänge des Aufrichtens gelten, als die ersten menschen noch in vornehmlich sehr warmen Gebieten lebten.

Eine aufrechte Körperhaltung ist nicht nur für die Flexibilität und Tätigkeiten von nutzen. Es sagt auch vieles über die Psyche, den Charakter und den emotionalen Zustand eines Menschen aus. Nimmt man eine aufrechte Körperhaltung ein, so ist aus psychologischer Sicht, nicht nur der Körperschwerpunkt zentriert, sondern auch der Geist. Somit gilt die aufrechte Körperhaltung seit jeher als Zeichen der Würde, des Selbstvertrauen und der Souveränität. Außerdem wirken Menschen kompetenter, zugewandter und aufrichtiger. Die gebeugte Körperhaltung hingegen zeigt Unsicherheit, Unzufriedenheit und Unwohlsein. Daraus sind im laufe der Zeit auch viele umgangssprachliche Redewendungen, wie beispielsweise „Haltung bewahren“ oder „buckeln“, entstanden.

Grundsätzlich gilt jedoch, dass langes stehen auf Dauer Schäden verursacht. Aufgrund des anatomischen und physiologischen Aufbaus des menschlichen Körpers, ist dieser für dynamische Bewegungen und nicht für das kontinuierliche verharren in einer Position ausgelegt.


Krankheiten & Beschwerden

Langes aufrechtes Stehen kann kurzfristige und langfristige Folgen haben. Kurzfristig können Schmerzen in den Beinen, brennende Fußsohle, Muskelkrämpfe, Schmerzen im Halswirbel-, Brustwirbel- und Lendenwirbelsäulenbereich und das Gefühl von „schweren“ Beinen auftreten. Des Weiteren kann es zu Ermüdungen kommen, da das Gehirn schlechter Durchblutet wird.

Langfristig kann es zu Ödemen in den Beinen, meist im Bereich des Unterschenkels, kommen. Es können Krampfadern, Thrombose oder eine Verkrümmung der Wirbelsäule durch Fehlhaltung entstehen.

Durch eine schlechte Körperhaltung kann es zu schmerzhaften Muskelverspannungen (Myogelosen) kommen. Diese können Auslöser für Kopfschmerzen oder allgemeines Unwohlsein, bis hin zu Schwindel und Sehstörungen sein. Blockaden der Wirbelgelenke führen zu Schmerzen, die durch vermehrten Druck auf die Wirbelkörper entstehen und durch Drehbewegung oder auch durch Hyperextension der Wirbelsäule verschlimmert werden können. Der Bewegungsapparat kann nicht in seiner vollen Funktion genutzt werden, es entstehen Schonhaltungen als Schutzmechanismus, um möglichen Verletzungen vorzubeugen.

Häufig entstehen auch irreversible Schäden an der Wirbelsäule. Dieses können Verschleißerscheinung oder sogar Bandscheibenvorfälle sein. Die Beschwerden äußern sich durch starke Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule. Teilweise kann es zum Taubheitsgefühl in den Extremitäten kommen, da der gallertartige Kern der Bandscheibe bei einem Vorfall austritt und Nervenbahnen, die im Wirbelkanal verlaufen, einengen oder abdrücken kann. Neben dem Taubheitsgefühl kann es auch zu ausstrahlenden Schmerzen in den betroffenen Extremitäten kommen. Die Belastung durch statisches Stehen, Husten und Niesen und der damit verbunden Druck auf die Bandscheiben und Muskulatur kann den Schmerz verstärken.

Risikopatienten, die einer stehenden Tätigkeit nachgehen, sollten prophylaktisch Vorsorge treffen. Das Erlernen einer funktionellen aufrechten Körperhaltung, Kräftigung des gesamten Halteapparates und Kardiotraining in Form von Ausdauertraining, zur Stärkung des Herz-Kreislaufsystems können vorbeugende Maßnahmen sein. Zudem kann der behandelnde Arzt Kompressionsstrümpfe verordnen, um das Gefäßsystem zu unterstützen und somit das versacken des Blutes in der Peripherie zu vermeiden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Mader, F., Weißgerber, H.: Allgemeinmedizin und Praxis. Springer, Heidelberg 2014
  • Nixdorff, U.: Check-Up-Medizin. Thieme, Stuttgart 2009

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