Hirnstamminfarkt

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Häufig liegen einem Hirnstamminfarkt verkalkte Arterien zugrunde. Kommt es zu einem Hirnstamminfarkt, ist zunächst ein rasches Handeln wichtig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Hirnstamminfarkt?

Hirnstamminfarkt im Gehirn
Rauchen, eine ungesunde Ernährung und wenig Sport begünstigen einen Hirnstamminfarkt enorm.

Beim Hirnstamminfarkt handelt es sich um eine Sonderform des Schlaganfalls und somit um eine Erkrankung des Gehirns. Betrifft ein Hirnstamminfarkt unter anderem Zentren des Hirnstammes, die beispielsweise für die Bewusstseinslage oder die Atemsteuerung eines Menschen verantwortlich sind, so kann ein Hirnstamminfarkt lebensbedrohlich sein.

Ein Hirnstamminfarkt kann verschiedene Formen annehmen, die häufig jeweils mit spezifischen Symptomen einhergehen: Das sogenannte Locked-In-Syndrom ist nach medizinischen Angaben die schwerste Form, die ein Hirnstamminfarkt annehmen kann. Ein betroffener Patient ist fast vollständig gelähmt und kann lediglich noch vertikale Augenbewegungen durchführen; trotzdem ist der Betroffene nach einem Hirnstamminfarkt dieser Form in der Regel bei vollem Bewusstsein und in der Lage zur Aufnahme komplexer Zusammenhänge.

Tritt ein Hirnstamminfarkt in Form eines sogenannten Wallenberg-Syndroms auf, ist das Rückenmark unausreichend mit Blut versorgt; in der Folge kann es bei einem solchen Hirnstamminfarkt etwa zu Gefühls- und Schluckstörungen und/oder zu Bewegungsstörungen kommen.

Ursachen

Die Hauptursache für einen Hirnstamminfarkt ist die sogenannte Arteriosklerose, also eine Arterienverkalkung. Arterien, die im Bereich des Hirnstamms verlaufen und somit auch beim Hirnstamminfarkt eine wichtige Rolle spielen können, sind zwei Wirbelarterien. Diese Wirbelarterien sorgen für eine ausreichende Blutversorgung des Hirnstamms.

Liegt nun an einer oder an beiden Wirbelarterien eine Arterienverkalkung vor, so wird die Blutzufuhr eingeschränkt und es kann zu einem Hirnstamminfarkt kommen. Zeigen sich Verschlüsse der Wirbelarterien, so wird dies in der Medizin als Basilaristhrombose bezeichnet. Eine solche Basilaristhrombose kann zu einem schweren Hirnstamminfarkt oder zum Locked-In-Syndrom, der schwersten Form des Hirnstamminfarkts, führen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Der Hirnstamminfarkt stellt eine besonders schwere Form eines Schlaganfalls dar und betrifft lebenswichtige Funktionen wie Atmen, Schlucken und das Bewusstsein. Daher kann ein Infarkt im Bereich des Hirnstamms tödlich enden. Der Hirnstamminfarkt kündigt sich mit Schwindelgefühlen, Übelkeit, Erbrechen und oft auch mit Sehstörungen an. Manchmal kommt es auch zu Bewusstseinsstörungen, das aber nur, wenn sich in einer Vertebralarterie Blut verklumpt. Typisch ist das plötzliche Auftreten der Symptome.

Manchmal werden diese nur durch einfache Kopfbewegungen ausgelöst. Zu den Symptomen gehört unter anderem intensiver Drehschwindel, der von Erbrechen begleitet ist. Zusätzlich kann es auch zu Schlucklähmungen und Heiserkeit kommen. Bewusstseinsstörungen kommen vor, sind aber selten. Eventuell sind unkoordinierte und unkontrollierte Bewegungen möglich, die auch als Ataxien bezeichnet werden.

Häufig kommen einseitige Lähmungen von Armen und Beinen vor. Dabei treten die Lähmungen immer auf der Gegenseite des geschädigten Hirnareals auf. Zu den weiteren Symptomen zählen häufig auch Sehstörungen. So kann es zu einer sogenannten Oszillopsie kommen. Dabei nimmt der Patient bei jeder Körperbewegung verwackelte Bilder wahr. Diese verschwinden nach Schließen der Augen wieder.

Die Augen können sich außerdem unkontrolliert und rhythmisch bewegen (Nystagmus). Des Weiteren sieht der Betroffene häufig Doppelbilder. Schließlich kommt es nicht selten zu Gesichtsfeldausfällen durch Schädigung der Sehrinde im Gehirn. Da der Sehnerv und das Auge in diesen Fällen nicht beeinträchtigt sind, können diese Ausfälle wegtrainiert werden.

Diagnose & Verlauf

Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf einen Hirnstamminfarkt, erfolgt meist eine diagnostische Abklärung mithilfe einer Computertomografie (CT) des Schädels (auch bezeichnet als Kraniale Computertomografie).

Seltener wird auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) angewendet, um einen Hirnstamminfarkt festzustellen; so ist bei einem möglichen Hirnstamminfarkt eine bildliche Darstellung des Schädelgewebes möglich. Soll bei einem Hirnstamminfarkt der genaue Ort eines Gefäßverschlusses im Schädel lokalisiert werden, kann dies mithilfe einer MR-Angiografie (Verfahren zur Gefäßdarstellung) geschehen.

Den Verlauf der Erkrankung hängt unter anderem ab von der Schwere des Infarkts und von Rehabilitationsmaßnahmen; nach einem leichteren Hirnstamminfarkt (wie bspw. dem Wallenberg-Syndrom) ist Betroffenen häufig wieder ein selbstständiges Leben möglich. Ein schwerer Hirnstamminfarkt kann häufig zu langfristigen Einschränkungen führen; nach einem Hirnstamminfarkt in Form eines Locked-In-Syndroms etwa sind die eingeschränkten Bewegungsabläufe oft von Dauer.

Komplikationen

Durch den Hirnstamminfarkt kann es im schlimmsten Falle zum Tode des Betroffenen kommen. Aus diesem Grund ist immer eine schnelle und umgehende Behandlung notwendig. Es kommt dabei zu Lähmungen an verschiedenen Regionen des Körpers. Damit treten extreme Bewegungseinschränkungen auf und der Betroffene verlieren nicht selten das Bewusstsein.

Neben den Lähmungen treten auch Sensibilitätsstörungen am gesamten Körper auf. Nicht selten kommt es zu einer Atemnot, welche zu Schweißausbrüchen oder zu Panikattacken führen kann. Der Betroffene kann nicht mehr deutlich sprechen und denken und es kommt zu einer Versiertheit und zu Koordinationsstörungen. Der Alltag des Patienten wird durch den Hirnstamminfarkt extrem eingeschränkt.

Ohne Behandlung kann das Gehirn dauerhaft beschädigt werden, sodass diese Beschwerden nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die Diagnose des Hirnstamminfarktes ist in der Regel relativ einfach und schnell möglich. Damit kann auch eine frühzeitige Behandlung eingeleitet werden, bei der üblicherweise keine weiteren Komplikationen auftreten.

Der Erfolg der Behandlung hängt allerdings stark von der Ausprägung und der Dauer des Infarktes ab, sodass der Betroffene auch nach der Behandlung eventuell an Beschwerden oder Lähmungen leidet. Durch verschiedene Übungen können diese Beschwerden allerdings gelöst werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die unter starker Müdigkeit leiden und trotz eines erholsamen Nachtschlafes ungewöhnlich schnell ermüden, sollten eine Kontrolluntersuchung in Anspruch nehmen. Ein nicht nachvollziehbarer erhöhter Schlafbedarf trotz einer guten Schlafhygiene ist oft ein Warnhinweis des Organismus, dem nachgegangen werden sollte. Bei Störungen und Einschränkungen des Bewusstseins, Unterbrechungen der Sprachgebung oder Ausfällen des Sprechens ist ein Arztbesuch notwendig.

Kommt es zu Schluckbeschwerden, der Verweigerung der Nahrungszufuhr oder einer Unterversorgung des Körpers sollte ein Arzt weitere Untersuchungen durchführen und eine Behandlung einleiten. Bei einer Schlucklähmung besteht dringender Handlungsbedarf. Der Betroffene sollte unverzüglich in ein Krankenhaus gebracht werden. Leidet der Betroffene unter Beschwerden bei der Atmung, einer mangelnden Luftzufuhr oder Atemnot, ist schnellstmöglich ein Arzt zu konsultieren. Bei einem Atemstillstand muss ein Notarzt gerufen werden, da dies ein lebensbedrohlicher Zustand für den Betroffenen ist.

Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sind Erste Hilfe Maßnahmen zu ergreifen, damit das Überleben des Betroffenen gewährleistet ist. Ein Verlust des Leistungsniveaus, Aufmerksamkeitsprobleme oder Störungen der Gedächtnisleistung sind ärztlich untersuchen zu lassen. Ein Arztbesuch ist notwendig, sobald eine innere Schwäche, ein allgemeines Unwohlsein oder ein diffuses Krankheitsgefühl auftreten. Störungen der Durchblutung, Kopfschmerzen oder ein Druckgefühl im Kopfinnern sollten medizinisch abgeklärt werden.

Behandlung & Therapie

Um einen Hirnstamminfarkt mit Behandlungserfolg therapieren zu können, ist ein wichtiger Punkt zunächst ein schnellstmöglicher Behandlungsbeginn. Die Behandlungsmethoden, die bei einem Hirnstamminfarkt dann angewendet werden, hängen ab von der Form, die ein Hirnstamminfarkt zeigt und auch von der körperlichen Konstitution eines Patienten.

Ist ein Hirnstamminfarkt bei einem Patienten bedingt durch akute Verschlüsse an den Wirbelarterien, so ist eine angewandte Behandlungsmethode häufig eine sogenannte lokale Lyse; im Rahmen einer solchen lokalen Lyse kommt es zu einer Auflösung vorliegender Blutgerinnsel der Wirbelarterie mithilfe von Medikamenten. Alternativ kann es auch zu einer operativen Entfernung der Gerinnsel kommen.

Zieht ein Hirnstamminfarkt etwa Symptome wie Schluckstörungen oder Beeinträchtigungen der Atmung nach sich, so kann es notwendig werden, zeitnah mithilfe von Magensonde oder Langzeitbeatmung einzuschreiten. Unabhängig vom Behandlungsverfahren raten Fachleute meist dazu, eine Therapie nach erlittenem Hirnstamminfarkt in spezialisierten medizinischen Zentren durchführen zu lassen.

Nachdem ein Hirnstamminfarkt akut therapiert wurde, können - vor allem nach einem leichten Hirnstamminfarkt - konsequente physiotherapeutische (krankengymnastische) Übungen eine schrittweise Besserung eingetretener Bewegungseinschränkungen bewirken.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einem Hirnstamminfarkt richtet sich maßgeblich nach dem Zeitpunkt der notfallmedizinischen Erstversorgung, dem allgemeinen Behandlungsbeginn, sofern es zu keiner akuten Situation kam, sowie dem Umfang des beschädigten Gewebes im Gehirn. Je schneller eine umfassende medizinische Versorgung erfolgen kann, desto besser sind die Heilungsaussichten.

Findet erst spät oder gar keine ärztliche Behandlung statt, tritt ein tödlicher Krankheitsverlauf ein. Durch die Verkalkungen der Arterien kommt es zu einem Platzen der Blutgefäße im Gehirn, die unbehandelt unweigerlich zu einem frühzeitigen Ableben des Betroffenen führen. Bei den meisten Patienten eines Hirnstamminfarkts sind lebenslange Beeinträchtigungen verschiedener Funktionen zu verzeichnen. Neben Lähmungen oder anderen Einschränkungen der Mobilität, kann es zu Sprachstörungen, Verdauungsstörungen oder anderen Unterbrechungen der Funktionsfähigkeit des Organismus kommen.

Oftmals werden in einer optimalen Therapie und Rehabilitation des Patienten Verbesserungen der allgemeinen Gesundheit nach dem Infarkt erzielt. Eine vollständige Genesung oder Beschwerdefreiheit tritt jedoch nur selten ein. Die Mehrzahl der Betroffenen erlebt eine Veränderung der Lebensgewohnheiten und alltäglichen Abläufe, da es zu starken gesundheitlichen Einbußen sowie einem Verlust der allgemeinen Leistungsfähigkeit kommt. Dies löst oftmals Folgeerscheinungen aus, da eine ungewohnt hohe psychische Belastung abverlangt wird. Erkrankte eines Hirnstamminfarkts erleiden häufig im weiteren Verlauf Depressionen, Angststörungen oder dauerhafte Einschränkungen der Gedächtnisleistungen.

Vorbeugung

Bedingt vorgebeugt werden kann einem Hirnstamminfarkt vor allem dadurch, dass Arteriosklerose (die Hauptursache des Hirnstamminfarkts) verhindert oder bekämpft wird: Arteriosklerose wird unter anderem begünstigt durch Übergewicht und hohen Blutdruck; so können eine bewusste Ernährung und ein gesunder Lebensstil in vielen Fällen einem Hirnstamminfarkt vorbeugen. Auch regelmäßige Kontrolluntersuchungen können bei Risikopatienten einen Hirnstamminfarkt verhindern.

Nachsorge

Die Nachsorge erfolgt hauptsächlich über Rehabilitationsmaßnahmen, die so frühzeitig wie nur möglich gestartet werden müssen, um den Patienten die bestmögliche Chance auf Verbesserung zu gewähren. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) hat diese Maßnahmen in sechs Phasen gegliedert.

Während Phase A die Akutbehandlung und somit die eigentliche Therapie umfasst, besteht Phase B bereits in der Rehabilitation, welche bereits beginnt, solange Patienten unter Umständen noch maschinell beatmet werden. Phase C findet im Rahmen einer Reha-Maßnahme statt und verhilft dem Betroffenen zu mehr Selbständigkeit im alltäglichen Leben.

Sobald sie diese erreicht haben, kann Phase D beginnen, in welcher gezielt vorhandenen funktionellen und kognitiven Defekten entgegengearbeitet wird. Die Phasen E und F beschreiben darüber hinausgehende zusätzliche Nachsorgebehandlungen und eventuell benötigte Unterstützungsleistungen.

In den letzten Jahren hat sich die Schlaganfallrehabilitation enorm weiterentwickelt. Behandlungserfolge werden durch bildgebende Maßnahmen kontrolliert. Ein neuer Ansatz besteht darin gesunde Gliedmaßen in ihrer Bewegung einzuschränken, damit der Patient gezwungen wird, die eigentlich beeinträchtigen Körperteile einzusetzen um ans Ziel zu gelangen.

Auch die Spiegeltherapie setzt sich mittlerweile mehr und mehr durch. Hierbei wird ein Spiegel so positioniert, dass er die gesunden Gliedmaßen zeigt. Jede Bewegung signalisiert dem Hirn eine Bewegung der beeinträchtigten Gliedmaßen und führt tatsächlich zu einer Erholung der motorischen Funktionen.

Das können Sie selbst tun

Möglichkeiten zur Selbsthilfe bestehen für den Betroffenen selbst lediglich in den Fällen, in denen es sich um einen leichten Hirnstamminfarkt handelte. So sind die Selbsthilfemaßnahmen vor allem darin bestehend, dass der Betroffene nach einer umfangreichen Therapie in ärztlicher Begleitung nach dem Erlangen einer gewissen Selbstständigkeit die Übungen zur Verbesserung der Bewegung, des Sprechens und des Schluckens auch zuhause durchführt. Es kann die Hilfe von Dritten notwendig werden. Außerdem ist eine arterienschonende Lebensweise angebracht, um dem weiteren Verlauf einer möglicherweise zugrunde liegenden Arteriosklerose entgegenzuwirken.

In schweren Fällen (vor allem in solchen, die mit dem Locked-In-Syndrom einhergehen) ist für den Betroffenen selbst keine Selbsthilfemaßnahme möglich. So kann nur seitens des persönlichen und medizinischen Umfeldes an einer Verbesserung der Lebensqualität gearbeitet werden. Dies umfasst das Ermöglichen von Kommunikation und das einfache Dasein von Freunden und Angehörigen. Wichtig ist an dieser Stelle, dass ein Hirnstamminfarkt keineswegs eine kognitive Beeinträchtigung des Betroffenen bedeuten muss. Eine paternalistische Behandlung ist also im Bezug auf Gespräche und die allgemeine Kommunikation zumindest verbal nicht angebracht und führt im schlimmsten Falle dazu, dass der Betroffene sich entwertet fühlt.

Dennoch ist eine umfassende Pflege von motorisch geschädigten Menschen oftmals notwendig, wobei deren Umfeld darauf achten sollte, dass Selbstständigkeit auch in sehr kleinen Schritten gefördert wird und erhalten bleibt.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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