Noonan-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Noonan-Syndrom ist eine genetisch bedingte Entwicklungsstörung. Sie gehört zu den häufigsten genetisch verursachten Erkrankungen und kommt gleichermaßen bei Mädchen und Jungen vor. Es gibt derzeit keine heilende Therapie. Die Behandlung des Noonan-Syndroms konzentriert sich daher auf die Milderung der Symptome.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Noonan-Syndrom?

Leider ist beim Noonan-Syndrom eine direkte oder kausale Behandlung nicht möglich. Die Beschwerden können dabei nur symptomatisch gelindert werden, sodass eine vollständige Heilung nicht eintritt.
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Das Noonan-Syndrom ist eine Entwicklungsstörung, die durch einen Gendefekt ausgelöst wird. Das veränderte Gen befindet sich auf dem Chromosom Nr. 12. Die Genmutation wird vererbt, kann aber auch von selbst entstehen.

Sie verursacht verschiedene Fehlbildungen an inneren Organen und am Aussehen. Die Symptome ähneln denen des Ullrich-Turner-Syndroms, weshalb die Krankheit auch als Pseudo-Turner-Syndrom bezeichnet wird.

Das Noonan-Syndrom ist neben dem Down-Syndrom eines der häufigsten Erkrankungen mit genetischer Ursache und wurde erstmalig in den 1960er Jahren beschrieben. Benannt wurde die Störung nach der Ärztin Jacqueline Noonan. Das Noonan-Syndrom kommt sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen vor.

Ursachen

Die Ursache für das Noonan-Syndrom ist die Veränderung eines Gens auf dem 12. Chromosom. Wodurch diese Mutation allerdings ausgelöst wird, ist noch nicht erforscht. Bei etwa der Hälfte aller Fälle des Noonan-Syndroms wird der Gendefekt vererbt und zwar autosomal dominant. Das bedeutet, auch wenn nur ein Elternteil Träger des defekten Gens ist und es weitergibt, wird das Kind erkranken.

In den übrigen Fällen entsteht der Gendefekt sporadisch (zufällig), das heißt, die Eltern tragen selbst kein verändertes Gen, sondern der Defekt bildet sich erst beim Kind. Das Noonan-Syndrom kommt somit auch bei Kindern vor, deren Eltern beide gesund sind.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Etwa 80 Prozent aller Betroffenen haben einen angeborenen Herzfehler. Die geistige Entwicklung von Kindern mit Noonan-Syndrom ist meist durchschnittlich; bei etwa einem Drittel der Betroffenen treten Lernschwierigkeiten auf, vor allem im Bereich von Sprache und Ausdruck. Die restlichen Symptome des Noonan-Syndroms sind äußerlich sichtbar:

Beinahe 95 Prozent der Betroffenen haben weit auseinanderstehende Augen. Eine zusätzliche Lidfalte (Mongolenfalte) kann auftreten. Weitere mögliche Veränderungen am Auge sind Schielen, schräg stehende Lidachsen, hängende Oberlider und Hornhautverkrümmung. Die Ohren setzen tief an und können nach hinten gekippt sein; manche Betroffene sind schwerhörig. Auch Kiefer und Gesicht können verändert sein. Breite Nasenflügel sind möglich.

Bei Kindern mit Noonan-Syndrom ist das Philtrum (Rinne zwischen Nase und Oberlippe) oft deutlich ausgeprägt. Der Kiefer kann zu klein sein, was zu Zahnfehlstellungen führt. Kommen auseinanderstehende Augen, verformte Ohren und kleiner Kiefer zusammen, dann entsteht der Eindruck eines dreieckigen Gesichts. Der Haaransatz kann tief sein. Die Haare sind häufig gelockt bis kraus.

Der Hals kann beim Noonan-Syndrom mit Hautfalten verbreitert sein, dies ist jedoch seltener als beim Turner-Syndrom. Wachstumsverzögerungen und Minderwuchs sind möglich, beim Noonan-Syndrom aber wenig auffällig. Manche Patienten leiden unter Skoliose. Die Brustwarzen stehen oft weit auseinander. Eine Trichterbrust kann auftreten. Bei Jungen sind die äußeren Geschlechtsmerkmale manchmal unterentwickelt, und Kryptorchismus ist häufig.

Diagnose & Verlauf

Die Symptome des Noonan-Syndroms sind vielfältig. Die typischen Kennzeichen am äußeren Erscheinungsbild sind ein großer Kopf mit kleinem Gesicht, eine hohe Stirn und große Ohren, die tief angesetzt sind. Die Augen stehen schräg und weit auseinander (Hypertelorismus), oft hängen die Augenlider.

Die Nasenwurzel ist sehr flach, der Hals dick und kurz. Das Noonan-Syndrom verursacht Kleinwuchs. An den inneren Organen bestehen Fehlbildungen, am häufigsten am Herzen und an den Nieren. Bei Jungen entwickeln sich oft die Geschlechtsorgane nicht richtig. Manchmal bildet sich nur ein Hoden oder es besteht ein Hodenhochstand.

Bei einem Teil der Patienten liegt eine leichte geistige Behinderung vor. Weiterhin können Hör- und Sehstörungen vorkommen. Da die Symptome sehr vielfältig und von Fall zu Fall unterschiedlich auftreten, ist eine Diagnose anhand der körperlichen Anzeichen schwierig. Mithilfe eines Blut- bzw. Gentests lässt sich das defekte Gen, das das Noonan-Syndrom verursacht, sicher nachweisen.

Komplikationen

Leider ist beim Noonan-Syndrom eine direkte oder kausale Behandlung nicht möglich. Die Beschwerden können dabei nur symptomatisch gelindert werden, sodass eine vollständige Heilung in der Regel nicht eintritt. Die Patienten leiden dabei an verschiedenen Störungen der Entwicklung. Es kommt dabei zu einem Kleinwuchs und zu verschiedenen Fehlbildungen bei den Patienten. In vielen Fällen leiden die Betroffenen des Noonan-Syndroms an Hänseleien oder an Mobbing.

Vor allem Kinder und Jugendliche sind von diesen Beschwerden betroffen. Aufgrund der Entwicklungsstörungen sind die Patienten in vielen Fällen auch auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Leben angewiesen. Auch im Erwachsenenalter kann es dabei zu Schwierigkeiten oder zu Beschwerden im Alltag kommen. Weiterhin kann das Noonan-Syndrom auch zu einer geistigen Retardierung führen, sodass die Betroffenen unterentwickelt sind und eine spezielle Betreuung benötigen.

Es kommt dabei mitunter zu Hörbeschwerden oder zu Sehbeschwerden. Auch Herzfehler können auftreten und die Lebenserwartung des Patienten eventuell verringern. Die Behandlung des Noonan-Syndroms ist nicht mit Komplikationen verbunden. Die einzelnen Beschwerden können in einigen Fällen korrigiert werden. Die Betroffenen sind allerdings ihr gesamtes Leben lang auf verschiedene Therapien angewiesen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Personen, die am Noonan-Syndrom erkrankt sind, müssen engmaschig von einem Arzt überwacht und behandelt werden. Notwendig ist dies insbesondere in den späteren Stadien der Kranktheit, in denen die Fehlbildungen sich zunehmend auf die körperliche Verfassung des Patienten auswirken. Zudem kann es im Laufe des Lebens zu diversen Begleiterscheinungen kommen, die frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden müssen. Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn ungewöhnliche Symptome auftreten, die das Wohlbefinden beeinträchtigen und innerhalb einiger Tage nicht von selbst zurückgehen.

Aufgrund der Auswirkungen der Erkrankung auf das hormonelle Gleichgewicht treten oft auch seelische Beschwerden auf. Zudem kann es durch die verspätet eintretende Pubertät zu seelischen Beschwerden kommen, die therapeutisch behandelt werden müssen. Betroffene Personen sollten frühzeitig einem Psychologen vorgestellt werden. Eine Aufklärung über die Erkrankung und ihre möglichen Folgen sollte schon im Kindesalter erfolgen. Hierzu kann es sinnvoll sein, ein Fachzentrum für genetische Erkrankungen aufzusuchen.

Die körperlichen Symptome werden von verschiedenen Fachärzten behandelt. So müssen die Fehlbildungen chirurgisch korrigiert werden. Sehbeschwerden sind von einem Augenarzt zu behandeln. Haltungsschäden und größere Deformitäten werden am besten einem Orthopäden vorgestellt. Zuletzt sollte mit einem Ernährungsberater über diätetische Maßnahmen gesprochen werden, um den Heilungsverlauf zu unterstützen und das Auftreten weiterer Komplikationen zu minimieren.

Behandlung & Therapie

Es gibt keine heilende Therapie für das Noonan-Syndrom, da die Erkrankung durch ein defektes Gen verursacht wird. So konzentriert sich die Behandlung rein auf die Symptome. Meist stehen die Fehlbildungen der inneren Organe, insbesondere das Herz, bei der Therapie im Vordergrund.

Sehr häufig werden in einem operativen Eingriff Herzfehler behoben, meist muss eine Herzklappe ersetzt oder eine Gefäßverengung geweitet werden. Den Kleinwuchs versucht man zu therapieren, indem man Wachstumshormone verabreicht. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass diese Hormone sich auch schädigend auf das Herz auswirken können. Daher sind sorgfältige und regelmäßige Untersuchungen der Patienten während der Behandlung nötig.

Die Hör- und Sehstörungen können mit Brille und Hörgerät weitestgehend behoben werden. Sind die Kinder geistig behindert, so bedürfen sie einer speziellen Frühförderung und therapeutischer Begleitung. Oft liegen eine sprachliche Entwicklungsverzögerung und Artikulationsschwierigkeiten vor, die mit logopädischer Therapie behandelt werden können. Auch die Physiotherapie wird angewendet, da bei den Patienten meist eine erhöhte Muskelverspannung besteht und die Gelenke überstreckt sind.

Bei diesen Problemen ist oft auch eine orthopädische Behandlung nötig. Manche der betroffenen Kinder sind verhaltensauffällig, hier kann mit einer Ergotherapie eine Verbesserung des Verhaltens bewirkt werden. Bei Jungen, die vom Noonan-Syndrom betroffen sind, ist häufig eine operative Korrektur der Geschlechtsorgane nötig.


Aussicht & Prognose

Die Prognose des Noonan-Syndroms wird als ungünstig beschrieben. Nach dem aktuellen Stand der Forschung und Wissenschaft gibt es keine Therapie, die zu einer Heilung oder vollständigen Genesung führt. Als Ursache der Erkrankung konnte ein genetischer Defekt festgestellt werden. Da es aufgrund rechtlicher Vorgaben nicht erlaubt ist, die Genetik des Menschen in irgendeiner Form zu verändern, kann keine ursächliche Behandlung stattfinden.

Der behandelnde Arzt konzentriert sich auf die individuell stark ausgeprägten Beschwerden und erarbeitet einen entsprechenden Behandlungsplan. Dieser wird je nach der weiteren Entwicklung des Kindes angepasst und verändert. Ziel ist es, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern und das Wohlbefinden zu optimieren. Je früher eine Diagnosestellung möglich ist, desto eher kann ein Therapiebeginn stattfinden.

Programme der Frühforderung zeigen gute Ergebnisse. Dennoch ist die Erkrankung mit einer Entwicklungsstörung verbunden. Trotz aller Bemühungen kommt es zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags sowie optischen Auffälligkeiten. Zudem haben die meisten Betroffenen einen angeborenen Herzfehler. Dieser kann sich jederzeit zu einem lebensbedrohlichen Zustand entwickeln.

Durch die veränderte Optik sowie die allgemeine Belastung der Erkrankung ist das Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung erhöht. In vielen Fällen ist die Funktionstätigkeit des Sehens oder Hörens eingeschränkt. Bei einigen Patienten können Sehhilfen sowie Hörgeräte zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden beitragen.

Vorbeugung

Man kann gegen das Noonan-Syndrom nicht vorbeugen, da es durch einen genetischen Defekt verursacht wird. Mithilfe von Gentests können die Eltern vor einer Schwangerschaft untersuchen lassen, ob bei ihnen eine Genveränderung vorliegt. Das Noonan-Syndrom kann jedoch, auch wenn beide Eltern gesund sind, beim Kind auftreten, da sich die Genmutation von selbst entwickeln kann.

Nachsorge

Betroffenen stehen beim Noonan-Syndrom in den meisten Fällen nur sehr wenige und auch nur sehr eingeschränkt Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Hierbei muss schon früh ein Arzt aufgesucht werden, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu anderen Beschwerden beim Betroffenen kommt. Eine selbstständige Heilung kann beim Noonan-Syndrom nicht eintreten.

Je früher ein Arzt kontaktiert wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung. Sollte ein Kinderwunsch bestehen, kann eine genetische Untersuchung und Beratung erfolgen, damit das Syndrom nicht erneut bei den Nachfahren auftritt. Die Betroffenen sind dabei auf eine intensive und umfassende Pflege und Unterstützung durch die eigene Familie und durch Freunde angewiesen.

Vor allem Kinder müssen deutlich gefördert werden, damit sie sich weiterhin altersentsprechend entwickeln können und um Beschwerden im Erwachsenenalter zu verhindern. Nicht selten sind regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen durch einen Arzt notwendig, um die Beschwerden des Syndroms dauerhaft zu überwachen. In vielen Fällen verringert diese Krankheit die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Das Noonan-Syndrom ist mit verschiedenen kognitiven Einschränkungen verbunden. Die Patienten können dennoch ein beschwerdefreies Leben führen, wenn sie einige Maßnahmen berücksichtigen. Wichtig ist zunächst eine umfassende Beratung durch einen Facharzt. Dieser kann Tipps für den Alltag geben und den Erkrankten an einen Physiotherapeuten verweisen, der die Therapie unterstützt.

Des Weiteren müssen Erkrankte sich an eine Selbsthilfegruppe wenden. Das Gespräch mit anderen Erkrankten erleichtert das Verstehen und Akzeptieren der Krankheit und ist ebenfalls eine gute Möglichkeit, neue Maßnahmen für den Umgang mit der Erkrankung zu erhalten. Die Erkrankten müssen verschiedene Hilfsmittel organisieren, zum Beispiel Gehhilfen oder Spezialbrillen, um den Alltag zu bewältigen. Da dennoch ein erhöhtes Risiko für Stürze und Unfälle besteht, sollten die Angehörigen als Unterstützung zur Seite stehen. Auch eine Pflegefachkraft kann bei einem ausgeprägten Noonan-Syndrom hinzugezogen werden.

Die genetische Erkrankung nimmt einen progressiven Verlauf, weshalb immer auch die Medikation und die Therapie im Allgemeinen angepasst werden muss. Hierfür sollten die Erkrankten oder deren Eltern Rücksprache mit dem zuständigen Arzt halten. Die medikamentöse Behandlung kann durch natürliche Schmerzmittel sowie Massagen und Methoden aus der Chinesischen Medizin unterstützt werden.

Quellen

  • Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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