Herzfehler

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Herzfehler oder Herzvitium ist eine allgemeine Bezeichnung für Störungen des Aufbaus und der Struktur des Herzens. Dabei unterscheidet man Herzfehler in erworbene Herzfehler (z.B. durch Infektionen oder Herzerkrankungen) und angeborene Herzfehler. Bei den angeborenen Herzfehlern liegen meist Herzfehlbildungen vor, die bereits im Mutterleib oder beim Neugeborenen entdeckt und behandelt werden können. Dennoch sind Herzfehler meist ein Leben lang zu therapieren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Herzfehler?

Die embryonale Herz- und Gefäßentwicklung erfolgt zwischen dem 14. und 60. Tag der Schwangerschaft. Während dieser Entwicklungsphase reagiert das Herz- und Kreislauf-System sensibel auf äußere und genetische Faktoren.
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Das Wort Herzfehler ist der Oberbegriff sowohl für angeborene Fehlbildungen des Herzens als auch für angeborene oder erworbene Herzklappenfehler. Im Weiteren gliedern sich die angeborenen Herzfehler in azynotische oder zyanotische Herzfehler. Als Zyanose bezeichnet man die blaurote Verfärbung der Haut und Schleimhäute infolge einer Abnahme des Sauerstoffgehaltes im Blut (zentrale Zyanose).

Der häufigste azynotische Herzfehler ist die Pulmonalstenose und den zweiten Platz teilen sich die Aortenklappenstenose (Verengungen) und die Aortenisthmusstenose. Eher selten treten Fehlbildungen des Aortenbogens auf. Zu den primär azynotischen Herzfehlern gehören Defekte der Vorhof- und/oder Ventrikelsepten sowie der Ductus arteriosus apertus.

Zu den primär zyanotischen Herzfehlern zählen die Fallot-Tetralogie, Hypoplasien der rechten oder linken Kammern, Lungenvenenfehlmündungen u. a. Die Häufigkeit angeborener Herzfehler beträgt 6 – 10 Neugeborene auf 1000 Lebendgeburten.

Ursachen

Die embryonale Herz- und Gefäßentwicklung erfolgt zwischen dem 14. und 60. Tag der Schwangerschaft. Während dieser Entwicklungsphase reagiert das Herz- und Kreislauf-System sensibel auf äußere und genetische Faktoren. Häufig erzeugen bestimmte exogene, also äußere, Einflüsse bestimmte Herzfehler. So führt ein übermäßiger Alkoholkonsum während der Schwangerschaft häufig zu Septumdefekten und zur Fallot’schen Tetralogie (Pulmonalstenose, Vorhofseptumdefekt, Rechtherzhypertrophie und verlagerte Aorta).

Eine Medikamentengabe während der Schwangerschaft sollte stets abgewogen werden, da auch vielzählige Herzfehler entstehen können. Bestimmte Antiepileptika können eine Pulmonal- und/oder Aortenstenose verursachen. Bestehen bestimmte Krankheiten der Mutter während der Schwangerschaft – wie z.B Diabetes mellitus – besteht ein erhöhtes Risiko für Ventrikelseptumdefekte, v. a. dann, wenn eine schlechte Stoffwechsellage vorherrscht.

Einige Infektionskrankheiten während der Schwangerschaft sind ebenfalls gefährlich und können einen Herzfehler bedingen - beispielsweise die Rötelnembryopathie, die zu einem persistierenden Ductus arteriosus führen kann.

Herzfehler treten gehäuft bei bestimmten genetischen Syndromen und Chromosomenfehlverteilungen auf (innerer oder endogener Faktor). Typisch bei einer Trisomie 21 oder Down-Syndrom sind Ventrikel- und/oder Vorhofseptumdefekte unterschiedlicher Schweregrade. Bei dem Marfan-Syndrom treten Mitral- und Trikuspidalklappenprolapse oder Aortenerweiterungen auf, da hier ein Substanzdefekt des Bindegewebes vorliegt.

Erworbene Herzfehler treten im Verlauf des Lebens auf. Infektiöse Entzündungen führen in der Regel zu Klappendefekten, die größtenteils operativ korrigiert werden müssen. Häufiger treten degenerative Klappenveränderungen auf, die vorerst beobachtet und ab einem gewissen Schweregrad operiert werden können.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Herzfehler ruft oft eine Leistungsschwäche des Herzens hervor. Dadurch ist die betroffene Person körperlich weniger leistungsfähig und bei Belastung schneller erschöpft. Typisch sind auch Atembeschwerden und Herzrhythmusstörungen, die mit dem Fortschreiten der Erkrankung ebenfalls zunehmen.

Zum Krankheitsbild zählen außerdem Blutdruckschwankungen und Durchblutungsstörungen. Infolge einer verstärkten Blutgerinnung können sich Thrombosen bilden. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt. Die Allgemeinsymptome treten zunächst nur bei körperlicher Aktivität auf und bleiben im fortgeschrittenen Stadium dauerhaft bestehen.

Generell gleichen die Symptome eines Herzfehlers denen einer Herzschwäche. Dementsprechend können auch Wasseransammlungen, Abgeschlagenheit und Herzrasen auftreten. Abhängig von seiner Ursache kann ein Herzfehler zahlreiche weitere Symptome und Beschwerden bedingen. Liegt beispielsweise eine sogenannte Mitralstenose zugrunde, kommt es zu blutigem Husten und zunehmenden Brustschmerzen. Äußerlich können oft bläuliche Lippen und bläulich-rote Wangen bemerkt werden.

Handelt es sich bei dem Herzfehler um eine Aortenstenose, kann eine Minderdurchblutung des Herzmuskels auftreten. Diese äußert sich unter anderem durch Schwindel, kurzzeitige Ohnmachtsanfälle und die typischen Beschwerden einer Angina pectoris. Die Anzeichen eines angeborenen Herzfehlers können bereits in den ersten Lebensjahren auftreten und sich schleichend entwickeln. Bei einigen Personen treten keinerlei Symptome auf.

Komplikationen

Herzfehler können zu diversen Komplikationen führen. Bei angeborenen Herzfehlern besteht grundsätzlich das Risiko einer Herzmuskelschwäche und einer Sauerstoffunterversorgung der Organe. Je nach Art und Ausprägung des Herzfehlers können im Verlauf des Lebens vielgestaltige Herzprobleme auftreten. So kann es zu Rhythmusstörungen und Schmerzen, aber auch zu schweren Organschäden oder Infarkten kommen.

Durch die vermehrte Produktion roter Blutkörperchen kann es außerdem zur Eindickung des Blutes kommen. Dadurch erhöht sich das Risiko für Schlaganfälle, Gefäßthrombosen und Herzinfarkte. Wird ein angeborener Herzfehler nicht behandelt, kann es außerdem zu schweren Entzündungen, Herzrhythmusstörungen oder Erkrankungen der Herzklappen kommen. Mitunter treten auch bleibende Lungenschäden und Erkrankungen der inneren Organe auf.

Herzfehler, die sich in Folge einer Entzündung, Stress oder von übermäßigem Drogenkonsum entwickeln, können abhängig von der jeweiligen Ursache eine Reihe von weiteren Komplikationen hervorrufen. Bei der chirurgischen Behandlung eines Herzklappenfehlers kann es ebenfalls zu Komplikationen kommen.

So kann die Herz-Lungen-Maschine die Blutgerinnung verändern, vorübergehend eine Niereninsuffizienz hervorrufen und mitunter auch zu lebensbedrohlichen Aderverschlüssen führen. Nach dem Eingriff kann es unter anderem zu Blutungen und Infektionen, aber auch zu vorübergehenden psychologischen Komplikationen kommen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Personen, die ohne erkennbaren Grund an häufiger Müdigkeit und Abgeschlagenheit leiden, sollten einen Arzt konsultieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beschwerden im Laufe der Zeit zunehmen. Eine schleichende Abnahme der Leistungsfähigkeit, oft verbunden mit Atemnot und Schwäche, deutet auf einen erworbenen Herzfehler hin.

Ein Mediziner muss die Symptome abklären und gegebenenfalls direkt eine Therapie einleiten, um die Gefahr ernster Komplikationen zu reduzieren. Sollten sich Anzeichen einer Mitralstenose bemerkbar machen, muss umgehend ein Arzt konsultiert werden.

Vor allem blutiger Husten und äußere Anzeichen wie bläuliche Lippen und bläulich-rote Wangen bedürfen einer Untersuchung. Auch mit Wasseransammlungen und anderen ungewöhnlichen Beschwerden, die auf keine bestimmte Ursache zurückzuführen sind, muss zum Arzt gegangen werden. Ein angeborener Herzfehler bedarf ebenfalls einer sofortigen Abklärung, sobald erste Symptome bemerkt werden.

Herzrhythmusstörungen, Schmerzen und Krämpfe sind umgehend untersuchen zu lassen. Sollte es zu einem Infarkt kommen, muss der Rettungsdienst gerufen werden. Begleitend sind Erste-Hilfe-Maßnahmen zu leisten. Ein diagnostizierter Herzfehler bedarf einer engmaschigen Überwachung durch einen Kardiologen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung von angeborenen oder erworbenen Herzfehlern bedarf einer lebenslangen speziellen kardiologischen Betreuung. Trotz nötiger operativer Korrekturen bestehen meist Rest- und Folgezustände.

Diese treten in der Regel dann auf, wenn Herzfehler in frühen Kindheitstagen korrigiert wurden. Diese Herzchirurgie unterscheidet zwischen palliativen und korrigierenden Operationen zur Beseitigung von Herzfehlern.

Durch eine korrigierende Operation soll der normale Funktionszustand wiederhergestellt werden. Dadurch kann sich die Lebenserwartung normalisieren. Palliativoperationen von Herzfehlern werden bei schwerwiegenden Anomalien durchgeführt.

Hierzu gehören aber auch Herz- oder Herz-Lungen-Transplantationen. Heutzutage werden am häufigsten Klappenoperationen durchgeführt. Dabei werden biologische Klappen (vom Schwein, Rind oder Pferd) oder mechanische Kunst-Prothesen eingesetzt.

Aussicht & Prognose

Die Prognosen bei einem vorliegendem Herzfehler fallen sehr unterschiedlich aus, denn dabei ist der Schweregrad des Herzfehlers zu berücksichtigen. Außerdem spielt der Zeitpunkt der Diagnose ebenfalls eine große Rolle. Umso früher der Herzfehler erkannt wird, desto besser stehen die Chancen auf eine vollständige und schnelle Heilung.

Die immer weiter voranschreitende Medizintechnik ermöglicht mittlerweile sehr gute Chancen, dass Neugeborene mit einem Herzfehler das Erwachsenenalter erreichen. Generell gilt ein angeborener Herzfehler als chronische Erkrankung. Wer sich jedoch frühzeitig in ärztliche und medikamentöse Behandlung begibt, der kann seine Aussicht und Prognose positiv beeinflussen. Die Lebensqualität kann dadurch aufrechterhalten bleiben.

Wer sich gegen eine dauerhafte Behandlung entscheidet, muss mit schwerwiegenden Komplikationen rechnen. Unter Umständen kommt es zu starken Schmerzen im Brustbereich und Fieberkrämpfen. Im schlimmsten Fall droht der Herzstillstand. Erfolgen keine lebensrettenden Maßnahmen, tritt der Tod ein.


Vorbeugung

Eine wichtige vorbeugende Maßnahme bei korrigierten oder bestehenden angeborenen oder erworbenen Herzfehlern ist die Endokarditisprophylaxe bei Eingriffen mit möglicher Infektionsgefahr, z. B. bei zahnärztlichen Eingriffen. Dadurch können Entzündungen und folgende Defekte der Herzklappen verhindert werden, v. a. bei vorbestehenden Herzfehlern.

Jeder Patient mit Herzfehlern sollte stets einen Herzpass bei sich tragen und bei jedem Arztbesuch vorlegen. Ebenso sollte man während einer Schwangerschaft auf einen Alkoholkonsum verzichten und auf einen ausreichenden Impfstatus vor Beginn der Schwangerschaft achten, um Herzfehler des neugeborenen Kindes zu vermeiden.

Nachsorge

Wer unter einem Herzfehler leidet, der sollte dies keineswegs auf die leichte Schulter nehmen. Eine entsprechende Nachsorge ist unerlässlich. Andernfalls drohen schwerwiegende Komplikationen und im schlimmsten Fall sogar der Tod. Betroffene Personen sollten einen bestehenden Herzfehler regelmäßig von einem Spezialisten überwachen lassen.

Derartige Kontrolluntersuchungen können potenzielle Gefahren frühzeitig erkennen. Daraufhin können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um mögliche Gefahren beziehungsweise Komplikationen zu beseitigen. Wer auf regelmäßige Besuche und Kontrolluntersuchungen verzichtet, setzt sich selbst einer sehr großen Gefahr aus.

Ein unerwarteter Herzinfarkt oder das Aussetzen des Herzschlags sind nur zwei Konsequenzen von vielen, die in einem solchen Fall auftreten können. Eine Verschlechterung des Zustands kann ohne eine entsprechende Nachsorge nicht erkannt werden. Wer unter einem angeborenen oder einem plötzlichen Herzfehler leidet, der darf eine entsprechende Nachsorge auf keinen Fall vernachlässigen.

Das Herz ist unser wichtigstes und zentrales Organ, ohne das der menschliche Körper nicht lebensfähig ist. Desto bedeutsamer ist eine Nachsorge bei einem bestehenden Herzfehler.

Das können Sie selbst tun

Menschen, die an einem Herzfehler leiden, müssen sich im Alltag nicht unbedingt einschränken. Je nach Art der Beschwerden sollten jedoch ein paar Dinge beachtet werden, um Komplikationen zu vermeiden.

Zunächst gilt es, im Hinblick auf die Art des Herzfehlers gemeinsam mit dem Arzt eine individuelle Therapie zu erstellen, die körperliche Bewegung, diätetische Maßnahmen und die medizinische Behandlung umfasst. Die Ernährung sollte sich so zusammensetzen, dass das Herz nicht noch zusätzlich belastet wird.

Eine gesunde Diät mit vielen ballaststoffreichen Lebensmittel und mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist zu empfehlen. Vermieden werden sollte viele Zucker, Weißmehl und tierisches Fett. Betroffene sollten außerdem auf das Rauchen verzichten und auch andere Genussmittel wie Kaffee oder Alkohol nur in Maßen genießen.

Daneben profitieren Herzkranke von einem individuell abgestimmten Bewegungstraining und regelmäßigem Stressabbau. Empfehlenswert sind zum Beispiel Übungen aus dem Yoga und Atemübungen. Bei Bedarf kann ein Physiotherapeut oder ein Ergotherapeut hinzugezogen werden.

Auch Hilfe von anderen Menschen – etwa in einer Selbsthilfegruppe – kann sinnvoll sein, um die Erkrankung zu akzeptieren und neue Strategien für einen besseren Umgang mit dem Herzfehler zu erlernen. Begleitend dazu ist natürlich auch immer eine engmaschige ärztliche Überwachung angezeigt. Das erkrankte Herz muss regelmäßig untersucht werden, vor allem bei ungewöhnlichen Symptomen oder Beschwerden.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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