Nesselsucht (Urtikaria)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Nesselsucht (Urtikaria), auch Nesselfieber, ist eine komplizierte und komplexe Hauterkrankung. Sie entsteht in Folge einer Überempfindlichkeitsreaktion auf verschiedene chemische und natürliche Stoffe oder äußeren Reizen auf die Haut. Circa 10 bis 20 Prozent der Menschen in Deutschland hatten schon einmal in ihrem Leben Nesselsucht. Nesselsucht ist nicht ansteckend, sollte aber vom Arzt schnellstmöglich untersucht und behandelt werden, da es in manchen Fällen zu einem Kreislaufschock kommen kann und dann eine lebensbedrohliche Situation auftreten kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Nesselsucht (Urtikaria)?

Als Quaddeln bezeichnet man punktartige Erhebungen der Haut, die nach Insektenstiche entstehen oder Symptome einer Allergie oder Nesselsucht sein können. Klicken, um zu vergrößern.

Die Nesselsucht wird in der medizinischen Fachsprache als Urtikaria bezeichnet und zeichnet sich durch charakteristische rote Quaddeln auf der Haut aus, die aus kleineren, geröteten Erhebungen entstehen. Auftreten können diese grundsätzlich an jeder Körperstelle, manche sind dafür anfälliger als andere.

Die akute Nesselsucht ist eine Form, die im längsten Fall 6 Wochen anhält und sich danach zurückbildet. Halten die Symptome länger an, spricht man von der chronischen Nesselsucht.

Ursachen

Meist wird die Nesselsucht durch Histamine ausgelöst, die von den Mastzellen der Haut abgegeben werden. Dadurch bilden sich zunächst die kleinen Erhebungen, die sich nach und nach zu Quaddeln ausbreiten. Die Ursachen für die Ausschüttung der Histamine sind verschieden. Es kann sich dabei beispielsweise um eine Autoimmunreaktion handeln. Dabei verträgt der Körper die eigenen Stoffe nicht, die er selbst ausschüttet.

Als Reaktion darauf entsteht eine Nesselsucht. Es kann aber auch eine Überempfindlichkeit gegenüber eines Stoffes vorliegen, der entweder direkt mit der Haut in Berührung kommt oder den Verdauungstrakt durchläuft. Dabei kann es sich um Farb- oder Aromastoffe handeln, aber auch um Krankheitserreger wie Bakterien, die sich ausschließlich durch dieses Symptom äußern. In selteneren Fällen liegt eine echte Allergie vor, die sich durch eine Nesselsucht bemerkbar macht.

Zu den weiteren beiden großen Ursachen der Nesselsucht gehören der physikalisch und der psychisch herbeigeführte Zustand. Durch äußere Reize wie Druck oder Kratzen können an der betroffenen Stelle rote Quaddeln auftreten, die sich mit der Zeit oder erst nach längerem Heilungsprozess zurückbilden. Stress oder psychische Belastungen können ebenfalls der Auslöser der Nesselsucht sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Nesselsucht zeigt sich als erstes durch Juckreiz und die typischen Quaddeln. Als Folge der Wasseransammlungen schwillt die Hautoberfläche an und es entwickeln sich entzündliche Stellen, die scharf begrenzt sind und bei Kontakt schmerzen. Diese Quaddeln können weiß bis rötlich sein und wenige Millimeter bis zwei Zentimeter groß sein.

Mehrere Quaddeln können sich zu einer großflächigen Hautveränderung zusammenschließen. Dann kann es zu Blutungen und in Einzelfällen auch zu der Entstehung von Geschwüren kommen. Typische Begleitsymptome sind außerdem Spannungsgefühle und Hautirritationen, zum Beispiel Sensibilitätsstörungen oder Überwärmung. Gelegentlich treten die Quaddeln in Begleitung sogenannter Angioödeme auf.

Dabei handelt es sich um polsterartig geschwollenes Unterhautgewebe, welches normalerweise schmerzfrei ist. Allerdings können sich Rötungen, Juckreiz und ein Spannungsgefühl einstellen. Angioödeme treten hauptsächlich im Gesicht, an den Handflächen und an den Fußsohlen auf. In Einzelfällen sind auch die Schleimhäute betroffen.

Quaddeln bilden sich innerhalb eines Tages wieder zurück. Bei der chronischen Nesselsucht können die Hautveränderungen Wochen, Monate oder sogar Jahre bestehen bleiben und große Hautareale betreffen. Kommt es im Rahmen einer Allergie zu einer Nesselsucht, kann ein anaphylaktischer Schock auftreten, der mit Atemnot, Schweißausbrüchen, Herzrasen und schließlich einem Kreislaufschock verbunden ist.

Krankheitsverlauf

Der Verlauf der Nesselsucht ist abhängig von der Form der Erkrankung. So hält die Krankheit in der akuten Form zumeist nur wenige Tage oder ein paar Wochen an. Die maximale Dauer der akuten Nesselsucht berägt sechs Wochen. Typische Symptone sind, wie bereits erwähnt, ein stark juckender Hautausschlag mit rötlichen Quaddeln und in seltenen Fällen auch schmerzhafte Schwellungen der Haut.

Die chronische Nesselsucht jedoch, kann bis zu mehreren Jahren anhalten bzw. immer wieder in Erscheinung treten. Allerdings kommen die Symptome der akuten Nesselsucht seltener vor. Eine chronische Nesselsucht sollte immer vom Arzt behandelt werden, um die Ursache zu erforschen und somit potentielle Allergien, oder Überempfindlichkeiten gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln herauszufinden, die für die chronische Nesselsucht verantwortlich sind.

Komplikationen

In den meisten Fällen leiden die Betroffenen bei der Nesselsucht an verschiedenen Hautbeschwerden. Diese sind sehr unangenehm und können eine deutlich verringerte Lebensqualität des Betroffenen bedeuten. In den meisten Fällen kommt es dabei zur Ausbildung von einem Ausschlag auf der Haut. Dieser Ausschlag ist weiterhin auch mit einem Juckreiz verbunden, sodass sich vom Kratzen auch Narben ausbilden können.

Vor allem Kinder kratzen sich dabei ständig, sodass es auch zu Blutungen kommen kann. Die Haut selbst ist an den betroffenen Stellen weiß gefärbt und in einigen Fällen auch leicht geschwollen. Weiterhin kann sich die Nesselsucht auch auf die Zunge oder auf die Schleimhäute ausbreiten. Dabei kann es auch zu einem Schock und im schlimmsten Falle auch zu einem Herzversagen kommen.

Dieser Fall tritt allerdings nur sehr selten auf. In der Regel kann die Nesselsucht relativ einfach mit Hilfe von Medikamenten wieder eingeschränkt werden. Eventuell ist der Patient dabei auf eine Lichttherapie angewiesen. Dabei treten allerdings keine besonderen Komplikationen auf. Die Nesselsucht wirkt sich in der Regel nicht negativ auf die Lebenserwartung des Patienten aus.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bleiben die Hauterscheinungen über Tage unverändert, sollte dies ärztlicherseits abgeklärt werden. Wenn Hautveränderungen zunehmen, ist in den nächsten Tagen ein Arztbesuch ratsam.

Bei Juckreiz können juckreizstillende Medikamente erforderlich sein. Welche Medikamente in Frage kommen oder welche Alternative es zur medikamentösen Therapie gibt, kann mit dem Hausarzt geklärt werden. Sollten Atemnot, Kreislaufprobleme auftreten oder es zu Schwellungen am Körper kommen, ist Notfallhandeln erforderlich, da ein lebensbedrohlicher Zustand entstehen kann. Kommt es zu Schwellungen, z.B. im Gesicht, kann ein Facharzt der Notfallmedizin mit Medikamenten schnell die Symptome lindern. Bei chronischen Verläufen, kann in speziellen Behandlungszentren eine Urtikaria-Beratung in Anspruch genommen werden. Die Hilfe zur Selbsthilfe steht hier im Vordergrund. Häufige Arztbesuche, die die Lebensqualität einschränken können, werden so vermieden.

Bei Unsicherheit, ob ein Arztbesuch erforderlich ist, ist es ratsam, diesen vorsichtshalber vorzunehmen. Auch begleitende psychische Beschwerden, welche z.B. eine Folge des Juckreizes sind, können beim Hausarzt angesprochen werden. Eine weitere Überweisung zu Fachärzten, die auf psychische Begleitung oder Hauterkrankungen spezialisiert sind, erfolgt über den Hausarzt.

Behandlung & Therapie

Die akute Nesselsucht wird meist nicht behandelt. Die Quaddeln bilden sich in den meisten Fällen von alleine wieder zurück. Je nach Ursache kann das binnen weniger Minuten passieren, es kann aber auch einige Wochen in Anspruch nehmen.

Bei chronischer Nesselsucht wird mit Antihistaminika und Cortisol gearbeitet. Allerdings unterdrücken beide Wirkstoffe lediglich das Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung. Deswegen muss gleichzeitig ermittelt werden, aus welchem Grund sich eine chronische Nesselsucht entwickelt hat. Nachhaltig beseitigen lässt sie sich nur, wenn der Auslöser mitbeseitigt wird. Bei einer zugrundeliegenden bakteriellen Infektion des Verdauungstraktes wird die Nesselsucht nur dann dauerhaft verschwinden, wenn die Bakterien bekämpft und abgetötet werden. Dementsprechend ist eine individuelle Therapie mit spezifischen Medikamenten für die jeweilige Erkrankung erforderlich.

Bei psychischen Ursachen helfen Medikamente nicht. In solchen Fällen gilt es, den Auslöser ausfindig zu machen und langfristig zu beseitigen. Dabei kann der Psychologe unterstützend zur Seite stehen.


Aussicht & Prognose

Es gibt heutzutage schon sehr gute Behandlungsmöglichkeiten für die Nesselsucht. Das wichtigste hierbei ist es, den Auslöser der Erkrankung herauszufinden. Dies kann durch das Führen eines Tagebuches geschehen. Schlägt die medikamentöse Behandlung gut an, kann ein beschwerdefreier Zustand für die Patienten erreicht werden. Die unangenehmen Nesselausschläge werden durch das Vermeiden des Auslösers und durch die Einnahme von Dauermedikation verhindert. Die Prognose der Nesselsucht ist somit bei einer erfolgreichen Behandlung sehr gut.

Unbehandelt führt die Nesselsucht zu spontanen Schwellungen der Haut, zu Rötungen, Juckreiz und Brennen. Die Symptome sind sehr unangenehm für den Betroffenen. Sie können bis zu 24 Stunden andauern und schränken den Patienten sehr in seinem Alltag und in seiner Lebensqualität ein. Schlafstörungen, das Nachlassen der Konzentration und der Leistung (in der Schule oder Arbeit) sind hierbei keine Seltenheit. In weiterer Folge kann das Sexualleben darunter leiden und Depressionen, Zurückgezogenheit und Ängste können den an Nesselsucht Erkrankten massiv beeinträchtigen.

Die Aussicht auf eine Heilung bzw. ein Leben-lernen mit der Krankheit ist in Zeiten der heutigen modernen Medizin eine sehr gute. Es gibt nicht nur ausreichend Fachliteratur für eine umfangreiche Ursachenforschung, sondern auch schon genügend medikamentöse und homöopathische Ansätze, die ein beschwerdefreies Leben mit der Nesselsucht ermöglichen.

Vorbeugung

Vorbeugen kann man der Nesselsucht nur, wenn die Ursache bekannt ist. Ist sie körperlich bedingt, gilt es, Situationen zu meiden, in denen sie wieder neu entstehen könnte.

Bei allergischen Reaktionen muss der Körper von dem Stoff ferngehalten werden, auf den er reagiert. Dasselbe gilt bei Nesselsuchten, die infolge einer Unverträglichkeit auftreten.

Schwieriger wird die Vorbeugung, wenn es sich um eine psychosomatisch bedingte Nesselsucht handelt. Da sich vor allem Stress sich im Alltag kaum effektiv vermeiden lassen wird, muss dem Patienten beigebracht werden, stressige Situationen effektiv zu verarbeiten und so die Entstehung von körperlichen Symptomen zu verhindern.

Nachsorge

Wenn die Betroffenen die akute Behandlungsphase durchlaufen haben, muss eruiert werden, welcher Auslöser die Nesselsucht hervorgerufen hat. Diese kann durch chemische oder biologische Faktoren wie Infekte, Nahrungsmittel, Medikamente oder Insektengifte indiziert worden oder Folge einer physikalischen Reizung durch Reibung, Kälte, Druck, Wärme oder Licht sein.

Ist der Auslöser mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Nahrung zu vermuten, sollte eine Eliminationsdiät erfolgen. Diese ist wichtig, um schwere Komplikationen wie ein Glottis- oder Quincke-Ödem in der Zukunft zu vermeiden. Bei dieser besonderen Form der Ernährung erhält der Erkrankte eine Woche lang ausschließlich Tee, Wasser, Kartoffeln und Reis.

Diese Nahrungsmittel gelten als allgemein minimal reizend, das bedeutet, sie enthalten keine Aroma-, Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe, was zu einer Urtikaria führen könnte. Wenn das Immunsystem nach einer Woche Diät kuriert ist, beginnt in der Nachsorge die Provokationstestreihe. Nach und nach erhält der Patient ein Nahrungsmittel, welches für die Nesselsucht verantwortlich sein kann.

Durch strenge Dokumentation der Haut- und Schleimhautreaktion kann die Ursache ausgemacht werden. Zum Provokationstest gehört auch ein Hauttest, bei der ein kleines Areal verschiedenen physikalischen Reizen ausgesetzt wird. Auch hier werden die Reaktionen genau dokumentiert. Wenn die Betroffenen dann über die Ursachen der Urtikaria wissen, können sie diesen unangenehmen Zustand zukünftig vermeiden.

Das können Sie selbst tun

Im Alltag sollten von Nesselsucht betroffene Menschen im Idealfall genau wissen, auf was sie allergisch reagieren. So ist es möglich, bestimmte Inhaltsstoffe maximal zu vermeiden. Nicht immer ist es leicht herauszufinden, auf was man mit Nesselsucht reagiert. Hilfreich kann es deswegen sein, ein Protokoll zu führen: Wann treten die Quaddeln auf und in welchem Zusammenhang? Manchmal gelingt es durch ein engmaschig geführtes Protokoll, einen Auslöser für den Juckreiz und die Quaddeln zu identifizieren.

Gerade, wenn potentielle Auslöser der Nesselsucht unklar sind, ist es wichtig, dass Betroffene notwendige Medikamente in der Hausapotheke haben. Die Nesselsucht kann so stark sein, dass das Auge komplett zuschwillt. Auch die Atemwege können bei einer schwer verlaufenen Uriikaria schlimmstenfalls verlegt sein. Hier ist Selbsthilfe im Akutfall nicht möglich.

Während leichtere Beschwerden der Nesselsucht im Alltag oft durch entsprechende Antihistaminika gelindert werden können, ist Luftnot immer ein medizinischer Notfall. Angehörige sollten die äußerlichen Symptome kennen und wissen, dass sie bei Atemnot umgehend einen Notarzt alarmieren müssen. Dieser kann mit speziellen Medikamenten, die intravenös verabreicht werden, die allergische Reaktion schnell stoppen.

Quellen

  • Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Sterry, W., Paus, R.: Checkliste Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010

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