Hereditäres Zinkmangelsyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das hereditäre Zinkmangelsyndrom stellt eine erblich bedingte Störung der Zinkaufnahme im Darm dar. Dabei entwickeln sich die gleichen Symptome wie bei einem erworbenen Zinkmangelsyndrom. Die Erkrankung ist durch lebenslange Substitution von Zink sehr gut behandelbar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das hereditäre Zinkmangelsyndrom?

Der Verdacht auf Zinkmangel kann dann durch Blutuntersuchungen erhärtet werden. Hier werden neben dem Zinkgehalt auch das Hormon Kortisol und die Anzahl der Blutzellen bestimmt.
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Der Begriff Hereditäres Zinkmangelsyndrom beschreibt eine erblich bedingte Aufnahmestörung von Zink im Darm. Dabei nimmt der Körper zu wenig Zink auf. Bei diesem Syndrom treten die gleichen Symptome auf wie auch bei einem erworbenen Zinkmangel.

Die Erkrankung wurde erstmalig im Jahre 1936 von dem schwedischen Arzt Thore Edvard Brandt beschrieben. Die norwegischen Ärzte Karl Philipp Closs und Niels Christian Gauslaa Danbolt prägten im Jahre 1942 für dieses Syndrom den Begriff Acrodermatitis enteropathica. Synonyme für das hereditäre Zinkmangelsyndrom sind daher neben Acrodermatitis enteropathica auch die Bezeichnungen Brandtsyndrom und Danbolt-Closs-Syndrom.

Zink stellt ein essenzielles Spurenelement dar, welches bei vielen Stoffwechselvorgängen im Organismus eine große Rolle spielt. Viele Enzyme, die für den Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel verantwortlich sind, enthalten Zink. Außerdem ist Zink auch an der Synthese der Nukleinsäuren und beim Zellwachstum beteiligt.

Auch das Immunsystem und verschiedene Hormone sind für ihre Funktion auf das Spurenelement Zink angewiesen. Des Weiteren ist Zink Bestandteil bestimmter Proteine (Zinkfingerproteine), die für die Transkription verantwortlich sind. Aufgrund dieser universellen Bedeutung des Spurenelements Zink für den Stoffwechsel führt ein Zinkmangel zu schwerwiegenden gesundheitlichen Störungen.

Ursachen

Die Ursache für das hereditäre Zinkmangelsyndrom ist eine Genmutation im SLC39A4-Gen, welches sich auf dem Chromosom 8 befindet. Dieses Gen codiert das Zinktransportprotein ZIP4. Bei Fehlen dieses Proteins ist der Resorptionsprozess von Zink im Darm gestört. Trotz ausreichender Zufuhr von Zink in der Nahrung entwickelt sich dann ein Zinkmangelsyndrom.

Normalerweise sind bei einem Zinkmangel äußerliche Faktoren verantwortlich. In nur einem bis neun Fällen pro eine Million Menschen ist dieser Zinkmangel jedoch angeboren. Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt. Beide Elternteile können gesund sein.

Wenn ein Nachkomme allerdings an dieser Krankheit leidet, besitzen beide Eltern auch mindestens ein defektes Gen. Bei gesunden Eltern mit defektem Gen besteht eine 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind unter einem hereditären Zinkmangelsyndrom leidet.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome bei einem hereditären Zinkmangelsyndrom ähneln denen, die auch bei einem erworbenen Zinkmangel vorkommen. Allerdings beginnen die Beschwerden bei dieser angeborenen Erkrankung bereits kurz nach dem Abstillen. Die Muttermilch ist reich an Zink und kann trotz der Zinkaufnahmestörung noch für eine ausreichende Aufnahme von Zink im Körper sorgen.

Nach dem Abstillen beginnen jedoch die Hautveränderungen, Haarausfall, Nagelbettentzündungen und Durchfall. Die Hautveränderungen äußern sich als chronische Ekzeme an den Körperöffnungen und den Akren wie Händen, Füßen, Nase, Ohren, Kinn, Jochbein und vielen weiteren. Der Organismus ist stark immungeschwächt.

Daher leiden die Betroffenen an ständigen Infektionen, die nur schwer heilen. Auch die Wundheilung ist stark eingeschränkt. Kinder mit dem hereditären Zinkmangelsyndrom wachsen nicht mehr. Ihre körperliche und geistige Entwicklung ist stark verlangsamt. Weitere Beschwerden sind Blutarmut, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Müdigkeit, allgemeine Schwäche und Muskelabbau.

Nach Krankheiten erfolgt nur eine sehr langsame Genesung. Hinzu kommen Gereiztheit und Depressionen. Der geistige Abbau schreitet voran. Die Prognose für ein unbehandeltes hereditäres Zinkmangelsyndrom ist sehr schlecht. In diesen Fällen endet die Erkrankung immer tödlich. Bei richtiger Behandlung kann der Patient jedoch ein fast normales Leben führen.

Diagnose & Verlauf

Zur erfolgreichen Behandlung des hereditären Zinkmangelsyndroms muss es jedoch zweifelsfrei diagnostiziert werden. Das ist nicht ganz so einfach. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung werden anfänglich oft Fehldiagnosen gestellt. Alle auftretenden Symptome sind außerdem nicht spezifisch. Es kann eine Vielzahl von Erkrankungen dahinterstecken.

Zwar können früh auftretende Ekzeme an den Körperöffnungen und den Akren den Verdacht auf einen Zinkmangel lenken. Allerdings verschleiern sekundäre Streptokokkeninfektionen und Candidosen die Diagnose sehr häufig. Ein starkes Indiz für ein hereditäres Zinkmangelsyndrom ist das plötzliche Auftreten der Hautveränderungen kurz nach dem Abstillen.

Hilfreich ist oft auch die Anamnese der familiären Krankengeschichte. Hier könnte es sich herausstellen, dass in der Familie oder Verwandtschaft bereits mehrere Fälle ähnlicher Erkrankungen aufgetreten sind. Das spräche für eine erblich bedingte Erkrankung. Für einen eventuellen Zinkmangel sprechen neben den chronischen Hautveränderungen auch eine erhöhte Infektanfälligkeit und langsame Wundheilung.

Der Verdacht auf Zinkmangel kann dann durch Blutuntersuchungen erhärtet werden. Hier werden neben dem Zinkgehalt auch das Hormon Kortisol und die Anzahl der Blutzellen bestimmt. Im Blut befinden sich in der Regel 6 bis 12 Milligramm Zink pro Liter.

Die Blutzellen sind verringert. Allerdings sind die Blutwerte auch nicht 100-prozentig aussagefähig, weil das meiste Zink in Muskulatur, Knochen und in anderem Körpergewebe gespeichert ist. Dabei entfallen auf die Muskulatur 60 Prozent, auf die Knochen 30 Prozent und auf das restliche Körpergewebe 10 Prozent des im Körper enthaltenden Zinks.

Komplikationen

Da es bei dieser Krankheit in der Regel zu einer verringerten Aufnahme von Zink durch den Darm kommt, treten dieselben Beschwerden auf, wie auch beim gewöhnlichen Zinkmangelsyndrom. Der Betroffene leidet dabei in erster Linie an einem Haarausfall und an Durchfall. Weiterhin können sich auch Beschwerden auf der Haut ausbilden, sodass es zum Beispiel zu Ekzemen kommt.

Nicht selten ist die Haut ebenso von einem Ausschlag bedeckt. Das Immunsystem des Patienten ist durch das Zinkmangelsyndrom geschwächt, sodass es öfter und leichter zu Infektionen und Entzündungen kommen kann. Weiterhin tritt nur eine verlangsamte Wundheilung beim Betroffenen ein. Daraus kann es ebenfalls zu Infekten an den Wunden kommen. Die Patienten leiden aufgrund der Appetitlosigkeit an Gewichtsverlust und an einer allgemeinen Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Nicht selten können daraus auch psychische Verstimmungen oder Depressionen entstehen. Das Zinkmangelsyndrom kann durch die Gabe von Ergänzungsmitteln relativ gut eingeschränkt und behandelt werden. Die Beschwerden verschwinden dabei sehr schnell und es treten keine besonderen Komplikationen auf. Der Betroffene ist allerdings sein gesamtes Leben lang auf die Medikamente angewiesen, da eine kausale Behandlung des Zinkmangelsyndroms nicht möglich ist.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eltern, die bei ihrem Kind kurz nach dem Abstillen Symptome wie Haarausfall, Hautveränderungen und Nagelbettentzündungen bemerken, sollten den Kinderarzt konsultieren. Die Beschwerden weisen auf ein hereditäres Zinkmangelsyndrom hin, welches umgehend abgeklärt und behandelt werden muss. Ein Arztbesuch ist insbesondere dann angezeigt, wenn die Beschwerden nach spätestens zwei bis drei Tage nicht zurückgegangen sein sollten.

Falls weitere Symptome wie Durchfall oder eine schlechte Wundheilung auftreten, muss umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Auch Blutarmut, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme und Müdigkeit sind typische Warnzeichen, die es abzuklären gilt. Da die Betroffenen oft unter Gereiztheit und Depressionen leiden, sollte begleitend zur ärztlichen Behandlung ein Psychologe eingeschaltet werden. Ein hereditäres Zinkmangelsyndrom bedarf in jedem Fall einer umfassenden Behandlung.

Nachdem die ursprüngliche Erkrankung auskuriert wurde, ist eine engmaschige Überwachung durch einen Facharzt angezeigt, da die Beschwerden wiederkehren können. Personen, die an der Erkrankung leiden und einen Kinderwunsch hegen, sollten mit dem Arzt sprechen. Zudem muss während der Schwangerschaft festgestellt werden, ob die Krankheit an das Kind weitergegeben wurde. So kann die Behandlung direkt nach der Geburt eingeleitet werden.

Behandlung & Therapie

Das hereditäre Zinkmangelsyndrom kann sehr gut durch hohe Zinkgaben in Form von Zinksulfat behandelt werden. Dabei muss die Verabreichung von Zinkpräparaten dem Wachstumsprozess angepasst werden. So sind im Kindes- und Jugendalter erhöhte Zinkgaben erforderlich. Die Zinksubstitution muss lebenslang erfolgen und darf nicht ausgesetzt werden.

Aussicht & Prognose

Personen mit einem hereditären Zinkmangelsyndrom leiden an einer angeborenen Stoffwechselerkrankung. Schon kleine Kinder zeigen die typischen Symptome. Mit einer entsprechenden Therapie ergeben sich gute Aussichten auf ein normales Leben. Eine Heilung ist allerdings ausgeschlossen.

Die Störung bei der Zinkaufnahme ist den Patienten durch die Geburt mitgegeben worden. Sie tritt statistisch gesehen kaum auf, wenn man die absoluten Zahlen der Erkrankten betrachtet. Gerade einmal ein bis neun Personen aus einer Million Menschen leiden an einem hereditären Zinkmangelsyndrom.

Patienten müssen regelmäßig Zinkzusätze zu sich nehmen. Die Dosis ist dem Entwicklungsstadium anzupassen. Gerade Wachstumsphasen bringen einen hohen Bedarf mit sich. Werden die verschriebenen Präparate kontinuierlich konsumiert, ist ein weitestgehend beschwerdefreies Leben möglich. Ohne eine Einnahme droht fast immer der Tod.

Betroffene sind dann im Nachteil, wenn sie einen Infekt oder Wunden haben. Das hereditäre Zinkmangelsyndrom sorgt dafür, dass sich nur mit Verzögerung eine Genesung einstellt. Nicht selten entwickeln sich erkrankte Kinder und Jugendliche vergleichsweise langsam. Das bezieht sich sowohl auf die physische als auch psychische Reife. Eine leichte bis schwere Immunschwäche ist von der Tagesform abhängig.


Vorbeugung

Eine Empfehlung zur Vorbeugung vor einem hereditären Zinkmangelsyndrom gibt es nicht, weil es sich um eine erblich bedingte Erkrankung handelt. Sollten in der Familie oder der Verwandtschaft bereits Fälle dieser Erkrankung aufgetreten sein, ist bei Kinderwunsch eine humangenetische Beratung empfehlenswert.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Zinkmangelsyndrom in den meisten Fällen keine Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, da in erster Linie die Aufnahme des Elementes wiederhergestellt werden muss. Der Betroffene sollte daher schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit einen Arzt aufsuchen, um weitere Komplikationen oder Beschwerden zu verhindern. Je früher dabei ein Arzt kontaktiert wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf.

Da es sich beim Zinkmangelsyndrom um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, sollte der Betroffene bei einem Kinderwunsch eine genetische Untersuchung und Beratung in Erwägung ziehen, damit das Syndrom nicht bei den Nachfahren erneut auftritt. In den meisten Fällen muss der Betroffene beim Zinkmangelsyndrom Medikamente und Ergänzungsmittel einnehmen, um dem Zinkmangel entgegenzuwirken. Besondere Komplikationen treten dabei nicht ein.

Dabei ist auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, wobei die Anweisungen des Arztes zu beachten sind. In der Regel ist der Betroffene beim Zinkmangelsyndrom auf eine lebenslange Einnahme der Medikamente angewiesen. Eltern müssen vor allem bei ihren Kindern auf die richtige Einnahme achten. In der Regel verringert das Syndrom nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Das hereditäre Zinkmangelsyndrom resultiert aus einer erblich bedingten Störung der Zinkaufnahme im Darm. Die Symptome sind die gleichen, wie bei einem erworbenen Zinkmangel.

Es gibt keine kausal wirkenden Selbsthilfemaßnahmen, die die Betroffenen ergreifen können. Die Einnahme von hohen Dosen Zink, zum Beisiel in Form von Zinksulfat, kann den Zinkmangel aber beseitigen. Sofern das hereditäre Zinkmangelsyndrom bereits diagnostiziert worden ist, kann in Notfällen oder im Urlaub auch auf freiverkäufliche Nahrungsergänzungsmittel zurückgegriffen werden.

Der hereditäre Zinkmangel stellt sich bereits bei Kleinkindern, meist unmittelbar nach dem Abstillen, ein. Wird die Krankheit zeitnah erkant und adäquat behandelt, sind keine Spätschäden zu befürchten. Unbehandelt führt die Krankheit aber zu schweren Entwicklungsstörungen des Kindes und letztlich zum Tod. Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, sollten sich Personen, in deren Familien das Syndrom bereits einmal aufgetreten ist, mit den Symptomen vertraut machen, sobald sie Nachwuchs planen.

Sie können die seltene Krankheit dann zeitnah identifizieren und dafür Sorge tragen, dass ihr Kind richtig behandelt wird. Da die Krankheit sehr selten ist, kann es andernfalls sehr lange dauern, bis sie korrekt diagnostiziert wird, was zu geistigen und körperlichen Entwicklungsstörungen beim betroffenen Kind führen kann.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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