Zerebrotendinöse Xanthomatose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Zerebrotendinösen Xanthomatose handelt es sich um eine sehr selten vorkommende Stoffwechselerkrankung, die in der Regel auf autosomal-rezessivem Weg vererbt wird. Die Erkrankung wird in einigen Fällen lediglich mit der Abkürzung CTX bezeichnet. Die Zerebrotendinöse Xanthomatose zählt zur Kategorie der sogenannten Leukodystrophien. Die Krankheit wurde im Jahr 1937 zum ersten Mal von Epstein, van Bogaert und Scherer beschrieben. Aus diesem Grund wird die Krankheit mitunter auch Van-Bogaert-Scherer-Epstein-Syndrom genannt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Zerebrotendinösen Xanthomatose?

Prinzipiell entsteht die Zerebrotendinöse Xanthomatose durch eine Mutation auf dem Sterol-27-Hydroxylase-Gen.
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Die Zerebrotendinöse Xanthomatose stellt eine seltene Lipidspeicherkrankheit dar. Bei der Krankheit liegt eine Anomalie bei der Bildung der Gallensäuren vor. Aus diesem Grund geht die Zerebrotendinöse Xanthomatose in den meisten Fällen zum Beispiel mit einer neonatalen Cholestase und einer Katarakt einher, die sich bereits im Kindesalter entwickelt.

Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt es im Rahmen der Erkrankung zu tendinösen Xanthomen oder Xanthomen im Gehirn. Im Erwachsenenalter stellen sich Störungen der neurologischen Funktionen ein. Weltweit wurden bereits über 300 Fälle von Zerebrotendinöser Xanthomatose beschrieben.

Bei aus Europa stammenden Personen wird die Häufigkeit auf circa 1:50.000 geschätzt. Da die Vererbung der Erkrankung autosomal-rezessiv erfolgt, empfiehlt sich in den entsprechenden Familien eine genetische Beratung.

Ursachen

Die potenziellen Ursachen für die Entstehung einer Zerebrotendinösen Xanthomatose sind vielfältig. Grundsätzlich handelt es sich um eine Stoffwechselkrankheit, die durch einen Mangel an dem Enzym Sterol-27-Hydroxylase gekennzeichnet ist. Dieses spezielle Enzym spielt eine wesentliche Rolle bei der Bildung von Gallensäuren.

Durch den Mangel sammelt sich der Stoff 5β-Cholestan-3α, 7α, 12α-triol in der Leber an. Es erfolgt eine Hydroxylase der Substanz zu Gallenalkoholen. Darüber hinaus bildet sich Cholestanol, das eine hydrierte Art von Cholesterin darstellt. Der Stoff sammelt sich in zahlreichen Gewebearten und insbesondere im Nervensystem.

Prinzipiell entsteht die Zerebrotendinöse Xanthomatose durch eine Mutation auf dem Sterol-27-Hydroxylase-Gen. Die Vererbung erfolgt hierbei autosomal-rezessiv. Dieses Gen ist unabdingbar für den Stoffwechsel der Galle, weshalb Fehler auf dem Gen zu Funktionsstörungen führen.

In der Folge reichern sich Stoffwechselprodukte der Gallensäuresynthese im Gewebe und Plasma des Organismus an. Zudem werden verstärkt Gallenalkohole über den Urin ausgeschieden. Außerdem erfolgt eine Ablagerung der Stoffe Cholestanol und Cholesterin in Verbindung mit degenerativen Vorgängen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Rahmen der Zerebrotendinösen Xanthomatose zeigen sich zahlreiche verschiedene Symptome und Beschwerden bei den betroffenen Patienten. Die Anzeichen der Erkrankung variieren individuell je nach Einzelfall, Ausprägung und Schweregrad. Als erstes klinisches Symptom zeigt sich in der Regel eine Cholestase oder ein chronischer Durchfall, der bereits bei Säuglingen auftritt.

Darüber hinaus bildet sich mitunter ein Grauer Star. Andere Symptome zeigen sich in vielen Fällen erst im Zeitraum vom 20. und 40. Lebensjahr. Dabei kommt es häufig zu neurologischen Auffälligkeiten, die zum Beispiel mit motorischen Funktionsstörungen einhergehen. Auch sind diverse Arten von Verhaltensauffälligkeiten sowie Demenz und Ataxie möglich.

Teilweise bilden sich Xanthome im Bereich der Achillessehne, wobei auch andere Sehnen betroffen sein können, etwa an Händen oder Ellenbogen. Diese Xanthome bilden sich, da verstärkt Plasmalipoproteine gespeichert werden. Auch zeigt sich bei einigen Patienten im Säuglingsalter bereits eine Störung der Leberfunktion.

Ein Teil der betroffenen Personen weist schon im Kindesalter intellektuelle Einschränkungen auf. Allerdings ist die Intelligenz beim überwiegenden Teil der Fälle bis zur Phase der Pubertät normal oder leicht unterdurchschnittlich. Jedoch zeigen sich im Erwachsenenalter zunehmend neurologische Funktionsstörungen. Dabei sind psychiatrische Auffälligkeiten, Neuropathie oder Krampfanfälle möglich.

Bei über der Hälfte der betroffenen Patienten bildet sich zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr eine Demenz. Auch zeigen sich mitunter diverse neuropsychiatrische Symptome, zum Beispiel Halluzinationen, Aggressionen und Depressionen bis hin zur Suizidalität. Es bilden sich sogenannte Pyramidenzeichen oder eine zerebelläre Ataxie. Zudem tritt in einigen Fällen eine periphere Neuropathie auf.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Im Hinblick auf die Diagnose der Zerebrotendinösen Xanthomatose stehen diverse untersuchungstechnische Maßnahmen zur Auswahl. Der behandelnde Arzt wägt deren Einsatz nach Betrachtung des Einzelfalls ab. Da Gallenalkohole als Glukuronide über die Niere ausgeschieden werden, ist ein laborchemischer Nachweis im Urin möglich. Das Cholestanol lässt sich im Plasma nachweisen.

Ausschlaggebend für die Stellung der Diagnose ist ein erhöhter Spiegel von Cholestanol im Plasma. Die Konzentration ist dabei um das fünf- bis zehnfache über den Normalwert erhöht. Die Diagnose der Zerebrotendinösen Xanthomatose lässt sich jedoch erst dann mit Sicherheit stellen, wenn eine CYP27A1-Mutation molekulargenetisch festgestellt wurde.

Bei Säuglingen und kleinen Kindern gibt die Urinanalyse bereits wichtige Hinweise auf eine mögliche Zerebrotendinöse Xanthomatose. Im Rahmen der Differentialdiagnostik sind anderweitige Gründe für die Entstehung von Xanthomen abzuklären, zum Beispiel Hyperlipidämie oder Sitosterolämie. Darüber hinaus ist auch eine pränatale Diagnose über das embryonale Gewebe möglich.

Komplikationen

Unbehandelt schreitet die zerebrotendinöse Xanthomatose unaufhaltsam voran. Die Lebenserwartung der Patienten liegt in diesen Fällen zwischen 50 und 60 Jahren. Je frühzeitiger die Therapie beginnt, desto besser ist die Prognose der Erkrankung und desto seltener kommt es zu komplizierten Verläufen. Erste Symptome treten bereits im Säuglingsalter auf.

Es kommt zu chronischen Durchfällen und eventuell zu Leberfunktionsstörungen sowie Cholestase. Auch Todesfälle im Neugeborenenalter aufgrund dessen möglich. Bei einigen wenigen Patienten zeigen sich bereits im Kleinkindalter geistige Einschränkungen, während bei der Mehrzahl der Betroffenen bis zur Pubertät eine normale Intelligenz vorliegt. Weiterhin wird bei circa 75 Prozent der Neugeborenen bereits ein Katarakt festgestellt.

Eine frühzeitig einsetzende Therapie kann das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten und teilweise sogar rückgängig machen. Andernfalls kommt es im Erwachsenenalter zunehmend zu neurologischen Störungen, die sich durch psychiatrische Auffälligkeiten, Demenz, Krampfanfälle, Neuropathien und Pyramidenzeichen äußern. Mehr als die Hälfte der Patienten entwickeln dann bereits in den Zwanzigern eine Demenz.

Des Weiteren leiden einige Betroffene unter Halluzinationen, Depressionen, Selbstmordgedanken und verändertem Verhalten. Dazu kommen krankhafte Reflexe (Pyramidenzeichen), Störungen der Bewegungskoordination sowie Kribbeln und Taubheitsgefühle in Händen und Füßen. Die Ausprägung der Erkrankung ist bei den einzelnen Patienten unterschiedlich ausgeprägt. Ohne Behandlung verstärken sich diese jedoch degenerativen Prozesse unweigerlich durch weitere Ablagerungen von Cholesterin und Cholestanol.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ist innerhalb der Familie bei einem Angehörigen die Diagnose der zerebrotendinösen Xanthomatose gestellt worden, sollte vor einer Planung von Nachwuchs grundsätzlich die Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden. Es empfiehlt sich, mögliche Risiken abzuklären und alle vorhandenen Optionen ausreichend abzuwägen. In den meisten Fällen treten die ersten Symptome zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Daher sollten insbesondere diese Personen, die unter gesundheitlichen Veränderungen und Auffälligkeiten leiden, einen Arzt konsultieren. Dennoch zeigen sich erste Unregelmäßigkeiten bereits bei Säuglingen.

Häufig sind diese derart diffus, dass keine ausreichenden Diagnosestellung erfolgt. Kommt es zu einem anhaltenden Durchfall, besteht Anlass zur Besorgnis. Der Betroffene sollte ein Arzt konsultieren und auf eine intensive Kontrolluntersuchung bestehen. Veränderungen des Verhaltens sowie Unregelmäßigkeiten der Mobilität sind untersuchen und behandeln zu lassen. Bei Einbußen der gewohnten kognitiven Leistungsfähigkeit und insbesondere bei Störungen des Erinnerungsvermögens ist ein Arzt zu konsultieren.

Veränderungen des Hautbildes, Krampfanfälle oder emotionale Besonderheiten gehören ebenfalls zum Erscheinungsbild der Erkrankung. Ein Arztbesuch ist notwendig, damit eine Diagnosestellung erfolgen kann. Zeigen sich Halluzinationen, depressive Zustände oder Anzeichen für Suizidalität muss unverzüglich gehandelt werden. Bei Störungen der allgemeinen Bewegungsabläufe sowie der Koordination bei der Fortbewegung sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen.

Behandlung & Therapie

Zur Therapie der Zerebrotendinösen Xanthomatose kommt die Gabe von Chenodesoxycholsäure in Frage, da diese den betroffenen Personen komplett fehlt. Durch die Einnahme dieser Säure normalisiert sich die Konzentration des Cholestanols. Auch ist eine Verabreichung von HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren möglich. Eine adäquate Therapie verbessert die neurologischen Symptome meist deutlich.


Vorbeugung

Wirksame Maßnahmen zur Prävention der Zerebrotendinösen Xanthomatose sind derzeit noch nicht bekannt, da der Erkrankung überwiegend genetische Ursachen zugrunde liegen.

Nachsorge

Die zerebrotendinöse Xanthomatose ist hauptsächlich genetisch bedingt, darum gibt es nur wenig effiziente Nachsorge- und Vorsorgemaßnahmen. Im Anschluss an die medikamentöse Therapie normalisiert sich der Gesundheitszustand der Betroffenen allmählich. Die unterschiedlichen Symptome erfordern allerdings weiterhin eine genaue Beobachtung.

Falls die Patienten und ihre Angehörigen Unregelmäßigkeiten in der Phase der Nachsorge feststellen, sollten sie sofort um ärztlichen Rat bitten. Häufig leiden die Betroffenen unter einer eingeschränkten Beweglichkeit, was sich auf die alltäglichen Abläufe auswirkt. Darum benötigen sie bei fortschreitender Erkrankung oft spezielle Hilfsmittel wie Rollatoren, Rollstühle oder Treppenlifte.

Je nachdem, wie stark die krankheitsbedingten Schmerzen sind, können die Patienten lindernde Medikamente einnehmen. Diese sollten sie immer mit ihrem Arzt absprechen, um sich über die geeigneten Wirkstoffe zu informieren. Die Lebensqualität für die Betroffenen reduziert sich mit dem fortschreitenden Zustand, darum rät der behandelnde Arzt oft zur Teilnahme bei einer Selbsthilfegruppe.

Hier lernen die Patienten, mit ihrem Schicksal besser umzugehen. Gerade bei der Bewältigung dieser chronischen Erkrankung leidet sonst auch die Psyche. Über diese Form der Nachsorge können sich die Betroffenen bei ihrer Krankenkasse oder bei den Sozialverbänden in ihrer Stadt informieren.

Das können Sie selbst tun

Der Alltag mit Zerebrotendinöse Xanthomatose ist aufgrund der vielfältigen Symptome oft alleine schwer zu bewältigen. Unterstützung durch Familienangehörige oder geschultes Fachpersonal ist der beste Weg, Betroffene zu unterstützen. Eine eingeschränkte Mobilität verhindert einen normalen Tagesablauf. Bei fortgeschrittenem Krankheitsbild und vollständiger Immobilität, erleichtern Geräte wie Treppenlifte oder Rollstühle den Alltag.

Zur Linderung von Schmerzen kann eine zusätzliche Einnahme von apothekenpflichtigen Schmerzmitteln helfen. Medikamente mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Paracetamol eignen sich für die Schmerztherapie. Die Einnahme von Schmerzmitteln sollte nicht ohne vorherige Absprache mit dem behandelnden Facharzt vorgenommen werden.

Um das eigene Schicksal mit Zerebrotendinöse Xanthomatose besser zu verarbeiten, kann es hilfreich sein sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Selbsthilfegruppen für seltene und chronische Krankheiten sind eine gute Anlaufstelle für Erkrankte. Informationen über Gruppen und Termine finden sich bei Sozialverbänden und Krankenkassen.

Neben der Schulmedizinischen Behandlung der Krankheit, gibt es keine wirksame alternative Behandlungsmethode. Unterstützende Medikamente aus der Naturheilkunde zeigen bei Erkrankten keine Wirkung. Ebenso sind keine vorbeugenden Maßnahmen bekannt, um eine Erkrankung mit Zerebrotendinöse Xanthomatose zu verhindern. Weitere Informationen über unterstützende Maßnahmen erhalten Betroffene bei ihren Krankenkassen und Hausarztpraxen.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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