Mutation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Wort Mutation denken viele Menschen wahrscheinlich zunächst an abscheulich verunstaltete Wesen aus Horrorfilmen und weniger an Biologie. Dabei spielen überall in der Biologie Mutationen eine wichtige Rolle: für die Evolution, das Entstehen neuer Arten, das Entstehen neuer Lebewesen und schließlich auch bei der Entstehung vieler Krankheiten. Die Mutation spielt sich dabei jedoch auf einer sehr viel kleineren Ebene ab als im Kinofilm: Als winzige Veränderung einer klitzekleinen Stelle unseres Erbgutes in nur einer einzigen Zelle unseres Körpers. Solche Mutationen passieren ständig tausendfach in unserem Körper. Damit aus einer Mutation am Ende eine äußerlich sichtbare Veränderung hervorgeht, müssen daher wirklich schon zahlreiche Zufälle zusammenkommen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Mutation?

Definitionsgemäß ist eine Mutation eine dauerhafte Veränderung unseres Erbgutes, welche von der einmal mutierten Zelle im Rahmen der Zellteilung an ihre Tochterzellen weitergegeben wird.

Definitionsgemäß ist eine Mutation eine dauerhafte Veränderung unseres Erbgutes, welche von der einmal mutierten Zelle im Rahmen der Zellteilung an ihre Tochterzellen weitergegeben wird.

Geschieht diese Mutation in einer Samen- oder Eizelle unserer Keimbahn, so wird die Mutation gegebenenfalls an den Nachkommen weitergegeben und man spricht von einer Keimbahnmutation - so entsteht biologische Vielfalt und auf Dauer Evolution, kurzfristig im schlimmsten Falle aber auch Erbkrankheiten.

Geschieht die Mutation in jeder anderen Zelle des Körpers, so spricht man von einer somatischen Mutation - in den meisten Fällen wird diese Zelle dysfunktional und vom Immunsystem aussortiert, im schlimmsten Falle tanzt sie aus der Reihe, teilt sich unkontrolliert und wird zum Tumor.

Funktionen & Aufgaben

Nach der Ursache kann man spontane und induzierte Mutationen unterscheiden. Spontane Mutationen entstehen ohne äußere Ursache und quasi ständig in unserem Körper.

In jeder Sekunde finden im menschlichen Organismus unzählige Zellteilungen statt, jedes einzelne Mal muss die DNA, also unser Erbgut, dafür verdoppelt und auf die beiden entstehenden Tochterzellen verteilt werden - klar, dass dabei auch mal etwas schief geht! Des Weiteren können Basen aus der DNA auch spontan chemisch zerfallen und aus der einen Base entsteht plötzlich eine andere, welche für die ablesenden Mechanismen plötzlich eine ganz andere Information ergibt.

Induzierte Mutationen entstehen durch äußeren Einfluss und da gibt es viele Verdächtige: Gesichert ist die mutagene Wirkung zum Beispiel für Strahlung und viele sogenannte kanzerogene Stoffe wie Nitrosamine aus gepökeltem Fleisch oder Benzpyrene aus Zigarettenrauch. Gänzlich verhindern lassen sich solche induzierten Mutationen auf dieser Welt wohl nicht, man kennt jedoch mittlerweile eine ganze Reihe von Schadstoffen und Risikofaktoren, deren Vermeidung das Risiko der Entstehung einer Mutation auf einen minimalen Rest reduzieren kann:

Nicht Rauchen, verbranntes Fleisch nicht mehr essen, vor dem Sonnenbad eincremen, Röntgenbilder nur anfertigen wenn unbedingt nötig, Strahlungsschutz am Arbeitsplatz etc. - dadurch lässt sich ein Großteil der Mutationen auf Zellebene vermeiden.

In den verbleibenden Fällen ist eine solche Mutation dann nicht weiter schlimm: Ein Großteil unserer DNA ist ohnehin für die Weitergabe von Erbinformation ohne Bedeutung - eine Mutation dort ändert also gar nichts am Muster der abgelesenen Proteinen. Mutiert dann doch einmal eine Stelle Erbinformation, die für ein wichtiges Eiweiß im Zellstoffwechsel kodiert, so gibt es mehrere Schutzbarrieren: Unter anderem patroullieren ständig Proteine als "Hüter des Erbgutes" in unserer Zelle, welche Mutationen erkennen und - je nach Ausmaß - entweder direkt reparieren lassen oder bei Irreparabilität einfach den kontrollierten Zelltod einleiten.

Vom Immunsystem werden diese Zellen dann einfach abgeräumt und neue kommen nach. Versagt dieser Schutzmechanismus und wird die DNA schließlich fehlerhaft abgelesen, so kommt dabei in den meisten Fällen Unsinn heraus, die Zelle wird funktionslos und bleibt zurück mit ihrem Unsinns-Protein bis zu ihrem Zelltod. Nur wenn durch eine Mutation an einer entscheidenden Stelle zufällig mal etwas "Sinnvolles", also etwas wie auch immer Funktionierendes entsteht, hat dies mitunter größere biologische Auswirkungen.

Krankheiten, Beschwerden & Störungen

Handelt es sich bei der mutierten Zelle um eine Keimzelle, also zum Beispiel ein Spermium, und sollte sich dieses Spermium am Ende im Rennen um die Befruchtung einer Eizelle auch durchsetzen, so kann jede kleinste Mutation im Erbgut große Folgen haben: Eine andere Haarfarbe, ein Zentimeter mehr Körpergröße, andere Intelligenz, andere Interessen, ein anderer Mensch - alles ist denkbar.

Auf diese Weise hat die Evolution immer mal wieder zufällig bestimmte menschliche, tierische und pflanzliche Eigenschaft einfach ausprobiert, und wenn sie sich als gut erwiesen, so setzten sie sich durch. Auch ist jedes Kind nicht einfach nur die Summe von Mutter und Vater, sondern gleichzeitig auch Produkt kleiner Mutationen, die wiederum völlig neue Eigenschaften entstehen lassen und das Erbgut auch innerhalb der Familienlinie überraschend interessant halten.

Daneben sind der heutigen Medizin aber auch jede Menge definierte Mutationen auf bestimmten Genen bekannt, die so weit vom menschlichen "Normal" abweichen, dass man sie als Erbkrankheiten bezeichnen kann: Bei der Mukoviszidose beispielsweise ist ein einziges Gen auf Chromosom 7 minimal verändern - mit maximalen Auswirkungen auf Lebenswualität und Lebenserwartung der Betroffenen. Beim Down-Syndrom dagegen ist gleich die Anzahl der Chromosomen mutiert - statt zwei Ausfertigungen des 21. Chromosomens gibt es drei, daher heißt die Krankheit auch Trisomie 21.

Es gibt viele weitere Beispiele schwererer Erbkrankheiten, die sich gegebenenfalls auch auf die Nachkommen des Erkrankten weiterverbreiten. Manche von ihnen sind auch nur rezessiv vererbt: das bedeutet, dass sie in den meisten Fällen durch ein gesundes Partnerchromosom überdeckt werden und erst als Krankheit in Erscheinung treten, wenn das Partnerchromosom ebenfalls mutiert ist. Genetische Erkrankungen im größeren Familienkreis können Hinweis auf das Vorliegen solcher versteckter Mutationen sein und rechtfertigen vor der Zeugung eines Kindes den Besuch beim Humangenetiker.

Somatische Mutationen haben derweil die größere Relevanz für all jene, die nicht gerade Neugeborene oder werdende Eltern sind: Mutiert eine beliebige Körperzelle (was wie gesagt ständig passiert), so verliert sie mit ein bißchen Pech dadurch die Kontrolle über ihre Zellteilung. So entsteht Krebs. Diese Mutation ist dann ebenfalls nicht mehr rückgängig zu machen und wird an alle Tochterzellen weitergegeben, sodass auch diese sich wiederum unendlich weiter teilen wollen ohne dabei auf irgendwelche Notwendigkeiten oder äußeren Einflüsse seitens des restlichen Körpers Rücksicht zu nehmen.

Der Tumor wächst und wächst - und wird hoffentlich schnell genug entdeckt, solange er noch ohne größere Kollateralschäden herausoperiert werden kann und noch keine Metastasen im Körper verteilt hat.


Quellen

  • Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011

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