Immunsuppression

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Immunsuppression werden unerwünschte Abwehrreaktionen des körpereigenen Immunsystems gehemmt oder unterdrückt. Dieses Vorgehen ist vor allem für Patienten mit Transplantationen und Autoimmunerkrankungen indiziert, da das Abwehrsystem solcher Patienten andernfalls körpereigenes Gewebe beschädigen könnte. Die Immunsuppression geht mit Risiken wie vermehrter Infektanfälligkeit und Nebenwirkungen wie Übelkeit einher.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Immunsuppression?

Die Immunologie beschäftigt sich mit den biologischen und biochemischen Grundlagen des körperlichen Abwehrsystems. Krankheitserreger wie Bakterien und Viren sowie anderweitig körperfremde Stoffen und Umweltgiften initiieren beispielsweise Immunantworten. Bei unterschiedlichen Störungen und Fehlfunktionen der Abwehrmechanismen verläuft die Erkennung und Inaktivierung körperfremder Substanzen durch das Immunsystem nicht mehr reibungslos.

Das menschliche Immunsystems spielt bei zahlreichen Erkrankungen eine zentrale Rolle. Auch sämtliche Störungen des Abwehrsystems sind daher Gegenstand der Immunologie. Dasselbe gilt für Therapieansätze mit immunologischer Basis. Ein derartiger Ansatz ist die Immunsuppression. Dabei handelt es sich um die therapeutische Unterdrückung sämtlicher Immunprozesse. Immunsuppressiva werden zur Inaktivierung von immunologisch unerwünschten sowie fehlgeleiteten Vorgängen eingesetzt und haben sich als fester Therapiebestandteil bei verschiedenen Indikationen bewährt. Zu den bekanntesten Immunsuppressiva zählt Interferon. Die Wirkungsweisen von immunsuppressiven Medikamenten werden in extrazelluläre und intrazelluläre Wirkungen unterschieden.

Funktion, Wirkung & Ziele

Bei der Immunsuppression hemmt oder unterdrückt ein Eingriff von außen unphysiologischer Weise die Immunreaktion. Therapeutische Immunsuppression kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Allen Ebenen sind Eingriffe in die Synthese- oder Signalwege des Immunsystems gemein. Eine Möglichkeit für einen solchen Eingriff ist die Hemmung oder Zerstörung von Immun-Stammzellen im Knochenmark.

Davon abgesehen kann die Proteinbiosynthese in den immunkompetenten Zellen durch Immunsuppression gehemmt werden. Immunkompetente Zellen produzieren Antikörper. Ihre Hemmung hat damit eine verminderte Antikörper-Produktion zur Folge, die sich als immunologische Schwächung auswirkt. Darüber hinaus lassen sich im Rahmen von Immunsuppression die Interleukin-vermittelten Signalwege in den immunologischen Lymphozyten unterbrechen oder blockieren. Damit wird die Regulation des Immunsystems von außen beeinflusst und kann dem Einzelfall entsprechend angepasst werden. Unterschiedliche Zustände stellen eine Indikation für immunsuppressive Behandlung. In der Regel kommen Immunsuppressiva immer dann zum Einsatz, wenn immunologische Vorgänge für einen Organismus Schaden verursachen würden. Das ist zum Beispiel bei Transplantationen der Fall.

Falls das Immunsystem das transplantierte Organ oder Gewebe als körperfremd erkennt, fährt es einen Angriff auf die körperfremde Substanz und initiiert damit eine Abstoßungsreaktion. Seit der standardmäßigen Einführung von Immunsuppression vor Transplantationen sind die Risiken für Abstoßungsreaktionen wesentlich zurückgegangen. Eine ebenso relevante Rolle spielt Immunsuppression für Patienten mit Autoimmunerkrankungen. Bei Autoimmunerkrankungen handelt es sich um Krankheiten mit überschießenden Reaktionen des Immunsystems, die sich statt gegen Krankheitserreger gegen körpereigenes Gewebe richten.

Das Immunsystem der Patienten erkennt das Gewebe des eigenen Körpers damit als zu bekämpfenden Fremdkörper und ruft schwere Entzündungsreaktionen in den betroffenen Strukturen hervor. Organschädigungen können die Folge sein, bei Multiple Sklerose zum Beispiel irreversible Schädigungen und damit Funktionsverluste des Gehirns. Auch Patienten mit Allergien erhalten häufig dauerhaft Immunsuppressiva. Bei Allergien handelt es sich um Überempfindlichkeiten des Immunsystems, die durch immunsuppressive Therapien unterdrückt oder zumindest abgeschwächt werden können.

In der Regel findet die Immunsuppression bei Allergie- und Autoimmunpatienten in Form einer medikamentös prophylaktischen Lanzeitbehandlung statt. Während Transplantationen, Allergien und Autoimmunerkrankungen eine medizinische Indikation für therapeutische Immunsuppression darstellen, kann der Körper auch unwillkürlich von Immunsuppression betroffen sein. Pathologische Immunsuppression besteht bekanntermaßen bei Erkrankungen wie HIV. Eine Immundefizit ist die Folge. Schwächungen des Immunsystems lassen sich außerdem an der immunsuppressiven Wirkung von UV-B-Strahlen beobachten.

Übermäßige UVB-Belastungen der Haut fördern daher die Entwicklung bösartiger Hauttumore und vermindern die Abwehr von Erregern wie Pilzen und Bakterien. Darüber hinaus führen körperliche und psychische Überlastung zu einer Suppression unterschiedlicher Immunparameter. Diese immunsuppressive Wirkung führt in Überlastungssituationen bekanntermaßen zur Infektanfälligkeit.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Therapeutische Immunsuppression ist mit wesentlichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Das gilt besonders für orale Immunsuppressiva, die nicht lokal wirken, sondern im gesamten Körper ihre Wirkung entfalten. Die gezielte Unterdrückung einzelner Parameter ist bisher unmöglich. Daher dämpft Immunsuppression das Immunsystem insgesamt.

Sowohl vor Infektions-, als auch Krebszellen ist der Körper in einer Konsequenz weniger geschützt. Eine häufige Nebenwirkung von Immunsuppression ist die Mukositis, eine Entzündung der Schleimhäute. Oft tritt diese Reaktion bei Chemo- oder Strahlentherapie auf und wird in diesem Fall als radiogene Mukositis bezeichnet. Die Entzündungsreaktion kann sich im gesamten Verdauungstrakt ausbreiten. Bei immunsupprimierten Patienten und Patienten mit Autoimmunerkrankungen entspricht die Schleimhautentzündung meist einer Infektion mit unterschiedlichen Krankheitserregern. Das geschwächte Abwehrsystem der der Patienten ist für Krankheitserreger wie Pilze, Viren oder Bakterien besonders anfällig. Diese Erreger rufen Entzündungen der Schleimhäute hervor, die der Mediziner auch von Patienten mit schlechtem Allgemein- und Ernährungszustand, älteren Patienten oder HIV-Patienten kennt.

Einige Immunsuppresiva gehen außerdem mit Nebenwirkungen wie Blutdruckstörungen, Blutzuckeranomalien und Cholesterinerhöhung einher. Neben den Nieren und Nerven belasten viele der Medikamente die Leber, rufen Übelkeit bis hin zum Erbrechen hervor oder schädigen den Magen-Darm-Trakt. Abhängig vom Wirkstoff können auch Abgeschlagenheit, Depressionen und Verwirrungszustände auftreten. Im Einzelnen hängen die Risiken und Nebenwirkung einer immunsuppressiven Therapie stark von dem jeweiligen Medikament und der verabreichten Dosis ab. Wegen der zahlreichen Risiken und Nebenwirkungen müssen die Vor- und Nachteile einer immunsuppressiven Therapie für jeden Patienten individuell abgewogen werden. Nur wenn der Nutzen klar überwiegt, ist die Behandlung indiziert.

Quellen

  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011

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