Analreflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Analreflex stellt einen Fremdreflex am äußeren Afterschließmuskel ausgehend von den Rückenmarkssegmenten S3 bis S5 dar. Er ist ein Kennreflex zur Untersuchung der Reizweiterleitung im Nervus perinealis superficialis. Ein fehlender Reflex kann auf eine Funktionsstörung entsprechender Nervenbahnen hindeuten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Analreflex?

Der Analreflex kennzeichnet einen Fremdreflex, welcher bei Berührung der Haut des Anus in Form des Zusammenziehens des äußeren Schließmuskels ausgelöst wird.

Der Analreflex kennzeichnet einen Fremdreflex, welcher bei Berührung der Haut des Anus in Form des Zusammenziehens des äußeren Schließmuskels ausgelöst wird. Das betrifft auch die Berührung des Dammes sowie die Bereiche des Versorgungsgebietes des Nervus perinealis superficialis. In der gleichen Reflexkette ist auch die Peniswurzel oder die Vulva involviert. Ihre Berührung führt zur Kontraktion des Musculus bulbospongiosus. Eine ältere Bezeichnung für den Analreflex lautet daher auch Bulbospongiosusreflex.

Insgesamt umschreibt der Analreflex die reflexartige Reaktion des gesamten Versorgungsgebietes der Rückenmarkssegmente S3 bis S5. Bei einem Fremdreflex erfolgt die reflexartige Antwort nicht in dem Organ, welches den Reiz aufgenommen hat. Es besteht ein Reflexbogen, der über mehrere Synapsen den Reiz weiterleitet. So wird der Reiz bei der Berührung der Anushaut oder des gesamten Versorgungsgebietes des Nervus perinealis superficialis ins Gehirn weitergeleitet. Von dort aus wird über die Informationsverarbeitung eine reflektorische Antwort durch Kontraktion des äußeren Schließmuskels erzeugt.

Funktion & Aufgabe

Der Analreflex ist eine Reaktion aus dem Versorgungsgebiet des Nervus perinealis superficialis (Nervus pudendus). Der Nervus pudendus, auch Schamnerv genannt, gehört zum Plexus lumbosacralis. Er entspringt aus dem Bereich der Rückenmarkssegmente S1 bis S4. Dabei stellt er einen Unterabschnitt des Lenden-Kreuz-Geflechtes dar und wird auch als Plexus pudendus bezeichnet.

Der Nervus pudendus verläuft kaudoventral zum Beckenboden und gelangt über das große Sitzbeinloch (Foramen ischiadicum majus) in den Alcockkanal. Der Alcockkanal (Canalis pudendalis) ist ein Kanal im Bereich des Beckenbodens, welcher als Durchtritt für verschiedene Leitungsstrukturen gilt.

Der Nervus pudendus teilt sich wieder in mehrere Äste auf. Dies sind die Nervi rectales inferiores, die Nervi perineales und der Nervus dorsalis penis beziehungsweise der Nervus dorsalis clitoridis. Die Nervi rectales inferiores (untere Mastdarmnerven) versorgen den Bereich des Anus und des äußeren Schließmuskels. Die Nervi perineales wiederum versorgen den Damm, den Musculus bulbospongiosus sowie den Musculus urethralis (quergestreifter Muskel der Harnröhre). Außerdem innervieren sie auch den Hodensack und die Schamlippen sensibel.

Nach dieser Darstellung ist der Analreflex ein Teilreflex eines größeren Komplexes, da der Nervus pudendus insgesamt mit seinen drei Ästen einen größeren Bereich in der Anal- und Genitalgegend versorgt.

Reflexe sind natürliche Reaktionen auf Reize. Der Analreflex (Kontraktion des äußeren Schließmuskels) wird bei sexuellen Handlungen durch Berühren der erogenen Zonen ausgelöst, um dabei eine Defäkation zu vermeiden. Das Gleiche gilt für die Harnzurückhaltung während des Geschlechtsverkehrs.

Fremdreflexe haben jedoch die Eigenschaft, auch willentlich beeinflussbar zu sein. So kann der Reflex verstärkt oder auch abgeschwächt werden. Die Auslösung des Reflexes bei der Untersuchung soll die Funktion des Nervus pudendus überprüfen.


Krankheiten & Beschwerden

Bleibt der Analreflex aus, deutet das auf neurologische Störungen hin. Funktionsstörungen oder Verletzungen der Nervi rectales inferiores können unter anderem zu einer Incontinentia alvi führen. Bei Schädigungen der Nervi perineales kommt es wiederum zu einer Lähmung des Musculus urethralis. Als Folge tritt eine Harninkontinenz auf.

Bei der Incontinentia alvi handelt es sich um eine Stuhlinkontinenz. Dabei funktioniert der Afterschließmuskel nicht mehr richtig. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Um eine Stuhlinkontinenz auszulösen, müssen in der Regel mehrere Faktoren zusammenkommen. Der Ausfall von nur einem Steuermechanismus reicht für die Stuhlentleerung nicht aus, da in diesen Fällen Kompensationsmechanismen ausgelöst werden.

Verantwortlich für die ordnungsgemäße Defäkation ist das Kontinenzorgan (Verschlussapparat des Afters). Zu diesem Organ gehört unter anderem auch der innere und äußere Schließmuskel. Der äußere Schließmuskel kann jedoch bewusst kontrahiert werden, auch bei einem heftigen Bedürfnis nach Stuhlgang. Dabei wird der Darminhalt wieder zurück in den Mastdarm gedrückt.

Der Ausfall des Analreflexes muss zwar noch nicht zur Stuhlinkontinenz führen, aber er stellt einen ernsten Hinweis auf eine möglicherweise zugrundeliegende Erkrankung dar, welche die Reizweiterleitung vom Rückenmark zum Beckenbereich unterdrückt.

Neben direkten Erkrankungen des Schließmuskels gibt es mehrere mit dem Analreflex verbundene Ursachen für eine Stuhlinkontinenz. Dazu gehören Störungen der Impulsverarbeitung, Unterbrechung der Impulsüberleitung, sensorische Störungen und psychische Störungen.

Die Impulsverarbeitung wird unter anderem durch Krankheiten wie Morbus Alzheimer, Schlaganfall, multiple Sklerose oder Hirntumor gestört. Bei diesen Krankheiten kann es vorkommen, dass die im Gehirn eingehenden Impulse nicht mehr verarbeitet werden und dadurch der Analreflex ausbleibt. Eine Unterbrechung der Impulsüberleitung findet unter anderem bei Querschnittslähmung, multipler Sklerose oder einer Neuralrohrfehlbildung (Spina bifida) statt.

Bei den sensorischen Störungen wird die sensible Wahrnehmung etwa durch Vorstülpen der Darmschleimhaut oder Hämorrhoiden verhindert, sodass gar kein Signal für den Analreflex gesendet wird. Auch bei psychischen Störungen und Psychosen kann der Analreflex ausfallen.

Bei der Harninkontinenz kann die Ursache ebenfalls in einer Reflexstörung zu suchen sein. So spielen auch hier Querschnittslähmungen, multiple Sklerose oder andere Erkrankungen für die fehlende reflektorische Kontraktion des Musculus urethralis eine Rolle. Sowohl Stuhlinkontinenz als auch Harninkontinenz können also durch eine Reflexstörung des Nervus pudendus hervorgerufen werden.

Quellen

  • Brühl, W., Wienert, V., Herold, A.: Aktuelle Proktologie. Uni-Med, Bremen 2011
  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Winkler, R., Otto, P., Schiedeck, T.: Proktologie. Thieme, Stuttgart 2011

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