Streptomyces

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Streptomyces sind Bakterien zugehörig den Actinobacteria. Sie werden zur Produktion von Antibiotika genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Streptomyces?

Die Bakteriengattung Streptomyces kommt überwiegend in Böden vor. Eine Vielzahl der Bakterien produzieren bei der Energiegewinnung Duftstoffe. Darunter ist auch das Geosmin.
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Streptomyces sind eine Bakteriengattung aus der Ordnung der Actinomycetales und der Familie der Streptomycetaceae. Sie gehören zu den grampositiven Bakterien. Das bedeutet, dass sie sich in der Gramfärbung blau anfärben lassen. Im Gegensatz zu den gramnegativen Bakterien besitzen die grampositiven Bakterien keine zusätzliche äußere Zellmembran, sondern verfügen ausschließlich über eine dicke Peptidoglykanschicht aus Murein.

Streptomyces sind aerobe Bakterien. Sie benötigen für ihre Energiegewinnung also Sauerstoff. Zudem gehören sie zu den Myzel-bildenden Bakterien. Wie viele Vertreter aus der Bakterienordnung der Actinomycetales, bilden sie Filamente, die Myzele, aus. Es handelt sich dabei um lang gestreckte, verzweigte Zellen, die Geflechte bilden. Die einzelnen Filamente haben dabei einen Durchmesser von 0,5 bis 1 µm. Bei den Myzelien kann zwischen zwei Formen unterschieden werden. Das Substratmyzel wächst in einem Nährmedium. Dieses kann flüssig oder fest sein. Das Luftmyzel wächst in den Gasraum über dem Nährmedium. Aus den Myzelien können sich Sporen entwickeln. Es handelt sich dabei allerdings um Endosporen, die keine Ähnlichkeit mit den Exosporen haben, die von Bakterien wie Clostridien oder Bacillus gebildet werden.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Die Bakteriengattung Streptomyces kommt überwiegend in Böden vor. Eine Vielzahl der Bakterien produzieren bei der Energiegewinnung Duftstoffe. Darunter ist auch das Geosmin. Geosmin riecht erdig-muffig und wird von vielen Menschen als typischer Bodengeruch von Erd- oder Waldboden wahrgenommen. Es ist aber auch für den Geruch von Schimmelpilzen verantwortlich. Zudem ist Geosmin an der Geruchsbildung beteiligt, die Menschen wahrnehmen, wenn nach einer längeren Trockenperiode der Regen einsetzt. Das Geosmin der Streptomyces ist also für eine Vielzahl von vertrauten Gerüchen in der Natur verantwortlich.

Streptomyces sind aerobe Bakterien, die in ihrer aktiven Form vor allem in Böden, aber auch in Gewässern vorkommen. Kompost enthält beispielsweise besonders viele Streptomyceten. Auch in der sogenannten Rhizosphäre von Pflanzen sind die Streptomyces enthalten. Die Rhizosphäre ist der Raum im Boden, der von der Wurzel einer Pflanze unmittelbar beeinflusst wird. Ebenso finden sich die Bakterien im Verdauungstrakt von Würmern oder Gliedertieren.

Bei ungünstigen Umweltbedingungen liegen meist nur inaktive Sporen der Streptomyces vor. Diese Sporen können auch bei schlechten Bedingungen sehr lange überleben und dienen der Verbreitung der Bakterien. Bei 25 bis 30 °C gedeihen die Bakterien am besten. Einige Bakterien der Gattung Streptomyces sind aber auch thermophil. Sie bevorzugen Temperaturen zwischen 28 und 55 °C. Psychrophile Streptomyces mögen hingegen die Kälte. Optimal wachsen die Bakterien bei einem pH-Wert zwischen 6,5 und 8. Sie finden sich deshalb bevorzugt in pH-neutralen oder leicht alkalischen Böden. Saure Böden bevorzugen nur wenige Bakterien aus der Gruppe der Streptomyces.

Bedeutung & Funktion

Viele der Streptomyces-Arten sind für den Menschen nützlich. Sie werden als Antibiotikaproduzenten genutzt. So produzieren Streptomyces aureofaciens beispielsweise Tetracyclin und Chlortetracyclin. Tetracyclin ist ein Breitbandantibiotikum, das gegen verschiedene bakterielle Infektionen eingesetzt wird. Ein Einsatzgebiet des Antibiotikums ist Akne. Chlortetracyclin wird zur Behandlung von bakteriell infizierten Wunden genutzt.

Das Bakterium Streptomyces fradiae produziert gleich zwei Antibiotika. Neomycin ist ein Breitbandantibiotikum, das vor allem gegen grampositive aber auch gegen gramnegative Bakterien wirkt. Es blockiert die Proteinbiosynthese verschiedener Bakterien, sodass sich diese nicht mehr vermehren können. Neomycin gehört somit zu den bakteriostatischen Antibiotika. Es wird in Form von Sulfatsalz bei lokalen Infektionen der Haut oder der Schleimhaut, bei Wunden oder bei Verbrennungen eingesetzt. Als sterile Lösung kommt der Arzneistoff zur Behandlung von Blasen- und Harnwegsinfektionen bei Trägern von Kathetern oder nach urologischen chirurgischen Eingriffen zum Einsatz.

Das andere Antibiotikum, das von Streptomyces fradiae produziert wird, ist das Tylosin. Tylosin ist ebenfalls ein bakteriostatisches Antibiotikum. Es tötet die Bakterien nicht ab, sondern hindert sie an der Vermehrung. Eigentlich ist das Antibiotikum nur in der Tiermedizin zugelassen. Derzeit wird jedoch die Anwendung in der Therapie der chronischen entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn erprobt. Tylosin scheint die Darmentzündungen, die beim Morbus Crohn häufig auftreten, positiv zu beeinflussen.

Doch nicht nur Medikamente gegen Bakterien werden mithilfe dieser Bakterien hergestellt. Auch Antimykotika können mit Streptomyces-Bakterien hergestellt werden. So produziert Streptomyces noursei das Antimykotikum Nystatin. Nystatin wird zur Behandlung von Pilzinfektionen eingesetzt. Beispielsweise werden Infektionen mit Candida albicans oder Aspergillus fumigatus mit Nystatin behandelt.


Krankheiten & Beschwerden

Bei Pflanzen können bestimmte Bakterien aus der Gattung der Streptomyces den Kartoffelschorf verursachen. Einige Bakterien sind zudem gefährlich für Tiere. Beim Menschen spielen Streptomyces als Krankheitserreger nur eine untergeordnete Rolle. Die meisten Bakterien dieser Art sind nicht humanpathogen.

Eine Ausnahme bilden Streptomyces somaliensis und Streptomyces sudanensis. Die Erreger rufen das Mycetom hervor. Das Mycetom wird auch als Pilztumor bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen chronischen Entzündungsprozess der Haut. Die Krankheit weist einen sehr langsamen Verlauf auf und ist durch eine Volumenvergrößerung der betroffenen Körperstelle charakterisiert. Häufig ist der Fuß betroffen. Es treten zahlreiche Knoten auf. In der Mitte der Knoten befinden sich fistelartige Öffnungen, aus denen eine Flüssigkeit ausgeschieden wird. In dieser Flüssigkeit befinden sich kleine Körner. Im Laufe der Erkrankung erreicht die Entzündung auch tiefer liegende Strukturen wie Knochen oder Hirnhäute.

Quellen

  • Alberts, B. et al: Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, Weinheim 2003
  • Darai, G., Handermann, M. et al: Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2011
  • Wiedenmann, M.: Hygiene im Rettungsdienst. Urban & Fischer, München 2011

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