Sensibilität

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter der Sensibilität versteht die Medizin die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen. Dazu gehören Fühlen und Empfindlichkeit.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Sensibilität?

Unter der Sensibilität versteht die Medizin die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen. Dazu gehören Fühlen und Empfindlichkeit.

Als Sensibilität bezeichnen Mediziner die Fähigkeit zum Wahrnehmen von verschiedenen Empfindungen. Diese Fähigkeit beinhaltet in erster Linie das Fühlen. Darüber hinaus ist der Begriff Sensibilität auch für die prinzipielle Empfindlichkeit der psychischen und physischen Systeme des Körpers gebräuchlich. Liegt eine gesteigerte Empfindlichkeit vor, ist von einer Idiosynkrasie die Rede.

Der Begriff Sensibilität entstammt dem lateinischen Wort „sensibilis“. Übersetzt bedeutet es soviel wie „verbunden mit Wahrnehmung, Empfindung und Sinnen“ oder „fähig zum Empfinden“, wenn sich der Begriff auf den Menschen bezieht. Da jeder Mensch mit Empfindungsfähigkeiten zur Welt kommt, handelt es sich bei ihm um ein grundsätzlich sensibles Wesen.

Letztlich richtet sich die psychische Empfindungsfähigkeit danach, wie der Mensch seine Umwelt wahrnimmt und wie seine Wahrnehmungsfilter innerhalb des Gehirns ausgeprägt sind. Auch Höhen und Tiefen im Leben können eine Rolle spielen.

Funktion & Aufgabe

Bei der Sensibilität handelt es sich um eine Komplexleistung des menschlichen Nervensystems. Unterteilen lassen sich sensible Wahrnehmungen in Qualität und Quantität. In höheren Zentren des zentralen Nervensystems (ZNS) haben sie subjektive Empfindungen zur Folge. Beeinflusst wird die Sensibilität von intraindividuellen und interindividuellen Schwankungen. Das bedeutet, dass die Menschen gleiche Reize auf unterschiedliche Weise wahrnehmen.

Nach physiologischen und anatomischen Aspekten wird die Sensibilität in verschiedene Bereiche eingeteilt. Dabei kommt es mitunter jedoch zu erheblichen Überschneidungen. So richtet sich die Unterteilung zum Beispiel nach dem Ort der Reizentstehung. Dazu gehören das Wahrnehmen von Außenreizen durch Haut und Schleimhaut (siehe auch Exterozeption) und das Wahrnehmen von inneren Reizen (Interozeption). Letztere Wahrnehmung lässt sich in das Wahrnehmen von Reizen, die aus den inneren Organen stammen (Viszerozeption) sowie das Wahrnehmen von Bewegungs- und Spannungszuständen des Bewegungsapparates (Propriozeption) unterteilen.

Weitere Kriterien sind der Ort der Reizaufnahme, wie die Oberflächen- und die Tiefensensibilität sowie die Art der übermittelten Reize, wie etwa das Feinwahrnehmen von Berührungen, Druck und Vibrationen (Epikritische Sensibilität) oder das grobe Wahrnehmen von Temperaturen und Schmerzen (protopathische Sensibilität).

Außerdem wird zwischen der Art der Aufnahmerezeptoren wie der Thermorezeption von Kälte und Wärme, der Mechanorezeption von Druck, Berührungen und Dehnungen, der Chemorezeption des Kohlendioxidpartialdrucks, Sauerstoffpartialdrucks oder pH-Werts, der Nozizeption von Schmerzen oder der Wahrnehmungsrichtung differenziert. Diese lässt sich wiederum in eine haptische und eine taktile Wahrnehmung unterteilen. Bei der haptischen Wahrnehmung wird ein Objekt aktiv erfühlt, während es bei der taktilen Wahrnehmung um das passive Wahrnehmen von Berührungen geht. Diese grob eingeteilten Sensibilitätsformen können leitenden anatomischen Strukturen sowie speziellen physiologischen Abläufen zugerechnet werden.

Das Aufnehmen von sensiblen Reizen findet durch bestimmte Nervenendigungen statt, zu denen u. a. die Merkel-Zellen, Muskelspindeln und Ruffini-Körperchen zählen. Über die Nerven erfolgt das Weiterleiten der Reize in Richtung Hinterwurzel des Spinalganglions. Von diesem Ort aus gelangen die sensiblen Reize über das Rückenmark in höhere Zentren wie die Großhirnrinde und den Thalamus. Für das Weiterleiten der sensiblen Reize aus dem Außenbereich zum zentralen Nervensystem sind verschiedene Rückenmarksbahnen zuständig. Dazu gehören der Tractus spinocerebellaris anterior, der Tractus spinocerebellaris posterior, der Tractus spinothalamicus anterior, der Tractus spinothalamicus lateralis sowie der Funiculus posterior.

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Krankheiten & Beschwerden

Kommt es zu krankhaften Ausfällen der Sensibilität, sprechen Mediziner von Sensibilitätsstörungen. Damit sind neurologische Symptome gemeint, die einen partiellen oder vollständigen Ausfall der Sensibilität hervorrufen. Sensibilitätsstörungen können sich sehr unterschiedlich äußern. So ist es möglich, dass das Empfinden von Schmerzen, Berührungen, Temperaturen, Bewegungen, Vibrationen, Positionen und Kraft beeinträchtigt ist.

Zu den häufigsten Sensibilitätsstörungen gehören qualitative Veränderungen. Unter diesem Begriff werden Missempfindungen wie ein elektrisierendes Gefühl, Kribbeln oder Pelzigkeit zusammengefasst. Die Störungen zeigen sich in der Regel in den Versorgungsbereichen von einzelnen Nerven oder stumpfartig an den Enden der Gliedmaßen. Verantwortlich für diese Form der Sensibilitätsstörungen ist zumeist eine Übererregbarkeit von Nervenfasern oder sensiblen Rezeptoren.

Unterteilt werden qualitative Veränderungen in Dysästhesie und Parästhesie. Bei der Dysästhesie empfinden die Betroffenen die Wahrnehmungen als unangenehm. Bei der Parästhesie kommt es zu unangenehmen oder sogar schmerzhaften Empfindungen, ohne dass ein bestimmter auslösender Reiz vorliegt.

Die sensible Wahrnehmung kann sich zudem verringern oder vollständig ausfallen. Dabei nehmen die Patienten in den betroffenen Bereichen keine Empfindungen mehr wahr. Ein Totalausfall wird als Anästhesie bezeichnet, der sich wiederum in eine Analgesie (Aufhebung der Schmerzempfindlichkeit), eine Thermanästhesie (Aufhebung der Temperaturempfindlichkeit) sowie eine Pallanästhesie (Verlust der Vibrationswahrnehmung) unterteilen lässt.

Störungen, bei denen eine Schwächung der Sensibilitätswahrnehmung auftritt, werden als Hypästhesie oder verringerte taktile Wahrnehmung bezeichnet. Als Subformen sind die Hypalgesie (Verringerung des Schmerzempfindens), die Thermhypästhesie (verringerte Temperaturempfindlichkeit) oder die Pallhypästhesie (Verringerung des Vibrationswahrnehmens) bekannt. Bei einer dissoziierten Sensibilitätsstörung kommt es zu einer Beeinträchtigung der Schmerz- und Temperaturempfindung an einem bestimmten Areal der Haut. Dabei nimmt der Betroffene Schmerzen nur noch als Berührung oder Druck wahr.

Es ist jedoch auch möglich, dass Sensibilitätsstörungen zu einer gesteigerten Wahrnehmung führen. Dazu gehört beispielsweise die Allodynie. Dabei leiden die betroffenen Personen unter Schmerzen, die durch Reize hervorgerufen werden, die normalerweise nicht zu Schmerzen führen. Bei einer Hyperalgesie besteht eine verstärkte Schmerzempfindlichkeit, sodass schon kleinere Reize Schmerzen hervorrufen. Im Rahmen einer Hyperpathie nimmt der Patient Berührungsreize als unangenehm wahr. Liegt eine erhöhte Tastempfindlichkeit vor, ist von einer Hyperästhesie die Rede.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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