Hypästhesie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Hypästhesie (Sensibilitätsstörung) führt zu einer verminderten Reizwahrnehmung, weil die Reizweiterleitung an das zentrale Nervensystem gestört ist. Inwieweit sich diese Symptomatik behandeln lässt, hängt von den ursächlichen Krankheiten ab. Diese gilt es möglichst erfolgreich zu behandeln, um die Ursache für eine Hypästhesie auszuschalten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Hypästhesie?

Das Taubheitsgefühl kann zusammen mit diversen Begleiterscheinungen wie Sehstörungen, Schmerzen, Sprachstörungen und Gleichgewichtsproblemen auftreten.
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Eine geminderte Berührungs- beziehungsweise Schmerzempfindung sowie eine Gefühlsstörung und Reizempfindlichkeit, insbesondere im Bereich der Haut, wird neurologisch als Hypästhesie (Taubheitsgefühl) bezeichnet. Damit gehört eine Hypästhesie zu den Sensibilitätsstörungen.

Diese Störungen führen dazu, dass die über den Körper verteilten Nervenenden sowie Rezeptoren und Sensoren aber auch die Augen, Ohren sowie die Nase und der Mund als unsere Sinnesorgane die Gefühlsreize nicht mehr richtig wahrnehmen. Daraus folgert automatisch, dass auch keine korrekte Weiterleitung an das zentrale Nervensystem (ZNS) erfolgt.

Ab diesem Zeitpunkt können die Betroffenen mechanische Empfindungen wie beispielsweise Druck, Temperaturunterschiede und Vibrationen aber auch Schmerzen nicht mehr voneinander unterscheiden.

Unterschieden wird zwischen vier (fünf) Hypästhesieformen:

  • die taktile Hypästhesie mit geminderter Berührungs- und Druckempfindung
  • bei der thermischen Hypästhesie besteht ein gemindertes Hitze- und Kälteempfinden
  • bei einer Hypalgesie liegt ein reduziertes Schmerzempfinden vor
  • die Pallhypästhesie zeigt sich durch ein vermindertes Empfinden von Vibrationen
  • eine Anästhesie bezeichnet den kompletten Sensibilitätsausfall.

Es ist durchaus möglich, dass gleichzeitig weitere Symptome auftreten.

Ursachen

Eine Hypästhesie kann durch unterschiedliche Faktoren hervorgerufen werden. Folgende Ursachen können als Auslöser in Betracht gezogen werden wie etwa eine Hautschädigung zum Beispiel durch Verbrennungen, eine Polyneuropathie (eine systemisch bedingte Schädigung peripherer Nerven), periphere Nervenläsionen oder ein Hirninfarkt (Somatosensorischer Cortex).

Auch Intoxikationen, also Einwirkungen von schädlichen Substanzen von biologischer, chemischer oder physikalischer Natur auf den Organismus oder eine Ischämie (eine verminderte beziehungsweise aufgehobene Durchblutung von Gewebe durch unzureichende arterielle Blutzufuhr) können eine Hypästhesie auslösen.

Ebenso gut ist es möglich, dass ein Bandscheibenvorfall zu Sensibilitätsstörungen führt. Durch einen dauerhaften oder wiederkehrenden Druck auf die Nervenwurzel entstehen zunächst Schmerzen und dann ein Taubheitsgefühl im Versorgungsbereich.

Die unzureichende Versorgung des Gehirns mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen bei einem Schlaganfall kann ebenfalls in Betracht gezogen werden. Nervale Ausfälle können zu einem Taubheitsgefühl in den Armen und/oder Beinen führen.

Eine Gürtelrose und Borreliose können als Infektionen ebenfalls zu einem tauben Gefühl im Körper führen. Ein Vitamin-B12-Mangel kann das zentrale Nervensystem schädigen und über Müdigkeit und Konzentrationsschwäche hinaus zu einem Taubheitsgefühl an Händen und Füßen führen.

Tritt das Taubheitsgefühl im Kopf oder im Gesicht auf, kann es sich um einen beginnenden Migräneanfall aber auch um einen Gehirntumor handeln. Deswegen ist es von großer Wichtigkeit, bei einem bleibenden oder immer wiederkehrenden Taubheitsgefühl den Arzt zu konsultieren, damit so früh wie möglich eine entsprechende Therapie eingeleitet werden kann. Bei ersten Verdachtsmomenten werden weitere Untersuchungen erforderlich.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Taubheitsgefühl tritt meist in den Gliedmaßen auf, seltener im Kopf- oder Leibbereich. Es kann sich in beiden Beinen oder beiden Armen bemerkbar machen oder auch einseitig auftreten. Auch halbseitige Ausdehnungen im Körper sind bekannt.

Das Taubheitsgefühl kann zusammen mit diversen Begleiterscheinungen wie Sehstörungen, Schmerzen, Sprachstörungen und Gleichgewichtsproblemen auftreten. Lässt das Taubheitsgefühl nach, kommt es fast immer zu einem Kribbeln an der betroffenen Stelle.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose beruht auf einer möglichst genauen Anamnese. Entscheidende Fragen des Arztes sind, an welchen Körperarealen die Taubheit auftritt, seit wann das Taubheitsgefühl besteht, in welchen Situationen es auftritt. Auch entscheidend ist, ob das Taubheitsgefühl einseitig oder beidseitig besteht, ob es konstant anhält oder wieder abnimmt und ob es wiederkommt.

Desweiteren prüft der Arzt, inwiefern Grunderkrankungen bekannt sind. Bei den Betroffenen werden das Gleichgewichtsgefühl, das Gehör, das Sehen und das Bewusstsein getestet. Weitere Untersuchungen wie Blutuntersuchungen, Computertomografie, Elektroneurografie und Röntgenuntersuchungen sind von der Verdachtsdiagnose abhängig durchzuführen.

Der Krankheitsverlauf zeigt sich durch einseitige oder beidseitige Taubheit an bestimmten lokalen Körperarealen. In extremen Fällen kann ein totaler Sensibilitätsausfall, die Anästhesie, eintreten. Auch Schmerzen an den betroffen Arealen werden häufig im Vorfeld beschrieben. Nicht selten kommt es auch zu Begleiterkrankungen.

Komplikationen

Durch die Hypästhesie kommt es zu Störungen der Sensibilität und der Reizwahrnehmung. Der Betroffene ist damit in seinem Alltag erheblich eingeschränkt, da gewöhnliche und alltägliche Reize nicht mehr richtig oder komplett nicht mehr aufgenommen werden. Damit kommt es zu Taubheitsgefühlen an verschiedenen Regionen des Körpers, wobei auch die Beine davon betroffen sein können.

In diesem Falle kommt es zu erheblichen Bewegungseinschränkungen. Auch die Arme und die Finger können von den Lähmungen betroffen sein, sodass gewöhnliche Tätigkeiten nicht mehr durchgeführt werden können. Nicht selten ist der Patient durch die Hypästhesie auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen, um den Alltag zu meistern.

Weiterhin können auch Beschwerden an den Augen oder an den Ohren auftreten, sodass der Patient zum Beispiel an Sehstörungen leidet. Ebenso treten Sprachstörungen auf. In schwerwiegenden Fällen kann es auch zu einer geistigen Verwirrtheit kommen. Die Behandlung der Hypästhesie erfolgt immer kausal.

Komplikationen treten in der Regel dann auf, wenn die Hypästhesie über einen langen Zeitraum nicht behandelt wird, wobei es zu irreversiblen Folgeschäden kommen kann. Bei der Behandlung werden Antibiotika eingesetzt, um die zugrundeliegenden Entzündungen einzuschränken. Des Weiteren ist der Patient oft auf Therapien angewiesen, wobei es allerdings nicht zu weiteren Komplikationen kommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Hypästhesie sollte immer durch einen Arzt behandelt werden. Es kommt in der Regel nicht zu einer Selbstheilung und meistens zu einer Verschlechterung der Beschwerden, falls keine Behandlung eingeleitet wird. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn es zu Taubheitsgefühlen oder zu verschiedenen Gefühlsstörungen am Körper kommt. Diese treten meistens an den Gliedmaßen auf, können allerdings auch den Kopf betreffen.

Nicht selten führt die Hypästhesie auch zu plötzlichen Sehstörungen oder zu Schmerzen, wobei auch Sprachbeschwerden auf die Erkrankung hindeuten können. Sollten diese Beschwerden daher ohne einen Grund auftreten und nicht wieder von alleine verschwinden, so sollte auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Die Betroffenen können auch Gleichgewichtsbeschwerden aufzeigen und an einem dauerhaften Kribbeln an den betroffenen Regionen leiden.

In erster Linie sollte bei der Hypästhesie der Allgemeinarzt aufgesucht werden. Dieser kann die Erkrankung diagnostizieren und eine Behandlung einleiten, dafür kann auch die Unterstützung anderer Fachärzte notwendig sein.

Behandlung & Therapie

Nach der eingehenden Anamnese mit Befunderhebung kann eine differenzierte Behandlung erfolgen, die speziell auf die vorliegende Problematik abgestimmt sein muss. Im Vordergrund steht immer, die Ursache zu beheben. Eine Infekt-basierte Taubheit wird der Ursache entsprechend meistens mit Antibiotika behandelt.

Bei bestehender Diabetes als Auslöser wird der Blutzuckerspiegel eingestellt. Bei einer ursächlichen Polyneuropathie werden die Symptome bestmöglich behandelt, da die Ursache bisher nicht therapierbar ist. Gute Ansätze werden jedoch im Rahmen einer TCM-Behandlung mit Akupunktur erreicht.

Bei einem Bandscheibenvorfall als Auslöser erfolgt eine orthopädische oder chirurgische Behandlung, um die Ursache zu beheben. Auch eine Physiotherapie ist möglich. Bei Migräne wird der HNO-Arzt und/oder der Neurologe hinzugezogen. Liegt eine Gürtelrose oder Borreliose beziehungsweise ein Vitamin B12-Mangel vor, ist eine internistische Behandlung bezüglich der Ursachenbehebung angesagt.

Der Schlaganfall gehört in die neurologische oder neurochirurgische Behandlung. Bei einem Karpaltunnelsyndrom oder Ulnartunnelsyndrom kann eine konservative Behandlung durch den Orthopäden und Physiotherapeuten oder Chiropraktiker erfolgen. Wenn diese Behandlung nicht zum Erfolg führt, ist der Chirurg hinzuzuziehen.

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Vorbeugung

Die beste Vorbeugung besteht darin, die Krankheiten, die eine Hypästhesie auslösen können, zu vermeiden. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung, um Vitamin B12-Mangel vorzubeugen. Sport, damit das knöcherne Körpergerüst durch eine gestärkte Muskulatur genügend Halt bekommt und viel Bewegung, damit Durchblutungsstörungen erst gar nicht auftreten. Werden auslösende Faktoren bemerkt, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Ein kompletter Check-up, mindestens 1-mal pro Jahr, ist hilfreich, um krankhafte Veränderungen frühzeitig festzustellen.

Nachsorge

Wie die Nachsorge bei Hypästhesie abläuft, hängt von der verursachenden Erkrankung ab. Häufig empfehlen die Ärzte eine gesunde Ernährungsweise, um einen Vitaminmangel zu verhindern. Vor allem, wenn ein Zusammenhang mit Diabetes besteht, ist eine Anpassung der bisherigen Ernährung sinnvoll. Im Zuge der Nachbehandlung sind eventuelle Veränderungen im Organismus zu kontrollieren.

Die Betroffenen sollten deshalb mindestens einmal im Jahr einen Check-up durchführen lassen. Im Anschluss an die Therapie selbst ist es außerdem wichtig, die Medikation gegebenenfalls anzupassen. Dadurch sinkt die Gefahr, dass die typischen Taubheitsgefühle auftauchen. Wenn die Erkrankung durch einen Bandscheibenvorfall ausgelöst wurde, empfiehlt der Arzt zumeist eine Physiotherapie.

Hier geht es darum, sich ausreichend zu bewegen, um die Muskulatur zu kräftigen und so die krankheitsbedingten Durchblutungsstörungen zu vermeiden. Abhängig vom Erkrankungsgrad und vom Verlauf der weiteren Entwicklung helfen oft schon sanfte Übungen. Im Zuge der Nachsorge ist eventuell auch eine Massage oder eine Akupunktur sinnvoll.

Hier stehen andere Ansätze zur Verfügung, als die konventionelle Schulmedizin bietet. Unter anderem haben einige Methoden der chinesischen Medizin zu spürbaren Erfolgen geführt. Die genaue Einhaltung der ärztlichen Empfehlungen sollte für die Patienten dabei selbstverständlich sein.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Hypästhesie liegt die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme darin, die ursächliche Erkrankung zu ermitteln und diese gezielt zu behandeln. Liegt den Beschwerden eine Diabetes zugrunde, muss womöglich die Diät umgestellt werden. Auch eine Umstellung der Medikation kann die Taubheitsgefühle unter Umständen reduzieren.

Sollten die Beschwerden infolge eines Bandscheibenvorfalls auftreten, ist eine physiotherapeutische Behandlung angezeigt, die von den Betroffenen durch sanften Sport und geeignete Übungen unterstützt werden kann. Symptomatisch lässt sich eine Hypästhesie in manchen Fällen durch Massagen oder Akupunktur behandeln. Auch Methoden aus der Chinesischen Medizin bringen Linderung. Die Anwendung alternativer Behandlungsmethoden sollte immer in Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. So lassen sich Komplikationen vermeiden und die Hypästhesie kann optimal und zielgerichtet therapiert werden.

Liegt den Taubheitsgefühlen eine ernste Ursache wie ein Schlaganfall zugrunde, muss der Betroffene ambulant oder in einem Pflegeheim betreut werden. Im Rahmen einer Therapie kann die traumatische Erfahrung aufgearbeitet werden. Oft kann der Arzt auch Kontakt mit anderen Betroffenen herstellen, wenn der Patient dies wünscht. Bei ernsten Ursachen wird die Hypästhesie meist medikamentös behandelt. Regelmäßige Arztbesuche und die Anfertigung eines Krankheitstagebuchs sind in diesem Fall die wichtigsten Maßnahmen.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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