Primär biliäre Zirrhose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter der primär biliären Zirrhose wird eine seltene chronische Lebererkrankung verstanden. In der heutigen Zeit ist sie unter der Bezeichnung Primär biliäre Cholangitis bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine primär biliäre Zirrhose?

Rund 20 Prozent aller Patienten leiden unter Fetteinlagerungen im Bereich der inneren Augenwinkel. Weitere mögliche Beschwerden können Fettstuhl sowie ein Mangel an Vitaminen sein.
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Primär biliäre Zirrhose ist die frühere Bezeichnung für eine seltene Leberkrankheit. Da der Begriff „Primär biliäre Zirrhose“ jedoch als irreführend angesehen wurde, erfolgte eine Umbenennung der Erkrankung in Primär biliäre Cholangitis (PBC). So lässt sich die Erkrankung oft schon vor der Entstehung einer Leberzirrhose diagnostizieren.

Aufgrund moderner Untersuchungs- und Therapieverfahren kommt es bei rund 66 Prozent aller Patienten nicht mehr zu einer Zirrhose. Darüber hinaus werden die Betroffenen durch den Begriff „Zirrhose“ oft verunsichert. In den Jahren 2014 und 2015 fassten medizinische Fachverbände in Europa und Amerika den Entschluss, den neuen Begriff „Primär biliäre Cholangitis“ an die Lebererkrankung anzupassen.

Mittlerweile überprüft auch die WHO (Weltgesundheitsorganisation) eine Umbenennung. Von der primär biliären Zirrhose oder primär biliären Cholangitis sind in erster Linie Frauen betroffen. So sind rund 90 Prozent aller Erkrankten weiblich. Die Erkrankung setzt primär an den kleinen Gallengängen an und greift dann weiter auf das komplette Lebergewebe über, was wiederum dessen Vernarbung zur Folge haben kann.

Eine Leberzirrhose zeigt sich jedoch erst im Endstadium der Erkrankung. Das genaue weltweite Ausmaß der primär biliären Zirrhose ist unklar. In Deutschland leiden Schätzungen zufolge zwischen 4.000 und 12.000 Bundesbürger unter der Leberkrankheit, die sich vorwiegend im mittleren Alter zwischen 40 und 60 Jahren zeigt.

Ursachen

Weil bei mehr als 95 Prozent aller Patienten antimitochondriale Antikörper auftreten, stuft die Medizin die primär biliäre Zirrhose als Autoimmunkrankheit ein. Von einer Autoimmunerkrankung ist die Rede, wenn das körpereigene Abwehrsystem nicht mehr in der Lage ist, zwischen Körpereigen und Fremd zu unterscheiden. Im Falle der PBC werden die Mitochondrien in den körpereigenen Zellen attackiert.

Es kommt zur Entstehung von Autoantikörpern, die sich gegen die E2-Subeinheit des Pyruvat-Dehydrogenase-Komplexes richtet. Dabei handelt es sich um das Enzym Dihydrolipoyl-Transacetylase. Umstritten ist jedoch noch immer, ob auch andere Faktoren für den Ausbruch der primär biliären Zirrhose verantwortlich sind.

So werden genetische und hormonelle Einflüsse diskutiert. Das Gleiche gilt für Bakterien-, Viren- oder Pilzinfektionen, die Einnahme von bestimmten Arzneimitteln oder Umweltfaktoren. Ungeklärt ist außerdem, welche Auswirkungen die primär biliäre Zirrhose auf schwangere Frauen hat.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Mediziner teilen die primär biliäre Zirrhose in vier unterschiedliche Stadien ein. In Stadium I wird das Epithel der Gallengänge zerstört, während in Stadium II eine Proliferation der Gallengänge stattfindet. Dabei kommt es zur Entstehung von Pseudogallengängen. Von Stadium III ist die Rede, wenn eine Fibrose der Portalfelder mit Nekrose erfolgt und die Gallengänge in zunehmendem Maße untergehen.

Im vierten und letzten Stadium zeigt sich schließlich eine Leberzirrhose und das Organ nimmt eine grünliche Färbung an. Die Beschwerden bei einer primär biliären Zirrhose beginnen schleichend. Etwa 70 bis 90 Prozent der Patienten fühlen sich müde und erschöpft. Nicht selten kommt es zu Juckreiz, einer Erkrankung der Schilddrüse wie der Hashimoto-Thyreoiditis, trockenen Schleimhäuten, Gelenkproblemen und Beschwerden, die Rheuma ähneln.

Rund 20 Prozent aller Patienten leiden unter Fetteinlagerungen im Bereich der inneren Augenwinkel. Weitere mögliche Beschwerden können Fettstuhl sowie ein Mangel an Vitaminen sein. Auch Harnwegsinfekte sind bei weiblichen Patienten keine Seltenheit. Im späten Stadium der primär biliären Zirrhose treten typische Zirrhose-Komplikationen wie Ösophagusvarizen, Fundusvarizen, eine Aszites (Wasserbauch), Leberkrebs und Hirnfunktionsstörungen auf.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Ergibt sich der Verdacht auf eine primär biliäre Zirrhose, werden labormedizinische Untersuchungen vorgenommen. Bei mehr als 90 Prozent aller PBC-Patienten kommen im Blut antimitochondriale Antikörper (AMA) vor. Bereits dieser Befund kann als Beweis für das Vorliegen einer primär biliären Zirrhose gelten.

Des Weiteren befinden sich auch die allgemeinen Laborwerte über den normalen Werten und weisen auf eine Entzündung oder einen Stau der Gallenwege hin. Lässt sich durch die Laboruntersuchungen kein genauer Nachweis erbringen, findet eine Leberbiopsie statt. Durch die Entnahme von Lebergewebe lässt sich die Diagnose absichern.

Darüber hinaus ist es von Bedeutung, die primär biliäre Zirrhose von anderen Autoimmunkrankheiten abzugrenzen. In früheren Jahren hatten die PBC-Patienten eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa zwölf Jahren. In diesem Zeitraum fand die Entdeckung der Krankheit jedoch meist erst im Endstadium statt.

Grundsätzlich erweist sich der Verlauf der PBC individuell als sehr unterschiedlich. Bei einem milden Ablauf der Krankheit kommt es meist nur zu geringfügigen Veränderungen, während in anderen Fällen ein schneller Krankheitsverlauf zu erwarten ist. Bei zwei von drei PBC-Patienten erfolgt in der heutigen Zeit jedoch keine Ausprägung einer lebensbedrohlichen Leberzirrhose mehr.

Komplikationen

Bei dieser Erkrankung leiden die Betroffenen an verschiedenen Beschwerden der Leber. Falls diese Erkrankung nicht behandelt wird, kann es dabei im schlimmsten Falle auch zum Tod des Patienten kommen. Aus diesem Grund muss diese Erkrankung auf jeden Fall von einem Arzt behandelt werden. Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an einer Nekrose.

Ebenso kommt es bei dieser Krankheit zu einer Leberzirrhose und schließlich zu einer Zerstörung der Leber. Die Betroffenen leiden dabei an einem Juckreiz und ebenso an einer Gelbsucht. Die Schleimhäute trocknen dabei aus und es kommt zu Beschwerden an den Gelenken, sodass die Patienten auch an Bewegungseinschränkungen leiden. Ohne Behandlung werden unangenehme Begleiterscheinungen wie Fettstuhl und Erkrankungen an den Harnwegen begünstigt.

Im schlimmsten Falle tritt dabei auch Leberkrebs auf, bei welchem in der Regel die Transplantation des Organs notwendig ist. Je früher die Krankheit diagnostiziert wird, desto besser sind die Aussichten auf eine vollständige Heilung. In schwerwiegenden Fällen sind die Patienten dabei auf eine Lebertransplantation angewiesen, um weiterhin zu überleben. Die Krankheit wird mit Hilfe von Medikamenten behandelt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Juckreiz und Hautveränderungen deuten auf eine primär biliäre Zirrhose hin und sollten schleunigst von dem Hausarzt oder einem Dermatologen abgeklärt werden. im weiteren Verlauf der Erkrankung können Symptome wie Müdigkeit, Gelenkbeschwerden oder Gelbsucht hinzukommen, welche ebenfalls ärztlich abgeklärt werden müssen. Sollten Leber- oder Milzbeschwerden auftreten, wird am besten direkt ein Arzt konsultiert. Sollte es zu einer Leberzirrhose kommen, muss der Notarzt gerufen werden. Die primär biliäre Zirrhose tritt in 90 Prozent der Fälle bei Frauen auf.

Sie macht sich meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr bemerkbar. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn diese Risikofaktoren zutreffen und die genannten Symptome auftreten. Dann wird am besten der Hausarzt oder ein Facharzt für innere Medizin aufgesucht. Je nach Symptombild können auch Fachärzte für Erkrankungen der Leber sowie Gastroenterologen und Dermatologen hinzugezogen werden. Die eigentliche Behandlung findet in einer Fachklinik statt. Kinder sollten dem Kinderarzt vorgestellt werden, wenn die genannten Symptome und Beschwerden auftreten.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der primär biliären Zirrhose erfolgt durch die Gabe von Ursodeoxycholsäure (UDC). Diese nimmt der Patient für den Rest seines Lebens als Tablette ein. Im frühen PBC-Stadium ist mit diesem Medikament das Verlangsamen oder Anhalten der Krankheit möglich.

Umstritten ist dagegen der Nutzen von Immunsuppressiva, die früher verabreicht wurden. Sie erweisen sich jedoch zumeist nur beim zusätzlichen Bestehen einer Autoimmunhepatitis als sinnvoll. Kommt es trotz der Behandlung zu einer Leberzirrhose, kann eine Lebertransplantation erforderlich sein. Durch diesen umfassenden Eingriff lässt sich die PBC in 75 Prozent aller Fälle heilen.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung gegen die primär biliäre Zirrhose ist nicht möglich. So wird noch immer nach den genauen Krankheitsursachen geforscht.

Nachsorge

Die primär biliäre Zirrhose erfordert in der Nachsorge regelmäßige Untersuchungen zur ständigen Kontrolle durch den Arzt. Die Patienten sollten die Termine unbedingt einhalten, denn die genaue Diagnose ist auch bei der Nachbehandlung ein wesentliches Element. So lässt sich ein Rückfall frühzeitig erkennen. Durch die Kontrollen im Rahmen der Nachsorge kann der Krankheitsverlauf genau überprüft werden.

Entsprechend der Routine sind Kontrolltermine alle drei bis sechs Monate empfehlenswert. Falls sich die Laborwerte in der Zeit nach der eigentlichen Therapie verschlechtern sollten, stehen weitere Untersuchungstermine auf dem Plan. Die Patienten sollten die Untersuchungen nicht aufschieben, sondern rechtzeitig den Arzt aufsuchen. Unabhängig davon, ob eine Lebertransplantation stattgefunden hat oder nicht, für die Betroffenen ist es unverzichtbar, auf weitere Erkrankungssymptome zu achten.

Erhöhte Müdigkeit und häufiger Juckreiz deuten auf eine Verschlechterung hin. Ein regelmäßiger Tagesrhythmus hilft dabei, einen gewissen Ausgleich zu finden. Genügend Pausen und Schlafphasen sind einzuhalten, damit sich der Zustand des Patienten bessert. Im Anschluss an eine Lebertransplantation ist eine langfristige Betreuung sinnvoll. Diese steht in den entsprechenden Transplantationszentren zur Verfügung. Neben den Empfehlungen der Ärzte ist auch die mentale Unterstützung durch Familie und Freunde für die Betroffenen sehr wertvoll.

Das können Sie selbst tun

Bei dieser Autoimmunkrankheit gibt es leider keinen Therapieansatz, der die Krankheit heilen kann. Die verschriebenen Medikamente können aber nicht nur die Symptome lindern, sondern auch den Zeitpunkt bis zur Zirrhose und damit zur notwendigen Lebertransplantation hinauszögern. Sie sollten daher regelmäßig eingenommen werden. Auch ärztliche Kontrollen sollten regelmäßig erfolgen.

Aufgrund möglicher seelischer Probleme, die eine solche Diagnose hervorrufen kann, empfiehlt sich eine begleitende Psychotherapie, bei der die aufkommenden Ängste und Unsicherheiten angemessen besprochen und damit überwindbar werden. Auch der Austausch mit ebenfalls Betroffenen ist hilfreich. Es gibt eine Leberselbsthilfegruppe sowie eine Patientengruppe des Leberzentrums Erlangen. Selbst eine Facebook-Gruppe für primär biliär Zirrhose-Erkrankte existiert mittlerweile. Wer hier im Internet recherchiert, wird schnell fündig.

Auch ein zuverlässig arbeitendes Immunsystem ist gerade bei einer Autoimmunkrankheit wichtig. Um das Immunsystem zu stärken, gibt es viele Möglichkeiten. Entgiftungsmaßnahmen wie Darmreinigungen oder Entschlackungskuren ergänzen hierbei diätetische Maßnahmen wie beispielsweise eine fettarme Kost, die die Leber entlastet. Dabei sollten vor allem auf tierische Fette verzichtet und stattdessen hochwertige Omega-3-reiche Pflanzenöle verwendet werden. Omega-3-Fettsäuren finden sich beispielsweise in Leinöl oder in Walnußöl.

Weiterhin sollten gerade Menschen mit einer Lebererkrankung Stress vermeiden. Stattdessen sind viel Schlaf und Ruhe, aber auch viel Bewegung wie beispielsweise Wandern, Spazierengehen oder Schwimmen angezeigt.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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