Konzentrische Sklerose Baló

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Baló-Krankheit ist eine neurologische Erkrankung, die auch als konzentrische Sklerose bekannt ist und die akute Variante der multiplen Sklerose darstellt. Schäden in der weißen Substanz, die durch die Entmarkung ein gut sichtbares Ringmuster bilden, sind das Hauptmerkmal der Baló-Krankheit. Die Behandlung erfolgt in der Regel medikamentös.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Baló-Krankheit?

Zur Diagnosestellung ist ein bildgebendes Verfahren erforderlich; wegen seiner hohen räumlichen Auflösung kommt vor allem die Magnetresonanztomografie (MRT) in Betracht.
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Die spiralförmige Entmarkung der weißen Substanz im zentralen Nervensystem (ZNS) ist das Hauptmerkmal der Baló-Krankheit. Bei der weißen Substanz handelt es sich um die myelinisierten (und dadurch elektrisch isolierten) Fasern der Nervenzellen. 1928 beschrieb der Ungar József Baló die Krankheit zum ersten Mal bei verstorbenen Patienten.

Mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) können Mediziner heute das charakteristische klinische Muster im Großhirn sichtbar machen: Die neurodegenerative Erkrankung hinterlässt konzentrische Kreise in der weißen Substanz, die den Jahresringen eines Baums oder einer aufgeschnittenen Zwiebel ähneln.

Sie entstehen dadurch, dass die Entmarkung die Myelinzellen nicht gleichmäßig befällt, sondern abwechselnd stärkeren und schwächeren Schwund verursacht. Die Baró-Krankheit stellt eine Variante der multiplen Sklerose dar, die sich ebenfalls durch Entmarkung der weißen Substanz auszeichnet und oft in Schüben verläuft. Als Synonyme für die Erkrankung gelten konzentrischen Sklerose Baló, Encephalitis periaxilis concentrica sowie Morbus Baló.

Ursachen

Konkrete Ursachen der konzentrischen Sklerose sind noch nicht ausreichend erforscht; sie gehen auf mehr als einen Einfluss zurück und sind damit multifaktoriell. Die Baló-Krankheit ist die akute Variante der multiplen Sklerose und geht deshalb möglicherweise auf ähnliche Risikofaktoren zurück. Zu diesen Faktoren gehören eine genetische Veranlagung und Umweltfaktoren.

In der Fachliteratur diskutieren Wissenschaftler unter anderem Einflüsse der Ernährung wie Vitamin-D-Mangel und Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus. Die Entmarkung kommt nach derzeitigem Kenntnisstand durch Entzündungen im ZNS zustande, die wiederum auf eine Autoimmunreaktion zurückgeht. Bei der multiplen Sklerose, der chronischen Form, treten mehrere Entzündungsherde in Erscheinung.

Die konzentrischen Kreise erklären Forscher durch einen Stoff, der außerhalb des Gehirns entsteht und durch die Blut-Hirn-Schranke ins Gewebe wandert, indem sie sich rhythmisch mittels Diffusion ausbreitet. Diese Art der Diffusion geht auf Eigenschaften des Gewebes zurück und ist nicht für diese Substanz spezifisch, die im Verlauf der Ausbreitung das Myelin schädigt und dadurch konzentrische Kreise im Gewebe zurücklässt. Je nachdem, welche Bereiche des Nervensystems Schaden nehmen, kann die Erkrankung sich in unterschiedlichen Symptomen manifestieren.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die äußerlich sichtbaren und spürbaren Symptome der Baló-Krankheit können sich je nach Patient stark unterscheiden. Depression, Ataxie, kognitive Leistungseinschränkungen, Bewegungsstörungen, Spastik, Lähmung und Schmerzen ohne erkennbare körperliche Ursache sind Beschwerden, die bei der multiplen und konzentrischen Sklerose möglicherweise auftreten können.

Auch Sensibilitätsstörungen, bei denen die körperliche Empfindung bestimmter Reize eingeschränkt sind oder ausfallen, sind denkbar. Die Medizin unterscheidet dabei vier grundsätzliche Arten von Sensibilitätsstörungen, die sich jeweils in allen Empfindungsqualitäten zeigen können: verringerte Sensibilität (Hypästhesie), gesteigerte Sensibilität (Hyperästhesie), Fehlwahrnehmung von Reizen (Dysästhesie; zum Beispiel Schmerz durch leichte Berührung) und Wahrnehmung von Reizen, die nicht im eigentlichen Sinne vorliegen (Parästhesie; zum Beispiel Kribbeln in den Fingern).

Diese Symptome können bei zahlreichen neurologischen Erkrankungen auftreten und die Empfindsamkeit für Temperatur, Berührungen, Bewegung, Lage, Vibration, Kraft und Schmerz einschließen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zur Diagnosestellung ist ein bildgebendes Verfahren erforderlich; wegen seiner hohen räumlichen Auflösung kommt vor allem die Magnetresonanztomografie (MRT) in Betracht. Die Baló-Krankheit gilt als bestätigt, wenn sich im MRT das typische konzentrische Muster in der weißen Substanz des Großhirns sichtbar macht. Darüber hinaus zeigt das MRT-Bild bei fast der Hälfte der Patienten Entmarkungserscheinungen, die auf multiple Sklerose hindeuten.

Unter den Betroffenen sind junge Erwachsene besonders stark repräsentiert. Welcher Verlauf für die Baló-Krankheit tatsächlich typisch ist, können Mediziner noch nicht mit Sicherheit sagen: Eine frühe Erkennung war lange Zeit nicht möglich, bis 2004 basierten viele Erkenntnisse über das Krankheitsbild auf Untersuchungen, die nach dem Tod der betroffenen Patienten stattfanden. Auch auf individueller Ebene sind zuverlässige Vorhersagen nur schwer möglich. Wahrscheinlich verläuft die Baló-Krankheit jedoch in einer einzelnen, schweren Phase.

Komplikationen

Bei dieser Krankheit kommt es in den meisten Fällen zu starken Lähmungen, die am gesamten Körper auftreten können. In der Regel führen Lähmungen in jedem Fall zu starken Bewegungseinschränkungen und zu Störungen der Sensibilität, wodurch es zu einer erheblichen Verringerung der Lebensqualität kommt. In einigen Fällen ist der Betroffene auf einen Rollstuhl oder auf die Hilfe anderer Menschen im Alltag angewiesen. Ebenso können Spastiken auftreten.

Nicht selten kommt es im Laufe der Entwicklung zu Störungen der geistigen und motorischen Entwicklung. Dadurch kann es vor allem bei Kindern zu Hänseleien und zu Mobbing kommen. Auch Reize können in der Regel nicht richtig wahrgenommen werden und die Betroffenen besitzen eine starke Empfindlichkeit gegenüber Temperaturen. Nicht selten kommt es dabei zu starken Schmerzen. Auch die Eltern können durch die Beschwerden an psychischen Erkrankungen oder an Depressionen leiden.

Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt mit Hilfe von Medikamenten. Dabei kommt es nicht zu weiteren Komplikationen. Allerdings können nicht alle Beschwerden eingeschränkt werden. Gegebenenfalls kommt es dabei zu einer verringerten Lebenserwartung. Der Betroffene ist dabei auf verschiedene Therapien angewiesen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Bewegungsstörungen, Lähmungen und andere Anzeichen einer konzentrischen Sklerose Baló bemerkt werden, sollte ein Arzt konsultiert werden. Die Erkrankung muss behandelt werden, bevor sich schwerwiegende Komplikationen einstellen. Sollte es bereits zu gesundheitlichen Problemen gekommen sein, ist sofort ein Mediziner einzuschalten. Selbiges gilt, wenn zu den körperlichen Symptome psychische Beschwerden hinzukommen, etwa Depressionen oder Veränderungen der Persönlichkeit. Sollten sich starke Lähmungen einstellen, ist ebenfalls ärztlicher Rat gefragt.

Eltern, die bei ihrem Kind Störungen der geistigen und motorischen Entwicklung bemerken, konsultieren am besten den Kinderarzt. Dieser kann die Baló-Krankheit diagnostizieren und gegebenenfalls direkt eine Behandlung einleiten. Notwendig ist dies spätestens dann, wenn das Kind über Schmerzen klagt. Da die Erkrankung eine große psychische Belastung für Kind und Eltern darstellen kann, muss begleitend zur ärztlichen Behandlung auch ein Therapeut eingeschaltet werden. Weitere Ansprechpartner sind Internisten und Orthopäden. Ein Ernährungsmediziner kann in Rücksprache mit den Eltern eine individuelle Diät erarbeiten und dadurch die Beschwerden lindern.

Behandlung & Therapie

Zur Behandlung der Baló-Krankheit setzen Ärzte in der Praxis häufig Glucocorticoide ein, die allerdings nicht in allen Fällen eine Verbesserung bewirken. Das Steroidhormon kommt im menschlichen Körper auch auf natürliche Weise vor; die Nebennierenrinde produziert es, um Fette und Eiweiße abzubauen und Kohlenhydrate zu synthetisieren. In hohen Dosen, wie sie in Medikamenten vorkommen, hemmen sie die Bildung von Proteinen.

Zu diesen gehören auch die Antikörper des Immunsystems, die bei der Baló-Krankheit und der multiplen Sklerose fälschlicherweise eine Entzündungsreaktion auslösen. Mitoxantron kommt als Wirkstoff ebenfalls in Frage, das auch bei der multiplen Sklerose Anwendung findet; bislang liegen jedoch nur Einzelfallberichte über seine Wirksamkeit bei der konzentrischen Sklerose vor.

Gleiches gilt auch für andere Behandlungsformen wie den Austausch des Blutplasmas (Plasmapherese). Möglichkeiten und Risiken verschiedener Optionen muss der behandelnde Arzt in jedem Fall individuell abschätzen.


Aussicht & Prognose

Die Konzentrische Sklerose Baló ist eine der Varianten der Multiplen Sklerose, eine sogenannte Grenzform. Sie betrifft das zentrale Nervensystem und tritt im Unterschied zur MS meist nicht in Schüben auf. Bei der Konzentrischen Sklerose Baló bilden sich im demyelinisierten Gewebe typische Läsionen, die konzentrisch angeordnet sind.

Die Prognose der Konzentrischen Sklerose Baló ist etwas besser als der der multiplen Sklerose. In manchen Fällen kommt es sogar zu einer spontanen Remission. In anderen kann ein asymptomatischer Fall einen individuellen Verlauf nehmen. Bei vielen monophasischen Verläufen können die Symptome der akut-entzündlichen Entmarkungserkrankung gebessert werden.

Die auch Encephalitis periaxialis concentrica genannte Erkrankung des ZNS tritt bevorzugt bei jungen Erwachsenen auf. Die Symptome sind davon abhängig, welche Region des Gehirns betroffen ist. Während diese Erkrankung früher immer tödlich verlief und erst post mortem diagnostiziert werden konnte, sind die Aussichten heute besser. Die Behandlung kann durch Gluco-Kortikoide, Immunsuppressive oder Plasmapherese eingeleitet werden.

Liegen bei der Konzentrischen Sklerose Baló Läsionen wie bei der MS vor, können auch die Krankheitsverläufe ähnlich und schubartig sein. Das ist bei etwa einem Drittel bis der Hälfte der Betroffenen der Fall. Zur Prophylaxe und Schubverhinderung werden in diesem Fall auch MS-Präparate verabreicht. Bei einem monophasischen Krankheitsverlauf ist die Prognose generell besser.

Vorbeugung

Da die Ursachen der Baló-Krankheit noch weitestgehend unbekannt sind und die Entstehung auf dem Zusammenspiel vieler komplexer Faktoren beruht, ist eine gezielte und zuverlässige Vorbeugung nicht möglich.

Nachsorge

Bei der Sklerose Baló stehen dem Patienten in den meisten Fällen nur wenige Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Hierbei muss schon sehr früh eine Diagnose der Krankheit mit einer anschließenden Behandlung stattfinden, damit es nicht zu weiteren Komplikationen kommt. Wird die Krankheit nicht richtig von einem Arzt behandelt, kommt es im weiteren Verlauf in der Regel zu deutlich Einschränkungen in der Bewegung.

Diese können sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken. Die Patienten sind bei dieser Krankheit meistens auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen. Dabei sollte immer auf eine richtige Dosierung und weiterhin auch auf eine regelmäßige Einnahme geachtet werden, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern.

Viele Patienten sind in ihrem Alltag auf die Unterstützung und die Hilfe durch andere Menschen angewiesen, wobei sich vor allem die Hilfe und die Pflege der eigenen Familie sehr positiv auf den weiteren Verlauf dieser Erkrankung auswirken kann. Hierbei sind auch intensive und liebevolle Gespräche mit dem Betroffenen sehr wichtig, damit Depressionen und andere psychische Verstimmungen verhindert werden können. Ob die Sklerose Baló zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen führt, kann dabei nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Patienten mit der Konzentrischen Sklerose Baló leiden meist unter starken Einschränkungen bei alltäglichen Aktivitäten sowie der Lebensqualität. Grund dafür sind einerseits die motorischen Störungen und Bewegungseinschränkungen, wobei eine langfristige Physiotherapie einen positiven Beitrag zum Körpergefühl der Patienten leistet. Bestimmte krankengymnastische Übungen führen die Patienten auch zu Hause aus und unterstützen damit den Erhalt der Muskulatur.

Falls Lähmungen eintreten oder die Einschränkungen der Mobilität zu groß sind, nutzen viele Patienten einen Rollstuhl. Dabei ist es sinnvoll, die Wohnung des Betroffenen an die Nutzung eines Rollstuhls anzupassen. Teilweise ist ein Umzug in eine barrierefreie Umgebung notwendig, um den Patienten mehr Eigenständigkeit zu ermöglichen. Außerdem kommen Betreuungseinrichtungen in Frage, in denen die Patienten zusätzlich vom sozialen Aspekt durch den Kontakt zu anderen Erkrankten profitieren.

Bedeutsam für die Lebensqualität der Patienten ist die ordnungsgemäße Einnahme der verschriebenen Medikamente. Jedoch ist die Lebenserwartung der Betroffenen auch bei einer adäquaten Therapie reduziert. In Verbindung mit den Schmerzen und weiteren Beschwerden entwickeln einige Patienten eine Depression. Eine psychotherapeutische Behandlung hilft den betroffenen Personen bei der Linderung der seelischen Leiden.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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