Jackson-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Jackson-Syndrom handelt es sich um ein Hirnstamm- oder Alternans-Syndrom mit gekreuzter Lähmungssymptomatik, das auch als ventral paramedianes Oblongata-Syndrom bekannt ist. Die Ursache der Erscheinungen ist ein Schlaganfall im Stromgebiet der Vertebralarterie. Die Behandlung erfolgt symptomatisch supportiv und besteht vorwiegend aus physiotherapeutischen sowie logopädischen Maßnahmen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Jackson-Syndrom?

Durch das Jackson-Syndrom leiden die meisten Patienten an starken Lähmungen und anderen Störungen der Sensibilität, die in der Regel am gesamten Körper auftreten. Dadurch treten starke Bewegungseinschränkungen auf, die zu einer verringerten Lebensqualität führen.
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Schädigungen des Hirnstammes rufen sogenannte Alternans-Syndrome hervor. Diese Syndrome sind durch eine gekreuzte Lähmungssymptomatik gekennzeichnet und treten bei einseitigen Läsionen der Hirnstammesstrukturen auf. Die Krankheitsbilder fallen in die Gruppe der Hirnstammsyndrome.

Kennzeichnend ist der ipsilaterale Ausfall von Hirnnerven und die Hemiparesen der entgegengesetzten Körperhälfte, die mit Sensibilitätsstörungen vergesellschaftet ist. Abhängig von der genauen Lokalisation der Schädigung existieren unterschiedliche Typen von Hirnstamm- oder Alternans-Syndromen. Ein Untertyp ist das Jackson-Syndrom, das mit einer einseitigen Schädigung der Pyramidenbahn und des Nervenkerns Nucleus nervi hypoglossi assoziiert it.

Der geschädigte Nervenkern liegt im Ventralanteil der Medulla oblongata, weshalb das Jackson-Syndrom auch als ventral paramedianes Oblongata-Syndrom bezeichnet wird. Das Jackson-Syndrom ist durch eine Zungenlähmung auf der Seite der Hirnstammläsion und eine Halbseitenlähmung der Gegenseite markiert. Die Bezeichnung Jackson-Syndrom geht auf den englischen Neurologen J. H. Jackson zurück, der das Syndrom im 19. Jahrhundert erstmals beschrieben hat und als Ursache eine Blutung in der medialen Medulla oblongata nannte.

Ursachen

Das Jackson-Syndrom ist in den meisten Fällen die Folge eines Schlaganfalls. Dieser Schlaganfall ereignet sich in der Regel innerhalb des Stromgebiets der Arteria vertebralis. Durch die Nähe zur Pyramidenbahn wird diese motorische Struktur in Mitleidenschaft gezogen, woraus sich die Hemiparese der entgegengesetzten Körperseite ergibt.

Die beiden Hirnseiten versorgen ab der Pyramidenkreuzung jeweils die entgegengesetzte Hälfte des Körpers. Die Hirnnervenstrukturen über der Pyramidenbahnkreuzung werden allerdings von den Hirnhälften der Seite gesteuert, die sie versorgen. Aus diesem Grund ruft der Schlaganfall beim Jackson-Syndrom zwar eine Lähmung der gegenseitigen Extremitäten, aber zugleich Lähmungserscheinungen der läsionsseitigen Hirnnervenstrukturen hervor.

Zu diesen Nerven zählt der Nucleus nervi hypoglossi, der im Ventralanteil der Medulla oblongata liegt und mit seinen Ästen die Zunge versorgt. Bei der Läsionsursache handelt es sich im Rahmen eines Jackson-Syndroms immer um eine lokal mikro-angiopathische Veränderung oder einen embolischen Verschluss im Endabschnitte der Vertebralarterie. Beide Ereignisse rufen eine Ischämie hervor, die damit als Primärursache der gekreuzten Lähmungssymptomatik zu verstehen ist.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Wie alle anderen Alternans-Syndrome äußert sich das Jackson-Syndrom klinisch in Form von gekreuzten Lähmungserscheinungen. Ipsilateral zu der ursächlichen Hirnstammläsion treten Lähmungserscheinungen der Zunge auf, die von Nervus hypoglossus motorisch innerviert wird und auf den Nucleus nervi hypoglossi hinführt.

Auf der Körperseite der Hirnläsion gegenüber der Hemiparese tritt eine Halbseitenlähmung mit Gefühlsstörungen ein, die auf eine Pyramidenbahnschädigung über der Pyramidenkreuzung zurückzuführen ist. Die Sensibilitätsstörungen können sich beim Jackson-Syndrom auf unterschiedliche Art und Weise äußern. Neben Taubheit kann Kribbeln oder Brennen auftreten.

Auch Übersensibilitäten sind denkbar, allerdings nicht der Regelfall. Die Schwere der Halbseitenlähmungserscheinungen hängt vom jeweiligen Ausmaß der Hirnschädigung ab. Durch die Zungenlähmung haben die Betroffenen teils Schwierigkeiten beim Essen und Trinken. Auch die Aussprache ist wegen der einseitigen Zungenlähmung mehr oder weniger stark entfremdet.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Neurologe stellt die erste Verdachtsdiagnose auf das Jackson-Syndrom wegen der charakteristischen Symptomatik meist über das klinische Bild. Eine differentialdiagnostische Abgrenzung von anderen Hirnstammsyndromen ist im Rahmen der Diagnostik nichtsdestotrotz erforderlich.

Ein deutlich häufiger auftretendes Hirnstammsyndrom nach Hirnschädigungen in der Region der medialen Medulla oblongata ist das Dejerine-Spiller-Syndrom, dem differentialdiagnostisch höchste Aufmerksamkeit gebührt. Beim Jackson-Syndrom handelt es sich im Wesentlichen um eine reduzierte Unterform des Dejerine-Spiller-Syndroms.

Das volle Dejerine-Spiller-Syndrom beinhaltet neben den Symptomen des Jackson-Syndroms zusätzlich eine wesentliche Sensibilitätsstörung auf der Seite der Halbseitenlähmung. Das Schmerz- und Temperaturempfinden der Patienten bleibt wegen der Läsion innerhalb der Hinterstrangbahn erhalten. Für Patienten mit Jackson-Syndrom besteht im Vergleich dazu eine relativ günstige Prognose.

Komplikationen

Durch das Jackson-Syndrom leiden die meisten Patienten an starken Lähmungen und anderen Störungen der Sensibilität, die in der Regel am gesamten Körper auftreten. Dadurch treten starke Bewegungseinschränkungen auf, die zu einer verringerten Lebensqualität führen. In den meisten Fällen führen diese Einschränkungen auch zu psychischen Beschwerden oder zu Depressionen.

Nicht selten sind die Patienten dann auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen. Weiterhin kommt es zum typischen Kribbeln und zu einer Taubheit an den betroffenen Stellen. In einigen Fällen tritt auch eine Übersensibilität auf. Vor allem durch Lähmungen an der Zunge und im Mundraum kann es zu Schwierigkeiten bei der Nahrungseinnahme und Flüssigkeitszufuhr kommen, sodass der Betroffene an Gewicht verliert oder an einer Dehydrierung leidet.

In der Regel kann das Jackson-Syndrom nicht ursächlich behandelt werden. Aus diesem Grund findet nur eine symptomatische Behandlung statt. Diese führt allerdings nicht immer zu einem positiven Krankheitsverlauf. Die Lebenserwartung kann dabei schon durch die ursächliche Krankheit eingeschränkt sein. Mit Hilfe von verschiedenen Therapien können einige Symptome allerdings eingeschränkt und behandelt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, leiden in einer Vielzahl der Fälle unter Folgeerscheinungen und lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Das Jackson-Syndrom gehört zu den Auswirkungen des lebensbedrohlichen Zustands und sollte therapeutisch behandelt werden. Ein Arzt ist bei Beschwerden im Mundbereich zu benachrichtigen. Lähmungen der Zunge oder ein Kontrollverlust über der Zunge gelten als besorgniserregend und sind ärztlich untersuchen zu lassen.

Treten halbseitige Lähmungserscheinungen auf, setzen Störungen der Gefühlswahrnehmung ein oder werden Einschränkungen der Sensibilität bemerkt, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen. Ein Kribbeln auf der Haut oder brennende Empfindungen gehören zu den Hinweisen, die auf das Jackson-Syndrom hindeuten. Um geeignete Therapiemaßnahmen einleiten zu können, sollte ein Arzt konsultiert werden. Einschränkungen der Mobilität, Veränderungen der Sprachgebung und Störungen bei der Nahrungsaufnahme müssen einem Arzt vorgestellt werden.

Kommt es aufgrund der Beeinträchtigungen zu einer Gewichtsabnahme oder einer verminderten Zufuhr von Flüssigkeiten, droht eine Unterversorgung des Organismus. Um keine erneute lebensbedrohliche Situation auszulösen, ist rechtzeitig ein Arzt zu alarmieren. In schweren Fällen kommt es ohne ärztliches Eingreifen zu einer Dehydration und damit zu einem erhöhten Risiko des vorzeitigen Ablebens. Setzen zusätzlich zu den körperlichen auch psychische Beschwerden ein, sind ein Arzt oder ein Therapeut zu kontaktieren.

Behandlung & Therapie

Eine ursächliche Behandlung ist für Patienten mit Jackson-Syndrom ausgeschlossen. Die Hirnschädigung hat stattgefunden und lässt sich kausal nicht beheben. Das menschliche Gehirn ist zur vollständigen Regenration nach Schädigungen nicht in der Lage, da sein Gewebe aus hochspezialisierten Nervenzellen besteht.

Während andere Gewebe des Körpers durch die Aufnahme von neuen Zellen teils vollständige Regeneration erreichen können, ist dies für das Hirngewebe ausgeschlossen. Obwohl der Hirndefekt also nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, können sich Patienten mit Jackson-Syndrom allerdings durchaus von ihren Symptomen erholen. Für diese Erholung spielt vor allem Physiotherapie und Logopädie eine Rolle.

Diese supportiven Behandlungsmaßnahmen fordern den Patienten konsequent die Funktionen ab, die eigentlich in den geschädigten Hirnarealen ablaufen müssten. Durch dieses Training werden Nervenzellen in der direkten Umgebung der Hirnläsion dazu angeregt, die Funktionen der defekten Region zu übernehmen.

Zumindest eine Besserung der Symptome ist daher zu erwarten. In vielen Fällen überwinden die Patienten die Ausfallerscheinungen sogar ganz. Eine Reduktion der Schlaganfallrisikofaktoren sollte angestrebt werden, damit in Zukunft keine weiteren Hirnschädigungen zu erwarten sind.


Aussicht & Prognose

Die Prognose des Jackson-Syndroms ist ungünstig. Das Syndrom entwickelt sich als Folge eines Schlaganfalls. Bei diesem kam es zu irreversiblen Schäden des Gehirns. Aus diesem Grund wird eine symptomatische Behandlung der individuell auftretenden Beschwerden notwendig. Ziel der Therapie ist eine Verbesserung der vorhandenen Lebensqualität. Eine Heilung ist nahezu ausgeschlossen. In gezielten Trainings werden Übungen durchgeführt, die zu einer Linderung der Beschwerden führen sollen. Erlangte Lähmungen können jedoch trotz aller Bemühungen nicht vollständig regeneriert werden. In vielen Fällen ist der Patient auf tägliche Hilfe anderer angewiesen.

Die Erkrankung führt häufig zu Folgeerscheinungen. Da die seelische und psychische Belastung aufgrund der vorhandenen Beschwerden sehr hoch ist, kann es zu einer psychischen Erkrankung kommen. Eine Vielzahl der Patienten erlebt depressive Zustände. Diese können vorübergehende oder dauerhafte Natur sein. Ebenso wird häufig ein starker Verlust des Wohlbefindens dokumentiert. Die Bewältigung der alltäglichen Aufgaben kann nicht mehr vollumfänglich vom Patienten selbst erfolgen. Es wird eine Umstrukturierung der gewohnten Abläufe benötigt.

Bei der Lähmung der Zunge ist eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit notwendig, da sich sonst ein lebensbedrohlicher Zustand entwickelt. Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben und bei denen sich das Jackson-Syndrom ausgebildet hat, können unter Umständen eine verringerte Lebenserwartung haben.

Vorbeugung

Dem Jackson-Syndrom lässt sich durch dieselben Maßnahmen vorbeugen, die zur Schlaganfallprävention gelten. Neben dem Verzicht auf Tabakkonsum sind der Abbau von Übergewicht, die Ernährung und ein ausreichendes Maß an Bewegung als präventive Maßnahmen zu nennen. Die Reduktion von Stress kann im weitesten Sinne ebenfalls zu den Vorbeugemaßnahmen gezählt werden.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Jackson-Syndrom in den meisten Fällen gar keine oder nur wenige Möglichkeiten und Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Dabei muss die Krankheit in erster Linie schnell und vor allem frühzeitig von einem Arzt erkannt und behandelt werden, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt.

Im Vordergrund steht beim Jackson-Syndrom daher die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Krankheit, damit eine weitere Verschlechterung der Symptome verhindert werden kann. Schon bei den ersten Symptomen des Syndroms sollte ein Mediziner kontaktiert werden. In den meisten Fällen erfolgt dabei die Behandlung des Syndroms durch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten. Der Betroffene sollte dabei immer auf eine richtige Dosierung und vor allem auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente achten.

Bei Unklarheiten oder bei Fragen ist zuerst ein Arzt zu konsultieren. Ebenso sind häufig Maßnahmen einer Physiotherapie oder einer Krankengymnastik notwendig. Dabei können viele der Übungen auch im eigenen Zuhause wiederholt werden, wodurch die Heilung des Jackson-Syndroms eventuell beschleunigt wird. Nicht selten kann auch der Kontakt zu anderen Patienten der Krankheit sehr sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt.

Das können Sie selbst tun

Begleitend zu den medizinischen Behandlungsmaßnahmen, können die Symptome des Jackson-Syndroms unter Umständen auch selbstständig behandelt werden.

Die Gefühlsstörungen können, unterstützend zur Physiotherapie, durch regelmäßiges Üben mit einem Gymnastikball oder anderen Hilfsmitteln gelindert werden. Gegen Taubheit und Kribbeln helfen manchmal auch Massagen. Alternative Maßnahmen wie Akupunktur oder Methoden der Chinesischen Medizin sind ebenfalls möglich, sollten aber im Vorfeld mit dem zuständigen Arzt abgesprochen werden. Gegen eine undeutliche Aussprache helfen logopädische Maßnahmen und gezielte Sprechübungen. Die ursächliche Zungenlähmung kann dadurch zwar nicht behandelt werden, die Beschwerden lassen sich aber oftmals reduzieren. Da das Jackson-Syndrom meist auch mit psychischen Beschwerden verbunden ist, sollte therapeutische Unterstützung hinzugezogen werden.

Um einen weiteren Schlaganfall zu vermeiden, muss mitunter auch der Lebensstil angepasst werden. Betroffene sollten auf Nikotin, Alkohol und andere Genussmittel verzichten und sich fortan gesund und ausgewogen ernähren. Ein ausreichendes Maß an Bewegung ist eine wichtige Präventivmaßnahme. Stress und körperliche oder geistige Belastungen sollten nach Möglichkeit vermieden oder zumindest reduziert werden. Der zuständige Arzt wird den Patienten bei der Umsetzung dieser Veränderungen unterstützen und kann weitere Selbsthilfe-Tipps geben.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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