Holoprosencephalie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Holoprosencephalie handelt es sich um eine Missbildung des menschlichen Hirns, die mit relativ großer Häufigkeit vorkommt. Ein Großteil der betroffenen Embryonen verstirbt bereits im Mutterleib. Deshalb kommen nur wenige Patienten mit der Holoprosencephalie lebend zur Welt. Die Holoprosencephalie bildet sich pränatal und betrifft vor allem das Gesicht sowie den vorderen Bereich des Hirns.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Holoprosencephalie?

Die Holoprosencephalie geht mit verschiedenen Anzeichen einher, allerdings ist das Spektrum möglicher Symptome bei verschiedenen Personen außerordentlich weit. Einige Patienten mit Holoprosencephalie leiden zum Beispiel unter einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, einem geringen Abstand der Augen oder einem einzigen, in der Mitte gelegenen Schneidezahn.
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Die Holoprosencephalie kommt relativ häufig vor, wobei die Prävalenz zwischen einem und vier Fällen pro 1000 Schwangerschaften liegt. Jedoch sterben die meisten betroffenen Kinder noch im Uterus, sodass die Krankheit tatsächlich zwischen 5000 und 20 000 lebend geborene Patienten betrifft. Die Holoprosencephalie tritt bei weiblichen Personen öfter auf als bei männlichen.

Etwa die Hälfte der Erkrankten weist Aberrationen an Chromosomen auf. Deshalb ist es erforderlich, bei den betroffenen Patienten eine Analyse der Chromosomen durchzuführen. Besonders oft kommt die Holoprosencephalie bei Babys vor, die von relativ jungen Frauen zur Welt gebracht werden.

Die Holoprosencephalie bildet sich zwischen der dritten und sechsten Lebenswoche des Embryos. Die Ursache liegt darin, dass sich das vordere Areal des Gehirns nicht vollkommen teilt. Die Fehlbildung ergibt sich durch Beeinträchtigungen an den Mittellinien des Schädels. Das Vorderhirn, welches aus Zwischenhirn und Endhirn besteht, differenziert sich nicht komplett.

Ursachen

Die exakten Vorgänge und Entstehungsgründe der Pathogenese der Holoprosencephalie sind nicht bekannt. Im überwiegenden Teil der Fälle zeigt sich die Holoprosencephalie sporadisch. Jedoch existieren vermutlich auch genetische Faktoren, etwa eine Unterversorgung mit der Substanz Cholesterin. Dadurch wird die Entwicklungsstörung der Holoprosencephalie begünstigt.

Auch bei der Mutter bestehen verschiedene Gunstfaktoren für die Entstehung der Holoprosencephalie. So wirken sich zum Beispiel Diabetes mellitus, eine Toxoplasmose und virale Infektionen des Embryos förderlich auf die Krankheitsentstehung aus. Auch diverse externe Faktoren wie Retinolsäure oder eine Hypocholesterinämie unterstützen unter Umständen die Bildung der Holoprosencephalie.

Zudem existieren zahlreiche genetisch bedingte Krankheiten, die überdurchschnittlich häufig mit einer Holoprosencephalie verbunden sind. Hierzu gehören zum Beispiel Anomalien der Chromosomen, etwa die Trisomie 13, das Joubert-Syndrom, die Trisomie 18 sowie das sogenannte 18p-Syndrom. Grundsätzlich wird ein autosomal-rezessiver oder autosomal-dominanter Vererbungsgang der Holoprosencephalie vermutet.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Holoprosencephalie geht mit verschiedenen Anzeichen einher, allerdings ist das Spektrum möglicher Symptome bei verschiedenen Personen außerordentlich weit. Einige Patienten mit Holoprosencephalie leiden zum Beispiel unter einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, einem geringen Abstand der Augen oder einem einzigen, in der Mitte gelegenen Schneidezahn.

Möglich sind außerdem Beschwerden wie eine Zyklopie, eine Arrhinencephalie sowie eine Agenesie. Dabei kommt mitunter auch eine sogenannte Corpus-callosum-Agenesie vor. Im Bereich des Gehirns zeigen sich eine alobäre, eine lobäre oder eine semilobäre Holoprosencephalie.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Eine Diagnose der Holoprosencephalie ist in der heutigen Zeit mittels pränataler Untersuchungsmethoden möglich. Dabei kommen in erster Linie Feinultraschall-Techniken zum Einsatz. Auf diesem Weg lässt sich die Holoprosencephalie in relativ zeitigen Stadien bei Embryonen im Mutterleib diagnostizieren.

Die semilobäre und die alobäre Holoprosencephalie werden in der Regel vergleichsweise rasch entdeckt. Hingegen gestaltet sich die Diagnose der lobären Ausprägung der Holoprosencephalie oftmals wesentlich schwieriger. Sobald das Vorliegen der Holoprosencephalie beim Embryo als gesichert gilt, erhalten die Eltern die Möglichkeit, die Schwangerschaft aus medizinischen Gründen abzubrechen.

Entscheiden sie sich dafür, das Kind zu behalten, sind entsprechende Maßnahmen zu treffen. Diese beziehen sich zunächst auf die Auswahl der Geburtsklinik, damit das Neugeborene optimal betreut wird. Die Diagnose der Holoprosencephalie wird auch nach der Geburt erneut oder zum ersten Mal durchgeführt. Dabei setzt der Arzt üblicherweise verschiedene bildgebende Verfahren ein. Dazu gehören etwa eine MRT-Untersuchung, eine Sonographie sowie eine Computertomografie.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es durch die Holoprosencephalie schon im Mutterleib zum Tode des Kindes aufgrund der verschiedenen Missbildungen im Gehirn. In vielen Fällen treten dabei psychische Beschwerden und Depressionen bei den Eltern des Kindes auf, die von einem Psychologen behandelt werden müssen. Oft können Jahre vergehen, bis sich eine Besserung der psychischen Beschwerden einstellt.

Sollte das Kind nicht bereits vor der Geburt sterben, so treten verschiedene Fehlbildungen und Missbildungen auf. In den meisten Fällen kommt es zu einer Zyklopie oder zu einer Gaumenspalte. Diese beeinflusst den Alltag des Patienten sehr negativ. Oft besitzt der Betroffene auch nur einen einzigen Schneidezahn, wodurch die tödliche Nahrungszunahme ebenso verkompliziert wird.

Auch bei der Geburt des Kindes kann es zu starken Komplikationen kommen. In vielen Fällen leiden die Eltern auch nach der Geburt an psychischen Beschwerden aufgrund der Fehlbildungen des Kindes. Es ist leider nicht möglich, die Holoprosencephalie kausal oder symptomatisch zu behandeln, sodass es in den ersten Monaten zum Tode des Kindes kommt. In seltenen Fällen kann das Kind allerdings das erste Lebensjahr überleben und hat danach erhöhte Chancen auf ein komplettes Überleben.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Holoprosencephalie muss auf jeden Fall von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Es kommt bei dieser Krankheit nicht zu einer Selbstheilung und in vielen Fällen zum Tod des Betroffenen. Häufig versterben die Kinder dabei schon im Mutterleib, sodass keine weitere Behandlung möglich ist. Ein Besuch beim Arzt kann die Diagnose der Holoprosencephalie fördern, da die Beschwerden bei einer Ultraschalluntersuchung erkennbar gemacht werden können. Weitere Beschwerden treten bei der Mutter nicht auf.

Durch regelmäßige Untersuchungen kann die Holoprosencephalie allerdings schon früh erkannt werden. Im Falle einer Totgeburt oder des Versterben des Kindes kurze Zeit nach der Geburt, sollten sich die betroffenen Eltern an einen Psychologen wenden, um psychische Verstimmungen zu vermeiden. Sollte das Kind lebend auf die Welt kommen, so benötigen die Eltern eine starke Unterstützung von verschiedenen Ärzten, um das Kind am Leben zu erhalten. Das Kind ist meist auf einen Aufenthalt im Krankenhaus angewiesen.

Behandlung & Therapie

Aktuell ist die Holoprosencephalie nicht ursächlich therapierbar. Die Patienten erhalten daher in der Regel eine symptomatische Behandlung, die auf den Einzelfall abgestimmt ist. Prinzipiell versterben die meisten Babys mit Holoprosencephalie bereits im Mutterleib. Auch die Prognose der lebend geborenen Patienten sieht tendenziell eher negativ aus.

Schwere Ausprägungen der Holoprosencephalie führen in den meisten Fällen innerhalb der ersten Lebensmonate zum Tod. Auch die Form der Holoprosencephalie wirkt sich auf die Prognose der Krankheit aus. So verläuft die Erkrankung beim alobären Typ ungünstiger als beim lobären oder semilobären.

Bei Patienten, die ihr erstes Lebensjahr überleben, kommt es oftmals zu einem positiveren Verlauf der Holoprosencephalie. In zahlreichen Fällen erreichen diese Personen das Erwachsenenalter. Allerdings leiden auch diese Menschen unter körperlichen und kognitiven Störungen sowie neurologischen Beeinträchtigungen.

Diese äußern sich zum Beispiel in epileptischen Anfällen. Mitunter sind die erkrankten Kinder nicht in der Lage, eine Lautsprache zu entwickeln. Auch Schlafstörungen treten bei den von der Holoprosencephalie betroffenen Personen vergleichsweise häufig auf.


Aussicht & Prognose

Die Prognose der Holoprosencephalie ist äußerst ungünstig. Eine Mehrheit der betroffenen Patienten stirbt bereits in der Entwicklungsphase im Unterleib. Die Erkrankung entwickelt sich im Mutterleib in den ersten Wochen des heranwachsenden Embryos und kann nicht behandelt werden. Eine Diagnosestellung findet bei den Kontrollbesuchen innerhalb einer Schwangerschaft noch im Mutterleib statt, dennoch besteht keine Möglichkeit, eine Behandlung einzuleiten oder den genetischen Defekt zu korrigieren.

Kommt es zur Geburt, sterben viele Neugeborene unmittelbar nach der Niederkunft. Überlebende können nicht ausreichend therapiert werden. Sie kommen mit teils starken Fehlbildungen des Gehirns auf die Welt, die nicht veränderbar sind. Die Behandlung richtet sich nach den vorhandenen Symptomen und wird zur Linderung der Beschwerden eingesetzt. Die Lebenszeit eines Neugeborenen mit der Holoprosencephalie ist deutlich herabgesetzt. Darüber hinaus wird der Patient Zeit seines Lebens auf fremde Hilfe angewiesen sein. Verschiedene Funktionsstörungen treten ein und eine starke geistige Retardierung ist vorhanden.

Zusätzlich zu der schlechten Prognose für den Betroffenen kommt es zu Folgeerscheinungen oder Erkrankungen der Angehörigen. Die seelische Belastung kann bei den Eltern zu einer psychischen Störung führen. Neben einer Angsterkrankung, einem Trauma oder einer Depression sind langfristige Beeinträchtigungen des Wohlbefindens sowie der Verlust der Lebensfreude aufgrund des unerfüllten Kinderwunsches oder einer eingetretenen Todgeburt möglich.

Vorbeugung

Die Ursachen der Holoprosencephalie sind nicht vollständig ergründet und entziehen sich im überwiegenden Teil der Fälle einer Kontrolle. Denn die Krankheit wird in erster Linie durch genetische und externe Faktoren verursacht. Lediglich bestimmte identifizierte Risikofaktoren liegen teilweise im Einflussbereich der werdenden Mutter.

Dazu gehört zum Beispiel Diabetes mellitus. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass die Holoprosencephalie insbesondere sehr junge schwangere Frauen betrifft. Durch pränatale Untersuchungen ist die Holoprosencephalie beim ungeborenen Kind schon frühzeitig erkennbar.

Nachsorge

Leider verstirbt bereits ein Großteil der von Holoprosencephalie betroffenen Kinder noch bereits im Mutterleid oder unmittelbar nach der Geburt. Die Nachsorge beschränkt sich in diesen Fällen auf die psychologische Unterstützung der Angehörigen. Diese sollte in erster Linie durch die eigene Familie und enge Freunde erfolgen und kann bei Bedarf durch eine psychotherapeutische Therapie ergänzt werden, um das Risiko von Depressionen oder anderen psychischen Beschwerden zu reduzieren.

Sofern das Kind lebend zur Welt kam, muss es intensivmedizinisch betreut werden, um es auch weiterhin am Leben zu erhalten. In den meisten Fällen geschieht dies in den ersten Lebensmonaten im Rahmen eines langen Klinikaufenthaltes. Die Eltern werden dabei nach und nach in die Pflege mit eingebunden und können sich später auch dafür einsetzen, eine intensivmedizinische Betreuung im Rahmen der häuslichen Pflege zu erhalten.

Überlebt das Kind das kritische erste Lebensjahr, handelt es sich um einen positiven Verlauf und es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit das Erwachsenenalter erreicht werden. Durch die vielen körperlichen und kognitiven Störungen sowie der neurologischen Beeinträchtigungen sind sie jedoch Zeit ihres Lebens auf fremde Hilfe angewiesen. Die Angehörigen sollten dafür sorgen, dass regelmäßige Kontrolluntersuchungen eingehalten werden und auftretende epileptische Anfälle und andere Symptome und Beschwerden vom Arzt entsprechend therapiert werden.

Das können Sie selbst tun

Es ist nicht möglich, die Holoprosencephalie durch Mittel der Selbsthilfe zu behandeln. Viele der betroffenen Kinder versterben dabei entweder schon im Mutterleib oder direkt nach der Geburt. Im Falle eines frühzeitigen Versterben benötigen die Eltern eine psychologische Unterstützung. Diese sollte vor allem durch enge Freunde oder durch die eigene Familie erfolgen. Aber auch der Kontakt zu einem Psychologen kann betroffenen Eltern eine Hilfe sein. Durch jene Hilfe können psychische Beschwerden oder sogar Depressionen vermieden und reduziert werden.

Sollte das Kind die ersten Lebensjahre überleben, so kann es in vielen Fällen auch das Erwachsenenalter erreichen. Allerdings sind die Patienten dabei auf Hilfe in ihrem Alltag angewiesen, da sie viele Dinge des Alltages nicht alleine durchführen können. Idealerweise erfolgt diese Hilfe durch die eigenen Eltern, durch Angehörige oder durch Freunde. Auch auf psychischer Ebene wirkt sich der Kontakt zu anderen Menschen immer positiv auf den Verlauf der Krankheit aus. Kognitive Störungen können dabei durch verschiedene Übungen gelindert werden.

Im Falle eines epileptischen Anfalles ist jedoch eine sofortige ärztliche Behandlung notwendig. Häufig kann sich auch der Kontakt zu anderen Eltern, deren Kind an einer Holoprosencephalie leidet, positiv auf die Krankheit und die Lebensqualität auswirken, da es dadurch zu einem Austausch an Informationen kommt.

Quellen

  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
  • Stiefel, A., Geist, C., Harder, U.: Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. Hippokrates, Stuttgart 2012
  • Wassermann, K., Rohde, A.: Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung. Schattauer, Stuttgart 2009

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