Logorrhoe

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Logorrhoe, auch als Polyphrasie bezeichnet, ist eine Begleiterscheinung neurologischer und psychischer Erkrankungen. Das zwanghafte Bedürfnis, sich pausenlos mitteilen zu müssen, tritt aber auch als Folge übermäßigen Genusses von Alkohol und Koffein oder anderer Drogen auf. Darüber hinaus benennt der Begriff eine nicht pathologische, auffällige Verhaltensweise.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Logorrhoe?

Endlose, ungehemmte Monologe mit Verlust der Selbstkontrolle, oft gespickt mit unflätigen Beschimpfungen und Beleidigungen, sind die typischen Symptome der manischen Logorrhoe.
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Mit Logorrhoe wird ein gesteigerter Drang zum Reden bezeichnet. Umgangssprachlich wird der Begriff mit Redesucht, Sprechdurchfall oder krankhafte Geschwätzigkeit übersetzt. Manische, paranoide und schizophrene Krankheitsbilder weisen häufig diese Art des unkontrollierten Redeflusses auf.

Aber auch bei einer beginnenden Demenz oder Drogenabhängigkeit gehört Logorrhoe zu den Symptomen. Darüber hinaus ist sie bekannt, als mögliche Folge einer organischen Schädigung des Gehirns im frontalen Bereich oder der so genannten Wernicke-Aphasie, zum Beispiel nach einem Schlaganfall, bei der die Patienten die Bedeutung der Worte nicht mehr zu erkennen vermögen.

Ursachen

Als häufigste Ursache der Logorrhoe gilt die bipolare affektive Störung – auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet. Die Kranken leiden unter enormen Stimmungsschwankungen, Perioden der Depression wechseln mit langen Phasen der Manie. Auslöser der bipolaren affektiven Störung sind laut Expertenmeinung genetische und neurobiologische Faktoren.

Allerdings konnten die Ursachen der Krankheit bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt werden. In den manischen Phasen, die gekennzeichnet sind durch unverhältnismäßig gehobene Stimmung oder auch einer übermäßigen Gereiztheit, durch übertriebenes Selbstbewusstsein und ziellosen Tatendrang, kann es zu einem hemmungs- und distanzlosen Rededrang, der Logorrhoe, kommen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Endlose, ungehemmte Monologe mit Verlust der Selbstkontrolle, oft gespickt mit unflätigen Beschimpfungen und Beleidigungen, sind die typischen Symptome der manischen Logorrhoe. Häufige Wiederholungen und ständiger Themenwechsel kennzeichnen den schnellen und ausufernden Redefluss ohne Punkt und Komma.

Der Monolog wird in den meisten Fällen in einer unangebrachten Lautstärke und mit großer Emphase vorgetragen. Andere kommen nicht mehr zu Wort und fühlen sich überfahren. Während des Anfalls ist keine normale Kommunikation mit dem Betroffenen möglich.

Die Medizin unterscheidet unterschiedliche Schweregrade der Logorrhoe. Im Extremfall bleibt das Gesagte völlig unverständlich. Die geäußerten Gedanken lassen dann überhaupt keinen Zusammenhang mehr erkennen. Die Ideenflut im Kopf führt zur Verworrenheit des Denkens. »Ideenflucht« nennen das die Experten.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei einer ausgeprägten Logorrhoe sollten in jedem Fall Neurologe und Psychiater zu Rate gezogen werden. Allerdings stellt sich die Behandlung der Manie als ausgesprochen schwierig dar. Da die Patienten in vielen Fällen eine echte Steigerung ihres Antriebes und ihrer Selbsteinschätzung erleben, sehen sie selbst keine Notwendigkeit, sich einer Therapie zu unterziehen.

So kann eine Einweisung und Behandlung gegen ihren Willen notwendig werden. Behandelt werden die Betroffenen zumeist ein Leben lang mit Medikamenten zur Stimmungsstabilisierung und mit Psychotherapie. In der akuten manischen Phase werden hochpotente Neuroleptika oder auch Antipsychotika, wie zum Beispiel Olanzapin empfohlen.

Eine Lithiumbehandlung gilt als Langzeitvorbeugung vor allem bei wiederkehrenden manischen Episoden als hilfreich. Nach Abklingen der manischen Episode sollte eine Therapie eingesetzt werden, damit die Betroffenen die psychischen und sozialen Folgen der Episode verarbeiten können und um Verhaltensweisen zu ändern, die im Zusammenhang mit der manisch-depressiven Erkrankung stehen.

Komplikationen

Durch die Logorrhoe kommt es zu schweren psychischen und sozialen Beschwerden. In der Regel wird bei dieser Krankheit die Lebensqualität des Patienten erheblich eingeschränkt und es kommt zu deutlichen Einschränkungen und Beschwerden im Alltag des Patienten. Die Betroffenen verlieren dabei jegliche Selbstkontrolle und können sich nicht mehr orientieren und konzentrieren.

Es kommt dabei zu Beleidigungen und Beschimpfungen. Vor allem Menschen, die mit dieser Krankheit nicht vertraut sind, können diese als einen Angriff wahrnehmen, sodass es eventuell zu Verletzungen oder zu einem Streit kommt. Auch die sozialen Kontakte des Betroffenen leiden extrem unter der Krankheit, da die Betroffenen extrem viel reden.

Nicht selten findet das Reden auch in einer hohen und vor allem unangebrachten Lautstärke statt, sodass sich andere Menschen belästigt fühlen können. Ebenso können die Patienten keinen Informationsgehalt aufnehmen. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt durch einen Psychologen. In der Regel kann in schwerwiegenden Fällen eine Behandlung auch in einer geschlossenen Klinik stattfinden.

Dabei werden Therapien und Medikamente eingesetzt. Nicht selten zeigen Antipsychotika allerdings Nebenwirkungen, sodass die Betroffenen in der Regel müde und abgeschlagen wirken. Ob es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann in der Regel nicht allgemein vorausgesagt werden. Der Erfolg der Behandlung hängt auch stark vom Willen des Patienten ab.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Zeigen Menschen Verhaltensauffälligkeiten, wird die Abklärung und Unterstützung eines Arztes benötigt. Kommt es zu einem Auftreten, das im direkten Vergleich zu den Mitmenschen als ab der Norm wahrgenommen wird, sollte ein Arzt von den Beobachtungen unterrichtet werden. Da es bei einer Logorrhoe oftmals an einer Krankheitseinsicht des Betroffenen mangelt, ist ein Arztbesuch oftmals von den nahen Angehörigen zu initiieren. Die enge Absprache mit einem Arzt ist erforderlich, damit die richtigen Schritte für einen Behandlungsbeginn eingeleitet werden können. Zudem sollte das Vertrauensverhältnis zum Erkrankten aufgebaut werden, damit eine medizinische Versorgung angenommen wird und stattfinden kann.

Der Verlust der Selbstkontrolle ist ein wichtiger Hinweis für eine vorliegende Erkrankung. Menschen, die ohne Unterlass reden und sich mitteilen müssen, benötigen ärztliche sowie therapeutische Hilfe. Das Reden in einer hohen Lautstärke, die Nutzung von vulgären Ausdrücken und ein aggressives Auftreten, sobald der Betroffene unterbrochen wird, gelten als besorgniserregend. Ein Arztbesuch ist anzuraten, wenn der Erkrankte weder selbständig noch auf Bitten der anwesenden Personen zu einem Schweigen zu bewegen ist. Zwanghafte Verhaltenszüge oder ein manisches Auftreten müssen untersucht und behandelt werden. Kommt es zu einem Verlust des Müdigkeitsgefühls, reden ohne Punkt und Komma sowie einem hektischen Verhalten, ist ein Arztbesuch notwendig.

Behandlung & Therapie

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt bipolare Störungen zu den zehn Krankheitsbildern, die weltweit zu bleibenden Behinderungen führen. Medizinisch behandelt werden aber nur zehn bis 15 Prozent der Patienten. Bei dem großen Rest bleibt die Krankheit unerkannt, wird falsch oder zu spät diagnostiziert. Die ersten Symptome einer bipolaren Störung treten in der Regel zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr auf.

In seltenen Fällen können die ersten Krankheitsepisoden auch schon bei Jugendlichen vorkommen. Die erste Episode ist meistens eine depressive Phase, wodurch die bipolare Störung bis zum ersten Auftreten einer manischen Phase im Regelfall unentdeckt bleibt. Bei den meisten Patienten treten anfänglich ungefähr vier Episoden in zehn Jahren auf, wobei die Zwischenzeiten in den meisten Fällen völlig symptomfrei verlaufen.

Im weiteren Krankheitsverlauf nimmt die Zahl der Episoden zu und auch die Zwischenzeiten sind nun nicht mehr symptomfrei. Im Alter verringert sich die Häufigkeit der Episoden zumeist wieder. Ein relativ großer Teil der Patienten mit bipolarer Störung erreicht aber das Alter nicht. Denn die Suizidgefahr ist gefährlich hoch. »Jeder vierte Betroffene versucht im Verlauf der Erkrankung mindestens einmal, sich das Leben zu nehmen.«, heißt es in einem Schreiben der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS).


Aussicht & Prognose

Die Logorrhoe stellt ein Begleitumstand einer vorliegenden Situation dar. Die Redesucht ist keine eigenständige Erkrankung, weshalb auch keine eigene Prognosestellung stattfindet. Vielmehr wird der gesamte gesundheitliche Zustand für die Aussicht einer Genesung berücksichtigt. Es handelt sich bei der Logorrhoe um ein Symptom, das aufgrund eines vorübergehenden geistigen Zustandes oder aufgrund einer psychischen Störung vorhanden ist.

Befindet sich der Betroffene in einem alkoholisierten Zustand, stellt sich im Normalfall nach einigen Stunden eine Beschwerdefreiheit ein. Sobald die Giftstoffe aus dem Organismus abtransportiert werden, beginnt eine kontinuierliche Verbesserung der Gesundheit. Die gleiche Entwicklung ist bei Menschen zu beobachten, die Drogen konsumiert haben oder sich aufgrund verschiedener Erlebnisse in einem stark euphorisierten Zustand befinden. Auch hier zeigt sich meist binnen einiger Stunden eine Spontanheilung. Leidet der Betroffene unter einer Schizophrenie oder einer paranoiden Störung, ist die Prognosestellung erheblich verschlechtert. Bei beiden Erkrankungen handelt es sich um dauerhafte Störungen, bei denen Handlungsbedarf besteht.

In einer Langzeittherapie können verschiedene Symptome minimiert werden, eine Genesung tritt jedoch nach dem derzeitigen medizinischen Stand nicht ein. Liegt eine Erkrankung der Gedächtnistätigkeit vor, ist ebenfalls im Normalfall mit keiner Heilung zu rechnen. Bei einer Demenz ist mit einem kontinuierlichen Abbau der Funktionstätigkeit des Gedächtnisses zu rechnen. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich.

Vorbeugung

Krankhafte Geschwätzigkeit verweist also im pathologischen Sinne auf eine schwere psychische oder auch organische Störung. Neben dieser medizinischen und psychologischen Bedeutung ist die Logorrhoe aber auch ein Phänomen unserer Zeit. Als solches hat der Begriff längst Einzug in die Medien- und Gesellschaftskritik genommen.

Die Tatsache, dass in unterschiedlichen Medien, pausenlos alles kommentiert wird, ist mit dem Begriff Logorrhoe passend beschrieben. Wir texten uns permanent zu, auf Twitter, Facebook, in den Online-Ausgaben der Zeitungen, in Blogs und den Talkshows im Fernsehen.

»Das logorrhoeische Verhalten in den Medien hat die Kommunikationsmuster vieler Menschen in den vergangenen Jahren bereits derart beeinflusst, dass es als flächendeckendes Phänomen beschrieben werden kann. Auditive Grenzen werden immer häufiger überschritten, das schafft Entwicklungsstörungen bei Kindern, es verstört Männer, aber auch Frauen, die in diesem Redefluss die anderen und sich selbst verlieren«, beurteilt Astrid v. Friesen, Erziehungswissenschaftlerin, Journalistin und Autorin, das Phänomen.

Nachsorge

Bei Logorrhoe kann es zu verschiedenen Komplikationen oder Beschwerden kommen, sodass diese Krankheit auf jeden Fall durch einen Arzt untersucht und behandelt werden muss. Eine frühzeitige Diagnose wirkt sich meist positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus und kann eine weitere Verschlechterung der Beschwerden verhindern. Die meisten Betroffenen zeigen aufgrund von Logorrhoe starke Beschimpfungen und Beleidigungen. Um den psychischen Druck besser zu händeln, empfiehlt sich eine langfristige Unterstützung durch einen Psychologen. Mit Hilfe von Verhaltenstherapie erlernen Betroffene, die Reaktionen ihren sozialen Umfelds besser einzuschätzen und darauf angemessener reagieren zu können.

Mitunter werden begleitend Medikamente eingesetzt. Nicht selten zeigen Antipsychotika allerdings Nebenwirkungen, sodass die Betroffenen in der Regel müde und abgeschlagen wirken. Der offene Umgang mit der Erkrankung erweist sich dabei als beste Strategie, um weitere Beschwerden frühzeitig abzuwenden. Ob es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann in der Regel nicht allgemein vorausgesagt werden. Der Erfolg der Behandlung hängt auch stark vom Willen des Patienten ab.

Der weitere Verlauf der Krankheit ist sehr stark von der genauen Ursache abhängig, sodass eine allgemeine Prognose in der Regel nicht gegeben werden kann. Meistens wird die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Erkrankung jedoch nicht verringert.

Das können Sie selbst tun

Erkrankte können sich im Alltag, aufgrund der fehlenden Reflektionsmöglichkeit der Logorrhoe, wenig helfen und somit auch schwer selbst eine Verbesserung ihrer Gesundheit erreichen. Sie sind auf die Unterstützung von Angehörigen sowie Ärzten oder Pflegern angewiesen.

Der Lebenswandel sollte überprüft und optimiert werden. Bei einem starken Konsum von Koffein oder Alkohol werden die vorhandenen Beschwerden verstärkt. Im Alltag kann auf die Zufuhr von Getränken wie Cola, Kaffee oder Energiedrinks verzichtet werden, um die Symptome zu lindern. Die Aufnahme von Alkohol sollte vollständig unterlassen werden. Eine Überprüfung von regelmäßig eingenommenen Medikamenten und deren Inhaltsstoffen kann ebenfalls Aufschluss über ein verstärkt auffälliges Verhalten geben. Die verschriebene Arznei zur Behandlung der Logorrhoe sollte den ärztlichen Vorgaben entsprechend eingehalten werden. Eigenverantwortliche Entscheidungen, die einen Eingriff in den Behandlungsplan vorsehen, sind zu unterlassen.

Wichtig ist ein gutes Vertrauensverhältnis zu dem behandelndem Arzt sowie Therapeuten. Gemeinsam sollten Ziele in einer Behandlung oder Therapie erarbeitet werden, an denen aktiv gearbeitet werden kann. Dabei ist der Fokus auf die Verbesserung des Wohlbefindens ausgerichtet und die Bereitschaft zur Veränderung sollte gegeben sein. Sobald der Patient einer Logorrhoe die Kontrolle über das eigene Verhalten verliert, sollten Angehörige die Bereitschaft haben, aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht und zum Schutz des Betroffenen, eine Zwangseinweisung einzuleiten.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Gleixner, C., Müller, M., Wirth, S.: Neurologie und Psychiatrie. Für Studium und Praxis 2015/16. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2015
  • Möller. H.-J., Laux, G., Deister, A., Braun-Scharm, H., Schulte-Körne, G.: Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013

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