Kardiorenales Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einem Kardiorenalen Syndrom handelt es sich um eine Erkrankung, die gleichzeitig Herz und Nieren betrifft. Das Syndrom wird oft auch mit der Abkürzung KRS bezeichnet. Eine chronische oder akute Einschränkung der Funktion eines Organs führt zu einer Beeinträchtigung des anderen. Die Bezeichnung stammt ursprünglich aus der Therapie einer Herzinsuffizienz. Dabei wurde die Herzschwäche durch die Beeinträchtigung der Nierenfunktion begrenzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Kardiorenale Syndrom?

Die Diagnose des Kardiorenalen Syndroms erfolgt anhand bewährter diagnostischer Kriterien bezüglich Nieren- und Herzkrankheiten.
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Beim Kardiorenalen Syndrom beeinträchtigen sich Herz und Niere gegenseitig in ihrer Funktion. Die Wechselwirkungen zwischen den beiden Organen sind dabei je nach Einzelfall unterschiedlich. Jedoch lässt sich die Erkrankung in verschiedene Typen unterteilen.

Zur Unterscheidung einzelner Ausprägungen wird die Bezeichnung Kardiorenales Syndrom genutzt, wenn eine Erkrankung des Herzens zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Niere führt. Der Begriff Renokardiales Syndrom kommt zum Einsatz, wenn eine Erkrankung der Niere das Herz beeinträchtigt. Zudem schließt der Begriff auch den Zustand ein, in dessen Rahmen eine Grunderkrankung eine gleichzeitige Schädigung von Herz und Niere bewirkt.

Gesicherte Daten über die Häufigkeit des Kardiorenalen Syndroms sind kaum vorhanden. Personen, die an einer stabilen Herzinsuffizienz leiden, sind in 20 bis 60 Prozent der Fälle von einer chronischen Nierenschwäche betroffen. Dekompensiert sich die Herzinsuffizienz akut, erfolgt simultan eine Niereninsuffizienz mit beinahe 70 Prozent erhöhter Wahrscheinlichkeit. Liegt eine terminale Niereninsuffizienz vor, stellt eine Herzinsuffizienz die am häufigsten vorkommende Todesursache dar.

Ursachen

Bei der Entstehung des Kardiorenalen Syndroms beeinflussen sich Herz und Niere gegenseitig. Eine Herzinsuffizienz beeinträchtigt die Funktion der Nieren, wohingegen eine Niereninsuffizienz die Funktion des Herzens einschränkt. Das Kardiorenale Syndrom wird in vier Typen unterteilt.

Die Typen 1 und 2 umfassen die kardiorenalen Einflüsse. Hierbei führt eine Herzinsuffizienz zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion. Aus welchen Gründen dies geschieht, ist noch nicht vollständig erforscht. Ursprünglich lautete die Erklärung, dass die Nieren schlechter durchblutet werden, da die Pumpfunktion des Herzens herabgesetzt ist. Das entstehende Nierenversagen wird auch als prärenal bezeichnet.

Jedoch konnten diverse Studien keinen Zusammenhang zwischen der Ausprägung der Nierenschwäche und der kardialen Pumpfunktion nachweisen. Stattdessen erleiden vor allem solche Patienten ein Nierenversagen, bei denen ein gesteigerter Druck in den Venen gemessen wurde, die in das Herz einmünden.

Daher gehen Mediziner inzwischen davon aus, dass der Rückstau von Blut vor dem Herzen eine größere Rolle spielt. Bei den Typen 3 und 4 stehen renokardiale Einflüsse im Vordergrund. Eine Nierenschwäche bewirkt eine verstärkte Belastung des Herzens, da das Herz eine größere Menge Blut transportieren muss. Dadurch bildet sich allmählich eine Herzinsuffizienz aus.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Kardiorenale Syndrom manifestiert sich je nach Typ und Stadium durch verschiedene Symptome.

  • Typ 2 ist durch chronische Herz- und Niereninsuffizienz geprägt. Auch sind Fehler an den Herzklappen sowie eine sogenannte Kardiomyopathie möglich. Bei
  • Typ 3 kommt es zu einem akuten Nierenversagen in Kombination mit einer akuten Herzerkrankung. Teilweise treten auch Herzrhythmusstörungen, ein akutes Koronarsyndrom oder Lungenödeme auf. Durch Kontrastmittel kann ein Nierenversagen hervorgerufen werden. Auch eine interstitielle Nephritis sowie ein Harnstau können sich bilden.
  • Typ 4 zeichnet sich durch chronische Nieren- und Herzinsuffizienz aus. Auch sind eine Glomerulonephritis und Zystennieren möglich.
  • Bei Typ 5 kommt es entweder zu einer akuten oder chronischen Herzinsuffizienz in Verbindung mit einem akuten Koronarsyndrom und akutem Nierenversagen. Sogar eine Sepsis und Diabetes mellitus sowie eine Amyloidose sind bei diesem Typ möglich. Zu beachten ist, dass eine klinisch exakte Einteilung oft unmöglich ist. Häufig treten eine chronische Herzinsuffizienz und eine chronische Niereninsuffizienz zusammen auf, da sie überwiegend auf die gleichen Risikofaktoren zurückzuführen sind.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des Kardiorenalen Syndroms erfolgt anhand bewährter diagnostischer Kriterien bezüglich Nieren- und Herzkrankheiten. Eine vorliegende Herzschwäche wird mit Hilfe der Kriterien der sogenannten European Heart Association diagnostiziert. Akutes Nierenversagen wird in der Regel anhand der RIFLE-Kriterien unterteilt und diagnostiziert, während bei einer chronischen Niereninsuffizienz die KDIGO- beziehungsweise KDOQI-Kriterien zum Einsatz kommen.

Grundsätzlich steht bei der Diagnose des Kardiorenalen Syndroms zunächst die Erörterung der Krankengeschichte des Patienten im Vordergrund, die dem behandelnden Facharzt Hinweise auf das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen gibt.

Komplikationen

Bei diesem Syndrom kommt es in den meisten Fällen zu verschiedenen Beschwerden. In der Regel leiden die Betroffenen dabei an Beschwerden an den Nieren und am Herzen. Die Lebensqualität wird dabei stark verringert und die Belastbarkeit des Betroffenen sinkt ebenso enorm ab. Im schlimmsten Falle kann es dabei zu einer vollständigen Niereninsuffizienz kommen, sodass der Patient auf eine Spenderniere oder auf die Dialyse angewiesen ist.

Weiterhin leiden die Patienten an Störungen des Herzrhythmus und können im schlimmsten Fall einen Herztod erleiden. Die Lebenserwartung wird durch dieses Syndrom verringert, wenn keine Behandlung eintritt. Ebenso kann es zu Beschwerden an der Lunge kommen, sodass die Patienten auch an einer Atemnot oder an einer Schnappatmung leiden. Nicht selten kommt es auch zum Diabetes.

Weiterhin können die verschiedenen Beschwerden auch zu psychischen Komplikationen oder zu Depressionen führen. Diese können bei einem Psychologen behandelt werden. Es ist nicht möglich, dieses Syndrom kausal zu behandeln. Aus diesem Grund findet die Behandlung ausschließlich symptomatisch statt. Dabei kann die Lebenserwartung gegebenenfalls eingeschränkt sein. In akuten Notfällen ist möglicherweise eine Organtransplantation notwendig.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn die typischen Symptome des Kardiorenalen Syndroms bemerkt werden, sollte ein Arzt konsultiert werden. Der Betroffene sollte ärztlichen Rat einholen, wenn er sich über mehrere Tagen oder Wochen unwohl fühlt. Symptome wie Harnstau oder Atembeschwerden deuten auf eine ernste Erkrankung hin, die der Abklärung durch einen Arzt bedarf. Spätestens, wenn Nierenbeschwerden auftreten, muss ärztlicher Rat eingeholt werden. Die betroffene Person sollte den Hausarzt oder einen Nephrologen aufsuchen.

Eine frühzeitige Diagnose verbessert die Chancen auf eine rasche Genesung. Erfolgt keine Behandlung, schreitet das Kardiorenale Syndrom weiter voran und ruft Beschwerden wie Nierenversagen oder eine Sepsis hervor. In diesem Stadium ist eine notärztliche Versorgung nötig. Der Betroffene muss umgehend in eine Praxis oder in ein Krankenhaus gebracht werden, da akute Lebensgefahr besteht. Nach der initialen Behandlung muss der Patient weitere Ärzte hinzuziehen, um etwaige Folgeerkrankungen auszuschließen bzw. zu behandeln. Personen, die an einer Herzinsuffizienz oder einer Niereninsuffizienz leiden, sind besonders anfällig für die Entstehung des Kardioarenalen Syndroms und sollten bei genannten Warnzeichen umgehend einen Arzt aufsuchen.

Behandlung & Therapie

Das Kardiorenale Syndrom wird je nach Typ und gezeigter Symptomatik behandelt. Zentral ist stets, die Grunderkrankungen zu therapieren und mögliche Risikofaktoren zu minimieren. Im Krankenhaus werden Betroffene vor allem bei einer akuten Flüssigkeitsüberladung (hydropische Dekompensation) behandelt.

Ödeme an den Gliedmaßen, Luftnot bedingt durch Lungenödeme oder auch Pleuraergüsse geben Hinweise auf die Flüssigkeitsüberladung. Um die Nierenfunktion zu unterstützen, muss der Flüssigkeitshaushalt reguliert werden. Bei einem Überschuss ist die Trinkmenge einzuschränken. Auch durch sogenannte diuretische beziehungsweise harntreibende Mittel ist eine Verminderung der Flüssigkeitsüberladung möglich.


Aussicht & Prognose

Neben einer ausführlichen ärztlichen Diagnostik und daraus erfolgtem Behandlungsplan kann auch der Betroffene selbst aktiv werden. Inwiefern dies möglich ist, hängt weitestgehend von der Krankheitsursache und der gewählten medizinischen Behandlung ab.

Das Vermeiden körperlicher Aktivität kombiniert mit Bettruhe hilft unabhängig der Ursache bei der Symptomlinderung. Eine mit dem Arzt abgestimmte Ernährungsumstellung und der Verzicht auf Suchtmittel kann die Medikamentendosis verringern und das Herz-Kreislauf-System entlasten.

Um die Nierenfunktion zu verbessern ist es erforderlich den Flüssigkeitshaushalt zu optimieren. Bei einem vorliegenden Flüssigkeitsüberschuss muss in Absprache mit dem Arzt die Flüssigkeitsaufnahme reduziert werden. Lebensmittel wie Spargel oder Karottensaft unterstützen diesen Effekt ebenso wie eventuell verordnete Diuretika. Sofern dies nicht den gewünschten Erfolg erbringt, kann zudem gemeinsam mit dem Arzt über eine vorübergehende Dialyse-Therapie gesprochen werden. Diese stabilisiert den Zustand der Niereninsuffizienz, bis die medikamentöse Behandlung der Herzinsuffizienz Erfolge zeigt.

Sofern hingegen ein Flüssigkeitsmangel vorliegt, wirkt eine gesteigerte Flüssigkeitsaufnahme in Form von Wasser, Kräuter- und Früchtetees oder Fruchtschorlen unterstützend. Selbstverständlich ist hier auf harntreibende Lebensmittel zu verzichten.

Da sowohl ein zu großer Flüssigkeitsentzug als auch eine zu große Flüssigkeitsaufnahme zu einer deutlichen Verschlechterung der Symptomatik führen, sind regelmäßige Kontrollen der Nierenfunktion und des Elektrolythaushaltes unumgänglich und die Eigentherapie entsprechend auf diese Werte angepasst werden.

Vorbeugung

Präventative Maßnahmen für das Kardiorenale Syndrom hängen eng mit der Vorbeugung von Herz- und Niereninsuffizienzen zusammen. Risikofaktoren im Lebensstil sollten minimiert werden. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Arzt geben frühzeitig Hinweise auf eine Verschlechterung der Organfunktionen von Herz und Niere.

Nachsorge

In den meisten Fällen sind die Möglichkeiten der Nachsorge bei diesem Syndrom stark eingeschränkt. Die Betroffenen sind dabei in erster Linie auf eine schnelle Diagnose mit der anschließenden Behandlung angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen und zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden kommen kann. Eine Selbstheilung kann dabei in der Regel nicht eintreten, da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt.

Falls beim Patienten ein Kinderwunsch besteht, sollte auf jeden Fall eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten des Syndroms zu verhindern. Im Allgemeinen sind die Betroffenen bei dieser Krankheit auf regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen durch einen Arzt angewiesen. Dabei müssen vor allem die Nieren und das Herz besonders gut und regelmäßig überprüft werden, um Schäden schon früh zu erkennen.

Ebenso sollte der Betroffene nicht zu viel trinken, um die Nieren nicht unnötig zu belasten. Auch stressige oder körperliche Aktivitäten sind bei dieser Krankheit zu vermeiden, damit es nicht zu einer Luftnot kommt. Meistens sind keine weiteren Maßnahmen einer Nachsorge mehr notwendig. Ob es durch dieses Syndrom zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommt, kann dabei nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Das Kardiorenale Syndrom bedarf in jedem Fall einer umfassenden ärztlichen Abklärung und Behandlung. Welche Maßnahmen die Betroffenen darüber hinaus selbst ergreifen können, hängt unter anderem von der Ursache der Beschwerden und der ärztlichen Behandlung ab.

Grundsätzlich können die Symptome der Erkrankung durch Schonung und Bettruhe gelindert werden. Bei Luftnot oder Ödemen an den Gliedmaßen empfehlen sich zudem medikamentöse Präparate, die durch Mittel aus der Naturheilkunde unterstützt werden können. Betroffene sollten hierfür mit ihrem Arzt sprechen und einen individuellen Behandlungsplan erstellen. Sinnvoll ist auch eine Umstellung der Ernährung. Patienten sollten sich gesund ernähren und auf Genussmittel wie Alkohol oder Nikotin verzichten.

Um die Nierenfunktion zu unterstützen, sollte ausreichend getrunken werden. Neben Mineralwasser bieten sich außerdem Kräutertee und verdünnte Fruchtschorlen an. Sollte ein Überschuss vorliegen, muss die Trinkmenge reduziert werden. In schweren Fällen müssen harntreibende Mittel eingenommen werden. Auch natürliche Mittel wie Spargel oder Karottensaft können den Harndrang fördern und so zu einer Linderung der Beschwerden beitragen. Sollten diese Maßnahmen keine Wirkung zeigen, muss mit den Beschwerden zu einem Arzt gegangen werden.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010

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