Muskelentzündung (Myositis)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Myositis oder Muskelentzündung kann erblich bedingt oder durch verschiedene Erreger verursacht sein. Infektionen, Immunstörungen, Parasiten, Viren, Bakterien oder Toxine können solche Muskelentzündungen auslösen. Das erschwert sowohl die Diagnostik als auch die Therapie der Myositis.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Muskelentzündung?

Das klinische Spektrum der Myositis ist recht umfassend und reicht je nach Form und Ausprägung von leichten Gelenkschmerzen bis hin zu neurologischen Symptomen.
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Als Muskelentzündung oder Myositis bezeichnet man alle entzündlichen Erkrankungen von Muskeln des menschlichen Skeletts. Man unterscheidet dabei verschiedene Formen der Myositis. Die wichtigsten sind als Polymyositis, Einschlusskörper-Myositis oder Dermatomyositis bekannt.

Eine Myositis kann aber auch durch verschiedene bakterielle bzw. virale Erreger oder Infektionen sowie durch die Verletzungen von Muskeln ausgelöst werden. Eine Myositis tritt zuweilen auch aus erblichen Gründen auf, wie das Münchmeyer-Syndrom. Sie kann auch als Folge einer Gifteinwirkung entstehen. Es handelt sich bei der Myositis in unseren Breiten um eine relativ selten auftretende Erkrankung.

Am Häufigsten tritt beim erwachsenen Menschen im Alter über 50 Jahren die Einschlusskörper-Myositis auf. Die Dermatomyositis tritt jedoch insgesamt in der Bevölkerung häufiger auf. Interessanterweise treten beide Myositisformen bevorzugt im Kindes und Jugendalter und dann wieder nach der Lebensmitte auf.

Solche Muskelentzündungen können von Muskelschwächen in bestimmten Körperbereichen, Hauterscheinungen oder Schluckstörungen begleitet werden. Der Verlauf einer Myositis kann durchaus gut behandelbar sein. Die Myositis kann aber auch fortschreiten und dauerhafte Behandlungen im Krankenhaus erfordern.

Ursachen

Eine Myositis, die durch bestimmte Parasiten sowie bakterielle oder virale Krankheitserreger entsteht, ist in unseren Breiten eher selten anzutreffen. Viel häufiger kommt es zu einer Muskelentzündung, wenn eine entzündliche System-Erkrankung vorliegt.

Auch durch entzündlich-rheumatische Erkrankungen oder Bindegewebserkrankungen kann es zu einer Muskelentzündung kommen. Bei der Polymyositis und auch bei der Dermatomyositis nimmt man eine Auto-Immunerkrankung als Ursache der Muskelentzündung an. Die Einschlusskörper-Myositis wird hingegen auf degenerative und entzündliche Prozesse zurückgeführt.

Typischerweise sind bei Patienten mit Myositis oft erhöhte Werte bestimmter Entzündungsparameter und Enzyme zu finden. Diese Enzyme sind aber nicht die Ursache der Myositis. Sie entstehen in den Muskelfasern und werden durch die Muskelentzündung vermehrt freigesetzt. Daher können diese Enzyme als diagnostische Hilfsmittel zur Feststellung einer Myositis dienen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das klinische Spektrum der Myositis ist recht umfassend und reicht je nach Form und Ausprägung von leichten Gelenkschmerzen bis hin zu neurologischen Symptomen. Patienten mit einer Polymyositis klagen in den Anfangsstadien der Erkrankung vor allem über unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Ebenso kann Fieber auftreten. Ein charakteristisches Symptom der Polymyositis ist ein muskelkaterähnliches Gefühl in den Muskeln der Arme und Beine. Diese Schmerzen treten unabhängig davon auf, ob sich die Patienten viel oder wenig bewegt haben. Viele Patienten klagen ferner über eine ausgeprägte Muskelschwäche. Diese tritt immer fortschreitend und symmetrisch, also auf beiden Körperseiten auf.

Menschen mit einer Myositis können die Arme nur schwer heben oder leiden unter Bewegungseinschränkungen der Beine und des Kopfes. Sowohl bei der Poly- als auch bei der Dermatomyositis können neben der Muskulatur auch innere Organe in ihrer Funktion beeinträchtigt sein. Falls die quergestreifte Muskulatur des Kehlkopfes und/oder der Lunge von der Erkrankung betroffen sind, treten Schluckbeschwerden und Atemnot auf.

Bei der Dermatomyositis zeigen sich zusätzlich zu den muskulären Beeinträchtigungen diverse Hauterscheinungen. Diese können unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein und in Einzelfällen sogar komplett fehlen.

Krankheitsverlauf

Vor einer Behandlung der Myositis muss die Diagnostik stehen. Mit einer elektrischen Spannungsmessung, einer Muskelbiopsie oder Elektroneurographie kann man der Myositis ebenso auf die Spur kommen wie mit der Messung der Enzymwerte in den Muskelfasern.

Erschwerend für die Diagnostik einer Myositis ist der Umstand, dass eine Muskelentzündung - je nach Form - über Monate oder Jahre hinweg entstehen kann. Man weiß heute, dass Patienten mit einer Dermatomyositis häufiger maligne bzw. bösartige Tumore entwickeln. Nekrosen oder eingewanderte Entzündungszellen können wichtige Hinweise über den Krankheitsverlauf geben.

Jede Form der Myositis hat ihre eigenen Diagnosekriterien. Trotzdem ist sie schwer festzustellen. Der Krankheitsverlauf geschieht schleichend und wird oft erst im fortgeschrittenen Stadium bemerkt. Zudem können Erkrankungen wie eine Muskeldystrophie die Diagnose erschweren.

Komplikationen

Eine Muskelentzündung kann verschiedene Komplikationen hervorrufen. Zunächst führt die Myositis zu Symptomen wie Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, Fieber und Appetitlosigkeit, die das Allgemeinbefinden verschlechtern und Dehydration oder Nährstoffmangel zur Folge haben können. Eine längere Erkrankung ist häufig auch mit Bettlägerigkeit verbunden. Die damit einhergehende Bewegungslosigkeit kann depressive Verstimmungen auslösen und bei älteren Patienten Ekzeme und Entzündungen hervorrufen.

Mitunter kann sich die Muskelentzündung auf umliegende Körperbereiche ausbreiten und schwere Komplikationen hervorrufen. Kommt es beispielsweise zu einer Ausbreitung auf den Knöchel, kann dieser verkapseln und schließlich versteifen. Wird eine Muskelentzündung nicht behandelt, verschlimmert sie sich zunehmend. Dadurch kann es zu Muskelschädigungen und in der Folge sogar zu Lähmungserscheinungen kommen.

Kann der betroffene Muskel dann nicht mehr wie früher bewegt werden, kann dies psychische Beschwerden begünstigen. Die Behandlung einer Muskelentzündung birgt ebenfalls Risiken. Die verordneten Antibiotika und Kortisonpräparate können Nebenwirkungen wie Durchfall und Hautreizungen auslösen. Bei einer Unverträglichkeit kann es zu Gelenkschmerzen, ernsten Darmerkrankungen und Depressionen kommen. Lähmungen und Muskelverletzungen können Verhärtungen auslösen, die bei unsachgemäßer Behandlung zu Gewebeschäden führen können.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer intensiven sportlichen oder anderen körperlichen Betätigung kann es zu Schmerzen oder einer Abnahme der gewohnten Leistungsfähigkeit kommen. Im Normalfall ist kein Arztbesuch notwendig. Reduzieren sich die Beschwerden innerhalb weniger Stunden oder nach einem erholsamen Nachtschlaf, wird kein Arzt benötigt. Der Organismus nutzt bei ausreichender Ruhe und Schonung die Zeit einer notwendigen Regeneration. Im Anschluss wird nach kurzer Zeit eine Beschwerdefreiheit erwartet.

Treten bei normalen alltäglichen Bewegungen Schmerzen oder andere Unannehmlichkeiten auf, sollte ein Arzt konsultiert werden. Halten die Beschwerden über mehrere Tage und Wochen an oder nehmen sie an Intensität zu, ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei Anzeichen wie einer Einschränkung der allgemeinen Mobilität, Müdigkeit, einer erhöhten Körpertemperatur oder einer geringeren körperlichen Belastbarkeit, ist ein Arzt aufzusuchen. Kommt es zu einer inneren Gereiztheit, einer Schonhaltung des Körpers oder einer schiefen Körperhaltung, wird ein Arztbesuch empfohlen. Veränderungen des Hautbildes, eine Druckempfindlichkeit oder eine erhöhte Sensibilität gegenüber Temperatureinflüssen sind untersuchen und behandeln zu lassen.

Besonders besorgniserregend sind Beeinträchtigungen der Atemtätigkeit. Treten Beschwerden beim natürlichen Schluckakt auf oder ist die Atmung erschwert, sollte unverzüglich eine ärztliche Abklärung der Symptome stattfinden. Die Muskelbeschwerden führen in diesen Fällen zu einer Beeinträchtigung der Organtätigkeit der Lunge und müssen medizinisch versorgt werden.

Behandlung & Therapie

Je nach Form und Schwere der Muskelentzündung muss man unterschiedlich therapieren. Als Standardbehandlung bei einer Muskelentzündung vom Typ der Dermatomyositis oder Polymyositis hat sich die Gabe von hoch dosierten Kortisonpräparaten bewährt.

Je nach Art der Myositis bessern sich die Beschwerden und man kann das Kortison nach einigen Wochen herunterdosieren. Manchmal ist der Verlauf einer Myositis aber auch mit Kortison nicht positiv zu beeinflussen. Dann kommen so genannte Immunsuppressiva oder -globuline zum Einsatz. Sie unterdrücken das Immunsystem in seinen Überreaktionen.

Patienten mit Einschlusskörper-Myositis werden mit Krankengymnastik oder Ergotherapie behandelt. Der Verlauf dieser Myositis macht oft aber auch eine Behandlung in einer Klinik nötig, die auf neuromuskuläre Krankheitsbilder spezialisiert ist. Bei Lähmungen oder Muskelverletzungen können Verhärtungen entstehen, die eine spezifischere Behandlung der Myositis nötig machen.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einer Muskelentzündung richtet sich nach der Ursache, der Art der Behandlung sowie der Dauer der Entzündung. Es können keine einheitlichen Aussagen hierzu getroffen werden.

Sind etwa autoimmun bedingte Leiden verantwortlich für die Muskelentzündung, ist meist eine wochenlange Therapie notwendig, um eine Besserung zu erzeugen. Zudem sind solche ursächlichen Leiden stets chronisch, weshalb zum einen eine lebenslange Therapie nötig und zum anderen ein Wiederauftreten der Myositis möglich ist. In solchen Fällen wird die Prognose umso besser, wenn Betroffene dank guter Bewegung und gut eingestellter Medikamente ihre Muskeln lange gesund halten können.

Sind lokale Infektionen oder anderweitige Entzündungen der Auslöser, bestimmt der Erfolg der Therapie über die Prognose. So kann es zuweilen mehrere Wochen dauern, bis es überhaupt zu einer Besserung kommt. Das Problem bei einer Muskelentzündung sind aber nicht die Schmerzen, sondern die später auftretenden Ausfallerscheinung. So können die Muskeln im Rahmen einer Entzündung unterversorgt werden oder verkümmern. Auch das Meiden von Bewegung aufgrund von Schmerzen führt zu Muskelschwund.

Es gilt, dass Betroffene nach einer überstandenen Myositis häufig geschwächt sind und eine Bewegungstherapie benötigen, um die Muskeln wieder aufzubauen. Muskelschäden infolge einer akuten Myositis gelten aber als gut reversibel.

Vorbeugung

Eine Vorbeugung gegen die Entstehung einer Myositis ist praktisch nicht möglich. Man kann sich zwar in gewissem Maße vor viralen, bakteriellen oder parasitären Krankheitserregern schützen, könnte aber durch andere Umstände trotzdem eine Myositis bekommen. Gegen eine Autoimmunerkrankung oder toxisch bedingte Myositis kann man vorbeugend nichts ausrichten.

Nachsorge

Die Erkrankung Myositis erfordert eine lebenslange Behandlung, da sie nach bisherigem wissenschaftlichem Stand nicht heilbar ist. Es geht im Rahmen der Nachsorge darum, die Entzündung zu hemmen und die Schwächung der Muskulatur zu minimieren und die Beweglichkeit der betroffenen Skelettmuskulatur ist zu erhalten.

Dafür ist eine Verlaufskontrolle notwendig, deren Umfang sich nach dem Ausmaß der Beschwerden richtet. Arzt und Patient vereinbaren regelmäßige Termine. In diesen werden benötigte Rezepte für Medikamente wie Kortison und Immunsuppressiva sowie für Physiotherapie und Ergotherapie ausgestellt. Unmittelbar nach der Diagnose wird oft eine Rehabilitationsmaßnahme angeordnet.

Der Patient erfährt unter fachlicher Anleitung, welche Konsequenzen die Myositis für sein Leben hat und wie er diesen begegnen kann. Allerdings muss für erfolgreiche Maßnahmen die Entzündung weitestgehend abgeheilt sein. Eine Nachsorgeuntersuchung umfasst in jedem Fall ein Gespräch über die Beschwerdesituation. Gerade der berufliche und private Alltag kann mit großen Schwierigkeiten versehen sein.

Mögliche Hilfsangebote werden gegebenenfalls erörtert. Darüber hinaus findet eine Blutuntersuchung statt, anhand der sich Entzündungsparameter ermitteln lassen. Dadurch kann der Arzt den Fortgang der Erkrankung dokumentieren und gegebenenfalls die Therapie anpassen. Der Behandlungserfolg hängt in entscheidender Weise von der Mitwirkungsbereitschaft des Patienten ab. Eine lange Schonung führt nicht selten zum Verlust der Muskelfunktionen.

Das können Sie selbst tun

Eine Muskelentzündung bedarf in der Regel einer umfassenden ärztlichen Behandlung. Begleitend dazu kann der Patient einige Maßnahmen ergreifen, um die Beschwerden zu lindern.

Zunächst sollte der betroffene Muskel geschont werden. Bei starken Schmerzen empfehlen sich warme Auflagen und Begleitmaßnahmen wie lindernde Tees oder sanfte Massagen. Auch ein Verband kann zu einer raschen Genesung beitragen. Krankengymnastik und Ergotherapie sind wichtige Bausteine der Therapie. Der Patient kann diese Maßnahmen zu Hause durch moderate Bewegung und individuelle Übungen unterstützten. Die Art des Workouts wird am besten in Zusammenarbeit mit einem Sportmediziner festgelegt. Sollte die Muskelentzündung mit Lähmungen, Muskelverletzungen oder Verhärtungen einhergehen, müssen weitere Maßnahmen eingeleitet werden. Meist wird eine medikamentöse Therapie begonnen, unterstützt durch Massagen und alternative Methoden aus der Chinesischen Medizin. In Rücksprache mit dem Arzt kann auch Akupunktur angewendet werden.

Eine Muskelentzündung heilt in der Regel innerhalb weniger Tage bis Wochen aus. Sollten die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, ist womöglich eine Behandlung in einer Klinik nötig. Die Betroffenen sollten den Arzt über etwaige Beschwerden informieren und diesem bei Neben- oder Wechselwirkungen der verordneten Medikamente eine Umstellung der Arzneimittelgabe vorschlagen.

Quellen

  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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