Schielen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter Schielen oder fachsprachlich auch Strabismus genannt, versteht man eine Fehlstellung der Augen, die in verschiedene Richtungen blicken. Die Augen können entweder beide nach innen oder nach außen gerichtet sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Schielen?

Durch die sichtbare Augenfehlstellung ist ein Schielen schon schnell diagnostizierbar. Um das Schielen genau feststellen zu können, werden verschiedene Sehtests durchgeführt, wie beispielsweise der Ab- oder Aufdecktest.
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Das Schielen ist für viele Betroffene nicht nur ein „kosmetisches Makel“, sondern es kann dabei auch eine Sehbehinderung vorliegen.

Da beim Schielen eins der beiden Augen nicht mehr zum anderen parallel steht, blicken beide in eine andere Richtung. Das Abweichen kann in jede Richtung erfolgen, jedoch treten am häufigsten die horizontalen Abweichungen auf, welche entweder zum Ein- oder Auswärtsschielen führen.

Da das Schielen ohne Behandlung bis hin zu einer starken Sehbehinderung eines gesunden Auges führen kann, ist es besonders bei Kindern eine rechtzeitige Behandlung wichtig. Das Schielen kann in drei Formen unterteilt werden: das latente Schielen, das Begleitschielen und das Lähmungsschielen.

Ursachen

Das Schielen kann verschiedene Ursachen haben; abhängig ist dies auch von der Form des Schielens. Die Ursache für das Begleitschielen und das latente Schielen liegt bei einem gestörten Gleichgeweicht der Augenmuskulatur.

Genaue Gründe für das Begleitschielen gibt es jedoch nicht, aber hierbei spielen auch genetische Faktoren eine Rolle. Oftmals findet man in der Verwandtschaft des Betroffenen eine weitere Person, die schielt oder früher geschielt hat.

Weit- oder Kurzsichtigkeit kann gleichzeitig vorhanden sein. Beim latenten Schielen kann das Auge die Seheindrücke nicht so gut verschmelzen, was besonders bei Müdigkeit oder langer Anstrengung der Augen auftritt.

Beim Lähmungsschielen liegt eine Lähmung der äußeren Augenmuskeln vor, was zum Beispiel durch Geburtsverletzungen, Tumoren, Entzündungen oder Durchblutungsstörungen bedingt sein kann.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kleinkinder können aufgrund ihres Entwicklungsstadiums den Seheindruck durch Schielen für eine bestimmte Zeit unterdrücken. Die Suppression gilt als Schutzmechanismus und beugt dem Sehen von Doppelbildern vor. Allerdings provoziert das langfristige Unterdrücken des abweichenden Auges die Ausprägung einer Amblyopie (Schwachsichtigkeit). Betroffen sind davon Kinder mit einseitiger Blickverschiebung.

Das dominantere und häufig genutzte Auge wird bevorzugt vom Gehirn genutzt. Als Konsequenz verkümmert die Sehleistung des unterlegenen Auges über längere Zeit. Der Abfall fällt teils so drastisch aus, dass selbst große Objekte nur noch mit Mühe erkannt werden. Ein ähnlicher Verlauf ist in jungen Jahren bei der sogenannten Lähmungsfehlstellung zu beobachten.

Allgemein zieht Schielen nicht nur eine ästhetische Beeinträchtigung nach sich, sondern führt immer auch zu einer Sehbehinderung. Erste Anzeichen des Strabismus äußern sich in zitternden Augen und einer schiefen Kopfstellung. Lichtempfindlichkeit, gehäufte Fälle von Kopfschmerzen sowie Konzentrationsabfall kommen hinzu. Brennende Augen und ständiges Blinzeln begleiten eine sich im Anschluss manifestierende Leseschwäche.

Latentes Schielen tritt nur unter bestimmten Einflussfaktoren wie Stress, Überanstrengung oder Alkoholkonsum zutage. Diese versteckte Variante sorgt für rasche Ermüdung und verschwommene Seheindrücke mit einem Hang zu doppelten Konturen oder Bildern. Vor allem auf ein später erworbenes Schielen im Erwachsenenalter trifft diese Beschreibung zu.

Lähmungserscheinungen bei ausgewachsenen Personen führen zu einem plötzlichen Schielen und einer schlagartigen Sehbeeinträchtigung (Doppelbilder) in Kombination mit Übelkeit und Schwindel. Betroffene nehmen oft eine kompensatorische Kopfhaltung zur Entlastung des erkrankten Auges ein.

Diagnose & Verlauf

Durch die sichtbare Augenfehlstellung ist ein Schielen schon schnell diagnostizierbar. Um das Schielen genau feststellen zu können, werden verschiedene Sehtests durchgeführt, wie beispielsweise der Ab- oder Aufdecktest.

Dabei wird ein Auge abgedeckt und der Arzt kann anschließend beobachten, ob sich das andere Auge neu einstellen kann; es handelt sich in diesem Fall um ein Begleitschielen. Beim Aufdecktest wird festgestellt, ob sich das Auge bei der Verschmelzung zu langsam bewegt und ob damit ein latentes Schielen vorhanden ist.

Mit den beschriebenen Tests können aber auch andere Sehstörungen festgestellt werden. Der weitere Verlauf des Schielens hängt unter anderem von der frühzeitigen Therapie ab. Beispielsweise kann das Begleitschielen im Kindesalter ohne eine Behandlung zu einer dauerhaften Fehlsichtigkeit führen, welche dann ab dem Grundschulalter nicht mehr behoben werden kann. Daher sollte das Schielen bestenfalls im Vorschulalter erkannt werden, damit die Prognose für ein scharfes und räumliches Sehen so gut wie möglich ausfällt.

Komplikationen

Ein unbehandeltes Schielen bei Kindern kann schwerwiegende Folgen haben. Häufig entwickelt das nicht genutzte Auge eine ausgeprägte Sehschwäche, die ohne rechtzeitige Gegenmaßnahmen dauerhaft bestehen bleibt. Begleitend dazu kommt es meist zu Kopfschmerzen, die sich zu einer chronischen Migräne entwickeln können. Tritt das Schielen erst im späteren Leben auf, können erhebliche Sehprobleme auftreten.

Eine eingeschränkte Sicht erhöht das Unfallrisiko und schränkt den Betroffenen ganz allgemein erheblich im Alltag und im Berufsleben ein. Schielen hat auch psychische Folgen. Der Betroffene leidet häufig unter Ausgrenzung und entwickelt in der Folge oft einen Minderwertigkeitskomplex oder eine Depression. Bei der operativen Behandlung des Schielens kann es zum Verlust oder zur Erblindung kommen. Außerdem sind Verletzungen des Augapfels sowie Blutergüsse und Narben denkbar.

Sehr selten verschlechtert sich die Sehkraft nach einer Operation. Unter Umständen wird das Schielen über- oder unterkorrigiert und die Doppelbilder bleiben bestehen oder nehmen sogar noch zu. Auch bei Hilfsmitteln wie Schiel-Brillen besteht das Risiko einer Über- oder Unterkorrigierung. Kurz nach dem Eingriff sind Komplikationen wie Schmerzen, Blutungen oder Entzündungen am Auge möglich.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Schielen eines Auges ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom einer Grunderkrankung. In den meisten Fällen tritt das Schielen eines Auges bereits bei der Geburt auf. Ein Auge hat mehr Sehkraft als das andere, sodass es zum Schielen kommen kann. Ein entsprechender Facharzt sollte unmittelbar und unverzüglich aufgesucht werden, damit es im späteren Alter nicht zu Komplikationen kommt. Unter Umständen lässt die Sehkraft nach, sodass sich das Schielen innerhalb kurzer Zeit verstärken kann. Mittels einer entsprechenden Behandlung kann ein Schielen jedoch effektiv und schnell behandelt werden.

Ganz anders gestaltet sich der Krankheitsverlauf, wenn auf einen Besuch beim Arzt verzichtet wird. Das Schielen wird in diesem Fall stärker und es kann sogar zu einer Beeinträchtigung des Sehvermögens kommen. Wird dann immer noch kein Facharzt aufgesucht, kann es im schlimmsten Fall zu einem Verlust des Sehvermögens kommen. Wer diese und andere Komplikationen frühzeitig vermeiden möchte, der sollte frühzeitig einen Arzt aufsuchen.

Behandlung & Therapie

Auch bei der Therapie gegen Schielen ist die Form entscheidend. Die Behandlung des Begleitschielens fixiert sich auf das Stereosehen, was bedeutet, dass das Verschmelzen der Seheindrücke und das räumliche Sehen wieder besser gelingt.

Außerdem werden die Augenfehlstellungen in die Normstellung zu korrigieren. Das Schielen bei Kindern wird immer anfangs konservativ behandelt. Zum Beispiel mithilfe einer Brille und durch ein bestimmtes Augentraining, wodurch die Fusion bzw. das Verschmelzen einzelner Seheindrücke wieder verbessert werden soll.

Was ebenfalls zur Verbesserung der Fehlstellung des Auges genutzt wird, ist die Okklusionstherapie, bei der abwechselnd ein Auge mit einem Pflaster abgedeckt wird. Dieses Abkleben muss jedoch nach einem bestimmten Zeitplan erfolgen. Das schwächere Auge wird somit auch zum Sehen gezwungen und Kinder können dadurch gutes Sehen wieder erlernen.

Bei Erwachsenen wird eine Fusionsschulung dadurch erreicht, dass auf ein Brillenglas eine matte Folie aufgeklebt wird. Somit können Doppelbilder verhindert werden. Wer unter starkem Schielen leidet, kann auch eine Augenmuskel- Operation in Erwägung ziehen.

Oftmals wird dieser Eingriff vorgenommen, wenn das beidäugige Sehen durch die konservative Therapie nicht mehr erreicht werden kann. Das Lähmungsschielen wird ähnlich behandelt, wenn es sich nicht sogar von allein nach mehreren Wochen zurück bildet.

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Vorbeugung

Dem Schielen kann nicht vorgebeugt werden. Es können nur prophylaktisch die Folgen bei bestehendem Schielen vermindert werden, indem eine frühzeitige Therapie begonnen wird. Das bezieht sich vor allem auf Kinder, da vor allem im Kindesalter Schielen auftritt und festgestellt wird.

Bei Schielen ist eine konsequente Nachsorge ratsam, um ein mögliches Wiederkehren der Symptome nach einer erfolgreichen Behandlung zu vermeiden. Dies ist vor allem bei Kindern zu beachten, da sich der Zustand der Augen in ihrem Alter noch verändert. Sollte das Schielen nach einer abgeschlossenen Therapie dennoch wiederkommen, werden im Rahmen der Nachsorge weitere Behandlungswege erörtert. Unter Umständen ist eine zweite Operation notwendig.

Nachsorge

Eine Nachsorge nach einer Operation gegen Schielen ist sinnvoll, um den Heilungsprozess zu überwachen. Daher wird der Patient ungefähr eine Woche nach der Operation bei seinem Augenarzt vorstellig. Bei der Nachuntersuchung wird kontrolliert, inwieweit das Auge bereits abgeschwollen und der derzeitige Zustand nach der Operation den Erwartungen entspricht.

Überdies behandelt der Augenarzt bei der Nachsorge die üblichen Beschwerden nach einer Operation. Mithilfe von Tropfen oder Medikamenten wird dem Wundschmerz am operierten Auge entgegengewirkt. Die Bindehäute sind nach einer Schieloperation geschwollen. Eine regelmäßige Kontrolle ist wichtig, um Entzündungen und Reizungen vorzubeugen beziehungsweise um sie zu therapieren.

Bei schielenden Kindern wird der Augenarzt Übungen machen, um die Sehkraft zu erhöhen und damit den Zustand der Augen dauerhaft zu verbessern. Diese Sehschule wird bei Kindern zu bis 15 Jahren angewandt. Anschließend verändert sich die Sehschärfe nicht mehr.

Das können Sie selbst tun

Im Alltag sollten die Umgebungseinflüsse beim Lesen, bei Arbeiten an einem Bildschirm oder beim Fernsehen auf die natürlichen Bedürfnisse des menschlichen Auges abgestimmt sein. Die Lichtverhältnisse sind zu überprüfen und der Abstand des Menschen zu einem lesbaren Element sollten optimiert werden. Zu grelle wie auch zu dunkle Lichtverhältnisse beanspruchen das menschliche Auge stärker, als es anzuraten ist. Dies kann zu Problemen oder weiteren Beeinträchtigungen des Sehvermögens führen.

Ist das Schielen nicht sehr stark ausgeprägt, kann durch gezieltes Augentraining in eigener Regie eine Verbesserung angestrebt werden. Das Lesen mit nur einem Auge stellt dabei eine übliche Technik dar, die selbstständig jederzeit genutzt werden kann. Abwechselnd sollten dabei Texte oder Bilder mit dem rechten und anschließend mit dem linken Auge fixiert werden. Insgesamt ist stets darauf zu achten, dass beide Augen nach Möglichkeit gleich stark beansprucht werden. Eine Überbelastung von nur einem Auge ist zu vermeiden.

Insbesondere bei Kindern kann die Augenfehlstellung durch eine gezielte Einflussnahme des sichtbaren Bereiches korrigiert werden. Ein bewusst angestrebtes und selbst initiierte Schielen der Augen sollte grundsätzlich von Menschen in jedem ein Lebensalter vermieden werden. Dieser Vorgang kann vorhandene Probleme verstärken und einen negativen Einfluss auf eine etwaige Therapie haben.

Quellen

  • Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Kaufmann, H., Steffen, H. (Hrsg.): Strabismus. Thieme, Stuttgart 2012
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014

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