Myasthenia gravis pseudoparalytica

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis pseudoparalytica ist eine Muskelschwächeerkrankung, die zu einer schnellen Ermüdbarkeit der menschlichen Muskulatur führt. Die Krankheit kann Menschen jeglichen Alters betreffen und steht im Zusammenhang mit psychischem Stress. Bei einer schnellen Behandlung bilden sich die Symptome der Myasthenia gravis pseudoparalytica meist rasch zurück.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Myasthenia gravis pseudoparalytica?

Erste Anzeichen für eine Myasthenia gravis pseudoparalytica sind meist durch die schnelle Muskelermüdung bedingte Sehstörungen. Typisch ist das Sehen von Doppelbildern, häufig erschlaffen die Oberlider der Augen ein- oder beidseitig und hängen herab (Ptosis).
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Bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica handelt es sich um eine recht selten Form der Muskelschwäche. Kennzeichnend für diese Autoimmunerkrankung ist die rasche Ermüdung der Muskulatur. Hauptsächlich von der Muskelschwäche betroffen sind die Augen und das Gesicht.

Bei einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung können jedoch auch weitere Muskelgruppen, darunter auch das Herz und die Lunge, betroffen sein. Patienten, die an einer Myasthenia gravis pseudoparalytica erkrankt sind, haben Symptome, die einer Lähmung ähneln.

Ursachen

Die Ursachen für eine Myasthenia gravis pseudoparalytica liegen in einer gestörten neuromuskuläre Übertragung, was bedeutet, dass die Signale zwischen den Muskeln und Nerven des betroffenen Patienten nicht richtig übertragen werden.

Bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica handelt es sich um eine Erkrankung, bei der sich das Immunsystem eines Menschen gegen den eigenen Körper richtet. Mediziner bezeichnen dies auch als Autoimmunerkrankung. Im Falle der Myasthenia gravis pseudoparalytica stört diese Autoimmunreaktion die neuromuskuläre Übertragung, was die schnellere Ermüdung der Muskulatur mit den Symptomen einer Lähmung zur Folge hat.

Doch auch wenn der Thymus - ein Drüse im Brustbein des Menschen - aufgrund einer Krankheit, beispielsweise eines bösartigen Tumors, verändert ist, kann dadurch eine Myasthenia gravis pseudoparalytica entstehen. Der Thymus ist für die Steuerung des menschlichen Immunsystems verantwortlich, weshalb es bei einer erkrankten Drüse zu einer Autoimmunreaktion kommen kann.

Bei etwa 80 Prozent aller an Myasthenia gravis pseudoparalytica erkrankten Patienten findet sich eine Störung des Thymus. Doch auch psychische Belastungssituationen wie beispielsweise ein Todesfall oder eine Schwangerschaft können Ursache einer Myasthenia gravis pseudoparalytica sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Erste Anzeichen für eine Myasthenia gravis pseudoparalytica sind meist durch die schnelle Muskelermüdung bedingte Sehstörungen. Typisch ist das Sehen von Doppelbildern, häufig erschlaffen die Oberlider der Augen ein- oder beidseitig und hängen herab (Ptosis). Bei etwa 20 Prozent der Patienten beschränkt sich die Erkrankung auf diese Symptomatik, der Mediziner spricht dabei von einer reinen okulären Myasthenia gravis.

In vielen Fällen breitet sich die Krankheit jedoch auf andere Muskelgruppe aus, grundsätzlich können alle bewusst steuerbaren Muskeln betroffen sein. Eine relativ häufig auftretende Lähmung der Gesichtsmuskulatur geht mit dem Verlust der Mimik einher: Auffallend ist dabei der emotionslose Gesichtsausdruck des Erkrankten. Greift die Krankheit auf die Lippen-, Gaumen-, Zungen- und Kehlkopfmuskulatur über, sind Sprech- und Schluckstörungen die Folge.

Eine Beteiligung der Atemmuskulatur ist ebenfalls möglich und äußert sich durch zunehmende Atemnot: Im schlimmsten Fall kann es im Rahmen einer myasthenen Krise zu einer plötzlichen und massiven Verschlechterung mit akuter Erstickungsgefahr kommen. Nicht willentlich steuerbare Muskeln wie etwa der Herzmuskel werden durch die Erkrankung nicht beeinträchtigt.

Die Symptomatik der Myasthenia gravis pseudoparalytica verschlechtert sich in der Regel bei Belastung. Charakteristisch ist auch die Abhängigkeit von der Tageszeit: Die Beschwerden sind morgens eher schwach ausgeprägt und verstärken sich bis zum Abend deutlich.

Diagnose & Verlauf

Um eine Myasthenia gravis pseudoparalytica zu diagnostizieren, sollte sich der betroffene Patient an einen Neurologen wenden. Dieser wird den Patienten zunächst eingehend über seine Symptome befragen und anschließend mit bestimmten neurologischen Tests die Myasthenia gravis pseudoparalytica feststellen.

Die typischen Symptome sind neben der raschen Ermüdung der Muskulatur auch Sehstörungen, eine ausdruckslose Gesichtsmimik, Schluck- und Sprechstörungen und Herz- oder Lungenprobleme (z.B. Luftnot). Darüber hinaus kann eine Myasthenia gravis pseudoparalytica mit Hilfe verschiedener Medikamententests festgestellt werden. Mit diesen wird die neuromuskuläre Signalübertragung sowie die Belastbarkeit der Muskeln überprüft. Auch eine Elektromyographie kommt häufig beim Verdacht auf eine Myasthenia gravis pseudoparalytica zum Einsatz.

Mit Hilfe dieser Untersuchung wird die Aktivität und Ermüdbarkeit des Muskels analysiert. Um eventuelle Veränderungen an der Thymusdrüse festzustellen, empfehlen die meisten Ärzte zudem ein CT und Röntgenbild des Brustkorbs.

Bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica ist nicht von einer verringerten Lebenserwartung auszugehen und auch die Einschränkungen, die durch diese Erkrankung hervorgerufen werden, halten sich bei den meisten Patienten gering. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Neurologen sollten jedoch unbedingt erfolgen, um ein Fortschreiten der Myasthenia gravis pseudoparalytica rechtzeitig festzustellen.

Komplikationen

Durch die Myasthenia gravis pseudoparalytica leiden die Betroffenen an erheblichen Einschränkungen im Alltag. Es kommt dabei zu einer sehr starken Müdigkeit und Abgeschlagenheit des Patienten, sodass körperliche Tätigkeiten oder Sportarten für den Betroffenen nicht mehr möglich sind. Ebenso kommt es nicht selten zu Sehstörungen, die weiterhin die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern.

Die Betroffenen sehen unscharf oder Doppelbilder, mitunter kommt es zum sogenannten Schleiersehen. Die Muskeln wirken schwach, sodass es vor allem bei Kindern zu Störungen der Entwicklung kommen kann. Dabei kommt es nicht selten auch zu einer sozialen Ausgrenzung oder zu psychischen Beschwerden. Auch die Muskulatur im Gesicht ist von der Myasthenia gravis pseudoparalytica betroffen, sodass es zu Schluckbeschwerden kommen kann.

Durch die Schluckbeschwerden kommt es zu einer erschweren Einnahme von Flüssigkeiten und Nahrung, sodass die Patienten an Untergewicht oder an Mangelerscheinungen leiden können. In der Regel kann die Myasthenia gravis pseudoparalytica nicht kausal behandelt werden. Allerdings können die Beschwerden mit Hilfe von Medikamenten eingegrenzt werden, sodass die Lebenserwartung des Patienten nicht verringert wird. Dabei kommt es nicht zu besonderen Komplikationen und auch die Entwicklung des Kindes kann in gewöhnlicher Weise stattfinden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Leidet der Betroffene unter anhaltendem Stress oder seelischen Belastungen, sollte die Hilfe und Unterstützung eines Arztes oder Therapeuten in Anspruch genommen werden. Kommt es zu einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, einer Schwächung der Muskulatur oder können alltägliche Verpflichtungen nur eingeschränkt wahrgenommen werden, ist ein Arzt aufzusuchen. Bei einer schnellen Ermüdung, einem erhöhten Schlafbedarf sowie einer inneren Schwäche liegt eine Unregelmäßigkeit vor, der nachgegangen werden sollte. Ein allgemeines Krankheitsgefühl, Unwohlsein sowie Störungen des Sehvermögens müssen mit einem Arzt besprochen werden.

Kommt es zur Wahrnehmung von Doppelbildern, einem unscharfen Sehen oder einer erhöhten Unfall- und Verletzungsgefahr, ist ein Arzt zu konsultieren. Bei Störungen der Lautgebung, Unregelmäßigkeiten des Schluckaktes sowie Auffälligkeiten des Herzrhythmus besteht Handlungsbedarf. Da in schweren Fällen ein lebensbedrohlicher Zustand droht, sollte schnellstmöglich bei den ersten Anzeichen ein Arztbesuch stattfinden. Veränderungen der Muskulatur in Mund und Rachen müssen einem Arzt vorgestellt werden, damit es zu keinen Folgeerscheinungen wie Appetitverlust oder einer ungewollten Gewichtsabnahme kommt.

Bei einer Atemstörung, einer erschwerten Atemtätigkeit sowie Angstzuständen wird ein Arzt benötigt. Stellt sich ein akuter Zustand aufgrund einer Atemnot ein, muss ein Rettungsdienst alarmiert werden. Bis zu dessen Ankunft sind von Anwesenden Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten, damit das Überleben des Betroffenen gesichert ist.

Behandlung & Therapie

Der Neurologe wird bei einer Myasthenia gravis pseudoparalytica zu einer Behandlung mit Medikamenten raten, die das körpereigene Immunsystem (Immunsuppressiva) unterdrücken.

Auf diese Weise können die Symptome der Muskelschwäche in den meisten Fällen sehr gut und auch über einen längeren Zeitraum unterdrückt werden. Des Weiteren wirken sich Cholesterase-Hemmer positiv auf die gestörte neuromuskuläre Übertragung aus. Sie sind allerdings nicht für einen längerfristigen Einsatz geeignet, da die Wirksamkeit dieser Medikamente schnell nachlässt.

Bei sehr schweren Verläufen, für die eine krankhafte Veränderung oder ein Tumor der Thymusdrüse verantwortlich ist, oder bei Patienten unter 50 Jahren, wird häufig die Entfernung der Thymusdrüse empfohlen. Auch wenn die Symptome der Myasthenia gravis pseudoparalytica durch die Entfernung meist nur sehr langsam nachlassen, hilft sie einem Großteil der Patienten dauerhaft.


Aussicht & Prognose

Da die mit einer Myasthenia gravis pseudoparalytica einhergehenden Beschwerden stark in Ausprägung und Lokalisation variieren können, ist eine generelle Prognose schwierig. Aufgrund des in den meisten Fällen langsamen Verlaufs ist die Prognose aber bei frühzeitiger und angemessener Therapie günstig. Die Mehrheit der behandelten Betroffenen spricht gut auf die Behandlungsmaßnahmen an.

Die Beschwerden gehen zurück, sodass diese ein weitgehend normales Alltagsleben mit nur geringfügigen körperlichen Einschränkungen führen können. Auch auf die Lebenserwartung hat eine Myasthenia gravis pseudoparalytica keinen negativen Einfluss. Der jeweils behandelnde Arzt kontrolliert allerdings in regelmäßigen Abstand den Verlauf der Erkrankung, um frühzeitig Verschlechterungen feststellen und erforderliche Anpassungen in der Behandlung anordnen zu können.

Ohne Therapie verschlimmern sich dagegen in aller Regel die mit einer Myasthenia gravis pseudoparalytica einhergehenden Beschwerden. Dabei kommt es zu schweren Komplikationen. Insbesondere die Atemmuskulatur kann mit Fortschreiten der Erkrankung versagen. Dies ist nicht nur lebensbedrohlich und kann zu einem frühzeitigen Tod führen, sondern kann auch eine lebenslange künstliche Beatmung erforderlich machen. So ist beispielsweise früher, als noch keine moderne Therapie für die Erkrankung existierte, etwa ein Drittel der Betroffenen bereits in den ersten Erkrankungsjahren verstorben.

Vorbeugung

Es gibt keine wirksamen Möglichkeiten einer Myasthenia gravis pseudoparalytica vorzubeugen. Da psychischer Stress an der Entstehung der Krankheit beteiligt sein kann, ist es empfehlenswert, dass bereits erkrankte Patienten möglichst wenig psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Dadurch kann zumindest das Fortschreiten der Myasthenia gravis pseudoparalytica eingedämmt werden.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen bei einer Myasthenia gravis pseudoparalytica in den meisten Fällen nur sehr wenige und nur eingeschränkte Maßnahmen und Möglichkeiten einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Betroffene sollten aus diesem Grund schon möglichst früh einen Arzt aufsuchen, damit es zu keinen weiteren Kompilationen oder Beschwerden kommt. Je früher dabei ein Arzt kontaktiert wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf der Erkrankung.

Es kann nicht zu einer Selbstheilung kommen, wobei sich die Beschwerden meistens weiterhin verschlechtern, falls es nicht zu einer Behandlung kommt. Die meisten Betroffenen sind bei der Myasthenia gravis pseudoparalytica auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen. Dabei sollte immer auf eine regelmäßige Einnahme und ebenso auf eine richtige Dosierung geachtet werden, um die Beschwerden zu lindern und einzuschränken.

Bei Nebenwirkungen oder bei Fragen ist immer zuerst ein Arzt aufzusuchen. Dabei sollten auch jegliche Veränderungen auf der Haut immer sofort durch einen Arzt kontrolliert werden. Eine vollständige Heilung ist in der Regel nicht möglich. Häufig ist auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Myasthenia gravis pseudoparalytica sinnvoll, da es zu einem Austausch an Informationen kommt, welcher den Alltag erleichtern kann.

Das können Sie selbst tun

Abhängig von der Art der betroffenen Muskelgruppen und der Ausprägung der Muskelschwäche gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Alltag mit Myasthenia gravis pseudoparalytica zu erleichtern. Der Tagesablauf sollte auf die individuelle Leistungsfähigkeit abgestimmt sein – wichtig ist vor allem, genügend Pausen einzuplanen. Im Haushalt kompensieren Hilfsmittel wie Öffner für Flaschen und Einweggläser oder einfach zu bedienende Küchengeräte fehlende Muskelkraft, eine Stehhilfe unterstützt müde Beine. Oft benötigte Gegenstände werden am besten in Reichweite und nicht über Kopfhöhe aufbewahrt, Hausschuhe mit rutschfesten Sohlen verhindern Stürze auf glatten Böden. Beim Autofahren sparen Servolenkung und Automatikgetriebe wertvolle Kräfte.

Wird die Sehleistung durch Doppelbilder beeinträchtigt, hilft das Abdecken eines Auges mithilfe einer Augenklappe oder einer speziellen Kontaktlinse. Damit die Sehkraft des abgedeckten Auges nicht kontinuierlich abnimmt, muss das Hilfsmittel abwechselnd auf beiden Augen eingesetzt werden. Das Tragen einer Sonnenbrille empfiehlt sich, wenn Augenprobleme besonders bei hellem Licht auftreten.

Nikotin, Koffein und größere Mengen Alkohol können die Symptomatik vorübergehend verstärken, auch eine Reaktion auf stark riechende Substanzen wie Reinigungsmittel oder Parfüm ist möglich. Stress und emotionale Belastungen, aber auch Wetterwechsel und Infekte beeinträchtigen das Wohlbefinden der Betroffenen oft stark. Das Erlernen einer Entspannungstechnik, aber auch ein offener Umgang mit der Erkrankung ist gerade in schlechteren Phasen hilfreich.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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