Madonnenfinger

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Madonnenfinger sind dünne, lang gewachsene Finger, die das Symptom einer übergeordneten Erkrankung darstellen. Es handelt sich um eine Variante der Arachnodaktylie, die häufig im Rahmen von Sklerodaktylie vorkommt. Die Behandlung von Madonnenfingern hängt von der primären Ursache ab, beinhaltet aber meist physiotherapeutische Schritte zum Erhalt der vollen oder anteiligen Bewegungsfähigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Madonnenfinger?

Die Behandlung von Madonnenfingern hängt von der primären Ursache ab, beinhaltet aber meist physiotherapeutische Schritte zum Erhalt der vollen oder anteiligen Bewegungsfähigkeit.
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Statuen der Maria wurden in der Frühzeit mit extrem dünnen Fingern ausgestattet. Von eben jenen Madonnenstatuen stammt der Terminus Madonnenfinger. Bei Madonnenfingern handelt es sich um ungewöhnlich dünn wirkende Finger, die in der Regel das Symptom einer übergeordneten Erkrankung sind.

Dünne Finger an sich haben nicht zwingend pathologischen Wert. Krankheitswert liegt nur dann vor, wenn die Gestalt der Finger mit weiteren Symptomen vergesellschaftet ist, so vor allem mit dermalen Symptomen wie wachsartiger Haut oder mit Bewegungseinschränkungen, wie sie durch verkrümmte Haltung oder pathologische Einlagerungen in den Fingergelenken entstehen können. Gerade eine verkrümmte Haltung der langen, dünnen Finger passt wieder zur namensgebenden Maria-Darstellung.

Abhängig von der Ursache sind Madonnenfinger mit mehr oder weniger starken Schmerzen assoziiert. Als primäre Ursache oder ursächliche Grunderkrankung kommen unterschiedliche Krankheitsbilder infrage. Die Sklerodaktylie ist mitunter am häufigsten mit dem Symptom der Madonnenfinger assoziiert. Madonnenfinger sind eine Form der Arachnodaktylie. Die Arachnodaktylie muss nicht zwingend Krankheitswert besitzen, aber kann in der Praxis nichtsdestotrotz auf Krankheiten verweisen.

Ursachen

Arachnodaktylien im Sinne von schmal und lang gewachsenen Fingern können eine physiologische Gestaltvariante sein. Der Ausdruck der Madonnenfinger wird in der Regel nur dann genutzt, wenn es sich bei einer Arachnodaktylie um ein Krankheitssymptom handelt. Eine mit Madonnenfingern assoziierte Erkrankung ist die Sklerodaktylie, bei der die Finger nicht nur außergewöhnlich dünn, sondern oft zusätzlich verkrümmt sind.

Bei dieser Erkrankung zeigen sich neben der Dünn- und Langfingrigkeit vor allem Hautsymptome wie eine Hautatrophie und Bewegungseinschränkungen, die auf schmerzhafte Schwellungen und Kontrakturen der Fingergelenke zurückzuführen sind. Abgesehen von der Sklerodaktylie kann auch eine Akrosklerose mit Madonnenfingern assoziiert sein, die wiederum mit Nekrosen der Fingerkuppen und der Einlagerung von Kalziumsalzen im Sinne einer Kalzinose einhergeht.

Außerdem können Madonnenfinger das Symptom eines Fehlbildungssyndroms sein. In diesem Zusammenhang sind die langen und schmalen Finger zum Beispiel für das Marfan-Syndrom typisch. Das Syndrom ruft durch eine autosomal-dominant vererbte Mutation eine Erkrankung des Bindegewebes hervor.


Krankheiten mit diesem Symptom

Diagnose & Krankheitsverlauf

Patienten mit Madonnenfingern besitzen ungewöhnlich dünne, meist lang gewachsene Finger. In der Regel sind Madonnenfinger mit weiteren Symptomen vergesellschaftet, die von der ursächlichen Erkrankung abhängen. Oft liegt zum Beispiel eine zusätzliche Sklerodermie vor, bei der sich Fibrosen und Sklerosen des Hautbindegewebes bilden.

Vor allem im Rahmen einer progressiv systemischen Sklerodermie ist die Haut der Patienten wachsartig und hart. Aus diesem Grund sind ihre dünnen Finger typischerweise von Bewegungseinschränkungen betroffen und werden in gekrümmt starrer Haltung gehalten. Sklerodaktylie und Akrosklerose sind häufig mit Madonnenfingern vergesellschaftet.

In einem solchen Fall treten an den Madonnenfingern schmerzhafte Kuppennekrosen ein, die das Gewebe absterben lassen. Außerdem kommt es zu Kalzinosen im Bereich der Finger. Oftmals sind die Nagelhäutchen der Patienten sklerotisiert und schmerzen. Die dünnen Finger können aufgrund von Akroosteolysen zusätzlich verkürzt sein.

Im Rahmen des Marfan-Syndroms sind die Madonnenfinger mit vielen weiteren Symptomen vergesellschaftet, die weitestgehend das Bindegewebe betreffen. In diesem Zusammenhang sind neben Skelettsymptomen kardiovaskuläre Symptome und Augenbeschwerden zu nennen.

Madonnenfinger können dem Arzt abhängig von den zusätzlich vorliegenden Symptomen ein Anlass zur Verdachtsdiagnose verschiedener Erkrankungen sein. Das Symptom selbst stellt der Arzt mittels Sichtdiagnose fest. In den meisten Fällen wird er zusätzlich bildgebende Verfahren wie die Röntgenbildgebung verwenden, um die ungewöhnliche Fingergestalt genau zu dokumentieren. Die Prognose hängt für Patienten mit Madonnenfingern von der ursächlichen Erkrankung ab.

Komplikationen

Der Patient erleidet durch unbehandelte Madonnenfinger in der Regel eine zunehmende und schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Hände. Abgesehen davon sind Maddonenfinger selbst komplikationslos. Als Symptom der Systemischen Sklerose jedoch sind sie äußerst bedenklich, denn diese chronische Krankheit kann unentdeckt im schlimmsten Fall zum Tod führen. Die Symptome der Autoimmunkrankheit, bei der sich die Haut durch einen Überschuss an Kollagen verändert, entwickeln sich dabei zunächst nur sehr langsam und schmerzlos.

Die zugehörigen Hautverhärtungen sind nicht heilbar. Durch eine Therapie kann lediglich eine Linderung der Symptome oder eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufs erreicht werden. Da beispielsweise ein Befall der Lunge oder anderer innerer Organe schwere Folgen wie Lungenfibrose oder Herzschwäche haben kann, ist eine ärztliche Behandlung bei der Systemischen Sklerose unausweichlich.

Die Madonnenfinger sollten dabei als eines ihrer ersten Anzeichen unbedingt ernst genommen werden. Weil die Systemische Sklerose als chronische Autoimmunkrankheit jedoch nicht leicht zu therapieren ist, sollte zwingend ein erfahrener Arzt konsultiert werden, um Komplikationen zu vermeiden. Das Deutsche Netzwerk zur Systemischen Sklerodermie hat daher eine Liste mit Kliniken und Ansprechpartnern veröffentlicht, um Patienten die Suche nach dem richtigen Arzt zu erleichtern.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In den meisten Fällen sollten Madonnenfinger auf jeden Fall durch einen Arzt untersucht und behandelt werden. Diese Krankheit führt in der Regel zu unangenehmen Beschwerden und Einschränkungen der Bewegung des Patienten und sollte daher nicht unbehandelt bleiben. Ein Arzt muss dann aufgesucht werden, wenn es zu Schwellungen und starken Schmerzen an den Fingern kommt und der Betroffene dadurch in seinem Alltag und Leben eingeschränkt ist.

In den meisten Fällen handelt es sich bei den Madonnenfingern nicht um das einzige Symptom. Weiterhin kommt es nicht selten auch zu Beschwerden an den Augen und damit zu einer verringerten Sehkraft. Auch bei diesem Symptom muss ein Arzt aufgesucht und eine Behandlung durchgeführt werden. In akuten Notfällen muss sich der Patient an einen Notarzt oder an ein Krankenhaus wenden, um die Madonnenfinger zu behandeln. Auch eine Herzschwäche kann mit den Madonnenfingern in Verbindung stehen und darf auf keinen Fall unbehandelt gelassen werden.

Behandlung & Therapie

Ein wichtiger Aspekt bei der Therapie von Madonnenfingern ist der Erhalt der Bewegungsfähigkeit und damit des manuellen Geschicks. Die meisten übergeordneten Erkrankungen mit symptomatischen Madonnenfingern können im Spätstadium unbehandelt zu starken Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben führen. Diesen Beeinträchtigungen wird vor allem durch bewegungstherapeutische Maßnahmen vorgebeugt.

In der Physiotherapie trainieren die Betroffenen ihre Finger regelmäßig und erhalten sich damit die Beweglichkeit. Alle weiteren Therapieschritte hängen von der jeweils übergeordneten Erkrankung ab. Dermale Symptome und Schmerzsymptomatik lassen sich zum Beispiel in Form eines Kälteschutzes und fettender Pflege vermindern. Da es sich bei Madonnenfingern lediglich um ein Symptom handelt, sind alle bis hierher genannten Behandlungsschritte als symptomatische Form der Therapie zu verstehen.

Zusätzlich zur symptomatischen Behandlung der Finger findet in der Regel eine kausale Behandlung der Grunderkrankung statt, die an der Ursache der Fingersymptome ansetzt. Bei Krankheiten wie dem Marfan-Syndrom ist eine kausale Therapie nicht möglich, da die Erkrankung durch eine Mutation hervorgerufen wird. In solchen Fällen findet ausschließlich symptomatische Behandlung statt. Beim Marfan-Syndrom ist vor allem die Prävention von schwerwiegender Skoliose entscheidend.

Aussicht & Prognose

In vielen Fällen kommt es durch die Madonnenfinger zu psychischen Beschwerden, da sich die Betroffenen nicht attraktiv fühlen. Dabei kann es ebenso zu Minderwertigkeitskomplexen und einem verringerten Selbstwertgefühl kommen. Ebenso leiden die Betroffenen an Einschränkungen in der Bewegung aufgrund der ungesunden und gekrümmten Haltung der Finger. Die Haltung ist starr und erlaubt keine dynamische Bewegung, wie es bei gewöhnlichen und gesunden Fingern der Fall wäre. An den Fingern kommt es ebenfalls zu Schmerzen.

Nicht selten wirkt sich das Symptom der Madonnenfinger auch auf die Augen aus, sodass es zu Augenbeschwerden kommt. Dabei kann die Sehstärke verringert werden. Falls es neben den Madonnenfingern auch zu weiteren Veränderungen an der Haut kommt, kann auch das Herz betroffen sein, sodass sich eine Herzschwäche ausbildet. Auch eine Autoimmunkrankheit kann sich einstellen und dabei die Lebenserwartung des Patienten verringern.

Die Behandlung findet in den meisten Fällen symptomatisch statt und zielt auf die Aufhebung der Bewegungseinschränkungen. Dabei können mit Hilfe von Therapien relativ gute Erfolge erzielt werden. Weitere Komplikationen und Beschwerden treten dann ein, wenn der Betroffene auch an Skoliose erkrankt ist.


Vorbeugung

Madonnenfingern lässt sich nur insoweit vorbeugen, wie den ursächlichen Erkrankungen vorzubeugen ist. Gerade beim Marfan-Syndrom besteht eine von wenigen Vorbeugemaßnahmen in der genetischen Beratung während der Phase der Familienplanung. So können sich Betroffene gegebenenfalls gegen eigene Kinder entscheiden, um das Syndrom nicht weiterzuvererben. Inwieweit eine derartige Entscheidung für Betroffene erforderlich ist, kann nur auf persönlicher Basis bestimmt werden.

Das können Sie selbst tun

Abnorm dünn und stark verkrampft wirkende Finger sind nicht nur optisch unschön, sondern gehen auch oft mit Schmerzen einher. Es gibt indes einige Selbstbehandlungsmöglichkeiten und Vorbeugemaßnahmen. Oberste Regel ist hierbei die Vermeidung von Kälte beispielsweise mittels Handschuhe oder Wärmepackungen. Zudem sind die Finger in Bewegung zu halten, um einer dauerhaft verkrümmten, starren Haltung entgegenzuwirken, etwa durch krankengymnastische Übungen.

Ziel einer Bewegungstherapie ist die manuelle Mobilisierung der Gelenke und die Wiederherstellung eines natürlichen Bewegungsflusses. Die einzelnen Fingerübungen sind nach Möglichkeit mehrmals täglich durchzuführen. Auch regelmäßige Handmassagen helfen. Elektrotherapie und Akupunktur sind gleichsam gute Optionen. Ginko-Extrakte haben in Langzeitstudien signifikante Ergebnisse erzielt. Ein altbewährtes Hausmittel ist das Kneten der Hände mit erwärmter geschälter Hirse. Generell ist streng darauf zu achten, dass die Haut nicht austrocknet.

Auf Tabakprodukte sollte verzichtet werden, da Nikotin das Krankheitsbild verschärft. Auch von Seifen ist abzuraten, weil sie in der Regel den Säureschutzschild der Haut schädigen. Das oftmalige Einfetten der Finger mit durchblutungsfördernden Lotionen, Cremes oder Salben verhindert, dass die Haut wächsern hart wird.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Berlin 2013
  • Largiadèr, F., Saeger, H.D., Keel, M.: Checkliste Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012

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