Jones-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Jones-Syndrom

Das Jones-Syndrom ist eine heriditäre Fibromatose, die mit Bindegewebswucherungen am Zahnfleisch und beidseitig fortschreitender Schallempfindungsschwerhörigkeit einher geht. Die Bindegewebswucherungen werden chirurgisch behandelt. Bei Hörverlust kann ein Cochleaimplantat die Hörfähigkeit widerherstellen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Jones-Syndrom?

Zusätzlich zur Fibromatose des Zahnfleisches leiden Patienten des Jones-Syndroms ab dem Erwachsenenalter an einer beidseitigen Schallempfindungsstörung.
© Tartila – stock.adobe.com

Als hereditäre gingivale Fibromatose wird eine Gruppe von angeborenen Erkrankungen bezeichnet, die durch das Leitsystem der Zahnfleischfibromatose gekennzeichnet sind. Neben dem Ramon-Syndrom zählt das Jones-Syndrom zu den gingivalen Fibromatosen. Das Jones-Syndrom ist eine äußerst seltene Erkrankung aus dieser Gruppe, die neben der Zahnfleischfibromatose eine zunehmende Schallempfindungsstörung auf beiden Ohren verursacht.

Die Prävalenz liegt schätzungsweise bei einem Fall auf 1.000.000 Menschen. Die Erkrankung wird in die Krankheitsgruppe des beidseitigen Hörverlusts durch Schallempfindungsstörung gefasst. Die Erstbeschreibung der Erbkrankheit geht auf das Jahr 1977 zurück. Als Erstbeschreiber gilt G. Jones, der der Erkrankung zu ihrem Namen verholfen hat. Seit der Erstbeschreibung sind kaum Fälle dokumentiert. Die bisher festgehaltene Fallzahl liegt weit unter 50. Diese begrenzte Forschungsgrundlage erschwert die Ursachenforschung.

Ursachen

Die Ursache des Jones-Syndroms ist bislang nicht abschließend geklärt. Wie alle anderen Erkrankungen aus der Gruppe der gingivalen Fibromatosen scheint das Jones-Syndrom nicht sporadisch aufzutreten. Stattdessen wurde eine familiäre Häufung des Syndroms beobachtet. So stammen die bisher beschriebenen Fälle aus nur zwei verschiedenen Familien. Damit ist das Jones-Syndrom vermutlich eine genetische Erberkrankung, der offenbar ein autosomal-dominanter Erbgang zugrunde liegt.

Die Erkrankungen aus der Gruppe der gingivalen Fibromatosen werden durch Mutationen verursacht. Als betroffene Gene sind bislang das SOS1-Gen an Gen-Ort 2p22.1 und Mutationen an Locus 5q13-q22, 2p23.3-p22.3 und 11p15 bekannt. Die ursächliche Mutation für das Jones-Syndrom konnte bislang nicht identifiziert werden. Ebenso wenig sind Faktoren bekannt, die neben der familiären Disposition eine Rolle für den Ausbruch der Krankheit spielen könnten.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Wie jedes Syndrom ist auch das Jones-Syndrom ein Komplex aus verschiedenen klinischen Charakteristika. Obwohl der Symptomkomplex einer angeborenen Erkrankung entspricht, gelangen die Symptome und klinischen Merkmale des Syndroms erst im Erwachsenenalter zur Manifestation. Zu den Leitsymptomen zählt ein Überwuchs des Zahnfleischs, der progredient fortschreitet und beim Erscheinen bleibender Zähne oft eine Verschiebung von bestimmten Zähnen verursacht.

Diese Fibromatose entspricht einer gutartigen Wucherung des Bindegewebes, die allmählich ihre Umgebung infiltriert. Bei der Geschwulstbildung können Myofibroblasten entstehen. Entartungen der Wucherungen sind extrem selten und wurden im Zusammenhang mit dem Jones-Syndrom bislang nicht beobachtet. Zusätzlich zur Fibromatose des Zahnfleisches leiden Patienten des Jones-Syndroms ab dem Erwachsenenalter an einer beidseitigen Schallempfindungsstörung.

Diese Art der Schwerhörigkeit entspricht einer sensorineuralen Schwerhörigkeit und betrifft das Innenohr mit seinen neuronalen Verbindungen zum Gehirn. Die Schwerhörigkeit schreitet bei Patienten des Jones-Syndroms progredient fort und verursacht etwa im mittleren Alter den vollständigen Hörverlust.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose auf das Jones-Syndrom wird meist nicht unmittelbar nach der Geburt, sondern erst im Erwachsenenalter und somit nach der Manifestation erster Symptome gestellt. In den meisten Fällen bewegt allein die Fibromatose des Zahnfleischs den Arzt noch nicht zwingend zu einem Verdacht auf das Syndrom.

Da die Patienten die Schallempfindungsstörung im frühen Erwachsenenalter oft noch nicht bemerken, erhalten sie oft bis ins mittlere Alter keine Diagnose. Spätestens nach der Manifestation der progredienten Schallempfindungsstörung liegt eine Diagnosestellung für den Arzt nahe. Neben einer Ostoskopie kann eine Biopsie der Zahnfleischwucherungen Instrument zur Diagnosestellung sein.

Eine molekulargenetische Analyse zur Sicherung der Diagnose ist bislang nicht möglich, da die ursächliche Mutation noch nicht auf ein bestimmtes Gen lokalisiert werden konnte. Wegen der Charakteristik der beiden Leitsymptome reichen der Nachweis über die fortschreitende Schallempfindungsschwerhörigkeit und der Beweis der Bindegewebswucherungen zur Diagnosestellung aus.

Komplikationen

Durch das Jones-Syndrom kommt es zu verschiedenen Beschwerden und Komplikationen beim Patienten. In den meisten Fällen leiden die Betroffenen an einer Schwerhörigkeit und ebenso an Verletzungen am Zahnfleisch. Die Schwerhörigkeit selbst kann sich dabei zu einem kompletten Hörverlust ausbilden. Dadurch wird der Betroffene in seinem Alltag extrem eingeschränkt.

Diese Beschwerden können allerdings mit Hilfe von Hörgeräten relativ gut behandelt werden. Weiterhin kommt es durch das Jones-Syndrom zu einem Überwuchs am Zahnfleisch, sodass sich die Zähne durch diese Beschwerde verschieben können. Dadurch leiden die Patienten an starken Schmerzen und nehmen dadurch bewusst weniger Nahrung oder Flüssigkeit zu sich. Ebenso können Wucherungen am Bindegewebe auftreten.

Die Beschwerden im Mundraum können ebenso mit Hilfe von operativen Eingriffen gut behandelt und entfernt werden, sodass es dabei nicht zu Komplikationen kommt. Sollten die Symptome nicht zu Beschwerden führen, muss auch nicht zwingend ein Eingriff stattfinden. Durch den Hörverlust leiden die Betroffenen nicht selten an Depressionen oder anderen psychischen Beschwerden. Diese können bei einem Psychologen behandelt werden. Die Lebenserwartung wird durch das Jones-Syndrom in der Regel nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Veränderungen des Zahnfleisches sind von einem Arzt untersuchen zu lassen. Kommt es zu Schwellungen im Mund, einem Engegefühl oder Verschiebungen der Zähne, sollte ein Arzt konsultiert werden. Werden beim Tragen von Zahnspangen oder einem Zahnersatz Unregelmäßigkeiten wahrgenommen, ist schnellstmöglich ein Arztbesuch anzuraten. Kommt es zu Beschwerden des Schluckvorgangs, Veränderungen der Atmung oder einer Verweigerung der Nahrungsaufnahme, muss ein Arzt aufgesucht werden.

Nimmt der Betroffene deutlich an Gewicht ab oder trinkt er zu wenig, droht eine Unterversorgung des Organismus. Ein Arztbesuch ist notwendig, sobald sich ein Gefühl der inneren Trockenheit einstellt. In schweren Fällen droht ohne eine ärztliche Versorgung eine Dehydration und damit ein lebensbedrohlicher Zustand. Leidet der Betroffene unter einer Verminderung der Hörfähigkeit, besteht ebenfalls Anlass zur Besorgnis. Bei einer einseitigen oder beidseitigen Schwerhörigkeit sollte ein Arzt die Beschwerden untersuchen und behandeln. Nimmt das Hörvermögen weiter zu oder kommt es zu weiteren Störungen, wie dem Verlust des Gleichgewichts, muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden.

Es droht andernfalls die Taubheit und damit der vollständige Verlust des Hörens. Erste Hinweise sind Auffälligkeiten sowie Einschränkungen der gewohnten Sprachgebung. Bei einem Krankheitsgefühl, Schwindel oder Gangunsicherheiten sollte der Betroffene eine Kontrolluntersuchung einleiten. Da die allgemeine Unfallgefahr erhöht ist, wird eine rechtzeitige und vorbeugende Hilfe benötigt.

Behandlung & Therapie

Kausale Therapien stehen derzeit weder für Patienten des Jones-Syndroms, noch für Betroffene anderer hereditärer gingivaler Fibromatosen zur Verfügung. Die Behandlung erfolgt ausschließlich symptomatisch. Die Fibromatose des Zahnfleischs erfordert unter Umständen eine chirurgisch korrektive Intervention, wenn die bindegewebigen Wucherungen den Rahmen sprengen.

Etwaige Verschiebungen der Zähne können durch eine kieferorthopädische Behandlung therapiert werden. Fehlbisse begünstigen Folgebeschwerden wie Kopfschmerzen und Kieferschmerzen. Solche Folgebeschwerden lassen sich durch die kombinierte Behandlung aus Bindegewebsentfernung und Kieferorthopädie vermeiden. Die Schallempfindungsschwerhörigkeit ist das schwerwiegendste Symptom des Jones-Syndroms.

Diese Art der Schwerhörigkeit ist bislang aber kaum therapierbar. Operationen und Medikamente versagen in diesem Fall. Der fortschreitende Hörverlust lässt sich daher nicht aufhalten. Allerdings existieren Möglichkeiten zur Kompensation. Im Anfangsstadium kann ein angepasstes Hörgerät die Hörverluste kompensieren. Nach vollständigem Hörverlust reicht ein Hörgerät zur Kompensation nicht mehr aus.

Die Ertaubung kann allerdings mittels eines Cochleaimplantats oder eines aktiven Mittelohrimplantats ausgeglichen werden, sodass den Patienten das Hören wieder möglich wird. Gentherapeutische Therapieansätze für Patienten hereditärer Erkrankungen sind aktuell ein Forschungsgegenstand der Medizin. Noch befinden sich solche Ansätze nicht der klinischen Phase. Allerdings kann in naher Zukunft eine Zulassung für die klinische Phase erfolgen. Krankheiten wie das bislang unheilbare Jones-Syndrom sind durch die Gentherapie in Zukunft eventuell heilbar.


Aussicht & Prognose

Die Prognose des Jones-Syndroms ist individuell zu bewerten. Da die Ursachenforschung der Störung bislang nicht vollständig abgeschlossen ist, erfolgt eine symptomatische Behandlung. Der Erfolg der Maßnahmen ist abhängig von der Ausprägung der Erkrankung. Aufgrund des Krankheitsverlaufes ist derzeit eine genetische Disposition wahrscheinlich. Da die Genetik des Menschen aufgrund rechtlicher Vorgaben nicht verändert werden darf, ist eine vollständige Genesung mit den bisherigen Möglichkeiten nicht gegeben. Der medizinische Fortschritt lässt dem behandelnden Arzt jedoch umfassende Therapiemöglichkeiten zu, so das eine Verbesserung des Wohlbefindens und eine Linderung der Beschwerden möglich sind.

Die Wucherungen des Bindegewebes werden in einem chirurgischen Eingriff behandelt. Dieser ist mit den üblichen Nebenwirkungen und Komplikationen verbunden. Dennoch sind die Risiken insgesamt für den Betroffenen überschaubar. Erfolgt die Entfernung des unerwünschten Bindegewebes ohne weitere Störungen, wird der Patient als genesen aus der Behandlung entlassen. Weitere Kontrollbesuche im Verlauf des Lebens sind notwendig, um bei möglichen Veränderungen unverzüglich reagieren zu können.

Kommt es aufgrund der Beschwerden zu einer starken Beeinträchtigung des Hörvermögens sind weitere Maßnahmen notwendig. Bei einer starken Schwerhörigkeit wird dem Patienten ein Implantat eingesetzt. Dies ermöglicht ihm eine verbesserte Hörfähigkeit, damit die Lebensqualität verbessert wird. Eine vollständige Regenerierung des Hörvermögens ist dennoch trotz des Implantates aktuell nicht möglich.

Vorbeugung

Für das Jones-Syndrom existieren bislang keine Vorbeugemaßnahmen, da die ursächlichen Zusammenhänge nicht endgültig geklärt sind. Wenn das Jones-Syndrom in einer Familie diagnostiziert wurde, können Familienmitglieder der Erkrankung ihrer Kinder höchstens vorbeugen, indem sie sich gegen eigene Kinder entscheiden. Da die ursächliche Mutation noch nicht identifiziert ist, stehen Eltern in der Familienplanung nicht einmal genetische Beratungen bezüglich des Jones-Syndroms zur Verfügung.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Jones-Syndrom nur sehr eingeschränkt Maßnahmen der Nachsorge zur Verfügung, sodass bei dieser Krankheit in erster Linie ein Arzt aufgesucht werden sollte. Da es sich bei dieser Krankheit um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, sollte bei einem Kinderwunsch zuerst eine genetische Untersuchung und Beratung erfolgen, um das erneute Auftreten des Syndroms zu verhindern.

Je früher dabei ein Arzt kontaktiert wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf bei dieser Erkrankung. Die Behandlung richtet sich stark nach der Ausprägung der Beschwerden, sodass auch der weitere Verlauf sehr vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig ist. Die Betroffenen sind dabei auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen, wobei immer auf die richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme zu achten ist.

Bei Unklarheiten oder Fragen sollte stets zuerst ein Arzt konsultiert werden. Ebenso sollten Betroffene bei Hörbeschwerden ein Hörgerät tragen, um die Symptome nicht zusätzlich zu verschlechtern. Eine vollständige Heilung des Jones-Syndroms ist meist nicht möglich, wobei das Syndrom die Lebenserwartung des Betroffenen in der Regel nicht verringert. Auch der Kontakt zu anderen Patienten der Krankheit kann sinnvoll sein, da es dabei häufig zu einem Austausch an Informationen kommt.

Das können Sie selbst tun

Welche Maßnahmen beim Jones-Syndrom selbst ergriffen werden können, hängt von den individuellen Beschwerden, der Konstitution des Patienten und der medizinischen Therapie ab.

Grundsätzlich müssen etwaige Kopf- und Kieferschmerzen behandelt werden, etwa durch verordnete Arzneimittel oder durch Hausmittel und Präparate aus der Naturheilkunde. Ein bewährtes Mittel ist zum Beispiel Belladonna, welches in Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden kann und Schmerzen rasch reduzieren sollte. Kommt es zu einer Schwerhörigkeit, muss der Betroffene ein Hörgerät tragen. Sollte es zum vollständigen Hörverlust kommen, ist psychologischer Rat gefragt, da eine Schwerhörigkeit in aller Regel eine enorme Belastung und eine Einschränkung der Lebensqualität darstellt.

Etwaige Kieferfehlstellungen bedürfen einer operativen Behandlung. Der Patient sollte sich nach einem Eingriff zunächst schonen und seine Ernährung anpassen. Zudem muss regelmäßig ein Arzt konsultiert werden. Im späteren Leben sollten Betroffene mit dem Jones-Syndrom eine therapeutische Beratung in Anspruch nehmen. Auch der Kontakt mit anderen Betroffenen hilft dabei, die Erkrankung zu verarbeiten und Strategien im Umgang mit den einzelnen Symptomen zu entwickeln. Die einzige Vorbeugungsmaßnahme besteht darin, auf Kinder zu verzichten.

Quellen

  • Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Ott, R., Vollmer, H.P., Krug, W.: Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2003

Das könnte Sie auch interessieren