Gallensäureverlust-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Gallensäureverlust-Syndrom entwickelt sich aus einem physiologisch bedeutsamen Verlust an Gallensäuren im Darm. Es äußert sich durch hartnäckige Durchfälle, die sich auch mit den üblichen Medikamenten nicht behandeln lassen. Ob kurative oder lediglich symptomatische Therapien möglich sind, hängt von der jeweiligen Ursache des Gallensäureverlust-Syndroms ab.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Gallensäureverlust-Syndrom?

Als Ursachen eines Gallensäureverlust-Syndroms gelten sowohl die Störung der Resorption von Gallensäuren im unteren Teil des Dünndarms (Ileum) als auch ihr verstärkter Abbau im Dünndarm durch Fehlbesiedlung mit Bakterien.
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Bei einem Gallensäureverlust-Syndrom kommt es, wie der Name bereits sagt, zu einem erheblichen Verlust von Gallensäuren im Darm. Gallensäuren sind notwendig zur Emulgierung von Nahrungsfetten, damit diese dann im Dünndarm resorbiert werden können. Gleichzeitig werden mit der Resorption von Fetten und Fettsäuren dort auch fettlösliche Vitamine aufgenommen.

Die Gallensäuren gelangen aus der Leber über die Gallengänge ins Duodenum (Zwölffingerdarm), verrichten dort ihre Funktionen und werden in der Regel im Ileum (unterer Abschnitt des Dünndarms) wieder zurückresorbiert. Die wieder aufgenommene Gallensäure wird nun über den enterohepatischen Kreislauf in die Leber zurückgeführt.

Nur ein kleiner Teil der Gallenflüssigkeit (etwa fünf Prozent) wird im Darm abgebaut. Dabei entsteht unter anderem das Abbauprodukt Bilirubin, welches dem Kot die braune Farbe verleiht. Die über den enterohepatischen Kreislauf recycelten Gallensäuren werden wiederum für den gleichen Prozess verwendet.

Deren geringer Verlust durch Abbau im Darm wird in der Leber durch Neusynthese aus Cholesterin ausgeglichen. Kommt es jedoch durch bestimmte Prozesse zu einem erheblichen Verlust an Gallensäuren, müssen diese verstärkt neu synthetisiert werden, um die normale Fettverdauung und Vitaminversorgung des Organismus aufrechtzuerhalten.

Ein Verlust der Gallensäuren wird dadurch hervorgerufen, dass diese in den Dickdarm gelangen und dort abgebaut werden. Das führt zu einem kompensierten oder in schwereren Fällen zu einem dekompensierten Gallensäureverlust-Syndrom.

Bei einem kompensierten Gallensäureverlust-Syndrom reicht die Kapazität der Gallensäureneubildung aus, um die normale Fettverdauung zu gewährleisten, während es bei der dekompensierten Form zur Malabsorption von Fetten und fettlöslichen Vitaminen mit den Symptomen einer Mangelernährung kommen kann.

Ursachen

Als Ursachen eines Gallensäureverlust-Syndroms gelten sowohl die Störung der Resorption von Gallensäuren im unteren Teil des Dünndarms (Ileum) als auch ihr verstärkter Abbau im Dünndarm durch Fehlbesiedlung mit Bakterien. Die Gallensäureresorption entfällt unter anderem bei einer Entfernung des Ileums im Rahmen einer Darmoperation bei Morbus Crohn.

Auch bei Morbus Crohn selber ist die Wiederaufnahme der Gallensäuren gestört. Ein verstärkter Abbau von Gallensäuren im Dünndarm findet beim sogenannten Blindsack-Syndrom statt. Das Blindsack-Syndrom ist durch eine sackartige Ausstülpung am Dünndarm gekennzeichnet. Hauptursache dieses Syndroms sind Operationen am Dünndarm.

In dieser Ausstülpung sammeln sich Reste des Darminhaltes und Gallensäuren, die unter intensiver Bakterienbildung abgebaut werden. So kommt es hier zu einem erheblichen Verlust an Gallenflüssigkeit, der zu einer massiven Störung der Fettverdauung, Vitamin-B12-Mangel und schwerer Anämie führen kann. Früher wurde vermutet, dass hauptsächlich diese beiden Ursachen für ein Gallensäureverlust-Syndrom verantwortlich seien.

Nach neueren Erkenntnissen leidet aber auch ein erheblicher Teil der Reizdarmpatienten an diesem Syndrom. Hier konnten noch keine erkennbaren Ursachen für die Resorptionsstörungen festgestellt werden. Trotzdem wird diese sogenannte idiopathische Form des Gallensäureverlust-Syndroms heute mit etwa 33 Prozent beziffert.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Gallensäureverlust-Syndrom äußert sich durch hartnäckige chologene Diarrhöen. Diese Durchfälle entstehen durch die osmotische Wirkung der Gallensäuren. Sie sind mit starken Bauchkrämpfen verbunden. Durch die Durchfälle kann es zu Gewichtsverlust und Dehydratation kommen.

In der Afterregion bilden sich häufig Ekzeme aufgrund von Reizwirkungen der Gallensäuren. Bei Nahrungskarenz bessern sich die Beschwerden. In den dekompensierten Fällen des Gallensäureverlust-Syndroms treten Fettstühle (Steatorrhö) auf, die sich durch regelrechte Fettfilme auf dem Wasser bemerkbar machen.

Da der Gallensäureverlust sehr groß ist, sinkt auch die Gallensäurekonzentration in der Gallenblase. In der Folge können Gallensteine und auch Harnsteine entstehen. Die Gallensteine stellen salzartige Ausfällungen von Gallensäuren dar, während die Harnsteine aus Oxalaten bestehen, da im Darm verstärkt Oxalsäure resorbiert wird. Bei dauerhafter Störung der Fettsäureresorption kommt es einem Mangel an den Vitaminen B12, A, D und F. Ein Vitamin-B12-Mangel kann langfristig zu einer perniziösen Anämie führen.

Diagnose

Es gibt mehrere Untersuchungsmöglichkeiten zur Feststellung eines Gallensäureverlust-Syndroms. Eine Möglichkeit ist die Stuhluntersuchung auf Gallensäuren. Aussagekräftiger ist der 15SeHCAT-Test. Ein weiterer Test, der 4C-Glykocholat-Atemtest, wird nur noch selten durchgeführt. Am besten bewährt hat sich die Gabe des Austauscherharzes Colestyramin. Wenn sich in diesem Fall die Beschwerden bessern, ist die Diagnose Gallensäureverlust-Syndrom gesichert.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es durch das Gallensäureverlust-Syndrom zu Beschwerden im Magen und am Bauch. Betroffene leiden dabei an starken Durchfällen und Schmerzen in diesen Regionen. Durch den Durchfall tritt auch eine Dehydrierung auf, falls Betroffenen nicht genügend Flüssigkeit uu sich nehmen. Ebenso kommt es zu einem Gewichtsverlust, welcher im Allgemeinen einen sehr ungesunden Zustand für den Körper darstellt.

Häufig treten auch Ekzeme und weitere Entzündungen im Magen auf. Im weiteren Verlauf der Krankheit kann ein Gallenstein- und Harnsteinleiden auftreten, welche in der Regel zu starken Schmerzen führen. Durch die Beschwerden kommt es nicht selten auch zu psychischen Belastungen. Der Patient ist dabei nicht mehr in der Lage, körperliche Belastungen oder Sportarten durchzuführen.

Die Lebensqualität wird daher durch das Gallensäureverlust-Syndrom stark eingeschränkt. Die Behandlung des Gallensäureverlust-Syndroms findet in der Regel kausal statt und richtet sich nach der grundlegenden Erkrankung. Dabei kommt es nur selten zu Komplikationen. In vielen Fällen ist ein operativer Eingriff notwendig, nach welchem die Symptome und Beschwerden allerdings wieder verschwinden. Es kommt dabei zu keinen weiteren Komplikationen und die Lebenserwartung des Patienten bleibt unverändert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei wiederholten und anhaltenden Durchfallerscheinungen, ist ein Arzt aufzusuchen. Kann der Durchfall trotz aller Bemühungen und einer Nahrungsumstellung nicht gestoppt werden, benötigt der Betroffene medizinische Unterstützung. Bei einer allgemeinen Schwäche, Abgeschlagenheit, dem Verlust des gewohnten Leistungsniveaus und Kräftemangel, wird ein Arzt benötigt. Kann die Bewältigung des Alltags aufgrund der Beschwerden nicht mehr geleistet werden, ist ein Arztbesuch notwendig.

Treten Mangelerscheinungen des Körpers auf, besteht Anlass zur Besorgnis und ein Arzt ist zu konsultieren. Dem Patienten droht eine Unterversorgung der Organe und damit Funktionsstörungen, die häufig schmerzlich sind. Bei Schwindel, ungewöhnlichen Darmgeräuschen, einer inneren Unruhe, Reizbarkeit sowie Hautveränderungen am After wird Hilfe benötigt. Der Patient sollte sich umfassend untersuchen und behandeln lassen, damit sich keine weiteren Erkrankungen ausbilden können.

Anhaltender Stress, auffällige Veränderungen des Verhaltens oder Wandlungen der Persönlichkeit sind mit einem Arzt zu besprechen. Kommt es zu einem Gefühl der Trockenheit im Organismus, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Es droht eine Dehydration, die einen medizinischen Notfall darstellt. Kommt es zu einem starken Gewichtsverlust, kann eine Mangelernährung vorliegen, die medizinisch versorgt werden muss, um weitere Komplikationen zu vermeiden. Bei Krämpfen im Magen oder Darm, einer erhöhten Körpertemperatur oder Blut im Stuhl ist ein Arztbesuch notwendig.

Behandlung & Therapie

Die beste Therapie eines Gallensäureverlust-Syndroms stellt die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung dar. Oftmals ist das aber nicht mehr möglich. Wenn beispielsweise der untere Dünndarmabschnitt (Ileum) im Rahmen einer Darmoperation entfernt werden musste, können nur noch symptomatische Behandlungen zur Besserung der Symptome durchgeführt werden.

In diesem Sinne hat sich das Austauscherharz Cholestyramin am besten gegen die Durchfälle bewährt. Es wird mit der Nahrung aufgenommen und absorbiert die Gallensäuren. So können diese nicht mehr ihre osmotische Wirkung gegen die Darmwände ausüben und die Durchfälle kommen zum Erliegen.

Allerdings sollte das Harz bei Fettstühlen nicht eingesetzt werden, weil sich hier die Mangelerscheinungen noch verstärken würden. Vitaminmangelerscheinungen müssen durch Vitaminsubstitution behandelt werden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose und der Krankheitsverlauf hängen von der Heilbarkeit der diagnostizierten Grunderkrankung ab. In vielen Fällen ist eine Beschwerdefreiheit nicht möglich, da die ursächliche Erkrankung irreparabel ist. Mussten Teile des Darms entfernt werden, kann der Patient des Gallensäureverlust-Syndroms nicht mehr vollständig genesen.

Im Fokus der Behandlung liegen bei diesen Patienten die Linderung der vorhandenen Symptome sowie die Verbesserung der aktuellen Lebensqualität. Bei einer Mangelernährung kann durch eine Umstellung der Ernährung und eine ausreichende Vitaminzufuhr eine deutliche Verbesserung der Gesundheit erreicht werden.

Rückfälle werden dokumentiert, sobald die Nahrungsaufnahme im weiteren Verlauf des Lebens nicht optimal stattfindet und an den Bedürfnissen des Organismus angepasst ist. Kann der Mangel an Vitaminen dauerhaft und stabil ausgeglichen werden, erlangt der Patient im Normalfall eine Beschwerdefreiheit. Auch bei irreparablen Grunderkrankungen ist durch eine ausgewogene und gesunde Ernährung eine Linderung der Beschwerden gegeben.

Das Wohlbefinden wird gestärkt, wenngleich keine Heilung eintritt. Der Umgang mit der Erkrankung wird in diesen Fällen für den Patienten erleichtert. Zusätzlich sind für eine gute Prognose des Gallensäureverlust-Syndrom die Stärkung der Psyche und eine optimistische Einstellung zum Leben elementar. Dadurch ist eine Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes möglich und der Umgang mit den Beschwerden ist für die Patienten besser auszuhalten.


Vorbeugung

Da das Gallensäureverlust-Syndrom hauptsächlich nach Darmoperationen bei schweren Darmerkrankungen auftritt oder durch unklare Ursachen hervorgerufen wird, kann eine spezielle Empfehlung zur Vorbeugung nicht gegeben werden.

Betroffene können aber durch eine gesunde, abwechslungsreiche und fettarme Ernährung zur Besserung der Symptome beitragen. Nahrungsergänzungsmittel mit mittelkettigen Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen werden empfohlen.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Patienten beim Gallensäureverlust-Syndrom keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Der Patient selbst ist dabei in erster Linie auf die medizinische Behandlung dieser Beschwerde angewiesen, um die Lebenserwartung nicht zu verringern. Dabei wirkt sich eine frühe Erkennung und Behandlung dieses Syndroms positiv auf den weiteren Verlauf aus und kann weitere Schäden verhindern.

Mitunter ist durch das Gallensäureverlust-Syndrom die Lebenserwartung verringert. In den meisten Fällen wird das Gallensäureverlust-Syndrom durch einen operativen Eingriff am Darm behandelt. Dabei sollte sich der Patient nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen.

Von Anstrengungen oder anderen stressigen Betätigungen ist daher abzusehen. Ebenso darf dabei nur noch leichte und fettarme Kost eingenommen werden, um den Darm und den Magen nicht zu überfordern. Mit Hilfe von Ergänzungsmitteln werden Mängel an Vitaminen und anderen Nährstoffen behandelt, sodass der Betroffene hierbei auf eine regelmäßige Einnahme und ebenso auf eine richtige Dosierung achtet.

Erst nach der erfolgreichen Behandlung des Gallensäureverlust-Syndroms sollte auf eine gewöhnliche Nahrung umgestiegen werden. Ebenfalls wirkt sich bei diesem Syndrom die Unterstützung und Pflege durch die eigene Familie positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus.

Das können Sie selbst tun

Es ist nicht möglich, das Gallensäureverlust-Syndrom direkt durch Mittel der Selbsthilfe zu behandeln. Die Betroffenen sind dabei immer auf eine ärztliche Behandlung angewiesen, die in der Regel mit einem operativen Eingriff durchgeführt wird, um die Krankheit vollständig zu bekämpfen.

Durch Mittel der Selbsthilfe können dabei lediglich die einzelnen Symptome abgeschwächt werden. Da es durch das Gallensäureverlust-Syndrom häufig zu Durchfall kommt, sollten die Betroffenen auf eine erhöhte Zufuhr an Flüssigkeit achten, um eine Dehydration zu vermeiden.

Ebenso können hier Ergänzungsmittel eingesetzt werden, um Mangelerscheinungen entgegenzuwirken. Allerdings sollte die Einnahme dieser Mittel immer mit einem Arzt besprochen werden. Dieser kann durch eine Blutuntersuchung auch feststellen, welche Mängel aktuell auftreten. Vor allem Vitamine müssen dabei häufig substituiert werden.

Weiterhin kann sich eine fettarme und abwechslungsreiche Ernährung positiv auf den Verlauf der Gallensäureverlust-Syndrom auswirken und die Symptome lindern. Die Ernährung sollte dabei gesund sein und im Rahmen eines gesunden Lebensstils erfolgen. Ebenfalls kann sich die Einnahme von Cholestyramin gut auf den Krankheitsverlauf auswirken. Damit werden die Beschwerden ebenso gelindert.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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