Pena-Shokeir-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Pena-Shokeir-Syndrom ist eine schwerwiegende genetisch bedingte Erkrankung mit vielfältigen Fehlbildungen innerer und äußerer Organe. Wenn die Kinder lebend geboren werden, tritt der Tod spätestens nach einigen Tagen oder Wochen ein. Haupttodesursache ist die schwere Lungenhypoplasie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Pena-Shokeir-Syndrom?

Insgesamt treten beim Pena-Shokeir-Syndrom sehr schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen auf, die nicht mit dem Leben vereinbar sind. Meist kommt es zu Totgeburten.
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Das Pena-Shokeir-Syndrom stellt eine sehr seltene schwerwiegende Erkrankung dar, die sich durch eine Unterentwicklung sämtlicher Organe auszeichnet. Das Syndrom ist mit dem Leben nicht vereinbar. Lebend geborene Kinder versterben spätestens nach wenigen Wochen. Bisher sind lediglich circa 100 Fälle beschrieben worden. Allerdings wird davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt.

Vermutet werden diverse Gendefekte, die aber teilweise noch nicht verifiziert werden konnten. Auch das Risiko für die Nachkommen, an dieser Krankheit zu leiden, wenn bereits Fälle in der Familie oder Verwandtschaft aufgetreten sind, kann nicht genau angegeben werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen soll die Wahrscheinlichkeit zwischen 0,1 und 25 Prozent liegen. Da die Symptome sehr den Symptomen bei Trisomie 18 ähneln, wird auch von Pseudo-Trisomie 18 gesprochen.

Trotz der Seltenheit der Erkrankung werden noch zwischen Pena-Shokeir-Syndrom vom Typ I und Pena-Shokeir-Syndrom vom Typ II unterschieden. Das Pena-Shokeir-Syndrom vom Typ I wird auch als Fetale Akinesie/Hypokinesie-Sequenz oder FADS bezeichnet. Die andere Bezeichnung von Pena-Shokeir-Syndrom Typ II lautet Zerebro-okulo-fazio-skelettales Syndrom oder COFS-Syndrom.

Ursachen

Zur Ursache des Pena-Shokeir-Syndroms ist nur bekannt, dass es sich um eine erblich bedingte Erkrankung handelt. Es wird von einem autosomal rezessiven Erbgang für beide Formen ausgegangen. Da die Erkrankung nur anhand der Symptome charakterisiert wird, ist allerdings nicht klar, ob das auf alle Fälle zutrifft oder ob auch spontane Fälle auftreten, die einen autosomal dominanten Erbgang aufweisen.

Die Angaben des Risikos von 0,1 bis 25 Prozent bei Familien, in denen bereits ein Krankheitsfall eingetreten ist, zeigen, dass keineswegs eine Sicherheit über den Erbgang vorliegt. Chromosomenaberrationen können jedoch ausgeschlossen werden. Aufgrund der Ähnlichkeiten des Pena-Shokeir-Syndroms vom Typ I (FADS) zur Trisomie 18 werden Chromosomenuntersuchungen durchgeführt, die jedoch im Falle des Pena-Shokeir-Syndroms keine Auffälligkeiten zeigen.

Der autosomal rezessive Erbgang wird aufgrund der Tatsache angenommen, dass die meisten Fälle bei Verwandtenehen auftraten und oft auch Familienangehörige daran leiden. Für das COFS-Syndrom, dem zweiten Typ des Pena-Shokeir-Syndroms, konnten spezielle Gendefekte ausgemacht werden, die jedoch auch nicht einheitlich waren.

Meist ist in diesen Fällen das ERCC6/CSB-Gen von Chromosom 10 betroffen. Es wurden aber auch defekte Gene auf Chromosom 13 oder Chromosom 19 gefunden. Insgesamt können hier vier Gene betroffen sein, die Enzyme für die gleiche Reaktionskette der DNA codieren.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Insgesamt treten beim Pena-Shokeir-Syndrom sehr schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen auf, die nicht mit dem Leben vereinbar sind. Meist kommt es zu Totgeburten. Wenn das Kind trotzdem lebend zur Welt kommt, überlebt es beim Pena-Shokeir-Syndrom vom Typ 1 maximal wenige Wochen. Bei Typ 2 tritt der Tod innerhalb des ersten Lebensjahres ein.

Das Pena-Shokeir-Syndrom vom Typ 1 (FADS) ist gekennzeichnet durch eine Lungenhypoplasie, multiple Gelenkdeformationen sowie Gesichtsanomalien. Der Fötus weist stark verringerte motorische Aktivitäten auf. Da der Fötus dadurch kein Fruchtwasser schlucken kann, kommt es zu einem Polyhydramnion. Hände und Füße sind missgebildet. Der Patient besitzt kleine Ohren. Der Augenabstand ist vergrößert.

Manchmal bestehen auch eine Gaumenspalte und ein Herzfehler. In den allermeisten Fällen kommen die Kinder zu früh zur Welt. Allerdings sind sie auch zu klein, wenn sie zum berechneten Termin geboren werden. Überlebende Kinder leiden neben der Lungenhypoplasie auch an einem Kurzdarmsyndrom, welches zur Malabsorption führt.

Für das Pena-Shokeir-Syndrom vom Typ 2 oder dem COFS-Syndrom wurden bisher nur circa 20 Fälle beschrieben. Neben den Organmissbildungen ist diese Erkrankung durch schwere neurale und sensorische Störungen gekennzeichnet. Des Weiteren bestehen häufig Fotosensitivität, Innenohrschwerhörigkeit und periphere Neuropathien. Die Lichtempfindlichkeit entsteht durch den Defekt des DNA-Reparatursystems. Innerhalb des ersten Lebensjahres tritt der Tod durch Infektionen der Atemwege ein.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Diagnostisch kann das Pena-Shokeir-Syndrom von anderen Krankheiten mit ähnlichen Symptomen gut abgegrenzt werden. Die Ähnlichkeiten mit der Trisomie 18 veranlassen Chromosomenuntersuchungen. Dabei treten weder beim FADS-Syndrom noch beim COFS-Syndrom Chromosomenaberrationen auf.

Während beim FADS-Syndrom die genetische Ursache nicht bekannt ist, können beim COFS-Syndrom vier Gene untersucht werden. Pränatal kann die Erkrankung bereits durch Ultraschalluntersuchungen festgestellt werden. Die Diagnose erfolgt in der Regel über Ausschlusskriterien.

Komplikationen

Aufgrund des Pena-Shokeir-Syndroms leiden die Betroffenen in der Regel an verschiedenen Fehlbildungen und Missbildungen. Diese können sich auch an den inneren Organen bemerkbar machen und dadurch die Lebensqualität und auch die Lebenserwartung des Betroffenen erheblich verringern. In der Regel wirkt sich das Pena-Shokeir-Syndrom sehr negativ auf die Atmung des Patienten aus, sodass es dabei zu Beschwerden und Komplikationen kommen kann.

In der Regel führt das Syndrom immer zum Tod des Patienten. Aus diesem Grund sind vor allem die Angehörigen und die Eltern des Kindes auf eine psychologische Behandlung angewiesen, um eventuell auftretende starke Depressionen und psychischen Beschwerden zu händeln. Komplikationen treten bei der psychologischen Behandlung in der Regel nicht ein. Weiterhin leiden die Kinder selbst an einer Gaumenspalte und auch an Herzfehlern.

Auch diese können den Tod des Patienten bedingen. Mitunter treten eine Schwerhörigkeit und schwere Missbildungen der inneren Organe auf. Eine Behandlung des Pena-Shokeir-Syndroms ist leider nicht möglich. Die Betroffenen versterben in der Regel direkt nach der Geburt. Leider kann das Syndrom auch nicht direkt vorgebeugt werden. Eine weitere Schwangerschaft ist von diesem Syndrom in den meisten Fällen nicht betroffen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Pena-Shokeir-Syndrom muss in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden. In der Regel kann die Krankheit allerdings nicht vollständig geheilt werden, sodass das geborene Kind wenige Tage nach der Geburt verstirbt oder schon tot zur Welt kommt. Aus diesem Grund kann beim Pena-Shokeir-Syndrom nur die Lebensdauer um wenige Tage erhöht werden, wenn eine ärztliche Behandlung nach der Geburt durchgeführt wird.

Da das Kind allerdings verstirbt, sollten sich die Eltern und die Angehörigen nach diesem Vorfall eine psychologischen Beratung suchen, um mögliche psychische Beschwerden und Komplikationen zu vermeiden. Hierbei kann auch der Kontakt zu Freunden oder zu anderen Betroffenen des Pena-Shokeir-Syndroms sehr hilfreich sein. Ebenfalls sollte bei einer erneut gewünschten Schwangerschaft vorher ein Arzt aufgesucht werden, um das Risiko des erneuten Auftreten des Pena-Shokeir-Syndroms abzuklären, um eine erneute Totgeburt zu vermeiden. In der Regel wird die Lebensdauer der Mutter durch das Pena-Shokeir-Syndrom nicht negativ beeinflusst.

Behandlung & Therapie

Zurzeit ist eine Therapie eines Pena-Shokeir-Syndroms leider nicht möglich. Chirurgische Maßnahmen bei einem Kurzdarmsyndrom führen nicht zum Erfolg, wobei allein schon durch die Schwere der Symptomatik chirurgische Maßnahmen meist ausgeschlossen sind.


Aussicht & Prognose

Bei dieser seltenen angeborenen Erkrankung ist die Lebenserwartung der Säuglinge deutlich herabgesetzt. So kommen etwa 30 % der erkrankten Babys bereits tot zur Welt, während die meisten lebend geborenen Säuglinge an den Folgen ihrer unterentwickelten inneren Organe innerhalb von wenigen Tagen bis Monaten sterben.

Da diese genetisch vererbte Krankheit zurzeit weder therapiert noch geheilt werden kann, sind die Aussichten auf Besserung der Symptome gleich null. Leider können auch aufwändige operative Eingriffe die Symptome und Schmerzen meist nicht gänzlich lindern. Danach ist das Baby weiterhin an intensive Versorgung gebunden, um sich trotz seiner Missbildungen noch einige wenige Tage weiter entwickeln zu können. Dennoch bietet die Krankheit keine Aussicht auf Besserung und endet somit immer tödlich.

Eltern betroffener Kinder sollten frühzeitig psychotherapeutische Behandlungen oder Selbsthilfegruppen in Betracht ziehen, um das Trauma um den Verlust ihres Babys verarbeiten zu können. Bei Bedarf kann der behandelnde Hausarzt den Eltern auch Beruhigungsmittel verschreiben.

Sollte die betroffene Familie nach einiger Zeit einen erneuten Kinderwunsch haben, wären Beratungen, Pränatal-Screenings sowie genetische Untersuchungen ratsam, um das Syndrom bei nachfolgenden Kindern frühzeitig ausschlieẞen zu können. Da die Wiederholungswahrscheinlichkeit zwischen 0.01 % und 25 % liegt, können im Falle eines genetischen Risikos dem Ehepaar schlieẞlich Adoption oder die Aufnahme eines Pflegekindes vorgeschlagen werden.

Vorbeugung

Besonders schwer ist es auch, Voraussagen für ein Wiederholungsrisiko eines Pena-Shokeir-Syndroms zu machen. Das Syndrom wird anhand der Symptome und der Ausschlusskriterien gegen andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen definiert. In Familien mit Fällen dieser Erkrankung wurden zwar häufig Verwandtenehen beobachtet. Teilweise treten auch wiederholte Fälle auf. Aber das trifft nicht allgemein zu.

Trotzdem sollten beim Auftreten des Syndroms humangenetische Untersuchungen und Beratungen durchgeführt werden. Viele Autoren gehen davon aus, dass es sich um autosomal rezessive Erbgänge handelt. Da beim FADS-Syndrom jedoch keine Gendefekte bekannt sind, wird eine Wiederholungswahrscheinlichkeit von 0,1 bis 25 Prozent angegeben. Die 0,1 Prozent würden für spontan auftretende Mutationen mit einem autosomal dominanten Erbgang sprechen.

Nachsorge

Beim Pena-Shokeir-Syndrom sind die Möglichkeiten einer Nachsorge in den meisten Fällen stark eingeschränkt. Hierbei sollte der Betroffene schon bei den ersten Anzeichen und Beschwerden des Syndroms beim Kind einen Arzt aufsuchen. Eine vollständige Heilung ist in der Regel trotzdem nicht möglich ist. Im Falle eines erneuten Kinderwunsches sollte beim Pena-Shokeir-Syndrom eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, damit das Syndrom nicht erneut bei den Kindern auftreten kann.

Die Lebenserwartung der Kinder ist durch dieses Syndrom erheblich verringert und eingeschränkt. Die meisten Eltern und Angehörigen sind bei dieser Krankheit auf eine intensive psychologische Behandlung angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen und Beschwerden kommt. Dabei sind auch liebevolle und intensive Gespräche mit der eigenen Familie oder auch mit Freunden sinnvoll, um Depressionen oder andere psychische Verstimmungen zu verhindern.

Sollte das Kind die Geburt trotz der Fehlbildungen überleben, sind intensive operative Eingriffe notwendig, um die Beschwerden zu lindern. Die Kinder sind dabei auch auf eine intensive Pflege angewiesen, damit sie sich trotz der vielen Fehlbildungen noch gut entwickeln können. Im Allgemeinen verringert das Pena-Shokeir-Syndrom erheblich die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Das Pena-Shokeir-Syndrom verläuft für die erkrankten Kinder stets tödlich. Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht für die Eltern darin, frühzeitig therapeutische Unterstützung zu suchen. Eine Traumatherapie und Selbsthilfegruppen sind wichtige Stützpfeiler, um den Verlust des Kindes zu verarbeiten. Der Hausarzt kann bei Bedarf Beruhigungsmittel verordnen oder den Kontakt zu einem alternativen Mediziner herstellen, der den Angehörigen geeignete Präparate verschreiben kann. Grundsätzlich helfen allgemeine Maßnahmen wie Sport und eine ausgewogene Diät. Ein ausgefüllter Tagesplan hilft dabei, das Leben wieder zu genießen und langfristig das Trauma zu überwinden.

Wenn nach einiger Zeit eine erneute Schwangerschaft geplant wird, sollten ausführliche Neugeborenen-Screenings durchgeführt werden. So wird sichergestellt, dass das Kind gesund ist. Zudem sollten sich die Eltern genetisch beraten lassen und bei einem erhöhten Risiko für ein erneutes Pena-Shokeir-Syndrom über alternative Möglichkeiten nachdenken. Gegebenenfalls ist eine Adoption möglich oder es kann ein Pflegekind aufgenommen werden. Vor und nach der Geburt eines erkrankten Kindes sollte die Mutter engen Kontakt mit dem Frauenarzt halten. Dieser kann über den Verlauf der Erkrankung aufklären und dadurch zu einer raschen Genesung beitragen.

Quellen

  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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