Hiob-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Hiob-Syndrom

Im Jahr 1966 wurde das Hiob-Syndrom zum ersten Mal in einer Veröffentlichung erwähnt. Seitdem forscht die Wissenschaft nach dem Auslöser und kann bis heute kein schlüssiges Ergebnis vorweisen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Hiob-Syndrom?

Forscher konnten bisher nur ein Gen bestimmen und dabei handelt es sich um das STAT-3. Es ist maßgeblich an der Bildung von Abwehrmechanismen in der Lunge und auf der Haut beteiligt.
© Anusorn – stock.adobe.com

Als Namensgeber dieses Syndroms gilt Hiob, einem Mann aus der Bibel. Das ebenfalls häufig verwendete Synonym Buckley-Syndrom gibt es seit 1972. Damals war es ein Herr Buckley, der die Ergebnisse aus der Beobachtung etlicher Patienten zusammengefasst und in einer Publikation beschrieb.

Da immer nur bestimmte Gene betroffen sind und die Symptome im gesamten Körper vorkommen können, wird das Hiob-Syndrom auch als Multisystemerkrankung bezeichnet. Genetisch bedingt und zudem chronisch verlaufend besteht bei den Betroffenen ein hoher Leidensdruck. Bereits wenige Tage nach der Geburt kann es zu den ersten Anzeichen der Krankheit kommen.

In der Fachliteratur lautet die Bezeichnung Hyper-IgE Syndrom oder HIES. Der Grund liegt in einer erhöhten Konzentration von Immunglobulin E, welche bei Untersuchungen des Blutes zu erkennen ist. Diese hohe Ansammlung alleine gilt aber nicht als Auslöser für Symptome.

Ursachen

Äußere Ursachen für die Erkrankung gibt es nicht. Es handelt sich um einen genetischen Defekt, der die Bildung von Eiweiß nur bedingt oder gar nicht ermöglicht. Es sind dabei nicht alle Körperregionen betroffen und auch die Symptome der Krankheit sind unterschiedlich. Tatsache ist, dass Gene, deren Aufgabe die Steuerung von Abwehrzellen des Körpers ist, verantwortlich sind.

Forscher konnten bisher nur ein Gen bestimmen und dabei handelt es sich um das STAT-3. Es ist maßgeblich an der Bildung von Abwehrmechanismen in der Lunge und auf der Haut beteiligt. Zudem sorgt es über den Blutkreislauf für eine wirksame Bekämpfung von Entzündungen. Es gibt Familien, wo das Hiob-Syndrom gehäuft vorkommt und als Erbkrankheit anzusehen ist. In anderen Fällen ist nur ein Familienmitglied betroffen. Ein Fötus wird nur dann erkranken, wenn beide Elternteile das defekte Gen in sich tragen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Häufige Beschwerden sind dauerhaft wiederkehrende Entzündungen mit der Bildung von Abszessen. Sie treten auf der Haut und in den Weichteilen auf. Auch Lungenentzündungen sind häufig zu beobachten und Hauterkrankungen, wie sie etwa bei Neurodermitis auftreten, ebenfalls.

Pneumonien zeigen im Krankheitsverlauf die Bildung von zystenartigen Hohlräumen in der Lunge. Das bedeutet, dass ihre Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist. Dass schon Säuglinge unter juckenden und nässenden Ekzemen leiden, zeigt, wie schwerwiegend die Krankheit ist. Oft zeigt sich ein ausgeprägter Milchschorf, der eine zusätzliche Belastung für die Kleinen bedeutet. Neben diesen Symptomen treten auch Veränderungen im Bindegewebe auf.

Es kann sein, dass die ersten Zähne nicht ausfallen oder das Gesicht Auffälligkeiten zeigt. Die Stirn ist stark betont und die Haut auffallend offenporig. Als übliches Anzeichen werden auch Abszesse an Lymphknoten und in der Leber genannt. Patienten haben oft Knochenbrüche, die meistens die Röhrenknochen und die Rippen betreffen. Eine Rückgratverkrümmung (Skoliose) kommt bei etwa 20 Prozent der Erkrankten vor.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Um den Ärzten die Diagnose zu erleichtern, wurde ein HIES-Score entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Skala, auf der die Symptome des Patienten erfasst werden. Durch ein Punktesystem ist der Arzt dann in der Lage, eine sichere Diagnose zu stellen. Anhand einer Blutuntersuchung können Veränderungen des STAT-3 Gens nachgewiesen werden. Hier ist besonders wichtig, dass andere chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Mukoviszidose, auszuschließen sind.

Komplikationen

Durch das Hiob-Syndrom kommt es an verschiedenen Stellen des Körpers zu Entzündungen. Diese können den Alltag des Betroffenen erschweren und im schlimmsten Falle auch zum Tode führen. Da sich die Entzündungen an unterschiedlichen Stellen ausbilden können, können die Komplikationen nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.

Der Betroffene leidet dabei regelmäßig an einer Lungenentzündung, welche zu starken Atembeschwerden und ohne Behandlung auch zum Tode führen kann. Weiterhin treten vereinfacht Knochenbrüche auf und der Betroffene fühlt sich krank und schwach. Nicht selten kommt es auch zur sogenannten Skoliose. Der Betroffene leidet auch an Fehlbildungen im Gesicht, sodass zum Beispiel die Stirn relativ stark betont ist.

Dadurch kann es zu ästhetischen Einschränkungen beim Patienten kommen, woraus sich Depressionen oder andere psychische Beschwerden entwickeln können. Nicht selten leiden dabei vor allem Kinder an Mobbing und Hänseleien. Das Hiob-Syndrom kann nicht kausal behandelt werden, sodass nur eine symptomatische Behandlung möglich ist.

Dabei treten zwar keine besonderen Komplikationen auf, allerdings ist der Betroffene auf viele Behandlungen und Arztbesuche angewiesen, woraus ebenfalls psychische Beschwerden entstehen können. Kosmetische Beschwerden können in der Regel mit Hilfe von operativen Eingriffen behandelt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn es zu wiederkehrenden Abszessen, Schwellungen oder Hautblutungen kommt, muss ein Arzt hinzugezogen werden. Medizinischer Rat ist spätestens dann gefragt, wenn die Beschwerden an Intensität zunehmen oder weitere Symptome auftreten. So sollten Anzeichen einer Neurodermitis umgehend ärztlich abgeklärt werden. Das Hiob-Syndrom äußert sich durch unspezifische Symptome, weshalb es von den Betroffenen selbst nicht diagnostiziert werden kann. Darum sollte mit genannten Anzeichen umgehend zum Hausarzt gegangen werden.

Eltern, die selbst am Hiob-Syndrom leiden oder Fälle der Erkrankung in der Verwandtschaft haben, sollten ihr Kind nach der Geburt untersuchen lassen. Idealerweise wird die Erkrankung schon im Mutterleib erkannt. Kinder, die an der seltenen genetischen Krankheit leiden, bedürfen in jedem Fall einer umfassenden ärztlichen Überwachung und Behandlung. Die Eltern sollten bei ungewöhnlichen Symptomen fachlichen Rat einholen und im Zweifelsfall die nächste Fachklinik aufsuchen. Bei ernsten Komplikationen wie zum Beispiel einer Lungenentzündung oder Knochenbrüchen muss das betroffene Kind sofort in einem Krankenhaus behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Bisher besteht die Behandlung hauptsächlich in der Vorbeugung. Medikamente zur Bekämpfung gibt es nicht. Zur Prophylaxe gehören regelmäßige Inhalationen mit anschließendem Abklopfen der Lunge. Auf diese Weise husten selbst Säuglinge gut ab und die Gefahr einer Entzündung verringert sich.

Bei Kindern, deren Milchzähne nicht ausfallen ist wichtig, diese extrahieren zu lassen. Sonst besteht die Gefahr, dass das bleibende Gebiss nicht normal nachwächst. Mittlerweile gibt es den Ansatz, dass Infusionen mit Antikörpern verabreicht werden. Um Komplikationen bei Ekzemen gering zu halten, ist Hautpflege sehr wichtig. Salbe, die Pilze abtötet und rückfettende Cremes sind mehrmals täglich aufzutragen. Hin und wieder ist auch die Behandlung mit Cortisonsalben unumgänglich.

Rückgratverkrümmungen zeigen sich häufig bei einem Beckenschiefstand. Hier heißt vorbeugen, dass die Betroffenen durch Einlagen oder Absatzerhöhungen den Mangel ausgleichen und die Gefahr der Skoliose geringer ist. Die regelmäßige Überwachung durch speziell geschulte Ärzte ist wichtig.

Nur sie können beurteilen, wann Antibiotikatherapien oder chirurgische Eingriffe (öffnen eines Abszesses) notwendig sind. Da bei den Patienten ein erhöhtes Risiko für Lymphdrüsenkrebs vorhanden ist, steht auch hier die regelmäßige Kontrolle im Vordergrund.


Aussicht & Prognose

Das Hiob-Syndrom ist als erbliche Erkrankung nicht ursächlich heilbar. Die Symptome sind allerdings behandelbar. Patienten können bei guter Pflege und rechtzeitiger Erkennung der Erkrankung bereits im frühen Kleinkindalter bis etwa 50 Jahre alt werden. Eine akkurate Prognose kann allerdings nur der behandelnde Arzt abgeben, der den Patienten und den Verlauf der Erkrankung kennt. Sofern keine oder nur geringfügige Komplikationen auftreten und die Atemwege weitestgehend verschont bleiben, hat das Hiob-Syndrom eine recht gute Prognose und die Lebensqualität des Betroffenen ist ebenfalls nur leicht eingeschränkt.

Kommt es im Alter zu Spätkomplikationen, beeinflussen diese die Prognose negativ und können je nach Gesundheitszustand des Patienten und Schweregrad der Komplikation schlimmstenfalls zum Tod führen. Kommt es beispielsweise infolge des Hiob-Syndroms zu einem malignen Lymphom, ergibt sich die Prognose aus Stadium und Verbreitung des Lymphoms, wobei die Lebensdauer des Patienten durch eine solche Spätkomplikation meist erheblich verkürzt wird.

Negativ auf die Prognose auswirken können sich auch die fürs Hiob-Syndrom typischen Anomalien der Zähne, die den Betroffenen daran hindern können, ausreichend und mit Freude zu essen. Vor allem dann, wenn sich der Allgemeinzustand wieder verschlechtert, verweigern manche Betroffene die Nahrung und tragen damit natürlich nicht zur schnellen Besserung ihres Zustandes bei. Gerade in solchen komplexen Fällen kann gute Pflege die Prognose maßgeblich beeinflussen.

Vorbeugung

Da das Hiob-Syndrom nicht durch äußere Einflüsse zustande kommt, gibt es auch keine vorbeugenden Maßnahmen. Für junge Menschen, die eine Familie gründen wollen, gibt es Labore, die eine genetische Diagnostik durchführen. Das heißt, dass die Betreffenden ihr Blut anlysieren lassen. Diese Maßnahme ist wichtig, wenn in der Familie das Hiob-Syndrom vorkam. Auch eine pränatale Diagnostik ist dann möglich.

Wie bei allen Autoimmunerkrankungen durch Gendefekt ist es leider so, dass diese erst nach der Geburt sichtbar werden. Eltern eines erkrankten Kindes sollten keinen Nachwuchs mehr bekommen. Die Gefahr ist zu groß, dass auch er betroffen ist. Das Fatale der Krankheit zeigt sich in der Tatsache, dass es bei den Genen immer wieder zu Neumutationen kommt. Darin liegt wohl auch der Grund, dass es bisher keinen Impfstoff gegen das Hiob-Syndrom gibt.

Nachsorge

Beim Hiob-Syndrom sind die Maßnahmen der Nachsorge stark eingeschränkt. Da es sich um eine angeborene und daher auch um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann das Syndrom nicht vollständig geheilt werden. Sollte es beim Betroffenen zu einem Kinderwunsch kommen, emphielt sich eine genetische Untersuchung und Beratung, um das erneute Auftreten dieser Krankheit zu verhindern.

Im Allgemeinen wirkt sich beim Hiob-Syndrom die frühzeitige Diagnose sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt dabei meist durch die Einnahme von Medikamenten und durch die Benutzung von Cremes. Dabei ist auf eine richtige und regelmäßige Einnahme und Anwendung zu achten, wobei bei Fragen oder bei Unklarheiten immer zuerst ein Arzt aufgesucht werden sollte.

Auch bei Nebenwirkungen und anderen Wechselwirkungen ist immer zuerst ein Arzt zu kontaktieren. Falls das Hiob-Syndrom mit Hilfe von Antibiotika behandelt wird, sollte der Betroffene darauf achten, dass diese nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden sollten. Auch eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung wirkt sich positiv auf den Verlauf dieser Erkrankung aus. In vielen Fällen sind regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt notwendig, um andere Komplikationen zu verhindern.

Das können Sie selbst tun

Beim Hiob-Syndrom müssen die Betroffenen einige Sachen beachten, um die Beschwerden zu lindern und mögliche Komplikationen zu vermeiden. Da das Hiob-Syndrom das Ausfallen der Milchzähne in den meisten Fällen verhindert, müssen diese bei Kindern extrahiert werden. In der Regel ist dieser Vorgang nicht mit Schmerzen verbunden und kann das gewöhnliche Wachstum des Gebisses ermöglichen.

Auch eine strenge Hautpflege ist beim Hiob-Syndrom notwendig, um Infektionen und Entzündungen zu vermeiden. Dabei sollten die Hygienestandards beachtet und verschiedene Cremes oder salben eingesetzt werden. Vor allem bei Pilzinfektionen ist eine sofortige Behandlung notwendig. Da die Patienten aufgrund der Erkrankung häufig an Knochenbrüchen leiden, muss etlichen Verletzungen vorgebeugt werden. Aus diesem Grund sollten gefährliche Sportarten nicht durchgeführt werden. Leider kann das Hiob-Syndrom auch das Risiko für Lymphdrüsenkrebs deutlich erhöhen, sodass die Betroffenen hierbei auf regelmäßige Untersuchungen angewiesen sind, um eine verringerte Lebenserwartung zu vermeiden. Bei Infektionen der Lunge sollte allerdings immer ein Arzt aufgesucht werden.

Vor allem die Eltern sollten beim Auftreten des Hiob-Syndroms beim Kind regelmäßige Untersuchungen bei verschiedenen Fachärzten durchführen, um die Symptome und Beschwerden dieser Erkrankung einzuschränken.

Quellen

  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

Das könnte Sie auch interessieren