Antibiotika

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2019
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Antibiotika sind heute zu einem unentbehrlichen Bestandteil unseres Medikamentenschatzes geworden. Sie spielen eine überragende Rolle bei der Bekämpfung einer großen zahl von Infektionskrankheiten, gegen die man früher praktisch machtlos war.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Antibiotika spielen eine gewichtige Rolle bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten.

Seit der Einführung des Penicillins zum Beispiel sind bei der Behandlung von Blutvergiftungen, bestimmten Formen der Hirnhautentzündung und der Geschlechtskrankheiten Erfolge erzielt worden, die alles bisher Bekannte weit in den Schatten stellen.

Streptomycin bedeutet eine wesentliche Bereicherung der Möglichkeiten in der Tuberkulosebehandlung und Chloromycin ist gegen typhusartige Erkrankungen wirksam. Darüber hinaus haben die Antibiotika auch in der Chirurgie große Bedeutung erlangt. Sie werden hier zur Verhütung von Wundinfektionen während und nach Operationen eingesetzt.

Schon um 1900 war mehrfach beobachtet worden, dass Nährlösungen, in denen bestimmte Bakterien oder Pilze gewachsen waren, Stoffe enthalten können, die andere Bakterien und Pilze in ihrer Entwicklung hemmen. Diese Erscheinung wurde damals als Antibiose bezeichnet (anti = gegen, bios = das Leben).

Zusammensetzung

Unter antibiotisch wirksamen Stoffen, kurz Antibiotika, hat man also Substanzen zu verstehen, die von Lebewesen (meist Mikroorganismen) im Verlauf ihrer Lebenstätigkeit gebildet werden, und die schon in sehr geringer Konzentration andere Mikroorganismen in ihrer Entwicklung hemmen oder sie gar abtöten.

Es handelt sich also um Stoffe, die sich in der Natur bilden und sicherlich auch für das biologische Gleichgewicht wichtig sind, beispielsweise im Erdboden, in dem viele Mikroorganismen nebeneinander leben.

Der entscheidende Aufschwung in der Entwicklung der Antibiotika begann mit der Entdeckung des Penicillins durch den englischen Forscher Sir Alexander Fleming im Jahre 1929. Allerdings war es damals nicht möglich, dieses Stoffwechselprodukt des Pilzes Penicillium notatum aus der Nährlösung, auf der der Pilz gezüchtet wurde, herauszuholen, und man war einige Zeit der Meinung, das Produkt sei zu unbeständig, um chemisch gefasst werden zu können.

Aber im Jahre 1940 gelang es dann doch dem Engländer Florey und seinem Arbeitskreis in Oxford, das Penicillin rein zu gewinnen. Damit war der Weg frei zu einer Entwicklung, die inzwischen ungeahnte Ausmaße angenommen hat.

Behandlung

Nachdem die ersten Berichte über die zum Teil verblüffenden Behandlungserfolge mit Penicillin bekannt geworden waren, begann in der ganzen Welt eine intensive Suche nach besonders leistungsfähigen Penicillinbildnern und gleichermaßen nach weiteren Mikroorganismen, die andere Antibiotika bildeten. Sehr schnell wurden geeignete Methoden entwickelt, die es gestatteten, die antibiotische Aktivität zu prüfen.

Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass viele der geprüften Bakterienstämme die Fähigkeit besaßen, bestimmte antibiotische Substanzen zu bilden. Weiter zeigte sich, dass diese Fähigkeit keineswegs auf bestimmte Gruppen des Mikroorganismenreiches beschränkt ist, sondern dass es unter den Bakterien und Strahlenpilzen, in fast allen Gruppen der Schimmelpilze und sogar unter den Algen antibiotisch aktive Vertreter gibt.

Die meisten dieser Antibiotika sind allerdings praktisch nicht anwendbar, denn an ein medizinisch verwendbares Antibiotikum müssen eine Reihe von Forderungen gestellt werden, die oft nicht erfüllt sind. In vielen Fällen sind zum Beispiel die Mengen des in Frage kommenden Antibiotikums, die für die Heilung einer bestimmten Infektionskrankheit nötig wären, bereits giftig für den menschlichen bzw. tierischen Körper.

Dann ist eine Behandlung entweder überhaupt nicht oder bestenfalls in ganz begrenztem Umfang bei lokaler, äußerlicher Anwendung möglich. In anderen Fällen bestehen noch nicht überwundene Schwierigkeiten bei der Gewinnung der Substanzen aus den Nährlösungen.

Formen

Von vielen hundert antibiotischen Substanzen, die in den letzten Jahrzehnten in der Fachliteratur genannt wurden, haben sich aber immerhin ein gutes Dutzend mit dem größten Erfolg in die medizinische Praxis eingeführt. Neben dem Penicillin, das, wie erwähnt, von Penicillium notatum und einigen anderen Schimmelpilzen gebildet wird, sind es vor allem die Strahlenpilze (Aktinomyceten), die wertvolle Antibiotika produzieren. Die wichtigsten Stoffe sind hier Aureomycin, Chloromycin, Erythromycin, Streptomycon und Terramycin.

Für die lokale Anwendung spielen ferne einige von sporenbildenden Bakterien produzierte antibiotische Stoffe eine gewisse Rolle. Erwähnt seien Bacitracin, Gramicidin und Polymyxin.

Penicillin und die genannten Aktinomyceten-Antibiotika werden in großtechnischem Maßstab auf biologischem Weg hergestellt. Dazu gibt es direkt umfangreiche Fabrikanlagen, die speziell für die Bedürfnisse der Antibiotikum-Industrie entwickelt werden mussten. In riesigen Tanks werden die Antibiotikumbildner herangezüchtet. Dabei scheiden sie die wirksamen Substanzen in die Nährlösung ab, aus der dann die chemische Gewinnung der Antibiotika erfolgt.

Eingangs wurde schon angedeutet, dass die einzelnen Antibiotika jeweils zur Behandlung bestimmter Krankheiten besonders geeignet sind. Das beruht darauf, dass jedes Antibiotikum nur gegen einen beschränkten Kreis von Krankheitserregern wirksam ist. Während Chloromycin Typhusbakterien stark hemmt, ist Penicillin gegen diese Art von Krankheitserregern praktisch unwirksam.

Andererseits lassen sich mit Penicillin die Erreger des Trippers wirksam bekämpfen, gegen die mit Chloromycin kein Erfolg zu erzielen ist. Gegen Tuberkulosebakterien sind Penicillin und Chloromycin unwirksam, dagegen bewährt sich in diesem Fall das Streptomycin. Diese wenigen Beispiele sollen zeigen, dass es unter den Antibiotika keine Wundermittel gibt. Durch die sensationell aufgemachten Artikel in früheren Medien und gewissen Fachzeitschriften haben viele Leser den Eindruck gewonnen, dass der Arzt beispielsweise im Penicillin ein Präparat in der Hand hätte, mit dem praktisch jede Infektionskrankheit mühelos zu heilen sei.

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Richtige Anwendung

Das ist völlig falsch, und mit derartigen Berichten ist nur eine bedauerliche Verwirrung in die breite Öffentlichkeit getragen worden. Der Arzt muss vor einer Behandlung mit Antibiotika genau wissen, ob die Erreger tatsächlich gegen das entsprechende Antibiotikum empfindlich sind. Ferner muss das für die Behandlung ausgewählte Antibiotikum in einer Menge verabreicht werden, die, nötigenfalls auf Einzelgaben verteilt, eine ausreichend hohe Konzentration im Körper über eine bestimmte Zeit gewährleistet.

Daher muss der Patient die ärztlichen Anweisungen genauestens befolgen, häufig auch an mehreren tagen Tabletten oder Spritzen erhalten, denn nur so ist es möglich, dass Bakterien in ihrer Entwicklung gehemmt werden und die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers die nicht mehr vermehrungsfähigen Erreger vernichten. Wird das Antibiotikum in zu geringer Menge oder unregelmäßig verabreicht, so besteht die Gefahr, dass sich die Erreger daran gewöhnen und dann auch nachträgliche, höhere Gaben, die ursprünglich zur Heilung der Infektion ausgereicht hätten, praktisch wirkungslos bleiben.

Wie sehr sich die Menschen durch den leichfertigen Gebrauch dieser Mittel schon geschadet haben, zeigt eine Gegenüberstellung: Vor 20 Jahren waren etwa 70 Prozent aller eitererregenden Bakterienstämme empfindlich gegen Penicillin, heute sind es nur noch 34 Prozent. Die wahllose Anwendung von Antibiotika birgt noch eine weitere Gefahr: jeder Mensch beherbergt, vor allem im Magen-Darm-Trakt, eine große Zahl von Mikroorganismen, die maßgeblich am Abbau der Nahrungsstoffe beteiligt und daher für einen normalen Ablauf der Verdauungsvorgänge unentbehrlich sind.

Die Abtötung eines großen Teiles der Darmbakterien durch Antibiotika während der Behandlung einer Infektionskrankheit kann zu schweren Erkrankungen führen. Die Gefahr lässt sich verringern, wenn während oder nach der Antibiotikum-Behandlung künstlich gezüchtete Darmbakterien dem Organismus in Form bestimmter Präparate wieder zugeführt werden. Diese Beispiele zeigen, wie viel Sorgfalt der Arzt auf die sachgemäße Anwendung der Antibiotika verwenden muss, damit uns diese Medikamente als wirksame Waffe gegen die Infektionskrankheiten erhalten bleiben.

Ungenügende Einsicht des Patienten kann den Behandlungserfolg in Frage stellen ja, sogar zu einer Gefahr für die Allgemeinheit werden. Die Suche nach neuen Antibiotika ist noch weiterhin in vollem Gange. Es gibt ja immer noch Bakterien- und Virusinfektionen, die der Behandlung mit Antibiotika weitgehend trotzen. Außerdem passen sich die Erreger mehr und mehr den Antibiotika an und werden resistent.

Zu den Krankheiten, die bisher nicht mit Hilfe von Antibiotika geheilt bzw. behandelt werden können, gehören die spinale Kinderlähmung, die Tollwut und manche Grippeerkrankungen. Ferner fehlen noch hochwirksame Antibiotika gegen krankheitserregende Pilze. Obwohl mit den Antibiotika schon hervorragende Erfolge erzielt worden sind, bleibt also noch viel zu tun übrig. Mediziner, Biologen, Chemiker und Techniker arbeiten eng zusammen, um die Entwicklung auf diesem Gebiet voranzutreiben.

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