Ösophagusdivertikel (Speiseröhrendivertikel)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Ösophagusdivertikel (Speiseröhrendivertikel)

Bei einem Ösophagusdivertikel handelt es sich um eine Ausstülpung der Speiseröhre nach außen. Sie werden in drei Gruppen unterteilt. Im folgenden wird das Krankheitsbild, - verlauf sowie Diagnose, Behandlung und Vorbeugung beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Ösophagusdivertikel?

Typisch für Ösophagusdivertikel sind Schluckbeschwerden und das unbewusste Hochwürgen von Nahrungsresten aus dem Darm.

Ösophagusdivertikel sind eine eher selten auftretende Krankheit. Meistens sind Männer im höheren Lebensalter betroffen. Dabei kommt es zu einer Ausstülpung der Speiseröhrenwand nach außen.

Ösophagus kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Der Essensbringer" und steht somit für die Speiseröhre. Diverticulum entstammt dem lateinischen und bedeutet Abweg oder Abweichung. Es wird bei diesem Krankheitsbild zwischen "falschen" und "echten" Divertikeln unterschieden.

Entsteht nur ein Schleimhautprolaps, stülpt sich nur die Schleimhaut nach außen, so wird dies als falsches Divertikel bezeichnet. Sind hingegen alle Schichten der Speiseröhrenwand von der Ausstülpung betroffen, so bezeichnen Mediziner dies als echtes Divertikel. Divertikel sind lokal begrenzt und können verschiedener Größe sein. Sie entstehen an den physiologischen Engstellen der Speiseröhre, somit im oberen, mittleren und unteren Drittel.

Ursachen

Speiseröhrendivertikel können im Laufe des Lebens auftreten oder sind angeboren. Sie entwickeln sich durch erhöhten Druck im Hohlorgan oder durch das Einwirken von Zugkraft von außen, wodurch das Gewebe nachgibt und ein Divertikel entstehen kann.

Es wird zwischen Pulsionsdivertikeln und Traktionsdivertikeln unterschieden. Pulsionsdivertikel manifestieren sich durch zu hohen Druck in der Speiseröhre und einer vorliegenden Schwäche der Speiseröhrenwand. Es kommt zur Ausbuchtung der Schleimhaut, meistens im oberen Drittel der Speiseröhre.

Diese Art des Divertikels wird nach dem Dresdener Pathologen Friedrich Albert von Zenker benannt. Neben dem Zenker-Divertikel wird es auch hypopharynx oder zervikales Divertikel genannt. Zu den Pulsationsdivertikeln gehören auch die im unteren Drittel entstehenden epiphrenalen Divertikel.

Die Traktionsdivertikel entstehen durch eine Zugkraft von außen. Hierbei handelt es sich oft um entzündliche Lymphknoten, die im benachbarten Gewebe vorliegen. Die Art von Ösophagusdivertikeln treten vorwiegend im mittleren Bereich der Speiseröhre auf. Sie werden auch epibronchiale oder parabronchiale Divertikel genannt, aufgrund ihrer Nähe zu den Hauptbronchien.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptomatik der Speiseröhrendivertikel hängt von der Art und dem Ort der Ausbuchtungen ab. So bereiten die Pulsationsdivertikel heftigere Beschwerden als die Traktionsdivertikel. Bei den Pulsationsdivertikeln kann wiederum zwischen den Beschwerdebildern des Zenker-Divertikels und denen der epiphrenischen Divertikel unterschieden werden.

Das Zenker-Divertikel im oberen Bereich der Speiseröhre beginnt zunächst mit solchen Beschwerden wie rauem Rachen, ständigem Fremdkörpergefühl im Hals und chronischem Räuspern. Im Laufe der Zeit nehmen die Beschwerden zu. Die Ausbuchung der Speiseröhre unterhalb des Rachens wird langsam größer und bereitet immer stärker werdende Schluckbeschwerden, die sich besonders beim Verzehr von fester Nahrung bemerkbar machen.

Beim Trinken tritt ein gurgelndes Geräusch auf. Da der Speisebrei nicht mehr weitertransportiert wird und sich in der Ausbuchtung ansammelt, kommt es zu dauerhaftem Mundgeruch und ständigem Aufstoßen. Beim Liegen in der Nacht kann Speisebrei in die Mundhöhle und von dort nach außen gelangen. So werden morgens oft Speisereste auf dem Kissen entdeckt.

Die im unteren Bereich der Speiseröhre vorkommenden epiphrenischen Divertikel erzeugen weniger spezifische Symptome, die auch auf andere Erkrankungen hindeuten können. So kommt es häufig zu einem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre, welcher zu starkem Sodbrennen und Schmerzen hinter dem Brustbein führt. Neben Schluckbeschwerden können auch hier Speisereste beim Liegen bis in die Mundhöhle gelangen. Das parabronchiale Traktionsdivertikel wiederum ist meist beschwerdefrei. Bei Entzündungen können aber Husten auftreten.

Diagnose & Verlauf

Das Zenker-Divertikel tritt mit einer Häufigkeit von 70% auf. Die Symptome entwickeln sich im Laufe der Zeit eher schleichend. Betroffene Personen leiden meist unter einem rauen Rachen, häufigem Räuspern und einem Fremdkörpergefühl. Es können aber auch Schluckbeschwerden bei fester Nahrung und ein gurgelndes Geräusch bei Aufnahme von Flüssigkeit entstehen. Viele Patienten leiden auch unter Mundgeruch und stoßen Nahrungsreste auf, die im Divertikel verbleiben.

Epiphrenale Divertikel lösen eher unspezifische Symptome, wie Schmerzen im Oberbauch, nächtliche Druckschmerzen hinter dem Brustbein und Schluckbeschwerden aus.

Beim parabronchialen Divertikel kommt es selten zu Symptomen. Die Divertikel werden häufig zufällig bei Röntgenuntersuchungen entdeckt. Alle drei Arten können durch den Verbleib von Nahrungsmitteln in den Divertikeln eine Entzündung der Speiseröhre und eine Refluxerkrankung auslösen. Weiterhin kann es zu sogenannten Regurgitationen führen, wobei verbliebene Speisereste, vor allem in liegenden Position, aufgestoßen werden. Dadruch entsteht ein Aspirationsrisiko, da die Nahrungsteilchen eingeatmet werden können.

Bei einem Verdacht auf ein Divertikel wird eine Röntgenuntersuchung angeordnet. Mittels einer Bariumsulfat-Lösung kann unter Röntgeneinsicht verbleibende Lösung im Divertikel erkannt werden. Eine Spiegelung der Speiseröhre wird meist nur vorgenommen, um Tumore auszuschließen.

Komplikationen

Ösophagusdivertikel haben nach der Behandlung eine sehr gute Prognose. Unbehandelt können jedoch schwerwiegende Komplikationen auftreten. Die größten Risiken für einen komplizierten Verlauf bestehen beim sogenannten Zenker-Divertikel. Es handelt sich um ein Pulsationsdivertikel im oberen Bereich der Speiseröhre.

Diese Divertikel müssen chirurgisch entfernt werden, weil sich sonst teilweise lebensbedrohliche Komplikationen entwickeln können. So reizen die in der Aussackung verbleibenden Nahrungsreste die Speiseröhre. Es kommt zu Entzündungen, die sogar zu Ösophagusblutungen führen können. In manchen Fällen findet sogar ein Durchbruch der Speiseröhre statt. Besonders nachts beim Liegen kann es zum Rückfluss von Speiseresten aus dem Divertikel kommen.

Dabei gelangen diese beim Einatmen in die Luftröhre und von dort auch in die Lunge. Es besteht Erstickungsgefahr. Gleichzeitig können die Speisereste Lungenentzündungen oder Lungenabszesse hervorrufen. Die epiphrenischen Divertikel, die am unteren Ende der Speiseröhre vorkommen, führen ebenfalls oft zur Entzündung der Speiseröhre. Des Weiteren kann sich ein hartnäckiger gastroösophagealer Reflux ausbilden, der chronisches Sodbrennen auslöst und die Gefahr von Speiseröhrenkrebs erhöht.

In geringerem Maße können auch hier Speisereste in den Rachen und in die Luftröhre gelangen, die dann Erstickungsanfälle oder Lungenentzündungen hervorrufen. Die parabronchialen Divertikel befinden sich in der Mitte der Speiseröhre und verursachen in der Regel keine Beschwerden. In sehr seltenen Fällen können sich jedoch Verbindungen (Fisteln) zur Luftröhre ausbilden, sodass die Speisereste auch hier in die Luftwege eindringen und zu den entsprechenden lebensgefährlichen Komplikationen führen können.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Speiseröhrendivertikel kann angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Bei einer angeborenen Störung werden die ersten gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten meist innerhalb der ersten Tage nach der Geburt wahrgenommen. Zeigen sich Unregelmäßigkeiten bei der Nahrungszufuhr, ist die Rücksprache mit einem Arzt erforderlich. Entwickelt sich die Erkrankung im Verlauf des Lebens, kommt es meist über eine längere Zeit zu einer Zunahme von Beschwerden. Probleme des Schluckaktes, Appetitlosigkeit und eine Verweigerung der Nahrungsaufnahme gehören zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die auftreten und untersucht werden müssen. Veränderungen der Sprachgebung, Schmerzen oder ein allgemeines Unwohlsein sollten einem Arzt vorgestellt werden.

Können die gewohnten Lebensmittel nicht mehr beschwerdefrei über den Rachen in die Speiseröhre transportiert werden, ist ein Arztbesuch erforderlich. Eine Abnahme des Körpergewichts sowie das Gefühl der inneren Trockenheit müssen untersucht und behandelt werden. Unbehandelt kann es zu schweren gesundheitlichen Folgen kommen, da bei der Verweigerung von Flüssigkeitszufuhr eine Dehydration auftreten kann. Hierbei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, bei dem unverzüglich eine medizinische Versorgung benötigt wird. Sodbrennen, Schmerzen im Bereich des Brustkorbes oder Unregelmäßigkeiten beim Husten sind einem Arzt vorzustellen. In seltenen Fällen kommt es darüber hinaus zu Störungen der Atemtätigkeit oder einem Engegefühl.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Zenker-Divertikels sowie des epiphrenalen Divertikels erfolgt operativ. Dabei wird die Speiseröhre freigelegt und das vorliegende Divertikel abgetragen. Diese Behandlung nennt sich Divertikulopexie.

Bei einem Zenker-Divertikel gibt es auch die Möglichkeit einer minimal-invasiven Entfernung durch die Mundhöhle. Parabronchiale Divertikel werden nur dann operativ entfernt, wenn es unbedingt nötig ist.

Bei Patienten, die an einem epiphrenalen Divertikel leiden, wird erst Versuch eine Symptomlinderung durch kleine Mahlzeiten und das Vermeiden von größeren Mengen von alkoholischen, fetthaltigen und sauren Lebensmitteln sowie Schokoladen herbeizuführen. Medikamente gegen die möglicherweise auftretende Refluxerkrankung können auch die Symptome verringern.


Vorbeugung

Das Vorbeugen eines Osöphagusdivertikels ist nicht explizit möglich. Jedoch schonen eine ausgewogene Ernährung und kleine Portionen den Verdauungstrakt und mindert dadurch das Risiko an einem Divertikl zu erkranken.

Das können Sie selbst tun

Wenn der Arzt eine konservative Therapie verordnet hat, setzt deren Erfolg die aktive Mitwirkung der Patientinnen und Patienten voraus. Um den Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre zu verringern, ist eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten erforderlich. Wer bisher die üblichen drei großen Mahlzeiten zu sich nimmt, sollte zunächst auf fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten umschwenken. Darüber hinaus ist wichtig, dass das Richtige gegessen und kontraproduktive Nahrungsmittel gemieden werden.

Schädlich sind alle Lebensmittel, die die Magensaftproduktion stark anregen. Dazu zählen an erster Stelle sehr fette Speisen. Insbesondere rotes Fleisch, Wurst, fetter Käse, Butter und Sahne sollten gemieden werden. Die meisten Betroffenen reagieren auch auf Zucker und Süßspeisen mit einer gesteigerten Magesaftproduktion. In diesem Fall dürfen auch solche Lebensmittel nur ausnahmsweise konsumiert werden. Darüber hinaus ist Tee meist bekömmlicher als Kaffee. Wer auf den Frühstückskaffee nicht verzichten möchte, kann auf Produkte auf Getreidebasis ausweichen. Besonders schmackhaft und bekömmlich ist Dinkel-Kaffee.

Darüber hinaus sollte Alkohol, insbesondere in Form stark säurehaltiger oder hochprozentiger Getränke gemieden werden. Auch der Verzehr saurer Speisen wirkt sich meist ungünstig auf das Speiseröhrendivertikel aus. Empfehlenswert sind dagegen Vollkornprodukte, Gemüse und nicht saures Obst, insbesondere Bananen. Kommt es besonders nachts zu einem Rückfluss von Magensaft oder Speiseresten, kann eine aufrechte Schlafhaltung zusätzlich für Linderung sorgen.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

Das könnte Sie auch interessieren