Leishmanien

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Leishmanien sind humanpathogene Protozoen. Die Parasiten verbreiten sich über zwei Wirtsorganismen und wechseln ihren Wirt zwischen Insekt und Wirbeltier. Eine Infektion mit Leishmania führt zur Leishmaniose.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Leishmanien?

Leishmanien vermehren sich in zwei Wirten. Die erste Stelle der Vermehrung ist der Organismus der Sandmücke. Mit dem Speichel der Mücke wandern sie beim Stich in geißeltragender Form auf den gestochenen Organismus über.
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Protozoen sind Urtiere oder Urtierchen, die wegen ihrer heterotrophen Lebensweise und der Mobilität als tierisch eukaryotische Einzeller zu klassifizieren sind. Nach Grell handelt es sich bei ihnen um Eukaryoten, die als Einzelzellen vorkommen und koloniale Verbände formen können. Leishmanien oder Leishmania bilden eine Gattung von begeißelten Protozoen, die das Blut von Makrophagen besiedeln und sich dort vermehren. In diesem Zusammenhang ist auch von Hämoflagellaten die Rede.

Leishmanien sind obligat intrazelluläre Parasiten, die einen Wirtswechsel zwischen Insektenarten wie Sandmücken oder Schmetterlingsmücken und Wirbeltieren wie Schafen, Hunden oder Menschen vornehmen. Benannt wurde die Parasitengattung nach William Boog Leishman, der als Erstbeschreiber gilt.

Wie andere Flagellaten verändern Organismen der Gattung Leishmanien die Form und Position ihrer Geißel mit ihrem aktuellen Wirt und ihrem Entwicklungsstadium. Grundsätzlich fallen Leishmanien durchschnittlich klein aus.

Parasiten leben und wachsen auf Kosten ihrer Wirte. Das heißt, dass Parasiten immer Krankheitswert besitzen und dem Wirtorganismus mehr oder weniger starken Schaden zufügen. Leishmanien rufen so zum Beispiel das Krankheitsbild der Leishmaniose hervor und gelten grundsätzlich als humanpathogen.

Die Parasiten haben sich mittlerweile von Australien aus über die ganzen Welt verbreitet und rufen weltweit zahlreiche Tierseuchen hervor. Nicht alle Stämme der Gattung befallen den Menschen. Trotzdem treten der WHO zufolge weltweit etwa 1,5 Millionen Neuerkrankungen pro Jahr auf. Rund ein Drittel davon beträgt die Prävalenz für viszerale Leishmaniose. Aktuell gelten zwölf Millionen Personen als Träger der Infektion.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Leishmanien vermehren sich in zwei Wirten. Die erste Stelle der Vermehrung ist der Organismus der Sandmücke. Mit dem Speichel der Mücke wandern sie beim Stich in geißeltragender Form auf den gestochenen Organismus über. Im Organismus von Wirbeltieren werden sie von Makrophagen oder Fresszellen phagozytiert. Dieses Prinzip ist auch als passive Invasion bekannt und hat die Verwandlung der Leishmanien zur Folge. Mit der stillen Invasion der Fresszellen wandeln die Organismen ihre Gestalt zu einer amastigoten oder unbegeißelten Form um.

Innerhalb der Makrophagen vermehren sich die Parasiten mittels Teilung. Wenn sie die Wirtszelle zerstört haben, nehmen sie wieder amastigote Form an. In der begeißelten Form sind die Parasiten außerordentlich bewegungsfähig und so dazu in der Lage, wieder in neue Makrophagen einzudringen. Sobald der Erreger von einer Sandmücke oder einem ähnlichen Insekt wieder aus dem Blut eines infizierten Wirbeltiers aufgenommen wird, schließt sich der Kreislauf. Im Darm des Insekts werden die Leishmanien erneut zu einem promastigoten Organismus, der zu einer amastigoten Form innerhalb des Darmepithels wird und so die Speicheldrüsen der Mücke erreicht. Beim nächsten Stick eines Wirbeltiers kann eine neue Infektion erfolgen.

Ein Pathogenitätsfaktor der Leishmanien ist die Strategie des „Trojanischen Pferdes“. Sie tragen ein Signal auf ihrer Oberfläche, das dem Immunsystem Ungefährlichkeit suggeriert. Die Gedächtnisfunktion ist damit umgangen. Darüber hinaus kehren die Parasiten der Art Leishmania major die Wirkung der Abwehrreaktion zu ihrem Nutzen um. Sie nutzen die phagozytosefreudig neutrophilen Granulozyten zu ihrem Zweck, indem sie unerkannterweise in langlebige Makrophagen eindringen und sich in deren Innerem vermehren.

Bei einer Infektion im Gewebe werden Granulozyten von Chemokinen ins betroffene Gebiet gelockt. Bei einem Insektenstich entspricht dieses Gebiet der Haut. Sie phagozytieren die eingedrungenen Organismen aufgrund ihrer Oberflächenstrukturen und lassen einen lokalen Entzündungsprozess entstehen. Aktivierte Graunlozyten sezernieren daraufhin Chemokine, um weitere Granulozyten anzulocken. Die phagozytierten Leishmanien fördern im Inneren der Fresszellen die Bildung von weiteren Chemokinen. Die Erreger vermehren sich unerkannt und unbekämpft im infizierten Gewebe. Leishmania produzieren zudem selbst Chemokine, die die Bildung des interferoninduzierbaren Chemokins innerhalb der infizierten Granulozyten stoppen und so die Aktivierung der NK- oder Th1-Zellen verhindern.

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Krankheiten & Beschwerden

Die oben beschriebenen Prozesse machen die Infektion mit Leishmanien zu einer tückischen Erkrankung. Bei der Phagozytose überleben die Leishmanien, indem ihre primären Wirtszellen dem Immunsystem die Abwesenheit von Erregern signalisieren. Die natürliche Lebensdauer der Granulozyten ist kurz. Die Apoptose setzt nach rund zehn Stunden ein. In Granulozyten mit der Infektion ist die Caspase-3-Aktivierung gehemmt, sodass sie bis zu drei Tage, länger leben. Die Erreger regen die Granulozyten außerdem zur Anlockung von Makrophagen an, die Zellgifte und proteolytische Enzyme der Granulozyten aus dem umliegenden Gewebe räumen. So werden die Leishmanien über physiologische Abräum-Prozesse von Makrophagen aufgenommen, wobei die Aufnahme des apoptotischen Materials die Makrophagenaktivität dämpft.

Abwehrmechanismen gegen intrazelluläre Parasiten sind deaktiviert, sodass der Erreger überlebt. Intrazellulär in den Granulozyten haben die Erreger keinen direkten Makrophagen-Oberflächenrezeptor-Kontakt und bleiben ungesehen. Die Fresszellen des Immunsystems werden so nicht aktiviert.

Bei der viszeralen Leishmaniose sind die inneren Organe befallen. Häufigste Erreger sind Leishmania donovani und infantum. Ohne Therapie enden rund drei Prozent der Krankheitsfälle letal. Bei der Hautleishmaniose oder kutanen Leishmaniose bleiben die inneren Organe verschont. Die wichtigsten Erreger dieser Infektion sind Leishmania tropica major, tropica minor, tropica infantum und aethiopica.

Die Haut rötet sich nach der Übertragung durch das Insekt. Es kommt zur Bildung von juckenden Knötchen, die allmählich zu Papeln werden und später ein Geschwür von bis zu fünf Zentimetern bilden. Neben feuchten Hautinfektionen treten auch trockene oder diffuse Infektionen der Haut auf. Neben diesen Formen der Leishmaniose existiert eine mukokutane Leishmaniose, die neben der Haut die Schleimhaut betrifft.

Quellen

  • Bornhöft, G.: Pathologie Kompakt. Springer, Berlin 1997
  • Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Ringelmann, R., Heym, B.: Parasiten des Menschen. Protozoen, Helminthen und Arthropoden Krankheit, Diagnose und Therapie. Steinkopff, Berlin 2015

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