Kwashiorkor

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter Kwashiorkor wird eine krankhafte Protein-Energie-Mangelernährung verstanden. Sie zeigt sich in erster Linie bei Kindern in Entwicklungsländern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Kwashiorkor?

Grund für das Auftreten von Kwashiorkor ist der Mangel an Nahrung und Eiweiß in Regionen, in denen Hungernot herrscht. Dafür verantwortlich können Missernten, Naturkatastrophen, politische Unruhen oder Kriege sein.
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Bei Kwashiorkor handelt es sich um eine Proteinmangelerkrankung. Sie kommt bei Kindern in Entwicklungsländern vor und geht mit einer Eiweißstörung einher. In früheren Jahren war Kwashiorkor auch in Mitteleuropa verbreitet. In Deutschland trug die Krankheit die Bezeichnung Mehlnährschaden.

Der Name Kwashiorkor stammt von der Kinderärztin Cicely D. Williams aus Jamaika. Sie führte die Bezeichnung im Jahr 1935 im Rahmen eines Fachaufsatzes ein. Kwashiorkor ist ein Begriff aus der ghanaischen Sprache. Er bedeutet so viel wie, „dass die Krankheit ein Kind gebärt, wenn ein neues Kind zur Welt kommt“. Im Verlauf der Krankheit zeigt sich die Entstehung einer Kachexie, die mit schweren organischen Störungen verbunden ist. Diese Störungen können lebensgefährliche Ausmaße annehmen.

Ursachen

Grund für das Auftreten von Kwashiorkor ist der Mangel an Nahrung und Eiweiß in Regionen, in denen Hungernot herrscht. Dafür verantwortlich können Missernten, Naturkatastrophen, politische Unruhen oder Kriege sein. Nicht selten ist jedoch auch eine einseitige Ernährung der Grund für das Entstehen der Mangelerkrankung. Dabei werden die betroffenen Kinder in erster Linie von Mais ernährt. Obwohl die Kalorienzufuhr ausreichend ist, treten Kwashiorkor-Symptome auf.

So sind in Mais die lebenswichtigen Aminosäuren Lysin und Tryptophan nicht vorhanden. Diese benötigt der menschliche Organismus jedoch, um eigenes Eiweiß aufbauen zu können. Aus diesem Grund ist Kwashiorkor in Gegenden von Afrika verbreitet, in denen Mais als wichtigstes Grundnahrungsmittel dient. In Ländern, in denen genügend Protein verzehrt wird, tritt die Erkrankung dagegen kaum noch auf.

Durch den Mangel an den essentiellen Aminosäuren nehmen die Albumine im Blut ab. Gleichzeitig kommt es zur Absenkung des kolloidosmotischen Drucks. Dadurch gelangt die Gewebeflüssigkeit in der Bauchregion nicht mehr in die venösen Kapillaren. Davon betroffen sind allerdings nicht alle Kinder.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kwashiorkor kann sich bei den erkrankten Kindern auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. Die Symptome ähneln den Anzeichen einer Zöliakie (einheimische Sprue). So werden das Wachstum sowie die Regeneration der Zellen gehemmt. Darüber hinaus ist eine Schwäche der Hormonproduktion zu verzeichnen.

Als typisches Symptom gilt der Hungerbauch. Dieser entsteht durch die Einlagerung von Wasser am gesamten Körper. Besonders betroffen ist jedoch der Bauch. Außerdem tritt eine Vergrößerung der Leber auf. Auch die Haut der Erkrankten wird in Mitleidenschaft gezogen. Weitere mögliche Symptome sind Durchfall, Verlust an Gewicht bis zur Abmagerung, Muskelschwund, das Entfärben der Haare, Apathie sowie eine Immunschwäche. Da zudem die Organfunktionen nachlassen, besteht die Gefahr einer Leberinsuffizienz, Herzschwäche oder Enzephalopathie. Ebenso leidet die geistige Entwicklung des Kindes.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Besteht Verdacht auf Kwashiorkor, muss eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Als typisches Anzeichen der Erkrankung gelten Ödeme und eine vergrößerte Leber. Darüber hinaus machen die betroffenen Kinder einen abgemagerten und apathischen Eindruck. Ein weiteres Indiz ist das Auftreten einen prallen Bauchs aufgrund von Aszites. Dabei sammelt sich Flüssigkeit in der Bauchhöhle an.

Eine wichtige Rolle für die Diagnose spielen die Laboruntersuchungen. In deren Rahmen wird der Proteingehalt des Patienten bei einer Blut- oder Urinuntersuchung festgestellt. Weitere Tests können erfolgen, um die Funktion der Leber oder den Abbau der Muskeln zu ermitteln. Wichtigste Untersuchungen sind ein Blut-Harn-Stickstofftest, das Bestimmen der arteriellen Blutgase, das Messen der Kalium- und Kreatininwerte im Blut, sowie das Erstellen eines großen Blutbildes.

Durch die Laborwerte lassen sich vielfältige Mängel nachweisen. Der Verlauf von Kwashiorkor hängt davon ab, wann eine entsprechende medizinische Behandlung erfolgt. So besteht durch eine zu späte Therapie das Risiko von dauerhaften physischen und geistigen Schäden. Ohne eine Behandlung droht dem erkrankten Kind ein Koma oder sogar der Tod. Setzt die Therapie jedoch im Frühstadium ein, ist zumeist eine Genesung möglich.

Komplikationen

Bei Kwashiorkor kommt es in den meisten Fällen zu Störungen der Entwicklung und des Wachstums. Vor allem Kinder sind dabei von dieser Störung betroffen, sodass es zu weiteren Folgeschäden im Erwachsenenalter des Patienten kommt. Diese Schäden sind dabei in der Regel irreversibel und können nicht mehr vollständig behandelt werden. Die Patienten leiden dabei an Wassereinlagerungen, die am gesamten Körper auftreten können.

Ebenso wird die Leber durch Kwashiorkor vergrößert, sodass es zu Schmerzen kommt. Die Betroffenen verlieren dabei Gewicht und leiden ebenso an einer Unterernährung. Weiterhin kommt es durch die mangelhafte Ernährung zu einer Herzinsuffizienz oder zu einer Leberinsuffizienz. Beide Beschwerden können dabei im schlimmsten Falle zum Tode führen. Auch andere innere Organe können dabei geschädigt werden.

Die Behandlung von Kwashiorkor findet in der Regel mit Hilfe einer Diät statt. Damit können die Beschwerden weitesgehend eingeschränkt werden und es kommt in den meisten Fällen zu einem positiven Krankheitsverlauf, wenn die Behandlung schon frühzeitig beginnt. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf. Bei einer erfolgreichen Behandlung von Kwashiorkor kommt es bei den Betroffenen nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Gewichtsverlust und Schwäche bemerkt werden, liegt unter Umständen Kwashiorkor zugrunde. Die Erkrankung tritt in erster Linie in Entwicklungsländern auf, kann sich allerdings auch in Verbindung mit Fasten oder Diät einstellen. Personen, die zu diesen Risikogruppen zählen, müssen bei ersten Warnzeichen einer Mangelernährung den Hausarzt aufsuchen. Sollten sich ernste Beschwerden wie Apathie oder Kreislaufbeschwerden bemerkbar machen, wird am besten direkt mit dem Arzt gesprochen.

Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen oder Anzeichen einer Leberinsuffizienz sollten notärztlich behandelt werden. Eltern, die bei ihren Kindern entsprechende Warnzeichen feststellen, rufen idealerweise sofort den Rettungsdienst bzw. sollten das Kind in eine Klinik bringen, wo die Symptome abgeklärt werden können. Bei Kwashiorkor ist in jedem Fall ein Aufenthalt im Krankenhaus nötig. Die initiale Behandlung erfolgt durch den Allgemeinarzt, während für die weitergehende Therapie diverse Fachärzte hinzugerufen werden. So muss ein etwaiger Muskelschwund physiotherapeutisch behandelt werden, während eine Herzschwäche von einem Kardiologen oder Internisten zu behandeln ist.

Behandlung & Therapie

Für eine erfolgreiche Behandlung von Kwashiorkor ist es überaus wichtig, so rasch wie möglich mit den Therapiemaßnahmen zu beginnen. Kern der Behandlung ist eine energiereiche Ernährung. Zu diesem Zweck werden die Kinder mit kleinen, aber regelmäßigen, Portionen versorgt. Auf diese Weise lassen sich die physiologischen Grundabläufe des Organismus aufrechterhalten. Dabei ist jedoch darauf zu achten, den beschränkten Stoffwechsel nicht zu stark in Anspruch zu nehmen.

So kann ein Übermaß an Eiweiß negative Auswirkungen zur Folge haben. Außerdem muss sich der Körper auf die neuen Verhältnisse erst einstellen. Als gut geeignet für die Ernährung gilt Milch, die zumeist mithilfe einer Sonde zugeführt wird. Im weiteren Verlauf lässt sich die Milchnahrung anreichern. Später wird die Milch durch einen Getreidebrei, der wichtige Mineralstoffe und Vitamine enthält, ersetzt. Auch Fett, Kohlenhydrate und Zucker spielen eine bedeutende Rolle.

Zusätzlich kann das Verabreichen von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll sein. Diese Ernährungsweise erfolgt so lange, bis das Kind etwa 80 Prozent seines normalen Gewichts erlangt. Anschließend erhält es wieder normale Lebensmittel. Von einem Ende von Kwashiorkor ist die Rede, wenn das Normalgewicht des Körpers bei 85 Prozent liegt. Allerdings kann es trotz der Behandlung mitunter bei körperlichen und geistigen Schäden bleiben.


Aussicht & Prognose

Dritte-Welt-Kinder mit Kwashiorkor haben ohne fachkundige Behandlung eine schlechte Prognose. Bei Hungerödemen bzw. anhaltender Protein-Energie-Mangelernährung mangelt es den Betroffenen nach dem Abstillen an genügend eiweißhaltiger Nahrung. Die Kinder erhalten oft nur eine Schale weißen Reis, Mais- oder Hirsebrei am Tag.

Bei Kwashiorkor liegt ein chronischer Mangel an den wichtigsten Lebensbausteinen - den Aminosäuren - vor. Essenzielle Aminosäuren kann der Organismus nicht selbst bilden. Er ist auf deren Zufuhr durch die Nahrung angewiesen. Ist diese nährstoffarm und einseitig, kommt es zum Hungerödem. Kennzeichnend dafür ist ein aufgetriebener Bauch. Dieser lässt auf einen katastrophalen Zustand der Darmflora schließen. Vom Darmbiom ist auch das Immunsystem abhängig. Ob Kwashiorkor in ursächlichen Zusammenhang mit Aflatoxinen entsteht, ist noch nachzuweisen.

Die Prognose für Kinder mit Hungerödemen und vergrößerter Leber ist schlecht, wenn nicht umgehend proteinreiche Nahrung und medizinische Hilfe zur Verfügung stehen. Die erste Nahrungszufuhr nach der Kwashiorkor-Diagnose muss den erlahmten Stoffwechsel berücksichtigen. Dieser kann größere Mengen Proteine nicht mehr verarbeiten.

Unter ernährungsmedizinischer Behandlung können die Betroffenen vollständig genesen. Die Betroffenen können jedoch im späteren Leben an Folgeerscheinungen des Kwashiorkor leiden. Diese Prognose klingt optimistischer. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass es den Kwashiorkor-Betroffenen auch in Zukunft gut geht. Sie müssen dauerhaft genügend proteinreiche Nahrung erhalten.

Vorbeugen

Kwashiorkor vorzubeugen ist durchaus möglich. Zu diesem Zweck muss ein Kind ausreichend proteinhaltige Nahrungsmittel bekommen. Nach Empfehlungen des CDC (Centre for Disease Control and Prevention) beträgt die empfohlene Proteinmenge pro Tag zwischen 10 und 35 Prozent der Kalorienzufuhr.

Nachsorge

Bei Kwashiorkor sind in der Regel keine Maßnahmen einer Nachsorge verfügbar oder sie sind stark eingeschränkt. Dabei sollte in erster Linie schnell ein Arzt aufgesucht und die Mangelernährung unterbrochen werden, damit es nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden oder zu anderen Komplikationen kommt. In der Regel kann bei Kwashiorkor keine selbstständige Heilung eintreten, wobei die Krankheit im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen führen kann.

Bei dieser Krankheit muss in erster Linie die Unterversorgung des Kindes gestoppt werden. Das Kind muss sich dabei an die gewöhnliche Ernährung anpassen und sich daran gewöhnen. Hierbei kann auch ein Arzt einen Ernährungsplan erstellen, welcher auf jeden Fall eingehalten werden sollte. Vor allem die Eltern des Kindes müssen dabei diesen Plan beachten und das Kind auch bei der Einnahme der Nahrung unterstützen.

Dabei sollte auch der Auslöser für die Unterernährung oder für das Untergewicht weiterhin verhindert werden. Eventuell ist bei Kwashiorkor daher eine psychologische Unterstützung notwendig, wobei sich auch liebevolle und intensive Gespräche positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit auswirken können. Eventuell ist auch die Lebenserwartung des Betroffenen aufgrund der Erkrankung verringert.

Das können Sie selbst tun

Personen, bei denen Kwashiorkor diagnostiziert wurde, sollten sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Die Therapie konzentriert sich in erster Linie auf eine Umstellung der Ernährung. Die betroffenen Kinder müssen sich gesund und ausgewogen ernähren und sollten außerdem mehr kleine, aber regelmäßige Portionen einnehmen. Dadurch können die physiologischen Abläufe des Organismus reguliert werden.

Der beschränkte Stoffwechsel darf allerdings nicht zu stark beansprucht werden. So sollte beispielsweise nicht zu viel Eiweiß in die tägliche Ernährung aufgenommen werden. Geeigneter sind Milch und Milchprodukte. Die Milchnahrung kann im Verlauf der Erkrankung um Getreidebrei und Obst angereichert werden. Begleitend dazu müssen meist Nahrungsergänzungsmittel verabreicht werden. In schweren Fällen kann es notwendig sein, dem erkrankten Kind die fehlenden Nährstoffe mittels Infusion zuzuführen.

Die Behandlung muss fortgesetzt werden, bis das Kind etwa 80 Prozent des normalen Körpergewichts erreicht hat. Nach der Behandlung muss sichergestellt werden, dass das Kind zukünftig ausreichend proteinhaltige Nahrungsmittel verzehrt. Das CDC (Centre for Disease Control and Prevention) empfiehlt eine tägliche Proteinmenge von zehn bis 35 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr, ergänzt um die notwendigen Vitamine und Mineralien.

Quellen

  • Elmadfa, I., Leitzmann, C.: Ernährung des Menschen. Ulmer, Stuttgart 2004
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Suter, P.M.: Checkliste Ernährung. Thieme, Stuttgart 2008

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