Griscelli-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Griscelli-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbte Pigmentstörung von Haut und Haaren, von denen drei verschiedene Erscheinungsformen, Typ 1 bis Typ 3, bekannt sind. Die einzelnen Typen der Erbkrankheit werden durch Mutationen an unterschiedlichen Genen verursacht und sind in unterschiedlichem Maße mit gleichzeitiger Milz- und Lebervergrößerung, mit einer verminderten Anzahl der neutrophilen Granulozyten und mit einer verminderten Anzahl von Thrombozyten im Blut assoziiert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Griscelli-Syndrom?

Eine labortechnische Möglichkeit, die klare Erkenntnisse darüber liefert, ob und welcher Typ des Griscelli-Syndroms vorliegt, existiert nicht. Die einzig sichere Möglichkeit einer Diagnose besteht in einer molekulargenetischen DNA-Analyse.
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Das Griscelli-Syndrom stellt eine Sonderform des Albinismus dar, die neben einer Minderpigmentierung (Hypomelanose) der Haut und der Haare von weiteren schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen wie eine gleichzeitig krankhaft vergrößerte Leber und Milz (Hepatosplenomegalie), eine verminderte Anzahl neutrophiler Granulozyten (Neutropenie) und einer verminderten Anzahl von Blutplättchen (Thrombopenie) begleitet wird.

Drei verschiedene Erscheinungsformen werden als Typ I, Typ II und Typ III bezeichnet und durch unterschiedliche Gendefekte verursacht. Das Griscelli-Syndrom muss differentialdiagnostisch vom Chediak-Higashi-Syndrom abgegrenzt werden, das von ähnlichen Symptomen begleitet wird und wie das Griscelli-Syndrom autosomal-rezessiv vererbt wird.

Das bedeutet, dass die Gendefekte nicht geschlechtsspezifisch sind und dass die Krankheit nur dann auftritt, wenn beide Elternpaare die gleichen verursachenden Gendefekte aufweisen. Die Symptome der Erbkrankheit wurden 1978 erstmals von dem Pariser Kinderarzt Claude Griscelli beschrieben. Die Krankheit kann mit einer Häufigkeit von einem Fall pro einer Million Geburten als selten eingestuft werden.

Ursachen

Alle drei Erscheinungsformen des Griscelli-Syndroms werden durch Gendefekte verursacht. Ein Erwerb der Krankheit durch Infektionen oder durch Einwirkung von Schadstoffen ist nicht möglich. Der Typ I der Krankheit wird durch Mutationen im MYO5A-Gen verursacht, das für das Motorprotein Myosin VA kodiert. Mutationen im RAB27A-Gen sind verantwortlich für die Typ II-Erscheinungsform des Griscelli-Syndroms.

Das Membranprotein, das durch das RAB27A-Gen kodiert wird, gehört zur Superfamilie der GTPasen. Der Typ III der Erbkrankheit beruht auf bestimmten Mutationen des MLPH-Gens, das ebenfalls wie das Myosin-Gen für ein Transportprotein im Zusammenhang mit dem intrazellulären und transmembranen Transport des Melanins kodiert. Während sich der Locus des MYO5A- und des RAB27A-Gens beide auf dem Chromosom 15 in gleicher Region auf dem langen Arm (q) befinden, ist das MPLH-Gen Bestandteil des Chromosoms 2 und befindet sich auf der Position 2q37.3.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die drei Erscheinungsformen des Griscelli-Syndroms zeigen teilweise unterschiedliche Symptome und Beschwerden. Allen Erscheinungsformen gemeinsam sind die ungewöhnlich blasse und hypopigmentierte Haut sowie frühzeitig graue Haare, die sich bereits im Kindesalter zeigen.

Gravierender als die mangelnde Pigmentierung sind die mit dem Typ 1 der Krankheit verbundenen gestörten Gehirnfunktionen. Diese machen sich durch eine verlangsamte Entwicklung und durch Sehstörungen bemerkbar sowie durch einen generell schwachen Muskeltonus.

Symptomatisch für die Verlaufsform des Griscelli-Syndroms Typ 2 sind begleitende immunologische Anomalien. In der Regel kommt es zu einer unkontrollierten Aktivierung von T-Lymphozyten und Makrophagen. Lymphknoten und das ZNS werden von den aktivierten Immunzellen befallen. Es kann sich ein hämophagozytotisches Syndrom einstellen, das sich in einer ungebremsten Phagozytose der Erythrozyten zeigt.

Der Typ 2 der Erbkrankheit wird normalerweise nicht von neurologischen Entwicklungsstörungen begleitet. Störungen des ZNS können sich allerdings als Folge der exzessiven Hämophagozytose einstellen. Lediglich der Typ 3 des Griscelli-Syndroms wird nicht von gravierenden – teilweise lebensbedrohlichen – neurologischen oder immunologischen Symptomen begleitet.

Diagnose & Verlauf

Der Verdacht auf Erkrankung an einer der drei Erscheinungsformen des Griscelli-Syndroms wird durch das Erscheinungsbild der Haut des Neugeborenen, das Anzeichen eines Albinismus beziehungsweise einer Hypomelanose erkennen lässt, geweckt. Derartige Anzeichen können Anlass dazu geben, in den Familien beider Elternpaare nach Fällen von Albinismus zu forschen.

Eine labortechnische Möglichkeit, die klare Erkenntnisse darüber liefert, ob und welcher Typ des Griscelli-Syndroms vorliegt, existiert nicht. Die einzig sichere Möglichkeit einer Diagnose besteht in einer molekulargenetischen DNA-Analyse. Weil die auslösenden Gendefekte der Krankheit bekannt sind, kann gezielt eine Analyse der drei möglichen in Frage kommenden Gene vorgenommen werden.

Falls bekannt ist, dass in der Vergangenheit Familienmitglieder von der Krankheit betroffen waren, sind auch pränatale genetische Untersuchungen über eine Gewebeprobe der Chorionzotten möglich. Der Verlauf des Griscelli-Syndroms Typ 1 hat aufgrund der massiven neuronalen Entwicklungsstörungen eine ungünstige Prognose.

Beim Typ 2 der Krankheit ist zwar die neuronale Entwicklung normal, aber die Entgleisung des Immunsystems führt – unbehandelt – ebenfalls zu einer sehr ungünstigen Prognose. Einzig der Typ 3 des Griscelli-Syndroms wird lässt eine normale Lebenserwartung zu, weil weder besondere neurologische oder immunologische Störungen auftreten.

Komplikationen

Durch das Griscelli-Syndrom kommt es zu Pigmentstörungen am gesamten Körper des Patienten. Dabei sind auch die Haare von der Störung betroffen, sodass es zu einem ungewöhnlichen Aussehen kommt. Dieses kann bei Kindern eventuell zu Hänseleien oder zu Mobbing führen, wodurch die Betroffenen nicht selten an psychischen Beschwerden leiden. Ebenso kommt es zu einer Vergrößerung der Milz und der Leber.

Diese Vergrößerungen führen dabei zu Schmerzen und können auch andere innere Organe verdrängen oder quetschen. Der Betroffene wirkt dabei sehr blass und ist nur wenig belastbar. Auch die Haare sind durch das Griscelli-Syndrom schon im Kindesalter grau gefärbt. Nicht selten leiden die Patienten auch an Sehstörungen und an einer Muskelschwäche.

Auch das Immunsystem ist geschwächt, sodass es öfter zu Entzündungen und zu Infektionen kommt. Der Alltag des Patienten ist durch die Krankheit erschwert. Es ist leider nicht möglich, das Griscelli-Syndrom zu behandeln. Lediglich eine symptomatische Therapie ist in einigen Fällen möglich und kann die Beschwerden des Syndroms einschränken. Allerdings kann nicht vorausgesagt werden, ob es zu einem positiven Krankheitsverlauf kommen wird.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Griscelli-Syndrom bedarf in jedem Falle einer Behandlung durch einen Arzt. Es kommt bei diesem Syndrom nicht zu einer Selbstheilung und in der Regel auch zu einer dauerhaften Verschlechterung der Beschwerden. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn das Kind an einer stark verlangsamten Entwicklung leidet. Auch Sehstörungen oder ein schwacher Muskeltonus können auf das Griscelli-Syndrom hindeuten. Hierbei müssen vor allem die Eltern und die Angehörigen auf die Beschwerden des Syndroms achten und einen Arzt aufsuchen.

Es treten auch neurologische und motorische Störungen auf, die auf die Krankheit hindeuten. Weiterhin ist der Besuch bei einem Arzt dann sinnvoll, wenn das Kind schon frühzeitig graue Haare aufweist oder wenn die Haut von einer ungewöhnlichen Pigmentierung betroffen ist.

Das Griscelli-Syndrom kann von einem Kinderarzt oder Allgemeinarzt diagnostiziert werden. Auch ein Hautarzt sollte bei Pigmentstörungen besucht werden. Da viele Patienten und ihre Eltern und Angehörigen beim Griscelli-Syndrom auch an psychischen Beschwerden leiden, ist der Besuch eines Psychologen ebenso ratsam.

Behandlung & Therapie

Aufgrund der Verursachung des Griscelli-Syndroms durch Genmutationen, die quasi systemisch in den Stoffwechsel jeder einzelnen Zelle bestimmter Gewebe eingreifen, existiert (noch) keine Therapie zur Heilung der Krankheit.

Jegliche Behandlungsmöglichkeiten des Typs 1 der Krankheit beschränken sich auf Behandlung der Symptome. Falls sich bei Typ 2 das gefürchtete hämophagozytotische Syndrom einstellt, kann dieses nur durch eine passende Knochenmarkspende überwunden und geheilt werden. Weitere Therapiemöglichkeiten sind keine vorhanden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose des Griscelli-Syndroms hängt maßgeblich von der Form der Erkrankung ab. Es werden drei Typen unterschieden, die jeweils eine andere Entwicklung aufzeigen.

Bei Typ I ist die Prognose aufgrund der erheblichen neuronalen Störungen ungünstig. Diese zeigen sich individuell während des Entwicklungs- und Wachstumsprozesses, gelten größtenteils als irreparabel und haben eine starke Auswirkung auf die Lebensqualität des Patienten. Es erfolgt eine symptomatische Therapie, zur Verbesserung des Wohlbefindens, da die Ursachen aufgrund der Gegebenheiten nicht behoben werden können.

Bei Typ II kann es in schweren Fällen zu einem tödlichen Krankheitsverlauf kommen. Die Prognose dieser Form ist ungünstig, da eine Immunschwäche bei den betroffenen Patienten vorliegt, die letztlich zu einem vorzeitigen Ableben führen kann. Wird dieser Typ nicht medizinisch betreut, zeigt sich die Erkrankung mit einem steten Krankheitsfortschritt ohne Aussicht auf Linderung. In einigen Fällen kann durch eine Knochenmarkspende eine Linderung der Beschwerden erreicht werden.

Bei Patienten des Typ III treten weder neuronale Störungen auf, noch ist das Immunsystem beschädigt. Daher zeigt diese Krankheitsform im unmittelbaren Vergleich die beste Prognose. Die Lebenserwartung ist nicht herabgesetzt und die Lebensqualität ist vergleichsweise gut. Dennoch können Folgeerkrankungen oder psychische Störungen auftreten, die maßgeblich zu einer Verschlechterung der Gesamtprognose beitragen.


Vorbeugung

Direkt vorbeugende Maßnahmen, die einem Griscelli-Syndrom vorbeugen könnten, sind nicht existent, weil die Krankheit ausschließlich genetischen Ursprungs ist. Falls Fälle des Syndroms in der Familie eines oder beider Elternteile bekannt sind, kann eine genetische Beratung stattfinden, die über die statistische Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Krankheit bei verwirklichtem Kinderwunsch Klarheit schaffen. Prinzipiell kann eine gentechnische Analyse auch während der Schwangerschaft stattfinden mit allen sich daraus möglicherweise ableitenden ethischen Problemen und Konsequenzen.

Nachsorge

Beim Griscelli-Syndrom stehen dem Betroffenen keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Dabei steht im Vordergrund die medizinische Behandlung dieser Krankheit, um weitere Komplikationen und Beschwerden zu verhindern. Es kann dabei in der Regel nicht zu einer Selbstheilung kommen.

Ob das Griscelli-Syndrom dabei zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen führt, kann dabei nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden. Da es sich bei dieser Krankheit um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, sollte bei einem Kinderwunsch immer eine genetische Beratung durchgeführt werden. Dadurch kann das Auftreten des Syndroms bei den Nachfahren eventuell vermieden werden.

Die Behandlung des Griscelli-Syndroms erfolgt dabei rein symptomatisch, sodass eine kausale Behandlung nicht möglich ist. Nur durch die Transplantation von Knochenmark können die Beschwerden vollständig gelindert werden. Der Betroffene ist in seinem Alltag und in seinem Leben daher stark auf die Unterstützung anderer Menschen angewiesen.

Dabei wirkt sich vor allem die Hilfe und die Unterstützung von Freunden und von der eigenen Familie sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. In einigen Fällen kann dabei auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Griscelli-Syndroms sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt, welche den Alltag erleichtern können.

Das können Sie selbst tun

Dem Griscelli-Syndrom kann nicht vorgebeugt werden. Allerdings kann bei einem Kinderwunsch eine Genanalyse oder eine Beratung durchgeführt werden, um das Syndrom möglicherweise beim Kind zu vermeiden. Leider stehen dem Patienten auch keine besonderen Möglichkeiten der Selbsthilfe bei dieser Erkrankung zur Verfügung.

Die verlangsamte Entwicklung des Patienten kann in vielen Fällen durch eine spezielle Förderung und Therapie ausgeglichen werden, sodass Komplikationen im Erwachsenenalter minimiert werden. Sehstörungen können mit Hilfe von Sehhilfen eingeschränkt werden. Dabei sollte der Betroffene die Sehhilfen immer tragen, da sich die Sehkraft weiterhin verschlechtern kann.

Da die Patienten an einem schwachen Muskeltonus leiden, gilt es anstrengende Tätigkeiten zu vermeiden. Aufgrund der Hautbeschwerden sind lange Aufenthalte in der Sonne bei direkter Einstrahlung nicht ratsam. Der Betroffene sollte die Haut immer mit Kleidung bedecken oder diese mit Sonnencreme schützen.

Weiterhin kann sich auch die Unterstützung durch Eltern oder Freunde positiv auf die Krankheit auswirken und Depressionen oder andere Verstimmungen lindern. Hierbei hilft auch der Kontakt mit anderen Patienten, die am Griscelli-Syndrom erkrankt sind. Die Behandlung durch einen Psychologen ist immer dann anzuraten, wenn Unterstützung druch Familie und Freunde nicht mehr ausreicht. Kinder sollten über die Beschwerden und über den weiteren Verlauf der Krankheit ebenfalls aufgeklärt werden.

Quellen

  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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