Cäsarenwahnsinn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Cäsarenwahnsinn ist eine Form des Größenwahns, wie sie unter Monarchen und Tyrannen verbreitet war. Persönlichkeiten wie Hitler, Kaiser Caligula und König Heinrich VIII. werden heute mit der Wahnsymptomatik assoziiert. Viele Quellen bezweifeln den Cäsarenwahn als Krankheitssymptomatik und halten die einzelnen Symptome für eine natürliche Konsequenz des überzeichneten Herrscherbilds in Vorzeiten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Cäsarenwahnsinn?

Der Cäsarenwahnsinn ist immer mit einem gewissen Sendungsbewusstsein und Heilsanspruch verbunden. Vom Größenwahn existieren einige Sonderformen, so der religiöse Wahn mit Heilsauftrag, die wahnhafte Erhebung der eigenen Person, der Weltverbesserungs- oder Welterneuerungswahn und der Omnipotenzwahn.
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Größenwahn ist auch als Megalomanie bekannt. Hierbei handelt es sich um einen Wahninhalt, der unterschiedliche Erkrankungen der Psyche kennzeichnen kann. Der Größenwahn ist nah verwandt mit dem Abstammungswahn. Betroffene halten sich zum Beispiel häufig für wichtige Persönlichkeiten aus dem politischen oder religiösen Bereich, für Götter, Propheten oder Superhelden. Oft ist der Größenwahn mit einem Sendungswahn oder Heilswahn vergesellschaftet.

Die Patienten sind davon überzeugt, eine höhere Aufgabe für die Menschheit zu erfüllen und sie zu erlösen. Als Cäsarenwahnsinn ist in diesem Kontext eine Form des Größenwahns bekannt, die vor allem unter politischen Führern wie römischen Kaisern verbreitet gewesen sein soll. Der Begriff bezeichnet letztlich weniger spezifische Symptome, sondern wir im Wesentlichen für herrschaftsungeeignete Monarchen eingesetzt.

Der Cäsarenwahnsinn manifestiert sich oft in paranoidem Größen- und Sendungs-oder Heilswahn. Der Begriff geht auf Gustav Freytag und seinen Roman »Die verlorene Handschrift« zurück, wo er sich auf das julisch-claudische Kaiserhaus bezieht. Verbreitung fand der Begriff des Cäsarenwahnsinns mit Caligula. Studien über den Cäsarenwahnsinn von Kaiser Caligula dokumentierte im 19. Jahrhundert vor allem der Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde.

Ursachen

Cäsarenwahnsinn tritt ausschließlich an Menschen mit großer politischer Macht auf. Vor allem Monarchen sind gefährdet, an der Störung zu erkranken. Neben Kaiser Caligula und Wilhelm II. litten vermutlich auch Personen wie der englische König Heinrich VIII. am Cäsarenwahnsinn. In der Vergangenheit wurde Monarchen oft schon in jüngsten Jahren eine derart umfangreiche Gewaltstellung übergeben, dass sie an die Unbegrenztheit ihrer eigenen Macht zu glauben neigte.

Sie fühlten sich oft nicht mehr an das Gesetz gebunden und modifizierten es nach ihrem Belieben, so beispielsweise Heinrich VIII., der sich zum Zweck einer Scheidung gegen die päpstliche Macht erhob. Quidde hält die Schmeichelei der unmittelbaren Umgebung und den eigens veranstalteten Propaganda um die eigene Person als wichtige Ursachen für das übermenschliche Machtgefühl der Monarchen fest.

Von vielen Quellen wird der Cäsarenwahnsinn weniger als Krankheitsbild betrachtet, sondern als natürliche Folge der Tyrannentopik. In diesem Zusammenhang wären die scheinbaren Symptome der Monarchen keiner psychischen Störung, sondern dem Konzept der Monarchie selbst geschuldet.

Um Menschen zu überzeugen und die Ordnung zu wahren, wurde von Monarchen eine gewisse Argumentation und Darstellungsweise der eigenen Person erwartet, die die einzelnen Symptome des Cäsarenwahns mindestens ebenso gut erklären könnte wie eine Krankheit. Da annähernd alle Monarchen Symptome des Cäsarenwahnsinns aufwiesen, ist dieser Zusammenhang sogar die wahrscheinlichere Erklärung.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde beschrieb im 19. Jahrhundert die wesentlichen Elemente des Cäsarenwahnsinns am Beispiel von Kaiser Caligula. Er unterstellte dem Kaiser einen Glauben an die eigene Göttlichkeit, der mit Verschwendungssucht vergesellschaftet ist. Neben einem theatralisch wirkenden Schein beschrieb er das Hungern nach militärischen Siegen als symptomatisch.

Eine Tendenz zur Paranoia vervollständigte sein Bild. Darüber hinaus verwies Quidde auf den Zusammenhang, dass alleinige Herrscher oft der Eindruck von unbegrenzter Macht ereilt. Auf diesen Eindruck führte er die Lossagung von Recht und Gesetz zurück, wie sie unter Alleinherrschern weitverbreitet war. Typischerweise beginnen Monarchen durch die Schmeicheleien ihrer Umgebung an ihre eigene Übermenschlichkeit, Unbesiegbarkeit oder Göttlichkeit zu glauben.

Der Cäsarenwahnsinn ist immer mit einem gewissen Sendungsbewusstsein und Heilsanspruch verbunden. Vom Größenwahn existieren einige Sonderformen, so der religiöse Wahn mit Heilsauftrag, die wahnhafte Erhebung der eigenen Person, der Weltverbesserungs- oder Welterneuerungswahn und der Omnipotenzwahn. Alle davon treffen sich im Cäsarenwahnsinn. Darüber hinaus lässt Paranoia die betroffene Person an eine bösartig eingestellte Umwelt glauben. Die Betroffenen haben beispielsweise das Gefühl, ihnen werde nach dem Leben getrachtet.

Diagnose

Der Cäsarenwahnsinn hat mittlerweile an Bedeutung verloren und wird in der heutigen Zeit unter keinen Umständen als eigene Krankheit diagnostiziert. Formen des Größenwahns, so zum Beispiel der Größenwahn mit Heilsauftrag, und Verfolgungswahn gelten allerdings noch immer als tatsächliche Krankheitsbilder und werden von Psychologen und Psychiatern nach ICD-10 diagnostiziert.

In den meisten Fällen handelt es sich dabei lediglich um die Symptome eines übergeordneten Krankheitsbilds, so vor allem der narzisstischen Persönlichkeitsstörung oder der Schizophrenie. Darüber hinaus können Hirnschädigungen eine Rolle spielen. Die diagnostische Zusammenarbeit mit einem Neurologen ist daher indiziert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Als Größenwahn, der angeblich bereits im alten Rom bekannt war, kann man viele Verhaltensweisen bezeichnen. Ob dieses Verhaltensmuster allerdings Krankheitswert hat und einen Arztbesuch notwendig macht, ist abzuwägen. Ein mögliches Bewertungskriterium für oder gegen eine medizinische Intervention könnte sein, dass der Betroffene sich oder andere damit schädigt.

Der Größenwahn eines Herrschers ist vom Krankheitsbild der Megalomanie abzugrenzen. Wer viel Macht in Händen hält, neigt oft zum Größenwahn. Das haben viele Diktatoren im Laufe der Geschichte gezeigt. Wenn allerdings ein ganz normaler Mensch zum Cäsarenwahnsinn neigt, erleidet er einen Realitätsverlust. Er steigert sich in Wahnvorstellungen über seine Bedeutung, seine Herkunft und Machtfülle hinein und entwickelt eine Paranoia. Diese bedarf in vielen Fällen der Behandlung.

Der Cäsarenwahn wird bei normalen Menschen nur selten mit dieser Bezeichnung versehen. Die Bezeichnung "Cäsarenwahnsinn" wurde ausschließlich Herrschenden zugedacht, die eine entsprechende Machtfülle vorweisen konnten.

Das entsprechende psychische Erkrankungsbild wird üblicherweise als Megalomanie bezeichnet. Während der Cäsarenwahn eine mögliche Folge von immenser Machtfülle ist, ist die Megalomanie eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Begleitende Umstände wie Verfolgungswahn können aber auch beim Cäsarenwahn einen behandlungsbedürftigen Krankheitsaspekt erhalten.

Behandlung & Therapie

Ob der Cäsarenwahnsinn tatsächlich eine Krankheit ist oder nicht, bleibt bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungeklärt. Da der Cäsarenwahnsinn in der heutigen Zeit ohnehin nicht diagnostiziert wird und sich im Allgemeinen explizit auf Alleinherrscher in politisch monarchischen Machtpositionen bezieht, haben Therapieansätze vor dem Hintergrund mittlerweile wenig Relevanz.

Für die einzelnen Wahninhalte des Cäsarenwahns existieren allerdings durchaus Behandlungsmöglichkeiten, so zum Beispiel für die Paranoia oder den Größenwahn mit Heilsauftrag. Bei derartigen Wahninhalten kommt es bei der Therapie auf die primäre Ursache des Wahns an. Als symptomatisch medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten stehen Medikamenten wie Antipsychotika zur Verfügung.

Ebenso stehen zur Therapie psychotherapeutische Schritte unterschiedlicher Schulen zur Verfügung, so zum Beispiel die kognitive Verhaltenstherapie. An den Monarchen der Vergangenheit wurde der Cäsarenwahn in der Regel nicht behandelt. Einzig einige Vorbeugemaßnahmen wurden laut Quidde in die Wege geleitet.

Aussicht & Prognose

So denn der Cäsarenwahnsinn in der heutigen Zeit noch diagnostiziert würde, hätte er eine ungünstige Prognose. Da es jedoch nach den Vorgaben der anerkannten Erkrankungen keine Möglichkeit mehr gibt, den Cäsarenwahnsinn bei einem Patienten festzustellen, ist dies eher unwahrscheinlich.

In der gegenwärtigen Zeit würden Ärzte und Psychotherapeuten andere Krankheiten und Störungen diagnostizieren, die eine Mischform des Cäsarenwahnsinns darstellen, aber eine vergleichbare Prognoseaussicht hätten.

Die Erscheinung zeichnet sich dadurch aus, dass es keine Krankheitseinsicht des Patienten gibt. Aus diesem Grund kommt es nur in sehr seltenen Fällen überhaupt zu einer ärztlichen oder therapeutischen Behandlung. Diese wäre jedoch die Voraussetzung, um eine Heilung oder Linderung des gesundheitlichen Zustands des Patienten zu erleben. Die Betroffenen haben nicht das Gefühl, dass etwas mit ihnen nicht stimmen könnte.

Das Gegenteil ist der Fall. Sie selbst sind davon überzeugt, dass ihr denken, fühlen und handeln angemessen sei. Das nahe Umfeld hat im direkten Kontakt zu diesen Menschen ebenfalls keinen Handlungsspielraum. Der Erkrankte baut sich sein soziales Leben ganz nach seinen Vorlieben auf. Wer in Ungnade fällt wird eliminiert. Es gibt für diese Menschen keine Toleranz. Daher ist es nahezu unmöglich, mit dem Erkrankten zu arbeiten und damit eine Heilung zu erwirken.


Vorbeugung

In der Vergangenheit wurde dem Cäsarenwahnsinn durch Sklaven auf dem Wagen eines siegenden Monarchen vorgebeugt, der den Triumphator an die eigene Menschlichkeit erinnern sollte. Da die Krankheit heute keine große Rolle mehr spielt, braucht es auch keine entsprechenden vorbeugenden Maßnahmen mehr.

Nachsorge

Beim Cäsarenwahnsinn stehen dem Patienten meistens nur wehr wenige Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Da diese Krankheit in der heutigen Zeit kaum mehr auftritt, können dabei auch keine allgemeinen Voraussagen über den weiteren Verlauf getroffen werden. Im Allgemeinen sollten die Tätigkeiten vermieden werden, die zum Cäsarenwahnsinn geführt haben.

Da diese Krankheit heute allerdings nicht mehr auftritt, stehen dem Betroffenen in der Regel auch keine besonderen Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Früher wurde der Cäsarenwahnsinn durch die Einnahme von Medikamenten behandelt. Der Betroffene hatte dabei auf eine richtige Einnahme und auch auf die angemessene Dosierung zu achten.

Im Allgemeinen sollten sich Betroffene bei einer psychischen Krankheit immer an die Familie oder an Freunde wenden und mit diesen ein Gespräch aufsuchen. Dadurch kann eine weitere Verschlechterung der Beschwerden verhindert werden. In schwerwiegenden Fällen muss eine psychische Krankheit jedoch immer von einem professionellen Arzt behandelt werden, wobei auch die Behandlung in einer geschlossenen Klinik möglich ist.

Ob es durch diese Krankheiten zu einer verringerten Lebenserwartung des Patienten kommt, kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden. Auch der weitere Verlauf hängt dabei stark von der Art und der Ausprägung der jeweiligen Erkrankung ab.

Das können Sie selbst tun

Der Cäsarenwahnsinn wird heutzutage nicht mehr als eigenständige Krankheit diagnostiziert. Die wahnhaften Symptome, die mit der seltenen Form des Größenwahns in Verbindung stehen, können mitunter durch eigene Strategien und Tipps behandelt werden.

Wer bei sich oder anderen einen Größenwahn oder eine andere Persönlichkeitsstörung vermutet, sollte dennoch zunächst einen Arzt konsultieren. Nachdem die ursächliche Erkrankung diagnostiziert wurde, kann der Heilungsverlauf durch Selbsthilfe-Maßnahmen unterstützt werden. Der zuständige Neurologe oder Therapeut wird dem Betroffenen dabei zunächst Strategien an die Hand geben, um die gestörten Denk- und Verhaltensmuster zu durchbrechen.

In leichten Fällen genügt es oft schon, das Umfeld oder den Beruf zu wechseln. Auch eine Umstellung des Lebensstils inklusive sportlicher Betätigung und einer gesunden Ernährung können psychosomatischen Ursachen entgegenwirken.

In der Regel wird der Erkrankte zudem an Selbsthilfegruppen oder an einen fachspezifische Therapeuten verwiesen. Daneben werden Medikamente wie Antipsychotika verschrieben. Diese müssen unbedingt nach den Vorgaben des Arztes eingenommen werden, um eine Linderung der Symptome zu erzielen. Sollte es zu einer Zunahme des Größenwahns kommen, muss umgehend mit dem zuständigen Mediziner gesprochen werden.

Quellen

  • Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H.(Hrsg.): Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD 10, Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern 2011
  • Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006
  • Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Heidelberg 2006

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