Hypochondrie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Hypochondrie ist eine ernsthafte psychische Störung. Die Betroffen sind der festen Überzeugung, an einer schweren Erkrankung zu leiden, ohne dass dies durch eine ärztliche Diagnose bestätigt wurde. Die Betroffenen sind sich ihres Verhaltens meist sehr bewusst, können ihre Ängste aber dennoch nicht kontrollieren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Hypochondrie?

Hypochonder betreiben oftmals intensive Selbstrecherchen zu bestimmten Krankheiten, Symptomen und Anzeichen. Informationen werden gesammelt und in der Regel völlig überzogen wahrgenommen.
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Die psychische Störung Hypochondrie äußert sich in einer unbegründeten Angststörung vor Erkrankungen. An Hypochondrie erkrankte Menschen leiden an der Angst, an einer schweren Krankheit zu leiden.

Sie können in der Regel genau benennen, vor welcher Krankheit sie sich ängstigen. Kann der Arzt die Befürchtung der Betroffenen nicht durch eine entsprechende Diagnose bestätigen, werden meist verschiedene Ärzte konsultiert. Patienten mit Hypochondrie glauben meist jedoch nicht den Untersuchungen und Ergebnissen der Ärzte.

Viele Menschen mit Hypochondrie sind sich ihres irrationalen Verhaltens durchaus bewusst, können es jedoch nicht kontrollieren. Oftmals besteht die Gefahr des sozialen Rückzugs und der Vereinsamung.

Ursachen

Bis heute ist noch nicht endgültig geklärt, welches die Ursachen für Hypochondrie sind. Man geht jedoch davon aus, dass soziale, psychische und biologische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung spielen. Generell sind Menschen, die an Hypochondrie leiden ängstliche und sehr vorsichtige Menschen.

Durch entsprechende erzieherische Einflüsse oder auch sehr schmerzhaft Ereignisse kann sich die angeborene Ängstlichkeit zur Hypochondrie entwickeln. Auch seelischer Stress scheint eine Rolle bei der Entstehung zu spielen.

Untersuchungen ergaben, dass bei Menschen mit Hypochondrie das limbische System überaktiv und leicht beeinflussbar ist. In diesem Hirnareal werden Gefühle verarbeitet und die Aufmerksamkeit auf bestimmte Situationen gelenkt. Diese Entdeckung könnte der Beweis dafür sein, dass tatsächlich biologische Faktoren eine Rolle spielen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Personen die unter einer Hypochondrie leiden, haben in der Regel sehr große Angst davor krank zu werden. Diese Angst schränkt das Leben dieser Personen deutlich ein, sodass es unter Umständen auch zu psychischen Problemen kommen kann. Hinzuu kommt die Sorge vor Schmerz, Behinderung oder sogar auch vor dem Tod.

In einigen Fällen versteifen sich betroffene Personen auch konkret auf eine bestimmte Krankheit. Hypochonder betreiben oftmals intensive Selbstrecherchen zu bestimmten Krankheiten, Symptomen und Anzeichen. Informationen werden gesammelt und in der Regel völlig überzogen wahrgenommen. Gespräche mit anderen Personen werden gemieden, sodass Hypochonder sehr oft ein gestörtes Sozialleben haben.

Sie haben das dringende Bedürfnis mögliche Symptome sofort abzuklären. Mögliche Symptome werden in gesteigerter Weise wahrgenommen und es folgen ständige Besuche beim Arzt. Personen die unter einer Hypochondrie leiden sind fest davon eingenommen unter einer bestimmten Krankheit zu leiden.

Somit kommt es zu katastrophalen Gedanken über den eigenen Zustand, sowie zu schweren Panikattacken. Die Gedanken werde sich mit der Zeit erheblich verstärken, wenn keine Therapie in Anspruch genommen wird. Für Außenstehende ist es meistens sehr schwer eine Hypochondrie zu erkennen. Aus diesem Grund sollte verstärkt auf die oben genannten Anzeichen geachtet werden.

Diagnose & Verlauf

Hypochondrie ist eine psychische Störung, die sehr schwierig nicht sehr häufig diagnostiziert wird. Um eine eindeutige Diagnose zu stellen, muss die Störung mindestens seit sechs Monaten bestehen. Das macht die Diagnosestellung sehr schwierig, denn in der Regel wechseln die Betroffen häufig den behandelnden Arzt, sobald dieser feststellt, dass die befürchtete Krankheit nicht vorliegt. Die meisten Hypochonder können sich einfach nicht vorstellen, dass sie kerngesund sind. Sie hoffen teilweise darauf tatsächlich eine gefährliche Krankheit zu haben, damit ihre Vorstellungen bestätigt werden.

Darüber hinaus zögern viele Ärzte, eine Hypochondrie zu diagnostizieren, da sie befürchten, doch eine körperliche Erkrankung übersehen zu haben. Hinzu kommt, dass die Betroffen nur äußerst selten einen Facharzt für psychische Krankheiten aufsuchen, da sie der festen Überzeugung sind, an einer körperlichen Erkrankung zu leiden.

Zu einer sicheren Diagnose gehören neben der ausführlichen Befragung über die vorliegenden Beschwerden auch Fragen zu den vorherrschenden Ängsten und dem Grad der Selbstbeobachtung der Betroffenen. Außerdem versucht der Arzt die Hypochondrie von anderen, eventuell vorliegenden Zwangsängsten durch gezielte Fragen abzugrenzen.

Zwangsängste und auch die Hypochondrie gehen oftmals mit Depressionen einher. Auch hier versucht der Arzt die einzelnen Symptome von einander abzugrenzen, wobei häufig andere Zwangsängste, Depressionen und Hypochondrie miteinander bestehen.

Komplikationen

Die Hypochondrie führt in erster Linie zu starken psychischen Beschwerden und zu Depressionen. Sie kann allerdings in schwerwiegenden Fällen auch zu physischen Beschwerden und Komplikationen führen, sodass der Betroffene im schlimmsten Falle aufgrund der Hypochondrie verstirbt. In der Regel denkt der Patient, dass er an einer bestimmten Krankheit erkrankt ist, obwohl dies nicht der Fall ist.

Es kommt zu Schweißausbrüchen und Panikattacken. Oft sind die Betroffenen unruhig und fühlen sich unwohl, soziale Kontakte werden in vielen Fällen gemieden oder direkt abgebrochen. Weiterhin kann es zu einem starken Herzklopfen kommen. Nicht selten nehmen die Patienten auch Medikamente ein, welche eigentlich nicht notwendig sind, da keine Grunderkrankung vorliegt. In diesem Falle können die Medikamente dem Körper Schaden zufügen und bestimmte Organe schädigen.

Ebenso wird häufig ohne Grund ein Arzt aufgesucht. Durch die Depressionen und falschen Vorstellungen kommt es nicht selten zu einer sozialen Ausgrenzung. Die Behandlung der Hypochondrie erfolgt durch einen Psychologen und führt in der Regel nicht zu weiteren Komplikationen. Allerdings kann ein langer Zeitraum vergehen, bis die Behandlung eine erste Wirkung zeigt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die an starken Ängsten leiden, sollten grundsätzlich einen Therapeuten aufsuchen. Kommt es zu einer Zunahme der Angst oder nehmen die angstbesetzten Themen zu, ist ein Arztbesuch anzuraten. Können die alltäglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllt werden, gibt es für den Betroffenen einen emotionalen Leidensdruck oder haben die Beschwerden Auswirkungen auf das Sozialverhalten, wird ein Arzt benötigt. Die Angst vor einer schweren Krankheit führt zu einer immensen seelischen Belastung.

Bei Schweißausbrüchen, Störungen der Konzentration, Schlafproblemen, Atemnot oder einer erhöhten Reizbarkeit, ist ein Arztbesuch zu empfehlen. Kommt es zu einem sozialen Rückzug, depressiven oder melancholischen Phasen, einer verschlechterten Stimmung und Herzrasen, ist ein Arzt zu konsultieren. Meist mangelt es an einer Krankheitseinsicht bei der Hypochondrie, da der Betroffene es nicht für möglich hält, gesund zu sein. Daher ist es hilfreich, ein stabiles und vertrauensvolles Umfeld aufzubauen.

Obgleich es bei Patienten einer Hypochondrie zu einem häufigen Arztwechsel kommt, ist es für das Gesamtbild hilfreich, wenn die gesamte Krankengeschichte bei jedem Besuch dargeboten wird. Betroffene leiden häufig über viele Jahre und sollten sich einem Therapeuten anvertrauen, sobald sie bemerken, dass sie zur emotionalen Stärkung Hilfe benötigen. Bei Energielosigkeit, Resignation und gleichzeitiger innerer Aufgewühltheit, ist ein Arzt aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Um eine Hypochondrie erfolgreich zu behandeln wird eine kognitive Verhaltenstherapie angewandt. In erster Linie ist jedoch eine gewisse Einsicht und die Mitarbeit des Betroffenen notwendig, um die psychische Störung in den Griff zu bekommen. In einer Therapie lernen die Betroffenen, ihren gesamten Körper und ihre Beschwerden realistisch und für sie völlig neu zu bewerten.

Auch viele Verhaltensweisen im alltäglichen Leben müssen bei Menschen, die an Hypochondrie leiden, relativiert und zum Teil neu erlernt werden. Es gibt Betroffene, die es aus Angst vor Ansteckung vermeiden, anderen Menschen zur Begrüßung die Hand zu geben. Dies wäre ein solches alltägliches Verhalten, das von dem Betroffenen neu bewertet und erlernt werden müsste.

Des Weiteren liegt bei einer kognitiven Verhaltenstherapie immer auch der Fokus auf zukünftig neu auftretende Beschwerden der Patienten. Sie sollen lernen, diese schon beim ersten Auftreten realistisch einzuschätzen. Dazu gehört auch, dass die Betroffenen aufhören, übermäßige Nachforschungen nach eventuellen schweren Erkrankungen zu stellen, die auslösend für die empfundenen Beschwerden sein könnten.

Für die erfolgreiche Behandlung einer Hypochondrie ist die unbedingte Einsicht und Mithilfe der Betroffenen in jeder Stufe der Therapie unerlässlich.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen gegen Hypochondrie kann nur derjenige ergreifen, der befürchtet an Hypochondrie zu leiden. Wer eine große Angst vor schweren Erkrankungen verspürt und sich selber dabei ertappt, bei Beschwerden gleich das Schlimmste zu befürchten, sollte versuchen zum behandelnden Arzt ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Nur so ist es möglich bei einer – zum Glück – negativen Diagnose, dem Arzt zu glauben und die Angst zu beseitigen. Darüber hinaus sollte jeder, der befürchtet an Hypochondrie zu leiden versuchen, offen für eine psychosomatische Behandlung zu sein. Nur so kann eine bestehende Hypochondrie therapiert werden.

Nachsorge

Da es sich bei Hypochondrie um eine psychische Störung handelt, muss die Nachsorge ein Leben lang erfolgen. Maßnahmen zur Nachsorge beginnen deshalb bereits mit dem Ende der Therapie, die meist bei einem Psychologen stattfindet. Die Nachsorge sieht bei Patienten mit Hypochondrie im Einzelfall verschieden aus, orientiert sich jedoch an einem gemeinsamen Rahmen.

In der Psychotherapie haben die Betroffenen üblicherweise Faktoren erarbeitet, die zum Ausbruch der Hypochondrie geführt haben. Das Bewusstsein für diese Faktoren bildet nun den Ausgangspunkt dafür, einen stabilen psychischen Zustand beizubehalten und Rückfälle zu verhindern. Die Patienten müssen eine ausreichende Sensibilität dem eigenen Befinden und riskanten externen Faktoren gegenüber entwickeln.

Insbesondere Schicksalsschläge oder Erkrankungen im Familienkreis bergen das Potenzial, psychisch labilen Personen ein nicht ertragbares Ausmaß an Stress zu verursachen, was in einer erneuten Hypochondrie münden kann. Falls Patienten bemerken, dass sie mit neuen Situationen in ihrem Leben überfordert sind oder sonstige seelische Beschwerden verspüren, ist umgehend der frühere Psychotherapeut oder eine psychologische Notfallstelle zu kontaktieren.

Umso eher hier eingelenkt wird, umso größer sind auch die Chancen, dass ein erneuter Ausbruch der Krankheit vermeidbar ist. Selbsthilfegruppen stellen für Patienten eine Option dar, auch nach der Krankheit Verständnis und Austausch zu finden, der den Umgang mit der psychischen Störung erleichtert.

Das können Sie selbst tun

Die Hypochondrie ist eine Störung, bei der Betroffene, gegebenenfalls auch mit therapuetischer Unterstützung, in ihrem Alltag aktiv daran mitarbeiten können, die quälenden Ängste rund um vermeintliche Krankheiten Schritt für Schritt anzubauen.

Dazu gehört zunächst, dass der Patient für sich den inneren Entschluss fasst, nach der Untersuchung bei einem Arzt auf dessen Diagnose und Rat zu vertrauen. Das Aufsuchen weiterer Ärzte wegen Zweitmeinungen (das sogenannte "Arzthopping") schafft nur kurzfristige Beruhigung und steigert die Hypochondrie mit der Zeit oft ebenso die ständige Recherche nach den eigenen Symptomen im Internet (Cyberchondrie).

Ein weiterer wichtiger Baustein bei von Hypochondrie betroffenen Menschen ist es, wieder auf den eigenen Körper zu vertrauen. Dies ist in vielen Fällen durch ein sportliches Training mit sanftem Einstieg und dosierter Belastung zu erreichen. Dadurch fasst der Patient wieder Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit und die Angst vor schweren Erkrankungen wie einem Herzinfarkt lässt sich vermindern und im Idealfall ganz abbauen.

Auch Ablenkung wie soziale Aktivitäten können dabei helfen, die ständige Beschäftigung mit dem eigenen Körper und den damit verbundenen negativen Kreislauf der Gedanken zu durchbrechen. In diesem Zusammenhang hilft auch das Erlernen einer Entspannungsmethode oder von Yoga. Zudem unterstützen CDs mit geführten Fantasiereisen bei der für den Hypochonder so wichtigen Fähigkeit, sich zu entspannen.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009
  • Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006

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