Zystozele

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter einer Zystozele wird ein Blasenvorfall verstanden. Dabei wölbt sich die Harnblase in Richtung vordere Scheidenwand.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Zystozele?

Nicht selten verläuft eine Zystozele asymptomatisch, sodass die betroffenen Frauen keine Beschwerden verspüren. Meist handelt es sich dabei um geringfügig ausgeprägte Zystozelen.
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Von einer Zystozele ist die Rede, wenn sich die Harnblase der Frau in die Scheide (Vagina) hervorwölbt. Grund dafür ist ein zu schwacher Beckenboden, bei dem zumeist eine Verbindung mit einer Scheidensenkung oder einem Scheidenvorfall besteht. Hat auch die Harnröhre Anteil an der Vorwölbung, was nicht selten der Fall ist, sprechen Mediziner von einer Urethrozystozele.

Weitere Bezeichnungen für eine Zystozele sind Blasenprolaps, Blasenhernie oder Blasenvorfall. Fast immer zeigt sich eine Zystozele beim weiblichen Geschlecht. Sie ist gekennzeichnet durch das Einstülpen in die Vorderwand der Vagina. Mitunter erstreckt sich der Prolaps bis zum Eingang der Scheide (Introitus vaginae) oder sogar noch weiter.

Bei den meisten Patienten stellt dies eine sekundäre Folge bei einem Gebärmutter- oder Scheidenvorfall dar. Bei Männern tritt eine Zystozele nur äußerst selten auf. Diese kann bei einem Leistenbruch oder einer Schenkelhernie vorkommen.

Ursachen

Zusammengesetzt wird der Beckenboden aus Bändern, Muskeln und Gewebe. Diese haben die Funktion, die Harnblase sowie andere Organe zu stützen. Im Laufe der Jahre ist eine Abschwächung der Verbindung, die zwischen den Beckenbodenmuskeln sowie den Bändern, die über ihnen angesiedelt sind, möglich. Hervorgerufen wird diese Schwäche zumeist durch eine Geburt oder Verletzungen, die eine Überanstrengung zur Folge haben.

Durch die Abschwächung ist die Muskulatur des Beckenbodens nicht mehr in der Lage, die Harnblase zu fixieren. Infolgedessen sackt sie in die untere Richtung ab, wodurch sich eine Zystozele bildet. Zu den Hauptursachen für die Entstehung einer Zystozele zählen neben dem Geburtsvorgang und einer Schwangerschaft auch Übergewicht, anstrengende Bewegungen des Darms, chronischer Husten sowie das Heben von schweren Lasten.

Auch die Anzahl der Geburten spielt eine entscheidende Rolle, denn je mehr Kinder von einer Frau geboren werden, desto größer ist die Gefahr, dass es zu einer Zystozele kommt. Einen weiteren Risikofaktor für einen Blasenvorfall stellt ein Mangel an dem Hormon Östrogen dar. Dieses wirkt sich stärkend auf die weibliche Beckenbodenmuskulatur aus.

Beim altersbedingten Rückgang der Anzahl des Hormons, steigt die Gefahr einer Zystozelenentstehung. So sind oft Frauen nach der Menopause von einem Blasenprolaps betroffen. Eine Schwächung der Muskulatur des Beckenbodens ist außerdem durch das operative Entfernen der Gebärmutter möglich.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Nicht selten verläuft eine Zystozele asymptomatisch, sodass die betroffenen Frauen keine Beschwerden verspüren. Meist handelt es sich dabei um geringfügig ausgeprägte Zystozelen. In schwereren Fällen können sich allerdings Symptome wie ein Druckgefühl in der Beckenregion oder ein Völlegefühl bemerkbar machen. Dies ist besonders nach langem Stehen der Fall.

Bei Anstrengungen, dem Heben von Lasten, Bücken oder Husten verstärkt sich das Unwohlsein noch. Weiterhin sind im Rahmen einer Zystozele auch Entzündungen der Blase, häufiger Harndrang, Schmerzen oder Harnausstoß beim Geschlechtsverkehr sowie eine Harninkontinenz denkbar. Bei einer großen Zystozele kann es außerdem zu Harnverhalt kommen. Mitunter tritt sogar Blasengewebe aus der Scheidenöffnung aus. Dabei fühlt sich die Betroffene, als würde sie auf einem Ei sitzen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Besteht Verdacht auf eine Zystozele, nimmt der behandelnde Arzt eine Untersuchung des Beckenbodens vor. Dabei überprüft der Mediziner, ob es zu einem Vorstoß der Blase in die Scheide gekommen ist. Im Rahmen der vaginalen Untersuchung senkt der Arzt den Blasenboden mit einem Spekulum. Außerdem werden das äußere Scheidengewölbe sowie die vordere Wand der Vagina vorgewölbt.

Bei einer Bauchpresse und einer gefüllten Blase fällt die Diagnose der Zystozele leichter. Eine Rolle für die präzise Diagnostik spielt der Unterschied, ob der Defekt seitlich oder zentral ist. Im Falle einer Dehnungszystozele liegt ein glattes Verstreichen der Scheidenwand vor. Bei einer Verlagerungszystozele bestehen hingegen Scheidenrunzeln, bei denen lediglich die Seitenfurchen abgeflacht sind.

Ein seitlicher Defekt lässt sich durch das Anheben der Furchen mit einer Kornzange feststellen. Durch eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) kann die Diagnose abgesichert werden. Der Verlauf einer Zystozele hängt von deren Ausprägung ab. So bedürfen milde Formen, bei denen sich keine Beschwerden zeigen, keiner speziellen Behandlung. In schweren Fällen ist jedoch eine ärztliche Behandlung nötig.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es bei dieser Erkrankung zu verschiedenen Beschwerden an der Blase. Die Betroffenen verspüren dabei in der Regel ein Druckgefühl an der Blase, welches die Lebensqualität deutlich verringert und einschränkt. Auch ein Völlegefühl im Bereich des Beckens kann dabei auftreten und sich vor allem nach einem längeren Stehen bemerkbar machen.

Weiterhin treten bei der Erkrankung ohne Behandlung Entzündungen an der Blase oder an den Harnwegen auf. Auch ein häufiger Harndrang kann dabei auftreten und den Alltag des Betroffenen deutlich erschweren. Beim Stuhlgang oder beim Wasserlassen treten Schmerzen auf. Die Schmerzen können dabei auch beim Geschlechtsverkehr auftreten und sich möglicherweise negativ auf die Beziehung zum Partner auswirken. Ohne Behandlung kann die Erkrankung zu irreversiblen Schäden führen.

Die Beschwerden werden in der Regel Komplikationslos mit Hilfe eines operativen Eingriffes behoben. Ein Training des Beckens kann diese Erkrankung verhindern. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird dabei nicht negativ beeinflusst. Sollte das Gewebe der Blase schon beschädigt sein, kann dabei eine Transplantation des Gewebes stattfinden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Charakteristisch für die Zystozele ist eine Zeit der Beschwerdefreiheit. Trotz der vorliegenden Erkrankung bemerken die betroffenen Personen aufgrund der anfänglich geringen Auswirkungen häufig nicht, welche Veränderungen im Organismus stattfinden. Der Prozess dauert meist mehrere Monate an. Aus diesem Grund empfiehlt sich die Teilnahme an regelmäßigen Kontrollen sowie Vorsorgeuntersuchungen. Ein bis zweimal jährlich sollte der gesundheitliche Zustand von einem Arzt abgeglichen und dokumentiert werden. Dies ermöglicht eine Früherkennung und dadurch eine rechtzeitige Diagnosestellung. Treten die ersten Beschwerden auf, ist die Erkrankung meist bereits fortgeschritten. Störungen beim Toilettengang insbesondere beim Wasserlassen sind daher schnellstmöglich von einem Arzt untersuchen zu lassen.

Kommt es zu einer Harninkontinenz, besteht Anlass zur Besorgnis. Ist diese nicht auf eine einmalige Situation zurückzuführen, wird ein Arzt benötigt. Schmerzen, Schwellungen oder andere Unregelmäßigkeiten im Bereich des Unterleibs sollten untersucht und behandelt werden. Sinkt die körperliche Belastbarkeit oder kommt es zu Unregelmäßigkeiten bei der Ausführung von körperlichen Anstrengungen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Können die alltäglichen Verpflichtungen nicht beschwerdefrei erfüllt werden, benötigt der Betroffene Hilfe. Verhaltensauffälligkeiten, eine innere Unruhe sowie ein Rückzug aus dem sozialen Leben werden als Warnsignale verstanden. Treten Schmerzen auf oder kommt es zu Schlafstörungen, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Behandlung & Therapie

Wurde eine Zystozele diagnostiziert, müssen regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Arzt stattfinden. Auf diese Weise ist eine eventuelle Verschlimmerung des Blasenvorfalls zu erkennen. Damit sich die Zystozele nicht verschlimmert, lässt sich ein vorbeugendes Training durchführen. Falls eine Behandlung des Blasenvorfalls erforderlich ist, wird zum Stützen der Harnblase ein Pessar in die Scheide eingebracht.

Dabei handelt es sich um einen kleinen Ring aus Gummi oder Plastik. Von dem Arzt wird der Patientin erklärt, wie das Pessar einzuführen und zu reinigen ist. In manchen Fällen kann auch die gezielte Gabe von Östrogen sinnvoll sein. So wird der Beckenboden von dem Hormon gestärkt. Mitunter lässt sich auch ein chirurgischer Eingriff nicht vermeiden.

Dabei findet bei einer Dehnungszystozele eine vordere Scheidenplastik statt. Handelt es sich um eine Verlagerungszystozele, erfolgt eine paravaginale Kolpopexie. Dabei fixiert der Chirurg die Vagina wieder an der Seitenwand des Beckens. Mitunter ist auch der Einsatz von speziellem Transplantat-Gewebe notwendig.


Vorbeugung

Damit es gar nicht erst zu einer Zystozele kommt, sind regelmäßige Übungen der Beckenbodenmuskulatur zu empfehlen. Dabei finden unter anderem Kegelübungen statt. Außerdem ist es sinnvoll, keine zu schweren Lasten zu heben.

Nachsorge

Muss die Zystozele mit Hilfe eines chirurgischen Eingriffs behandelt werden, findet eine Nachbehandlung statt. In der Regel wird bereits am Tag der Operation eine Nieren- und Restharnsonographie zur Kontrolle durchgeführt. Um mögliche Komplikationen festzustellen, schließt sich im weiteren Verlauf eine körperliche Untersuchung an. Dazu kann zusätzlich eine gynäkologische Untersuchung gehören.

In der ersten Zeit nach der Operation sind schwere körperliche Beanspruchungen unbedingt zu vermeiden. Das bedeutet, dass keine schweren Lasten gehoben werden dürfen. Als sinnvoll gilt zudem das Weichhalten des Stuhls, was durch eine gezielte Ernährungsweise möglich ist. Auf diese Weise lässt sich stärkeres Bauchpressen vermeiden.

Besteht Übergewicht, wird empfohlen, dieses je nach Body Mass Index (BMI) zu reduzieren. In manchen Fällen müssen nach dem operativen Eingriff Spülungen der Scheide sowie Geschlechtsverkehr über einen gewissen Zeitraum vermieden werden. Einen wichtigen Teil der Nachsorge stellt ein regelmäßig stattfindendes Training des Beckenbodens dar.

Die Übungen, zu denen vor allem Kegelübungen zählen, sind konsequent wahrzunehmen. Unverzichtbar sind die Kontrolluntersuchungen beim Arzt, die ebenfalls regelmäßig aufgesucht werden müssen. Zeigen sich im Rahmen der Nachbehandlung Auffälligkeiten, die auf eventuelle Komplikationen wie zum Beispiel Nachblutungen, Blutergüsse sowie Blasen- oder Darmentleerungsstörungen hindeuten, sind diese dem behandelnden Arzt so schnell wie möglich mitzuteilen, damit er entsprechende Therapiemaßnahmen ergreifen kann.

Das können Sie selbst tun

Besteht das Risiko, dass es erneut zu einer Zystozele kommt, können verschiedene Maßnahmen zur Selbsthilfe ergriffen werden, um die Gefahr zu verringern. Dazu gehört in erster Linie das Stärken des Beckenbodens. Besonders nach der Geburt eines Kindes ist die Stärkung des Beckenbodens zu empfehlen. Zu diesem Zweck werden in regelmäßigen Abständen Kegelübungen durchgeführt. Finden diese Übungen konsequent statt, lässt sich die Schwächung des Beckenbodens in den meisten Fällen wieder beheben. Ebenso sinnvoll sind präventive Übungen, selbst wenn noch keine Zystozele besteht. Entsprechende Angebote lassen sich u. a. in Fitnesszentren, Sportvereinen oder bei Selbsthilfegruppen finden.

Damit es nicht erneut zu einem vorderen Prolaps kommt, ist es wichtig, keine zu schweren Gegenstände zu heben. Gleiches gilt für das richtige Anheben. So sollten beim Heben nicht Rücken und Taille beansprucht werden, sondern stattdessen die Beine.

Als wichtig gilt außerdem, einer Verstopfung des Darms entgegenzuwirken. Um dies zu erreichen, ist eine ballaststoffreiche Ernährung sinnvoll. Liegt ein chronischer Husten oder eine Bronchitis vor, sollten diese Leiden unbedingt fachgerecht behandelt werden, um einen Vorfall der Harnblase zu verhindern.

Eine weitere Selbsthilfemaßnahme stellt das Vermeiden von starkem Übergewicht dar. Das Festlegen des idealen Gewichts kann durch den Arzt erfolgen. Der Mediziner erteilt außerdem sinnvolle Ratschläge zur Gewichtsreduktion, die sich dann im Alltag anwenden lassen.

Quellen

  • Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Hautmann, R.: Urologie. Springer, Berlin Heidelberg 2014

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