Phosphatdiabetes

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Phosphatdiabetes handelt es sich um eine Krankheit, bei der der Organismus eine zu große Menge an Phosphat über den Urin ausscheidet. Bei gesunden Personen wird das Phosphat aus dem sogenannten Vorharn gefiltert. Zuständig für diesen Vorgang sind vor allem die Nieren. Durch die Ausscheidung des Phosphats verläuft das Wachstum der Knochen gestört, sodass der Phosphatdiabetes Ähnlichkeiten zu Rachitis aufweist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Phosphatdiabetes?

Im überwiegenden Teil der Fälle beginnen die Beschwerden der Krankheit bei zweijährigen Kindern. Diese treten zum Beispiel in Form von ausgeprägten O-Beinen und einer Genua in Erscheinung.
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Der Phosphatdiabetes wird mitunter auch als Vitamin-D-resistente Rachitis oder idiopathisches Debré-de-Toni-Fanconi-Syndrom bezeichnet. Grundlegend für das Verständnis der Krankheit ist die Tatsache, dass Calcium in den menschlichen Knochen eingelagert wird. An diesem Vorgang ist Phosphat maßgeblich beteiligt.

Die Erkrankung beginnt in der Regel schon im Kindesalter. Grundsätzlich zeigt sich der Phosphatdiabetes mit doppelter Häufigkeit bei weiblichen als bei männlichen Patienten. Jedoch verläuft die Krankheit in den meisten Fällen bei Mädchen milder. Der Phosphatdiabetes ist für andere Menschen nicht ansteckend. Prinzipiell handelt es sich bei der Erkrankung um eine Form der Rachitis, die infolge einer Hypophosphatämie hervorgerufen wird.

Ursachen

Die Entstehung des Phosphatdiabetes weist eine genetische Komponente auf. Ursächlich ist in erster Linie eine Mutation auf einem bestimmten Gen, das sich auf dem X-Chromosom befindet. Damit ist auch zu erklären, warum die Erkrankung doppelt so häufig bei Frauen als bei Männern vorkommt. Zudem handelt es sich um eine dominante Mutation.

Auf diese Weise reicht schon ein mutiertes Allel aus, um den Phosphatdiabetes auszulösen. Grundsätzlich ist der exakte Entstehungsmechanismus aber noch weitgehend unerforscht. Einige Mediziner vermuten, dass das entsprechende Gen an der Synthese von Membraneiweißen mitbeteiligt ist. Auf diese Weise wird die Einbehaltung des Phosphats im Organismus beziehungsweise in den Nieren gesteuert.

Bedingt durch die Mutation verläuft dieser Prozess jedoch fehlerhaft. Grundsätzlich sind Calcium und Phosphat im menschlichen Blut miteinander verbunden. Dies wird auch als Calcium-Phosphat-Produkt bezeichnet. Wenn sich die Menge von Phosphat verringert, so gilt dies auch für Calcium. In der Folge wird ein geringerer Anteil an Calcium in den Knochen eingelagert.

Jedoch ist Calcium ein zwingend erforderlicher Baustein für die Knochen, um deren Stabilität zu gewährleisten. Aus diesem Grund sind große Mengen an Calcium notwendig, um ein gesundes Wachstum der Knochen im Kindesalter zu gewährleisten. Deshalb bilden sich im Rahmen des Phosphatdiabetes charakteristische Verformungen der Knochen.

Zudem führt der Phosphatdiabetes dazu, dass trotz der zu geringen Konzentration an Phosphat kein Vitamin D vom Organismus ausgeschüttet wird. Dies ist ein üblicher Vorgang zur Regulierung bei gesunden Personen. In den Nieren findet eine unzureichende Rückresorption des Phosphats statt. Daher ist im Serum des Blutes eine Hypophosphatämie nachweisbar. In der Folge läuft die Mineralisation der Knochen gestört.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Der Phosphatdiabetes zeigt sich an verschiedenen Symptomen. Im überwiegenden Teil der Fälle beginnen die Beschwerden der Krankheit bei zweijährigen Kindern. Bei den Patienten sind erste Verformungen der Knochen sichtbar. Diese treten zum Beispiel in Form von ausgeprägten O-Beinen und einer Genua in Erscheinung.

Der Gang ist oftmals breitbeinig und watschelnd. Zudem sind die betroffenen Kinder häufig zu klein für ihr Alter und leiden unter Umständen auch an einer gestörten Entwicklung der Zähne. In manchen Fällen entwickelt sich eine Mittelohrschwerhörigkeit, da sich die kleinen Knöchelchen im Gehörgang nicht richtig ausbilden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn keine zureichende Behandlung erfolgt. Möglich ist außerdem, dass sich in der Folge des Phosphatdiabetes Kalk in der Niere anreichert.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des Phosphatdiabetes lässt sich mit Hilfe verschiedener Untersuchungen stellen. Zunächst erfolgt die Anamnese zwischen dem betroffenen Patienten oder dessen Eltern und dem Arzt. Anschließend werden die klinischen Symptome einer gründlichen Betrachtung unterzogen. Durch das Alter des Patienten während der Erstmanifestation fällt der Verdacht häufig schnell auf einen Phosphatdiabetes.

Im Rahmen von Blutuntersuchungen sind verringerte Konzentrationen von Phosphat im Serum des Blutes nachweisbar. Zur gleichen Zeit sind Calcitriol und Calcium in den üblichen Mengen vorhanden. Bei Röntgenuntersuchungen sind rachitische Verformungen der Knochen sichtbar.

Diese zeigen sich vor allem in den sogenannten Wachstumsbereichen an den Unterarmknochen. In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankungen sind die Veränderungen auch an den Kniegelenken nachweisbar. Darüber hinaus finden sich Hinweise auf das Vorliegen einer Osteomalazie. Bedeutsam ist zudem die Durchführung einer gründlichen Differenzialdiagnose.

Relevant ist hierbei, dass der Phosphatdiabetes gewisse Ähnlichkeiten zur Hypophosphatasie aufweist. Daher sind unter Umständen Verwechselungen der beiden Krankheiten möglich. Zudem ist das Vorliegen einer renalen Osteodystrophie zu überprüfen.

Komplikationen

Der familiär gehäuft auftretende Phosphatdiabetes führt allein schon aufgrund der X-chromosomal vererbbaren hypophosphatämischen Rachitis zu Komplikationen wie Schäden an Knochen oder Zähnen sowie zu Nierenfunktionsstörungen. Die Stoffwechselerkrankung führt vor ihrer Entdeckung oft zu Gelenkschmerzen. Die Gelenke der Beine verdrehen sich durch den Phosphatmangel. Das führt zu einem Watschelgang, X- oder O-Beinen.

Sind die Fehlstellungen aufgrund des Phosphatdiabetes besonders ausgeprägt, müssen sie orthopädisch ausgeglichen werden. Geschieht das nicht, drohen den mittlerweile Erwachsenen weitere Komplikationen durch vorzeitige Verschleißerscheinungen an den Gelenken. Bei Phosphatdiabetes-Patienten können als Folge des gestörten Phosphathaushalts auch Veränderungen an den Zähnen auftreten.

Fisteln, vereiterte oder entzündete Wurzelspitzen können auch den Kieferknochen involvieren. Es droht den Betroffenen ein vorzeitiger Zahnverlust, wenn die Zähne nicht umgehend behandelt werden. Karies und Parodontitis kommen bei Menschen mit Phosphatdiabetes gehäuft vor. Eine gute Zahnpflege ist unerlässlich, um solche Komplikationen zu vermeiden.

Zu weiteren Komplikationen kann es bei der Behandlung des Phosphatdiabetes kommen. Die üblicherweise eingesetzte Phosphat- und Calcitrioltherapie zeigt mindestens bei der Hälfte der Betroffenen Nebenwirkungen. Eine davon ist eine zunehmende Nierenverkalkung. Sind die kristallinen Ablagerungen in der Niere stark ausgeprägt, kann es in der Folge zu Bluthochdruck und einer gestörten Filterwirkung beider Nieren kommen. Die weitere Behandlung bedarf daher einer engmaschigen ärztlichen Überwachung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Zeigen sich innerhalb des Wachstums- und Entwicklungsprozesses des Kindes Unregelmäßigkeiten, wird ein Arzt benötigt. Verformungen des Körperbaus, Besonderheiten der Knochen sowie Fehlhaltungen sind mit einem Arzt zu besprechen. Bei starken O- oder X-Beinen, einer verkrümmten Körperhaltung sowie Schwierigkeiten bei der Fortbewegung wird ein Arzt benötigt. Besonderheiten der Gangart, Unsicherheiten oder eine erhöhte Unfall- und Sturzgefahr sind einem Arzt vorzustellen.

Die ersten Unregelmäßigkeiten der Phosphatdiabetes treten bei Kindern in einem Alter von ungefähr zwei Jahren auf. Im weiteren Verlauf zeigt sich eine Zunahme der Beschwerden bei gleichzeitiger Abnahme des Wohlbefindens. Störungen des Zahnwuchses oder Auffälligkeiten bei dem Verdauungsprozess müssen von einem Arzt begutachtet werden. Kommt es zu Beeinträchtigungen der Nierenfunktion, einer Verweigerung der Trinkzufuhr sowie Schmerzen im Bereich der Nieren, sollte unverzüglich ein Arztbesuch erfolgen. Veränderungen des Hautbildes oder beim Wasserlassen sind einem Arzt vorzustellen.

Zeigen sich neben den körperlichen Beschwerden zusätzlich emotionale oder seelische Probleme, wird ebenfalls die Konsultation eines Arztes empfohlen. Bei einem Rückzugsverhalten, sozialer Isolation oder Teilnahmslosigkeit benötigt der Betroffene Hilfe. Weinerlichkeit oder Auffälligkeiten im Verhalten sind als Warnhinweise zu verstehen. Es liegt eine gesundheitliche Beeinträchtigung vor, die abgeklärt und untersucht werden sollte. Angst, Schamgefühle, Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit sind Anzeichen eines Belastungszustandes, der abzuklären ist.

Behandlung & Therapie

Der Phosphatdiabetes wird prinzipiell symptomatisch behandelt, da eine Beseitigung der Ursachen nicht möglich ist. Den Mittelpunkt der Therapie bildet die Verabreichung von Calcitriol und Phosphat. Wichtig ist, mit der medikamentösen Behandlung so zeitig wie möglich zu beginnen. Dadurch lassen sich Schädigungen und Verformungen der Knochen zu einem gewissen Teil vermeiden. Zudem sind regelmäßige Nierenuntersuchungen notwendig, da die Entstehung einer Nephrokalzinose begünstigt wird.


Aussicht & Prognose

Der Phosphatdiabetes ist eine selten auftretende Sonderform der Rachitis. Ab dem zweiten Lebensjahr treten die ersten Symptome auf. Es kommt zu Gangauffälligkeiten, Kleinwuchs und einer auffälligen Zahnentwicklungsstörung. Ob diese dazu führen, dass eine Differenzialdiagnose erfolgt, ist fraglich. Die Prognose des Phosphatdiabetes hängt jedoch sehr davon ab, wie früh die Erkrankung erkannt wird.

Bei zeitnaher Behandlung sind die Aussichten für die kleinen Patienten am besten. Wird der Phosphatdiabetes nicht rechtzeitig behandelt, drohen Skelettdeformierungen, sowie eine bleibende Innenohrschwerhörigkeit. Die skelettären Deformierungen können nach Ende des Knochenwachstums nur noch operativ behoben werden. Bis dahin sollte ein Kinderorthopäde aufgesucht werden. Besteht bereits eine Innenohrschwerhörigkeit, kann diese meistens nicht mehr behoben werden. Es gibt jedoch Möglichkeiten, sie zu lindern.

Komplex und mit Umsicht vorzunehmen, ist jedoch die Behandlung dieser Störung. Beim Phosphatdiabetes müssen den kleinen Patienten üblicherweise Phosphat und Calcitriol verabreicht werden. Die ständige Kontrolle der Kalzium-Ausscheidungen über den Urin ist notwendig. Die Verabreichung von Calcitriols kann bei Überdosen zu einer Hyperkalzämie mit Übelkeit und Erbrechen führen. Außerdem kann es durch die Medikation zu einer Nephrocalcinose kommen. Letztere kann zu einer Niereninsuffizienz führen. Das bedeutet jahrelange Dialyse. Gegebenenfalls gibt es die Notwendigkeit, eine Spenderniere zu finden. Daher sind regelmäßige Ultraschalluntersuchungen sinnvoll.

Vorbeugung

Maßnahmen zur Prävention des Phosphatdiabetes sind nicht bekannt, da die Erkrankung erblich bedingt ist. Bei ersten Krankheitsbeschwerden sind ärztliche Untersuchungen einzuleiten, da ein zeitiger Therapiebeginn die Prognose des Phosphatdiabetes deutlich verbessert.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen beim Phosphatdiabetes keine besonderen und direkten Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, sodass bei dieser Krankheit in erster Linie eine rasche Diagnose und auch die anschließende Behandlung der Krankheit erfolgen sollte. Eine Selbstheilung kann dabei in der Regel nicht auftreten, wobei die Erkrankung zu starken Komplikationen führen kann, wenn sie nicht behandelt wird.

Daher sollte der Patient schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Krankheit einen Arzt kontaktieren. Die Behandlung selbst wird dabei mit Hilfe von verschiedenen Medikamenten durchgeführt, wobei eine vollständige Heilung des Phosphatdiabetes in der Regel nicht möglich ist. Die Patienten sind daher auf eine lebenslange Therapie angewiesen.

Dabei ist immer auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente und weiterhin auch auf eine empfohlene Dosierung zu achten, um die Beschwerden richtig und dauerhaft zu lindern. Ebenso sind auch regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt notwendig. Mögliche Fehlbildungen an den Knochen können dabei durch operative Eingriffe gelindert werden, wobei sich der Betroffene nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall schonen und ausruhen sollte. Eventuell verringert diese Krankheit die Lebenserwartung des Betroffenen, wobei eine allgemeine Voraussage über den weiteren Verlauf meist nicht möglich ist.

Das können Sie selbst tun

Phosphatdiabetes gilt nach dem derzeitigen Stand der Forschung als genetisch bedingt und kann nicht ursächlich therapiert werden. Es gibt deshalb auch keine Selbsthilfemaßnahmen, die ursächlich wirken. Je eher die Krankheit aber erkannt und adäquat behandelt wird, desto geringer sind die zu erwartenden Spätfolgen.

Da sich eine angeborene Phosphatdiabetes bereits im Kindesalter zeigt, sind hier vor allen die Eltern gefordert. Wer aus einer Familie stammt, in der die Phosphatdiabetes bereits einmal aufgetreten ist, sollte die Symptome kennen und, auch wenn er selbst gesund ist, seine Kinder darauf hin beobachten. Sofern sich Wachstumsverzögerungen oder andere Anomalien zeigen, muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Dabei ist es äußerst wichtig, den behandelnden Mediziner darauf hinzuweisen, dass es in der Familien Fälle von Phosphatdiabetes gibt. Da diese Krankheit eine eher seltene Störung ist, besteht sonst das Risiko, das sie zu spät erkannt wird. Eine zu späte Diagnose bedingt aber häufig eine Fehlentwicklung des Gehörgangs beim betroffenen Kleinkind, die nicht mehr reversibel ist.

Eltern sollten die Behandlung ihres Kindes auch nicht alleine dem Hausarzt überlassen, sondern in jedem Fall darauf bestehen, dass ein Arzt zugezogen wird, der bereits Erfahrung mit der Therapie von Phosphatdiabetes hat. Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arzt erhalten die Betroffenen bei der Ärztekammer. Darüber hinaus gibt es seit einigen Jahren auch einen Selbsthilfeverein, der Patienten und ihre Angehörigen berät.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
  • Muntau, A.C.: Intensivkurs Pädiatrie. Urban & Fischer, München 2011

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