Pfeiffer-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei dem Pfeiffer-Syndrom handelt es sich um eine autosomal-dominante Erbkrankheit. Diese tritt sehr selten auf und weist Anomalien in der Knochenformation des Gesichts und Schädels auf. Verursacht wird das Pfeiffer-Syndrom durch eine Mutation in bestimmten Proteinen, die für die Reifung der Knochenzellen verantwortlich sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Pfeiffer-Syndrom?

Das Pfeiffer-Syndrom resultiert aus einer Mutation in den Genen FGFR-1 und FGFR-2. Diese Mutation wird autosomal-dominant vererbt.
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Das Pfeiffer-Syndrom ist eine selten auftretende Erberkrankung, das zu den Kraniosynostosen zählt. Da diese autosomal-dominant weitervererbt wird, haben Personen mit dieser Erkrankung eine fünfzigprozentige Chance, diese an ihre Kinder weiterzuvererben. Das Pfeiffer Syndrom beeinträchtigt das normale Wachstum der Schädel- und Gesichtsknochen, was zu kraniofazialen Anomalien führt. Die Knochen verschmelzen frühzeitig und wirken sich auf die Form aus. Auch die Knochen beider Hände und Füße sind von dem abnormen Wachstum betroffen.

Die misslungene Fusion der Gesichtsknochen führt zu prall und weit aufgerissenen Augen, einer hohen Stirn, einer flachen Nasenwurzel und einem unterentwickelten Oberkiefer. Es wird klinisch zwischen drei Typen unterschieden. Die drei Typen weisen unterschiedlich stark ausgeprägt Merkmale auf. Patienten mit den Typen 2 oder 3 sind stärker betroffen und auch die Lebenserwartung ist merklich reduziert. Die Verbreitung des Pfeiffer-Syndroms ist nicht exakt bekannt und es wird auf 1 von 100.000 Personen weltweit geschätzt. Verursacht wird diese Erkrankung durch eine Mutation in den Genen FGFR-1 und FGFR-2.

Ursachen

Das Pfeiffer-Syndrom resultiert aus einer Mutation in den Genen FGFR-1 und FGFR-2. Diese Mutation wird autosomal-dominant vererbt. Wenn eines der beiden Elternteile von dieser Mutation betroffen ist, vererben sie diese mit einer fünfzigprozentigen Chance an das Kind. Diese Gene sind für die Herstellung wichtiger Proteine verantwortlich, den Fibroblasten-Wachstums Rezeptoren 1 und 2(Fibroblast growth factor receptors). Typ 1 des Pfeiffer-Syndroms kann durch eine Mutation in eines der beiden Rezeptoren verursacht werden. Typen 2 und 3 werden durch eine Mutation des FGFR-2 Genes ausgelöst und stehen nicht mit einer Veränderung des FGFR-2 Genes in Verbindung.

Die Proteine führen viele wichtige Funktionen aus. Während der embryonalen Entwicklung signalisieren sie unreifen Zellen sich zu reifen Knochenzellen zu entwickeln. Eine Mutation in eines dieser Gene verändert die Proteinfunktion und bewirkt ein verlängertes Signalisieren. Diese Verlängerung fördert die vorzeitige Verschmelzung der Schädel- und Gesichtsknochen. Ebenso ist die normale Entwicklung von Knochen der Hände und Füße betroffen. Dies führt zu den charakteristischen Hauptmerkmalen des Pfeiffer-Syndromes.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die vorzeitige Verschmelzung bestimmter Schädelknochen führt zu den charakteristischen Gesichtsdeformationen des Pfeiffer-Syndroms: Die Augen sind prall sowie weit aufgerissen und der Abstand zwischen ihnen vergrößert. Die Stirn ist deutlich ausgeprägt, die Ohren tiefsitzend und das Mittelgesicht unterentwickelt. Der Schädel ist abgeflacht und kurz. Mehr als die Hälfte aller Patienten klagen über einen Hörverlust und Zahnleiden.

Meist sind die Zehen und Finger ungewöhnlich kurz, mit einigen Verschmelzungen in den Zwischenräumen. Der dicke Zeh und Daumen sind auffallend kurz, dreiecksförmig und biegen weg von der anderen Zehen und Fingern. Je nach klinischem Typ sind die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt. Typ 1 ist die klassische Form des Pfeiffer-Syndroms. Diese ist milder als die anderen beiden Typen. Der Betroffene verfügt über eine normale Intelligenz, leichte Deformationen der Finger und Zehen sowie eine leichte Ausprägung einer Mittelgesichtshypoplasie.

Typ 2 weist schwerere klinische Symptome auf. Der Schädel hat die Form eines Kleeblattes und die Augäpfel treten merklich aus den Augenhöhlen hervor. Anomalien in Fingern und Zehen sind stark ausgeprägt. Auch die Ellenbogen deformieren. Die Knochen sind oft durchwachen und versteifen spontan. Des Weiteren treten neurologische Komplikationen auf. Die Entwicklung des betroffenen Kindes ist verzögert. Typ 3 des Pfeiffer-Syndroms entwickelt die gleiche Symptomatik wie der Typ 2, jedoch ohne den Kleeblattschädel.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Das Pfeiffer-Syndrom kann bereits im dritten Schwangerschaftsmonat der embryonalen Entwicklung diagnostiziert werden. Eine pränatale Untersuchung kann mit Hilfe eines Feinultraschalls einen abnormalen großen Abstand zwischen den beiden Augen erkennen lassen. Auch das pathologische Hervortreten der Augäpfel aus den Augenhöhlen sowie Verformungen des Schädel- und Gesichtsbereiches sind feststellbar. Nach der Geburt wird die exakte Diagnose mit einem Gentest garantiert.

Komplikationen

In den meisten Fällen leiden die Betroffenen beim Pfeiffer-Syndrom an verschiedenen Fehl- und Missbildungen. Diese wirken sich in erster Linie sehr negativ auf die Ästhetik der Betroffenen aus, sodass die meisten Patienten sich damit unwohl fühlen und an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem verringerten Selbstwertgefühl leiden. Auch Depressionen können aufgrund des Pfeiffer-Syndroms auftreten und dabei die Lebensqualität des Patienten deutlich verringern.

Weiterhin führt das Pfeiffer-Syndrom auch zu einem Hörverlust, der schleichend auftritt. Auch Zahnbeschwerden oder ein Zahnausfall kann dabei auftreten und die Einnahme von Nahrung und Flüssigkeit erheblich erschweren. Weiterhin leiden die Patienten an Anomalien an den Zehen und den Fingern, sodass es möglicherweise zu Einschränkungen im Alltag und zu Bewegungseinschränkungen beim Patienten kommen kann.

Auch die geistige Entwicklung des Kindes wird aufgrund des Pfeiffer-Syndroms deutlich verzögert, sodass der Patient im Erwachsenenalter auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist. Einige der Anomalien können durch operative Eingriffe entfernt werden. Dabei treten keine Komplikationen auf. Weiterhin ist der Patient allerdings auf verschiedene Therapien und Fördermaßnahmen angewiesen, um den Alltag meistern zu können.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Kinder, die am Pfeiffer-Syndrom erkrankt sind, benötigen von Geburt an eine intensive ärztliche Betreuung. Die Fehlbildungen am Kopf und an den Gliedern müssen operativ korrigiert werden. Zudem benötigen die betroffenen Kinder meist Schmerzmittel, Entzündungshemmer und andere Arzneimittel. Die Eltern sollten direkt nach der Entbindung mit einem Facharzt in Kontakt treten, damit eine umfassende Diagnose durchgeführt werden kann. Die eigentliche Behandlung findet in Spezialzentren statt.

Zuständig sind Fachärzte aus den Bereichen der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Neurochirurgen und plastische Chirurgen. Begleitend dazu muss enge Rücksprache mit dem Kinderarzt gehalten werden. Nach der initialen Therapie sollte regelmäßig der Arzt aufgesucht werden, damit die Medikation eingestellt und die verschiedenen Operationswunden auf Komplikationen untersucht werden können. Da das Pfeiffer-Syndrom zu großen optischen Makeln führt, die das Kind oftmals auch seelisch belasten, kann außerdem eine therapeutische Beratung sinnvoll sein. Bei einem positiven Verlauf können die Hauptmerkmale der Erkrankung jedoch soweit reduziert werden, dass ein normales Weiterleben ohne Therapie und regelmäßige Arztbesuche möglich ist.

Behandlung & Therapie

Je nach Schwergrad des Pfeiffer-Syndroms kann eine operative Korrektur des Gesichtes und Schädels durchgeführt werden. Dies ist sowohl durch Gesicht-, Mund- und Kieferchirurgie als auch durch Plastische Chirurgie und Neurochirurgie möglich. Durch eine Erweiterung des frontal-orbitalen Schädelbereiches kann der Schädel richtig zu wachsen und die Größe der Augenhöhlen erhöht werden.

Auch Kiefer und Mittelgesicht können durch einen chirurgischen Eingriff korrigiert werden. Mit der gerechten Behandlung können Betroffene eine normale Intelligenz entwickeln und ein normales gesundes Leben führen. Die Behandlungspläne werden stufenweise durchgeführt. Sehr entscheidend ist der richtige Zeitpunkt für die Durchführung einer Rekonstruktion des Knochenbaus. Dementsprechend werden verheerende Auswirkungen des Pfeiffer-Syndroms auf die Fähigkeit zu Atmen, Sprechen und Schlucken verhindert.

Aufgrund des unterentwickelten Mittelgesichts leiden Kinder oft an einer obstruktiven Schlafapnoe. Bei einer leichten Schlafapnoe kann eine medikamentöse Behandlung die Atmung intensiv verbessern. Eine schwere Atemstörung sollte jedoch von Spezialisten überwacht werden. Hier kann eine operative Entfernung der Gaumenmandeln oder eine kontinuierliche Atemwegsdruck-Maske (CPAP) die Symptome lindern.


Aussicht & Prognose

Zur Spezifizierung einer Prognose muss der vorliegende Typus des Pfeiffer-Syndroms ermittelt werden. Der Schweregrad der mit dem Pfeiffer-Syndrom einhergehenden Deformierungen hat zur Einteilung in drei Typen mit unterschiedlicher Prognose geführt. Beim klassischen Pfeiffer-Syndrom sind die Deformierungen nur milde ausgeprägt. Die Intelligenz ist nicht gemindert. Die Prognose ist gut, zumal die vorliegenden Deformierungen operativ abgemildert werden können.

Beim Pfeiffer-Syndrom ist die Prognose nicht so optimistisch. Die Deformierungen sind deutlich gravierender. Typisch ist der sogenannte Kleeblattschädel. Die Deformierungen am Skelett sind teils operabel, meist aber nicht korrigierbar. Die geistige Entwicklung ist verzögert. Neurologische Komplikationen sind zu erwarten.

Beim dritten Pfeiffer-Syndrom ist die Symptomatik ähnlich gravierend, nur der Kleeblattschädel fehlt. Auch hier ist die Prognose aufgrund der genetischen Verursachung nicht besonders gut. Dabei erschweren die fließenden Übergänge zwischen den drei Pfeiffer-Syndrom-Formen einer klare Abgrenzung und Prognosestellung.

Hilfreich ist aber, dass man das Vorliegen eines Pfeiffer-Syndroms bereits vorgeburtlich feststellen kann. Bei der Sonografie fallen die typischen Deformierungen bereits auf. Außerdem ist im Einzelfall ein erhöhtes Risiko für diese genetisch vererbbaren Mutationen bekannt. Ob dann ein legaler Schwangerschaftsabbruch noch möglich ist, oder seitens der Familie erwogen wird, ist unterschiedlich. Wenn das Kind einmal geboren ist, stehen ihm im Regelfall mehrere Operationen bevor.

Vorbeugung

Da das Pfeiffer-Syndrom eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung ist, kann diese nicht vorgebeugt werden. Sie kann jedoch bereits vor der Geburt diagnostiziert werden.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Pfeiffer-Syndrom in den meisten Fällen nur wenige oder sogar gar keine besonderen Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Hierbei ist in erster Linie eine sehr schnelle und vor allem eine frühzeitige Diagnose der Krankheit wichtig, damit keine weiteren Komplikationen mehr auftreten können. Eine Selbstheilung tritt dabei nicht ein, sodass der Betroffene idealerweise schon bei den ersten Symptomen oder Anzeichen der Erkrankung einen Arzt aufsuchen sollte.

Da es sich dabei auch um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, sollte der Patient im Falle eines Kinderwunsches auf jeden Fall eine genetische Untersuchung und Beratung durchführen lassen, um das erneute Auftreten des Pfeiffer-Syndroms zu verhindern. Die meisten Patienten sind dabei in der Regel auf operative Eingriffe angewiesen, welche die Beschwerden lindern können.

Dabei sollte sich der Betroffene nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen. Von Anstrengungen oder von körperlichen und stressigen Tätigkeiten ist dabei auf jeden Fall abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Ebenso sind die meisten Betroffenen aufgrund des Pfeiffer-Syndroms auf die Hilfe und die Unterstützung durch die eigene Familie in ihrem Alltag angewiesen, welche sich positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit auswirken kann.

Das können Sie selbst tun

Das Pfeiffer-Syndrom wird im Rahmen einer Kombinationstherapie behandelt, deren Ziel die Linderung der körperlichen Symptome und der geistigen und seelischen Begleiterscheinungen ist. Die Eltern von erkrankten Kindern können die Therapie unterstützen, indem sie das Kind fördern und unterstützen.

Da die Fehlbildungen zu Mobbing und Hänseleien und in der Folge bei den Betroffenen zur Entstehung von sozialen Ängsten führen können, ist es umso wichtiger, das Kind in seinem Selbstvertrauen zu bestärken. Die Eltern sollten sich zudem frühzeitig um einen geeigneten Kindergarten- und Schulplatz bemühen. In einer Einrichtung für besondere Kinder kann sich ein Kind mit Pfeiffer-Syndrom optimal entfalten, und die Eltern können sich darauf konzentrieren, die körperlichen Beschwerden behandeln zu lassen. Da eine vollständige Behebung der Fehlbildungen nicht möglich ist, muss die Wohnung behindertengerecht eingerichtet werden. Zudem benötigen die Kinder Hilfsmittel wie Gehhilfen oder einen Rollstuhl. Die Erziehungsberechtigten sollten sich frühzeitig an die jeweiligen Fachärzte wenden und die notwendigen Maßnahmen einleiten.

Begleitend dazu kann eine therapeutische Beratung für Eltern und Kind sinnvoll sein. Im späteren Leben ist auch der Besuch einer Fachklinik für Erbkrankheiten zu empfehlen, da das Kind früher oder später Fragen über seine Erkrankung stellen wird. Dann sollten die Angehörigen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Quellen

  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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