Nukleasen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Nukleasen sind Enzyme, deren Funktion darin besteht, Nukleinsäuren wie Ribonukleinsäure oder Desoxyribonukleinsäure abzubauen. Dabei wird von einer vollständigen oder partiellen Verdauung des Substrates gesprochen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Nukleasen?

Die Funktionen der Nukleasen sind vielfältig. Eine wichtige Funktion besteht darin, fremde DNA oder RNA sowohl sequenzspezifisch als auch unspezifisch zu spalten.
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Nukleasen sind allgemein für den Abbau von Nukleinsäuren verantwortlich. Dabei kann die Nukleinsäure sowohl von den Enden der Nukleinsäuremoleküle als auch von dessen Mitte herabgebaut werden.

Es gibt auch sogenannte Restriktionsnukleasen, welche nur aus bestimmten Regionen Nukleinsäuresequenzen ausschneiden. Die Einteilung der Nukleasen erfolgt nach verschiedenen Kriterien. Ein Kriterium ist die Art der Nukleinsäure (Desoxyribonukleinsäure oder Ribonukleinsäure). Ein weiteres Kriterium betrifft die Sekundärstruktur wie Doppelstrang oder Einzelstrang. Wichtig ist auch für die Auswahl der Kriterien, ob der Abbau von den Enden oder von der Mitte des Moleküls stattfindet. Die nächste Frage besteht darin, wo sich der Angriffsort zwischen dem 5´-Ort und 3´-Ort des Zucker-Phosphat-Gerüstes befindet.

Auch die Rolle der sequenzspezifischen und unspezifischen Basenfolge fließt in die Ermittlung der Einteilungskriterien ein. Nach diesen Kriterien ergeben sich verschiedene Einteilungsklassen. So lassen sich die Nukleasen in Exonukleasen, Endonukleasen, Desoxyribonukleasen und Ribonukleasen einordnen.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Die Funktionen der Nukleasen sind vielfältig. Eine wichtige Funktion besteht darin, fremde DNA oder RNA sowohl sequenzspezifisch als auch unspezifisch zu spalten. Für diese Aufgabe sind die Restriktionsendonukleasen verantwortlich.

Sie spalten die Nukleinsäuren an bestimmten Stellen entfernt von dessen Enden auf. Dabei werden entweder gleichartige Nukleinsäuresequenzen abgespalten oder es entstehen unspezifische Sequenzen. Die Restriktionsendonukleasen sind Bestandteil des Immunsystems, da sie fremde Nukleinsäuren abbauen. Unspezifische Nukleasen sind oft für die Verdauung von Nukleinsäuren verantwortlich. Sie verdauen aber auch beim programmierten Zelltod, der Apoptose, die Nukleinsäuren der abgestorbenen Zellen. Hierbei spielt die DNase, welche besonders im Pankreas, der Leber, den Thrombozyten und dem Blutplasma vorkommt, eine große Rolle.

Die mRNA wird durch die Anwesenheit von RNasen beeinflusst. Der kontrollierte Abbau von RNA steuert die Regulation der Genexpression. Die Exonukleasen bauen die einzelnen DNA- oder RNA-Moleküle von den Enden her ab. Hier ist die Nukleinsäuresequenz ohne Belang. Die Funktion dieser Enzyme besteht darin, die Nukleinsäuren vollständig in die entsprechenden Nukleotide abzubauen. Dabei dienen die Nukleotide entweder wieder als Bausteine für den erneuten Aufbau von Nukleinsäuren oder sie werden ganz abgebaut. Bei gentechnologischen Verfahren werden Restriktionsnukleasen als molekulares Schneidewerkzeug zum gezielten Entfernen von unerwünschten Nukleinsäuresequenzen benutzt.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Die Unterscheidung zwischen DNasen und RNasen ist ein besonders wichtiges Unterscheidungskriterium. DNasen bauen die DNA ab. Es gibt sowohl neutrale als auch saure DNasen. Die neutralen DNasen werden besonders im Pankreas, der Leber, dem Blutplasma und in den Thrombozyten gebildet. Dort steuern sie den Abbau der DNA im Rahmen der Apoptose.

Der Abbau der DNA mittels neutraler DNase führt zur Bildung von Nukleosid´-5-Phosphaten. Um das Erbgut nicht unspezifisch abzubauen, bildet die neutrale DNase mit dem Protein Aktin einen Komplex. Dieser Komplex wird als Lagerungsform der Nuklease angesehen. Die saure DNase (DNase II) ist ebenfalls im Pankreas und dem Blutplasma, aber auch im Harn und der Muttermilch vorhanden. Mithilfe der sauren DNase wird die DNA in Nukleosid´-3-Phosphate gespalten. Eine größere Vielfalt weisen die RNasen auf. Beim Menschen sind ca. 50 verschiedene RNasen bekannt, wobei 9 davon im Zusammenhang mit seltenen erblich bedingten Erkrankungen stehen.

Die RNasen können wiederum in Exoribonukleasen und Endoribonukleasen eingeteilt werden, je nachdem, ob die RNA von den Enden abgebaut oder innerhalb des Stranges gespalten wird. Die RNasen haben unter anderem eine wichtige Funktion bei der Genregulation, indem sie spezifisch die Lebensdauer von tRNA beschränken. Sie unterstützen auch die passgenaue Produktion von neuer RNA. Des Weiteren sind sie als Bestandteil des Immunsystems an der Bekämpfung von eindringender Viren-RNA beteiligt. Zu den wichtigsten RNasen zählen RNase A, RNase H, RNase P, RNase R und RNase D. Die RNase A spaltet die RNA spezifisch jeweils nach einer Pyrimidinstickstoffbase wie Uracil oder Cytosin auf. Sie ist besonders im Schweiß enthalten und baut dort bereits Viren ab, bevor diese in den Organismus eindringen können.

Deshalb wird sie auch häufig als Umweltnuklease bezeichnet. RNase H wirkt unspezifisch bei DNA-RNA-Heteroduplexen, wobei sie den RNA-Anteil abbaut. Ein Heteroduplex aus RNA und DNA ist ein Doppelstrang, der sich aus den beiden unterschiedlichen Typen von Nukleinsäuren zusammensetzt. Durch RNase werden die in die DNA irrtümlich eingebauten RNA-Monomere entfernt und durch DNA-Monomere ersetzt. RNase P entfernt den Präkursor bei der Herstellung von tRNA. RNase R hilft beim Abbau von bakterieller mRNA und RNase D ist für die Prozessierung von tRNA mitverantwortlich.


Krankheiten & Störungen

Nukleasen sind Enzyme, deren Fehlen oder Fehlfunktionen zu schweren körperlichen Beschwerden führen können. Wie bereits erwähnt, stehen neun RNasen im Zusammenhang mit sehr seltenen erblich bedingten Erkrankungen.

So kommt es beispielsweise bei unzureichender Aktivität von RNase H zu Mutationen, Strangbrüchen und Ansammlung von DNA-Sequenzen in der RNA. Dabei bildet sich das sogenannte Aicardi-Goutières-Syndrom heraus, welches sich bereits bei den Kindern in Fieberschüben, Erbrechen und Zappeligkeit äußert. Bei einigen Säuglingen kommt es nach wenigen Monaten wieder zum Verlust erlernter motorischer Fähigkeiten. Viele Patienten versterben in der frühen Kindheit. Die Ursache für diese Symptome sind Entzündungsreaktionen, die durch Immunreaktionen auf die angereicherten DNA-Abschnitte in der RNA vermittelt werden.

Quellen

  • Bisswanger, H.: Enzyme. Struktur, Kinetik und Anwendungen. Wiley-VHC, Weinheim 2015
  • Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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