Glanduläre odontogene Zyste

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Glanduläre odontogene Zysten sind sehr seltene Zysten im Kieferbereich. Sie bereiten dem Patienten über längere Zeit keine oder kaum Beschwerden, können unbehandelt jedoch zu Knochenschäden führen. Sie müssen chirurgisch behandelt werden, wobei je nach Anzahl und Lage der Zysten verschiedene Optionen von konservativ bis aggressiv zu Verfügung stehen. Glanduläre odontogene Zysten weisen ein hohes Rezidivrisiko auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Glanduläre odontogene Zyste?

Glanduläre odontogene Zysten werden häufig nur als Zufallsbefunde aufgedeckt, denn die Zysten sind meistens beschwerdefrei und die Zähne im betroffenen Bereich sind vital. Oft ist das einzige Symptom eine nicht schmerzende Schwellung im von der Zyste betroffenen Bereich des Kiefers.
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Odontogene Zysten sind allgemein die am häufigsten vorkommenden Zysten im Bereich des Kiefers. Definiert sind sie als pathologische, ganz oder teilweise mit Epithelgewebe ausgekleidete Hohlräume, die sich embryologisch von den Zahnanlagen ableiten. Sie lassen sich grundsätzlich in entzündungsbedingte und entwicklungsbedingte Zysten unterscheiden.

Unter den sechs bekannten entwicklungsbedingten odontogenen Zysten sind die glandulären odontogenen Zysten am seltensten (0,2 Prozent aller odontogenen Zysten; bis 2008 waren in der Literatur 111 Fälle in einem Zeitraum von 20 Jahren beschrieben). Sie unterscheiden sich von anderen odontogenen Zysten durch das Vorkommen von Drüsengewebe im Lumen. Das Epithel ist kuboidal oder zylindrisch und enthält Becherzellen und Krypten.

Glanduläre odontogene Zysten sind in der englischsprachigen Literatur auch unter den Bezeichnungen sialo-odontogenic cyst, mucoepidermoid odontogenic cyst oder als polymorphous odontogenic cyst zu finden. Sie treten sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer auf, sind aber häufiger im Unterkiefer zu finden. Dort befinden circa 70 Prozent aller glandulären odontogenen Zysten.

Der anteriore Bereich ist dabei häufiger betroffen als der posteriore. Das durchschnittliche Alter der Patienten liegt bei etwa 45 Jahren, wobei die meisten Diagnosen jedoch zwischen dem zweiten und dem dritten Lebensjahrzehnt gestellt werden. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.

Ursachen

Wie die Bezeichnung schon sagt, beruhen entwicklungsbedingte odontogene Zysten auf Fehlentwicklungen des Gewebes. Sie gehen von den Zahnanlagen aus. Der genaue Entwicklungsmechanismus von glandulären odontogenen Zysten ist wie bei allen entwicklungsbedingten odontogenen Zysten derzeit noch unbekannt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Glanduläre odontogene Zysten werden häufig nur als Zufallsbefunde aufgedeckt, denn die Zysten sind meistens beschwerdefrei und die Zähne im betroffenen Bereich sind vital. Oft ist das einzige Symptom eine nicht schmerzende Schwellung im von der Zyste betroffenen Bereich des Kiefers.

Da die Zysten ein teilweise starkes und aggressives Wachstum aufweisen, können diese Schwellungen äußerlich als Gesichtsasymmetrien auffallen. Weitere Symptome oder Beschwerden sind nicht beschrieben.

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Diagnose & Verlauf

Da glanduläre odontogene Zysten wie oben beschrieben zum einen sehr selten sind und zum anderen oft über längere Zeit keinerlei Beschwerden verursachen, fallen sie teilweise nur als Zufallsbefunde bei radiologischen Untersuchungen auf. Wird gezielt auf glanduläre odontogene Zysten hin untersucht, ist eine Panoramaschichtaufnahme (Orthopantomogramm) die beste Methode. Die Zysten zeigen sich auf den Aufnahmen als scharf begrenzte Aufhellungen, die sich deutlich vom Knochen abheben.

An den angrenzenden Zähnen können sich – bedingt durch das teils aggressive Wachstum der Zysten – Dislokationen oder Wurzelresorptionen zeigen. Jedoch gibt es keine eindeutigen pathognomonischen radiologischen Zeichen für glanduläre odontogene Zysten. Eine Absicherung der Diagnose kann daher in jedem Fall nur über eine histologische Abklärung erfolgen. Dabei können immunhistochemische Marker sowie das typische Drüsengewebe der glandulären Zysten hilfreich sein.

Zu beachtende Differenzialdiagnosen sind unter anderem das Ameloblastom, das odontogene Myxofibrom, das zentrale Riesenzellgranulom, der keratozystische odontogene Tumor, die follikuläre Zyste, die laterale parodontale Zyste und das Plasmozytom. Glanduläre odontogene Zysten können unentdeckt und somit unbehandelt zu Knochenschäden durch Osteolyse der Kortikalis führen.

Komplikationen

In den meisten Fällen treten für den Patienten durch die odontogene Zyste keine besonderen Beschwerden oder Komplikationen auf. Aus diesem Grund wird diese Zyste auch meistens nur zufällig entdeckt und die Behandlung oft erst spät eingeleitet. Es kann dabei zu einer Schwellung am Kiefer kommen.

Sollte die odontogene Zyste weiterhin wachsen, kann es zu Asymmetrien im Gesicht kommen, welche sich vor allem negativ auf die Ästhetik des Patienten auswirken und dabei zu Komplikationen führen können. Nicht selten leiden die Betroffenen an Schamgefühlen oder an Minderwertigkeitskomplexen und die Lebensqualität des Patienten wird verringert. Im Falle eines Tumors kann sich dieser in andere Regionen des Körpers ausbreiten und dort zu Schäden und Beschwerden führen.

Bei der Behandlung der odontogenen Zyste kommt es in den meisten Fällen nicht zu Beschwerden oder Komplikationen. Sie verläuft einfach und führt schnell zu einem positiven Krankheitsverlauf. Allerdings ist in vielen Fällen eine erneute Behandlung für den Patienten notwendig und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die odontogene Zyste nochmals zu einem späteren Zeitpunkt auftreten wird. Des Weiteren ist der Betroffene auf regelmäßige Kontrollen angewiesen. Eine Verringerung der Lebenserwartung tritt im Allgemeinen nicht auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Unregelmäßigkeiten im Mund sollten ärztlich abgeklärt werden, Kommt es zur Bildung von Schwellungen, Geschwüren oder Knoten im Mund, ist ein Arzt aufzusuchen. Kann der Betroffene mit der Zunge Veränderungen des Zahnfleisches feststellen, empfiehlt sich ein Kontrollbesuch.

Da die glanduläre odontogene Zyste häufig für lange Zeit symptomfrei und unbemerkt bleibt, sollte ein Arztbesuch bereits bei den ersten unsicheren Wahrnehmungen erfolgen. Kommt es zu einer leichten Schmerzwahrnehmung des Kiefers oder einem ziehenden Gefühl im Mund bei Bewegungen des Kiefers, ist ein Arzt aufzusuchen.

Lockern oder verschieben sich Zähne, besteht Grund zur Besorgnis. Bei einem Druckgefühl im Mund, Beschwerden bei der Zahnreinigung oder einem ungewöhnlichen Geschmack im Mund sollte ein Arzt aufgesucht werden. Können Asymmetrien im Gesicht oder Deformierungen des Gesichts oder Halses wahrgenommen werden, ist ein Arztbesuch erforderlich. Stellen sich durch die optischen Veränderungen emotionale oder seelische Beschwerden ein, ist ein Arzt zu kontaktieren. Anhaltende Gefühle von Scham oder ein vermindertes Selbstbewusstsein sollten mit einem Arzt besprochen werden.

Bei Schluckbeschwerden, Veränderungen der Lautgebung oder Beeinträchtigungen während der Nahrungsaufnahme ist ein Arzt zu konsultieren. Setzen Beschwerden beim Tragen von Zahnspangen ein oder kommt es zu Problemen mit vorhandenem Zahnersatz, sollte schnellstmöglich ein Zahnarzt aufgesucht werden.

Behandlung & Therapie

Glanduläre odontogene Zysten können nur chirurgisch behandelt werden. Innerhalb der chirurgischen Optionen finden sich sowohl konservative als auch aggressive beziehungsweise resektive Maßnahmen. Konservative Vorschläge umfassen: die alleinige Zystektomie, die Marsupialisation bei schwer zugänglichen Zysten, Zystektomien beziehungsweise Kürettagen kombiniert mit partieller peripherer Ostektomie.

Die Kombination von Zystektomien oder Kürettagen mit der adjuvanten Applikation von Carnoy'scher Lösung, Kryotherapie sowie Kontinuitätsresektionen. Bei aggressivem chirurgischen Vorgehen durch Resektion sollte eine Rekonstruktion unmittelbar erfolgen. Die Methode der Wahl hängt jeweils von den Parametern des spezifischen Falls ab, wie zum Beispiel von der Lage, Größe und Anzahl der Zysten.

So können Zystektomien besonders für kleine, einzelne Zysten, die nur ein oder zwei benachbarte Zähne betreffen, herangezogen werden. Multilokuläre Läsionen hingegen verlangen nach aggressiveren Ansätzen, um das Auftreten von Rezidiven möglichst zu verhindern. Die Therapie kann in vielen Fällen nicht als abgeschlossen betrachtet werden, da die Rezidivrate von bis zu 35,9 Prozent oft wiederholte Behandlungen nötig macht.

Durch Resektionen behandelte Fälle weisen dabei die seltensten Rezidive auf. Konservative chirurgische Therapieansätze werden durch die Anwesenheit von Mikrozysten erschwert, außerdem verhindert der oft extrem dünne Zystenbalg die vollständige Entfernung.

Besonders bei sehr großen und multilokulären Zysten, die mit einer Perforation der Kortikalis einhergehen, ist das Risiko eines Rezidivs sehr hoch. Daher sind regelmäßige Kontrollen nach erfolgter operativer Behandlung unabdingbar. Sie sollten nach drei, sechs und zwölf Monaten erfolgen und durch jährliche radiologische Überwachung fortgeführt werden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose der glandulären odontogenen Zyste ist nach den individuellen Gegebenheiten zu bewerten. In den meisten Fällen wird sie jedoch als günstig dokumentiert.

Bei einigen Patienten kommt es zu keinen nennenswerten Beeinträchtigung oder Störungen durch die Zyste. Ihre Entfernung erfolgt konservativ und anschließend kann der Betroffene als beschwerdefrei aus der Behandlung entlassen werden. Obgleich diese günstige Prognose vorliegt, kann es im weiteren Verlauf des Lebens zu einer erneuten Ausbildung einer Zyste kommen. Wird sie frühzeitig bemerkt und befindet sie sich an einer günstigen Position, ist die Prognose erneut gut.

Bei einer schwierigen Lokalisation der Zyste und mit einer zunehmender Größe nimmt der Aufwand der Entfernung zu. Zudem können vermehrt Komplikationen auftreten. Zahnverschiebungen und Schäden der Knochen sind möglich. Obgleich die Entfernung der Zyste meist erfolgreich gelingt, werden oftmals notwendige Korrekturen angeraten. In operativen Eingriffen kommt es zu Reparaturen und Befestigungen der Zähne, damit keine weiteren Folgeerscheinungen auftreten. Je größer eine Zyste ist, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten eines Rezidivs.

Wenngleich die Erstprognose günstig ist, kann es dennoch im weiteren Verlauf über die Lebensspanne zu wiederholten Störungen und Neuausbildungen einer Zyste kommen. Für den Patienten bedeutet dies, dass er sich regelmäßigen Kontrolluntersuchungen unterziehen sollte, damit ein Wiederauftreten möglichst schnell wahrgenommen wird.

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Vorbeugung

Da der Entstehungsmechanismus glandulärer odontogener Zysten unbekannt ist, ist es nicht möglich, ihr Auftreten durch vorbeugende Maßnahmen zu verhindern. Eine regelmäßige zahnärztliche Vorsorge erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, die Zysten frühzeitig zu erkennen, ehe sie dem Patienten Beschwerden machen können. Aufgrund des hohen Risikos für Rezidive sind nach bereits erfolgter Diagnose und Therapie glandulärer odontogener Zysten regelmäßige radiologische Kontrollen dringend anzuraten.

Nachsorge

Bei dieser Krankheit sind wenige bis kaum Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge vorhanden. Dabei ist der Patient in erster Linie auf eine frühe Diagnose und Erkennung dieser Krankheit angewiesen, damit es zu keinen weiteren Kompilationen oder anderen Schäden an den Knochen kommt. Daher steht im Vordergrund bei dieser Erkrankung die frühe Erkennung und auch die anschließende Behandlung dieser Krankheit.

Dabei sollten auch nach einer erfolgreichen Behandlung weitere und regelmäßige Untersuchungen durchgeführt werden, um andere Tumore zu erkennen und zu entfernen. Eventuell ist durch diese Zyste auch die Lebenserwartung des Betroffenen verringert. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt dabei mit Hilfe verschiedener Therapien und auch durch die operative Entfernung der Zysten. Der Betroffene sollte sich nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall erholen und seinen Körper ausruhen.

Dabei ist von Anstrengungen oder von anderen körperlichen Betätigungen abzusehen, damit der Körper nicht unnötig belastet wird. Regelmäßige Untersuchungen sind dabei erforderlich, um auch noch einige Jahre nach der Entfernung das erneute Auftreten dieser Beschwerde frühzeitig zu erkennen. In der Regel sind keine weiteren Maßnahmen einer Nachsorge bei dieser Krankheit notwendig.

Das können Sie selbst tun

Glanduläre odontogene Zysten verursachen oft lange Zeit keine merklichen Beschwerden und bleiben deshalb von den Betroffenen zunächst unbemerkt. Dabei besteht jedoch das Risiko, dass sie die Knochen schädigen, weshalb sofort ein Arzt aufzusuchen ist, wenn der Patient die Glanduläre odontogene Zyste bemerkt.

Dadurch verhindert der Betroffene, dass sich seine Lebensqualität durch die Erkrankung langfristig verschlechtert. Nachdem der Arzt die Glanduläre odontogene Zyste im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs entfernt, leidet der Patient meist unter vorübergehenden Beschwerden wie Schmerzen und Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme.

Zunächst achtet der Patient nach der Operation der Glandulären odontogenen Zyste besonders darauf, täglich lange Ruhephasen mit viel Schlaf oder sitzenden Aktivitäten einzuhalten. Denn ausreichend Erholung ist wichtig für die Regeneration des Körpers nach der Belastung durch die Operation. Der Patient verbringt viel Zeit zu Hause und achtet darauf, sich weder körperlichen noch psychischen Belastungen auszusetzen.

Falls es bedingt durch die Schmerzen zu Problemen beim Essen kommt, passt der Patient die Art seiner Nahrung in Absprache mit dem Arzt an und bevorzugt für eine gewisse Zeit weiche Lebensmittel. Ebenso wichtig ist eine gründliche Zahn- und Mundhygiene, da nach der Operation die Anfälligkeit für Infektionen erhöht ist.

Quellen

  • Gängler, P., Hoffmann, T., Willershausen, B., Schwenzer, N., Ehrenfeld, M. (Hrsg.): Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Ott, R., Vollmer, H.P., Krug, W.: Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2003
  • Weber, T.: Memorix Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2016

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