Calmodulin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die komplexen zellulären und physiologischen Vorgänge in Lebewesen bedürfen einer fein abgestimmten Regulation auf molekularer Ebene, um die Anpassungsfähigkeit bspw. eines Tieres oder einer Pflanze an den Lebensraum zu gewährleisten. Zu diesem Zweck existieren zahlreiche Moleküle, die in Prozesse wie Zellkommunikation, Stoffwechsel oder Zellteilung eingreifen. Eines dieser Moleküle ist das Protein Calmodulin, das mithilfe von Calcium Einfluss auf die Funktion vieler anderer biologisch aktiver Proteine nimmt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Calmodulin?

Calmodulin benötigt drei bis vier gebundene Calcium-Ionen pro Molekül, um aktiv zu sein. Im aktivierten Zustand ist der gebildete Calcium-Calmodulin-Komplex an der Regulation einer Vielzahl von Rezeptoren, Enzymen und Ionenkanälen mit verschiedensten Funktionen beteiligt.
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Calmodulin ist ein intrazelluläres regulatorisches Protein, das Calcium-Ionen bindet. Es gehört aufgrund seiner Struktur zur Gruppe der EF-Hand-Proteine. Die Form des Calmodulins, das aus 148 Aminosäuren besteht und 6,5 nm lang ist, ähnelt einer Hantel. Die Molekülmasse dieses Proteinmoleküls beträgt etwa 17 kDa.

Aufgrund seiner biologischen Funktion in der Signalübertragung innerhalb von Zellen kann Calmodulin auch als second messenger, also sekundärer Botenstoff, der jedoch nicht selbst enzymatisch aktiv ist, eingeordnet werden. In den zwei kugeligen Domänen des Proteins befinden sich im Abstand von 1,1 nm je zwei Helix-Schleife-Helix-Motive, an die insgesamt vier Calcium-Ionen gebunden werden können. Diese Struktur wird als EF-Hand bezeichnet. Die EF-Hand-Strukturen sind durch Wasserstoffbrücken zwischen den antiparallelen beta-Faltblättern des Calmodulins verbunden.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Calmodulin benötigt drei bis vier gebundene Calcium-Ionen pro Molekül, um aktiv zu sein. Im aktivierten Zustand ist der gebildete Calcium-Calmodulin-Komplex an der Regulation einer Vielzahl von Rezeptoren, Enzymen und Ionenkanälen mit verschiedensten Funktionen beteiligt. Zu den regulierten Enzymen gehören unter anderem die Phosphatase Calcineurin, die bei der Regulation der Immunantwort eine wichtige Rolle spielt, und die Endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS), die NO produziert, der unter anderem für die Relaxation glatter Muskulatur und so für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt.

Bei niedrigen Calcium-Konzentrationen wird außerdem die Adenylatcyclase (AC) aktiviert, bei hohen Calcium-Konzentrationen dagegen der enzymatische Gegenspieler, die Phosphodiesterase (PDE). So wird eine zeitliche Abfolge der Regulationsmechanismen erzielt: anfangs setzt die AC über die Produktion von zyklischem AMP (cAMP) einen Signalweg in Gang, später wird dieser durch den Gegenspieler PDE über cAMP-Abbau wieder abgeschaltet. Besonders bekannt ist jedoch die regulatorische Wirkung des Calmodulin auf Proteinkinasen wie die CaM-Kinase II oder die Myosinleichtkettenkinase (MLCK), die im folgenden etwas näher erläutert werden sollen.

Die CAMKII kann einen Phosphat-Rest an verschiedene Proteine binden und dadurch den Energiestoffwechsel, die Durchlässigkeit für Ionen und die Freisetzung von Neurotransmittern aus den Zellen beeinflussen. In besonders hohen Konzentrationen liegt die CAMKII im Gehirn vor, wo ihr eine wichtige Rolle bei der neuronalen Plastizität, d.h. sämtlichen Lernprozessen, zugeschrieben wird. Doch auch für Bewegungsvorgänge ist Calmodulin unverzichtbar. Im Ruhezustand ist die Konzentration der Calcium-Ionen in einer Muskelzelle sehr gering und Calmodulin daher inaktiv. Wird die Muskelzelle jedoch erregt, strömt Calcium in das Zellplasma ein und besetzt als Cofaktor die vier Bindungsstellen am Calmodulin.

Dieses kann nun die Myosinleichtekettenkinase aktivieren, was eine Verschiebung der kontraktilen Fasern in der Zelle zur Folge hat und somit die Muskelkontraktion ermöglicht. Weitere, weniger bekannte Enzyme, die unter dem Einfluss von Calmodulin stehen, sind die Guanylatcyclase, Ca-Mg-ATPase und die Phospholipase A2.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Calmodulin kommt in allen Eukaryonten vor, zu denen unter anderem alle Pflanzen, Tiere, Pilze sowie die Gruppe der amöboiden Lebewesen gehören. Da das Calmodulin-Molekül in diesen Lebewesen meist relativ ähnlich aufgebaut ist, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein entwicklungsgeschichtlich sehr altes Protein handelt, das evolutionär früh entstanden ist.

In der Regel liegt Calmodulin in relativ großen Mengen im Plasma einer Zelle vor. Im Cytosol von Nervenzellen beispielsweise liegt die übliche Konzentration bei etwa 30-50 μM, d.h. 0,03-0,05 mol/L. Gebildet wird das Protein im Rahmen von Transkription und Translation anhand des Gens CALM, von dem es drei bisher bekannte Allele gibt, die als CALM-1, CALM-2 und CALM-3 bezeichnet werden.

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Krankheiten & Störungen

Es gibt einige chemische Stoffe, die einen hemmenden Effekt auf Calmodulin ausüben können und daher als Calmodulin-Inhibitoren bekannt sind. In den meisten Fällen beruht ihre inhibitorische Wirkung darauf, dass sie Calcium aus der Zelle heraus transportieren und es somit dem Calmodulin entziehen, das dann nur noch im inaktiven Zustand vorliegt.

Zu diesen hemmenden Substanzen gehört zum Beispiel W-7. Außerdem hemmen einige Phenothiazin-Psychopharmaka das Calmodulin. So breit gefächert wie die regulatorischen Funktionen des Calmodulins, so vielfältig sind auch die denkbaren Defekte und Störungen, wenn das Protein nicht mehr durch den Cofaktor Calcium aktiviert werden kann und so auch die regulierten Zielenzyme ihrerseits weniger aktiv sind. Eine mangelhafte Aktivierung der CAMKII beispielsweise kann eine Einschränkung der neuronalen Plastizität, die die Grundlage für Lernprozesse bildet, nach sich ziehen.

Nachlassende Aktivierung der MLCK beeinträchtigt die Kontraktion von Muskeln, was zu Bewegungsstörungen führen kann. Geringere Aktivierung des Enzyms Calcineurin aufgrund eines Calmodulin-Mangels würde die Immunantwort des Körpers beeinflussen und eine geringere Aktivierung der eNOs würde zu niedrigeren NO-Konzentrationen führen. Letzteres verursacht vor allem dort Probleme, wo sonst das Stickstoffmonoxid unerwünschte Blutgerinnung verhindern und die Gefäße zwecks einer besseren Durchblutung erweitern soll. Allerdings soll an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass der Calcium-Sensor Frequenin unter bestimmten Bedingungen die biologischen Funktionen von Calmodulin übernehmen und so das Molekül ersetzen kann.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009

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