Calcitonin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Calcitonin ist ein Polypeptid mit 32 Aminosäuren, das hauptsächlich in den C-Zellen der Schilddrüse gebildet wird. Es bewirkt als steuerndes Hormon über die Hemmung des Knochenabbaus und über eine vermehrte Ausscheidung von Kalzium und Phosphat eine Senkung des Kalzium- und Phosphatspiegels im Blut. Hinsichtlich Kalziumkonzentration ist Calcitonin Antagonist und bezüglich Phosphatkonzentration Protagonist des Parathormons.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Calcitonin?

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau des endokrinen Systems (Hormonsystem). Klicken, um zu vergrößern.

Calcitonin ist ein Polypeptid mit 32 Aminosäuren, das als Steuerhormon in den Kalzium- und Phosphathaushalt des Körpers eingreift. Ein hoher Calcitoninspiegel senkt über eine Hemmung der Osteoklasten die Zuführung von Kalzium aus dem Knochenabbauprozess, was zu einer zügigen Absenkung des Kalziumspiegels im Blut führt.

Bezüglich Kalziumkonzentration wirkt es antagonistisch und bezüglich Phosphatkonzentration protagonistisch zum Parathormon, das hauptsächlich in den Nebenschilddrüsen synthetisiert wird. Als „Dritter im Bunde“ spielt auch das Vitamin D eine wichtige Rolle im Regelkreis des Kalzium- und Phosphathaushalts. Eine Erhöhung des Vitamin D-Spiegels bewirkt eine Erhöhung des Kalzium- und Phosphatspiegels im Blut.

Calcitonin ist damit ein Antagonist zum Vitamin D. Das Vitamin D kann darüber hinaus die Synthese des Parathormons hemmen. Calcitonin hat nur eine physiologische Halbwertszeit von wenigen Minuten und verliert dadurch schnell an Wirksamkeit, sobald die Anreize für eine weitere Synthese wegfallen, z. B. nach Normalisierung des Kalziumspiegels.

Produktion, Bildung & Herstellung

Calcitonin wird hauptsächlich in spezialisierten parafollikulären Zellen (C-Zellen) der Schilddrüse bei Bedarf synthetisiert. Zu einem Teil kann Calcitonin auch in den Nebenschilddrüsen und im Thymus hergestellt werden, z.B. nach einer notwendigen vollständigen Entfernung der Schilddrüse ist das sehr wichtig.

Als weitere Kompensation bei Ausfall der Schilddrüse sind auch die motorischen und sensorischen Nervenstränge des peripheren und des zentralen Nervensystem in der Lage, das ähnlich wie Calcitonin wirkende glandotrope Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) beizusteuern. Die Synthetisierung von Calcitonin wird durch eine (zu) hohe Konzentration von Kalziumionen im Blutserum angeregt.

Die Hormonproduktion spricht aber auch auf eine Stimulierung durch bestimmte gastrointestinale Botenstoffe an. Die kurze physiologische Halbwertszeit sorgt dafür, dass bei Wiederherstellung einer normalen Kalziumkonzentration im Blutserum die Wirksamkeit des Calcitonins durch natürlichen Abbau sehr bald nachlässt.

Funktion, Wirkung & Eigenschaften

Calcitonin hat auf mehrere physiologische Vorgänge gleichzeitig Einfluss. Bei einem Anstieg der Kalziumkonzentration im Blutserum über das Normalmaß hinaus, werden die C-Zellen in der Schilddrüse zur Produktion von Calcitonin angeregt.

Die Hauptwirkung des jetzt produzierten Calcitonins besteht in der Hemmung der Osteoklasten, die als Gegenspieler der knochenaufbauenden Osteoblasten ständig Knochenzellen abbauen und die enthaltenen Stoffe wie Kalzium und Phosphat „recyceln“. Hierdurch wird Kalzium und Phosphat frei, das kurzfristig im Blutserum zur Verfügung steht – und vereinfacht ausgedrückt – von den Osteoblasten wieder für den Knochenaufbau an gleicher oder anderer Stelle verwendet werden kann.

Wenn der Abbauprozess der Osteoklasten gehemmt wird und der Aufbauprozess des Knochens durch die Osteoblasten ungestört weiter verläuft, entsteht schnell ein Ungleichgewicht zwischen Abbau- und Aufbauprozess zugunsten Aufbau, bzw. zugunsten höherem „Verbrauch“ an Kalzium und Phosphat. Hierdurch sinkt der Kalzium- und Phosphatspiegel wie beabsichtigt. Gleichzeitig regt Calcitonin in den [Niere]]n und im Darm eine verstärkte Ausscheidung von Kalzium an.

Das ebenfalls synthetisierte Calcitonin ähnliche CGRP wirkt zusätzlich appetithemmend, bremst die Magensäureproduktion und führt zu einer Reihe weiterer physiologischer Vorgänge wie Erhöhung der Pulsfrequenz und Erweiterung der Blutgefäße. Es liegt nahe, dass Calcitonin auch als Arzneimittel Verwendung findet, um den Effekt der Hemmung des Knochenabbaus für therapeutische Zwecke zu nutzen, besonders bei fortgeschrittener Osteoporose oder bei Morbus Paget mit sichtbaren Knochenverformungen oder bei krankhaft erhöhtem Kalziumspiegel.

Es muss dabei bedacht werden, dass Calcitonin als Polypeptid bei oraler Einnahme sofort verdaut würde, bevor es seine Wirkung entfalten könnte. Es kommen daher nur parenterale Verabreichungsformen infrage wie subkutan oder intravenös. Die Verabreichung als Nasenspray bei Frauen zur Vorbeugung gegen die postmenopausale Osteoporose wurde 2012 wegen möglicher ernsthafter Nebenwirkungen wieder gestoppt.

Krankheiten, Beschwerden & Störungen

Bei normalem Kalziumspiegel im Blut ist es eher normal, dass die Calcitoninwerte sehr niedrig sind, möglicherweise sogar unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Die Definition eines Mindestwertes macht daher keinen Sinn, erst dann, wenn gleichzeitig ein überhöhter Kalziumspiegel vorliegt.

Eine krankhafte Unterfunktion kann sich daher kaum nachweisen lassen, da sie gleichzeitig mit erhöhtem Kalziumspiegel gekoppelt sein müsste. Falls sich erhöhte Kalziumkonzentrationen dauerhaft einstellen und nicht durch körpereigenes Calcitonin normalisiert werden, handelt es sich um eine Hyperkalzämie (auch Hypercalcämie), die auf eine schwerwiegende Erkrankung hindeuten kann.

Eine Nichtbehandlung kann zu neuromuskulären und intestinalen Symptomen führen, mittelfristig zu Niereninsuffizienz, Herzversagen und Tod. Eine pathologische Überfunktion der C-Zellen ist allerdings nachweisbar und kann als Tumormarker für ein C-Zellkarzinom (medulläres Schilddrüsenkarzinom) oder für eine C-Zell-Hyperplasie interpretiert werden, bei der die C-Zellen autonom Calcitonin produzieren und auf die stimulierende Hormone oder den Kalziumspiegel im Blut nicht mehr reagieren.

Hohe Calcitoninspiegel können auch einen Hinweis auf Leberzirrhose, Niereninsuffizienz oder einen neuroendokrinen Tumor geben.

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Quellen

  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009
  • Reuter, P., Hägele, J.: Aminosäuren Kompendium. Ein Leitfaden für die klinische Praxis. Hyginus Publisher GmbH, Bad Homburg 2001

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