Schädel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Schädel werden die Knochen des Kopfes bezeichnet. Im medizinischen Sprachgebrauch heißt der Schädel auch "Cranium". Besteht ein Prozess laut Arzt also "intrakraniell" (Tumoren, Blutungen, usw.), so bedeutet dies "im Schädel gelegen".

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Schädel?

Der Schutz des Gehirns ist mit dem Schutz des Insassen in einem modernen Auto zu vergleichen, nämlich nach einem Drei-Stufen-Prinzip: Knautschzone - stabile Fahrgastzelle - Sicherheitsgurt bzw. Airbag.
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Man sollte meinen, dass der Schädel ein einziger, großer, knöcherner Ball sei, in dessen Innerem sich einfach das Gehirn befindet - weit gefehlt: Der Schädel ist so ziemlich die komplizierteste Struktur, die die menschliche Natur dem interessierten Anatomen bereit hält.

Eine Unzahl von verwachsenen Einzelknochen, Furchen, Erhebungen und Durchtrittsstellen machen den knöchernen Schädel zu einer echten Schwerstaufgabe des dreidimensionalen Denkens. Im Folgenden sollen zumindest die groben Strukturen und ihre Zusammenhänge mit Krankheiten einmal etwas geordnet werden.

Anatomie & Aufbau

Sinnvoll ist zunächst eine Unterteilung in Hirnschädel und Gesichtsschädel. Recht übersichtlich ist dabei die Anatomie des Schädeldaches, sinnigerweise zum Hirnschädel gehörend: Hier treffen sich das Scheitelbein, Stirnbein, Schläfenbein und Hinterhauptbein und formen eine ovale Haube.

An ihren Übergangsstellen liegen die sogenannten Schädelnähte oder Suturen, welche bei Geburt noch nicht vollständig miteinander verwachsen sind und dadurch die berühmten "Löcher im Kopf", die Fontanellen, bilden, welche man bei Neugeborenen und Kleinkindern bis zu zwei Jahren tasten kann. Die Platten des Schädeldaches lassen zudem Durchtrittsstellen für kleine Blutgefäße, wenngleich die Hauptblutversorgung des Schädels fast ausschließlich durch die großen Halsgefäße erfolgt.

"Kalotte" ist übrigens ein alter Begriff für das Schädeldach, der heutzutage noch oft im klinischen Sprachgebrauch verwendet wird. Die Schädelkalotte ist überzogen von einer sehnigen Platte, der Galea aponeurotica, der fettgewebigen Kopfschwarte und schließlich der Haut mit den Kopfhaaren (sofern man sie denn hat).

Ungleich komplizierter wird der anatomische Aufbau der Schädelbasis, welche sozusagen die Unterseite des Schädelballons bildet und dabei natürlich jede Menge Behältnisse für die Strukturen des Gehirns und des Gesichtes und jede Menge Durchtrittsstellen für Nerven, Blutgefäße und das Rückenmark bereithalten muss.

Siebbein, Keilbein sowie wiederum Stirnbein und Hinterhauptbein bilden die Hauptpfeiler der Schädelbasis, zudem wirkt das paarige Schläfenbein beiderseits auch hier mit. Das Hinterhaupt ist es, welches durch ein großes Loch hinten unten, das Foramen magnum, das Rückenmark in den Wirbelkanal austreten lässt. Damit wäre allerdings erst der Hirnschädel beschrieben.

Zum Gesichtsschädel gehören teils recht kompliziert geformte Einzelknochen, die jede Menge Winkel und Ecken für Rachen, Mundhöhle, Nasenhöhle, Nasennebenhöhlen (die wichtigsten: Stirnhöhle, zwei Kieferhöhlen, Keilbeinhöhle sowie die Siebbeinzellen) und Augenhöhle bereithalten. Der Gesichtsschädel besteht aus zwei großen Knochen, dem Ober- und dem Unterkiefer, sowie sechs kleineren Knochen: Jochbein, Tränenbein, Nasenbein, Pflugscharbein, Gaumenbein und unterer Nasenmuschelknochen.

Die Beschreibung der einzelnen Verbindungswege und Leitungsbahnen füllt viele Seiten eines Anatomiebuches und ist ohne Bilder kaum zu verstehen.

Funktionen & Aufgaben

Die Funktion Schädels ist eigentlich ganz einfach: der Schutz von Gehirn und allem, was sich sonst noch darin befindet. Der Schutz des Gehirns ist dabei mit dem Schutz des Insassen in einem modernen Auto zu vergleichen, nämlich nach einem Drei-Stufen-Prinzip: Knautschzone - stabile Fahrgastzelle - Sicherheitsgurt bzw. Airbag.

Diese drei Stufen sind auch beim Prinzip der Umhüllungen des Gehirns zu erkennen: Die Kopfschwarte ist die verformbare Zone für leichte Schläge und Prellungen, der Schädel ist die stabile Zone, und der Liquorraum um das Gehirn herum fängt als Verzögerungszone jegliche Art von Erschütterungen für das empfindliche Nervengewebe ab.

Der Bau des Hirnschädels erfolgt dabei nach dem Leichtbauprinzip: Wo immer möglich, hat die Evolution Lufthöhlen eingebaut (Nebenhöhlen), die Knochenplatten sind relativ dünn, durch ein geschicktes System von verstärkten Pfeilern und inneren Verspannungen jedoch optimal gegen Krafteinwirkung von außen geschützt.

Auch als Ansatzpunkt für Muskeln des Halses hat der Schädel Bedeutung für die Bewegung des Kopfes. Des Weiteren verbinden eine Unzahl mimischer Muskeln die Knochen des Gesichtsschädels, und auch eine Nahrungsaufnahme ist ohne die Funktionseinheit von Ober- und Unterkiefer nur schwer möglich.


Krankheiten & Beschwerden

Es gibt eine Unmenge an Krankheiten und Verletzungen, die sich im Bereich des Schädels abspielen. Im Folgenden kann daher nur ein kleiner "Rundflug" gemacht werden.

Bei Einwirkung roher Gewalt, sei es durch Schläge und Hiebe oder durch Sturz auf den Boden oder harte Gegenstände, können das Schädeldach und der Gesichtsschädel verletzt werden. Schädelfrakturen bezeichnen dabei stets einen Bruch des Schädeldaches, welcher offen (offene Verbindung Gehirn - Außenwelt) und geschlossen (äußere Haut noch intakt) sein kann. Eine Schädelbasisfraktur bedarf meist noch größerer Gewalt und ist umso schlimmer, da lebenswichtige Verbindungs- und Leitungsbahnen zwischen Schädelinnerem und Restkörper zerstört oder abgedrückt werden können.

Blutungen sind ein großes Problem in der Notfallmedizin, man unterscheidet grob Hämatome der Kopfschwarte (harmlos) von Epiduralblutungen (über der Dura, der harten Hirnhaut), Subduralblutungen (unter der Dura) und Subarachnoidal- bzw. Hirnmassenblutungen. Nicht die Erstverletzung oder ein Blutverlust sind bei diesen Verletzungen das Hauptproblem, sondern der Platz: Der Schädel ist ein derart stabiles Gebilde und derart dicht mit Gewebe ausgefüllt, das eine Einblutung massiv Raum wegnimmt und dabei gesundes Gewebe verdrängt.

Dadurch wiederum werden lebenswichtige Leitungsbahnen abgequetscht, vor allem die Verbindung zwischen Hirn und Rückenmark im Foramen magnum ist in Gefahr: erfolgt hier eine Einklemmung des Hirnstammes, so werden die dortigen Kreislauf- und Atemzentren abgedrückt und der Betroffene verstirbt innerhalb kürzester Zeit. Insbesondere Subduralblutungen sind tückisch, da sie sich nach einer Verletzung nur langsam aus venösen Blutungen nähren und erst nach Stunden oder Tagen plötzlich mit Bewusstseinseintrübung symptomatisch werden, dann nämlich, wenn der Hirndruck zu groß geworden ist.

Neben den Verletzungen gibt es auch Tumorerkrankungen des Schädels, wobei vor allem gutartige Meningeome (von der Hirnhaut ausgehend) bei vielen Obduktionen beobachtet werden, ohne dass sie jemals dem Betroffenen Probleme bereitet hätten. Sie können jedoch auch groß werden und wiederum Hirndruck und Kopfschmerzen bereiten. Auch Blutkrebserkrankungen wie das Multiple Myelom betreffen oft den Schädel.

Quellen

  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Tortora, G.J., Derrickson, B.H.: Anatomie und Physiologie. Wiley-Blackwell, Oxford 2006
  • Zilles, K. et al.: Anatomie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 2010

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